Chemikalien an deutschen Küsten: Greenpeace warnt vor Gefahr im Meeresschaum
An deutschen Küsten finden sich hohe Konzentrationen der sogenannten Ewigkeitschemikalien, warnen Umweltschützer. Diese bergen Gesundheitsrisiken.
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Genauer gesagt handelt es sich um die sogenannten per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS). Die Chemikalien kommen dank wasserabweisender und hitzebeständiger Eigenschaften in vielen Produkten vor, die im Alltag genutzt werden. Das gilt etwa für Pfannen, Regenjacken oder Imprägniersprays. Zu den Besonderheiten der PFAS gehört auch, dass sie nicht natürlich abbaubar sind, weswegen sie auch „Ewigkeitschemikalien“ genannt werden. Sie reichern sich also nach dem Konsum im menschlichen Körper an.
Nun haben Forscher von Greenpeace hohe Werte dieser Chemikalien im Schaum entlang der deutschen Küste nachgewiesen. Sie nahmen Proben auf Nordeney, Sylt, in Sankt Peter-Ording, Boltenhagen und Kühlungsborn. Das Ergebnis: Die Konzentration im Meeresschaum war an allen Orten so hoch, dass sie die Richtlinien für die Konzentration im Trinkwasser um ein Vielfaches überschreiten.
Gesonderte Vorgaben für Badewasser gibt es in Deutschland nicht. Die höchsten Werte wurden am Strand von Kühlungsborn gemessen. Hier fanden die Forscher rund 160.000 Nanogramm PFAS pro Liter. Zum Vergleich: Im deutschen Trinkwasser sollen ab 2026 höchstens 100 Nanogramm von PFAS pro Liter vorkommen.
Gesundheitliche Auswirkungen von PFAS
PFAS stehen stark im Verdacht, negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu haben. Laut dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) gibt es einen „statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen PFAS im Blut und schädlichen Blutfetten“. Diese sind mit einem höheren kardiovaskulären Risiko assoziiert, so das DZNE. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland berichtet, dass Krebs, Organschäden und erhöhte Fehlgeburtsraten ebenfalls dokumentierte Folgen von PFAS sind.
Julios Kontchou, Greenpeace
Julios Kontchou, Ökotoxikologe von Greenpeace, kritisiert den deutschen Umgang mit den PFAS Vorkommen im Meeresschaum. Er sagt: „In Dänemark und den Niederlanden warnen die Behörden vor dem Kontakt mit Meeresschaum und erklären, wie man sich nach einem Strandbesuch dekontaminiert. Deutsche Behörden testen nicht mal offiziell“. Entsprechend fordert er von deutschen Behörden, darauf hinzuweisen, dass betroffene Körperstellen nach dem Kontakt mit Meeresschaum mit klarem Wasser abgewaschen werden sollen.
Nicht nur im Meereswasser sind die hohen PFAS-Werte problematisch – auch im Rhein sind die Chemikalien vermehrt zu finden. Durch industrielle Abwässer werden PFAS in den Rhein geschwemmt und kommen dann in den Niederlanden an. Hier müssen sie dann aus dem Wasser gefiltert werden, was für Ärger bei dem deutschen Nachbarland sorgt. Gerard Stroomberg vom Verband der niederländischen Flusswasserwerke RIWA-Rijn forderte von der deutschen Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), einen Grenzwert von PFAS für gereinigte Industrieabwässer festzulegen.
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