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Bürgergeld und KindergrundsicherungVorsicht, vergiftete Erzählungen!

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Nur sehr wenige richten sich mit einer Kombi aus Schwarzarbeit und staatlichen Hilfen ein. Die Hunderttausenden Bedürftigen sollten dafür nicht in Geiselhaft genommen werden.

Niemand ist davor gefeit, in die vulnerable Gruppe der Hil­fe­emp­fän­ger:in­nen zu geraten Foto: Uwe Anspach/dpa

M an brauchte Geduld, um das Auf und Ab beim Thema Bürgergeld und Kindergrundsicherung in der vergangenen Woche zu verfolgen, doch es lohnte sich. Denn Po­li­ti­ke­r:in­nen rechtfertigten ihr Vorgehen, ihre Haltung durch altbekannte vergiftete Erzählungen über Minderheiten, und wer diese genauer anschaut, lernt jetzt dazu.

Die Achterbahnfahrt begann am Montag, als Ministerin Lisa Paus (Grüne) gemeinsam mit Christian Lindner (FDP) und Hubertus Heil (SPD) die Kindergrundsicherung vorstellte. 2,4 Milliarden Euro mehr soll es im Jahr 2025 für bedürftige Familien geben. Das ist wenig angesichts der über 40 Milliarden Euro, die die Grundsicherung für Arbeitssuchende insgesamt kostet. Lindner erklärte zur Rechtfertigung, es gebe keine „generellen Leistungsverbesserungen“, denn man wolle „Erwerbsanreize“ erhalten.

Zum Beispiel wolle man „kein Signal“ setzen, dass sich die zurückgehende Erwerbsbeteiligung von Alleinerziehenden „verfestige“. Tatsächlich ist die Erwerbsbeteiligung Alleinerziehender im vergangenen Jahrzehnt beständig gestiegen. Lediglich in den vergangenen zwei Jahren ging die Erwerbstätigkeit geringfügig zurück, auch weil die Pandemiemaßnahmen die Kinderbetreuung einschränkten und Jobs verschwanden.

Lindner sagte auch, man wolle „keine Anreize“ für So­zi­al­leis­tungs­emp­fän­ge­r:in­nen setzen, die sich „nicht um Integration und bessere Sprachkenntnisse“ bemühten. Damit suggerierte er, Eltern mit Migrationshintergrund könnten sich wegen einer zu hohen Kindergrundsicherung auf die faule Haut legen.

Kinderreich mit schlecht bezahlten Jobs

Erkenntnisse aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen aber, dass der Bezug von Bürgergeld, auch von aufstockendem Bürgergeld, unter Migrantenfamilien auch deshalb öfter zu finden ist, weil die Eltern schlecht bezahlte Jobs haben und mehrere Kinder im Haushalt leben. Danach machen Eltern mit Mi­gra­tions­hin­ter­grund die schlecht bezahlten Jobs, die Deutsche nicht haben wollen. Und sie ziehen den Nachwuchs groß, der uns in Zukunft womöglich demografisch den Arsch rettet.

Am Dienstag verkündete Bundes­arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine überraschende Botschaft: Der Regelsatz beim Bürgergeld, der ja auch anteilig für die künftige Kindergrundsicherung gilt, steigt vom kommenden Jahr an um 12 Prozent. Anfang 2023 war der Regelsatz schon mal um 12 Prozent erhöht worden. Die Steigerungen sind Folgen von Gesetzesänderungen, die Inflationsentwicklungen bei der Bemessung der Regelsätze stärker berücksichtigen.

Auch die Union hatte diesen Gesetzesänderungen seinerzeit zugestimmt. Unions-Fraktionschef Friedrich Merz erklärte dennoch, es gebe durch die Erhöhung nun ein Problem mit dem „Lohnabstandsgebot“. Sein Vize Jens Spahn bezeichnete die Steigerung als „falsches Signal“. Der gesetzliche Mindestlohn ist prozentual nicht im gleichen Maße gestiegen, wie es nun mit dem Bürgergeld geschieht.

Die Merz’sche Beschwörung des Lohnabstandsgebots ist nicht von vorneherein abzutun, Medien rechneten auch gleich vor: Lohnt sich Arbeiten überhaupt noch? Diese Frage liegt auf der Hand, aber auch sie bedient das Narrativ vom faulen Stützeempfänger. Erstens haben Arbeitende aufgrund der Anrechnungsmodalitäten in der Regel immer mehr Geld als Stütze­bezieher:innen. Mit der Erhöhung des Bürgergelds steigt auch die Zahl derer, die Anspruch auf eine staatliche Aufstockung haben.

Schlacht um die Narrative

Vor allem aber kann man die Höhe einer Grundsicherung, die Existenzgrundlage ist auch für gesundheitlich Angeschlagene, Alte, pflegende Angehörige, Eineltern­familien, nicht davon abhängig machen, wie die Entwicklung auf dem Lohnsektor ist. Es gibt voll Leistungsfähige, die sich mit einer Kombi aus Schwarzarbeit und Stütze dauerhaft einzurichten versuchen. Aber wegen dieser sehr kleinen Gruppe kann man nicht Hunderttausende von Bedürftigen in Geiselhaft nehmen und deren Existenzgrundlage beschneiden.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger:innen ging massiv zurück, als die Wirtschaft besser lief und Kinderbetreuungsplätze entstanden. Wir wissen heute, dass die Rede vom „faulen Arbeitslosen“ in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit um die nuller Jahre herum eine toxische Erzählung war, um soziale Kürzungen zu rechtfertigen. Die Schlacht der Narrative beginnt jetzt erneut, wo es enger wird im Bundeshaushalt.

Wir müssen diese Erzählungen entgiften, um die Abgabenbereitschaft und damit die kollektiven Sozialsysteme zu erhalten. Niemand ist davor gefeit, in die vulnerable Gruppe der Hil­fe­emp­fän­ger:in­nen zu geraten.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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36 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • " Im Fall der Arbeitslosigkeit eines Teils eines zusammenlebenden Paares, bezieht der erwerbslose Teil dann Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung, dann Bürgergeld. Die Höhe des Bürgergeldes bestimmt sich dann auch nach der Höhe des Erwerbseinkommens des anderen Partners. Denn beide bilden dem Gesetz nach, SGB II, eine Bedarfsgemeinschaft?

    Wo stiehlt sich hier wer aus den Verantwortlichkeiten, wie sie gestzl. vogesehen sind? "

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    Im Falle der Arbeitslosigkeit eines Teils des zusammenleben Paares zahlt der Staat kein kein Bürgergeld, wenn das Einkommen des noch arbeitenden Parts einen gewissen Wert übersteigt. Das potentielle Bürgergeld wird in diesem Fall angerechnet und nicht ausgezahlt.



    Mit Verweis auf den Status der Bedarfsgemeinschaft, dessen Erhalt dann durch den Partner abgesichert werden muss. Egal ob Verheiratet oder nur Zusammenlebend.

    Wie ich es gerne hätte ? Erstens das Sozialleistungen, sofern sie berechtigt sind, unabhängig vom Familienstand ausgezahlt werden und nicht der Partner in einer Art Haftungsverhältnis genommen wird, nur weil er den mit Hinsicht auf die Gesetzeslage für den Staat sehr praktischen kapitalen Fehler gemacht hat zu heiraten oder in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen.

    Zweitens mit Hinblick auf die Berechtigung staatliche finanzielle Unterstützung zu erhalten eine deutlich genauere Überprüfung. Wer keine (nachgewiesenen) körperlichen oder seelichen Gebrechen hat ist arbeitsfähig und verpflichtet, einer Tätigkeit nachzugehen, die seiner Qualifizierung entspricht. Wer das nicht will kann ja weiterhin arbeitslos bleiben, dann allerdings nicht auf Kosten des Steuerzahlers.

    • @SeppW:

      Danke, das ist die Klarstellung Ihrer Position zur Sache, die auch den von mir gesehenen Widerspruch zwischen den genannten beiden Kommentaren von Ihnen auflöst.

  • In einem Punkt möchte ich widersprechen und das tut auch ungefähr jede Statistik zum Thema. Dass sich Armut vererbt, liegt (wie auch in der taz immer wieder beklagt wird) an einem Bildungssystem, das auf schwache Schüler keine ausreichende Rücksicht nimmt, diejenigen nicht fördert, die zuhause nicht unterstützt werden und damit über die Bildungswege die Armut in die nächste Generation weiterführt. Und nicht nur die Statistik, sondern jeder Bürger mit Kindern oder Lehrerweiß eigentlich, dass im ersten Schuljahr schon Riesen-Unterschiede bestehen, manche lesen schon, andere können sich sprachlich kaum ausdrücken.

    Daher ist es eine absolut richtige Forderung, bei der Armutsbekämpfung hier anzusetzen: Kinder aus "benachteiligten Milieus" stärker zu unterstützen, bessere Schlüssel für Klassengrößen, Förderunterricht usw. - die Eltern haben ja keinen bösen Willen, aber sie können es eben einfach nicht leisten.

    • @Dr. McSchreck:

      Faire Bildungspolitik einerseits und Armutsbekämpfung via Transferleistungen anderseits darf kein entweder-oder sein sondern muss sowohl-als-auch

    • @Dr. McSchreck:

      Aber auch daran, dass es in Deutschland nahezu schon ein Tabuthema ist, über (niedrige) Löhne und insbesondere (obszöne) Vermögen zu sprechen, geschweige denn daran etwas nachhaltig zu ändern.

      • @Gerhard Krause:

        das ist aber beim Thema Bildung - und wie kommt die nächste Generation aus der Armut heraus - nicht relevant.

        Man kann Intelligenz, Neugier (bzw. das nicht ersticken von Neugier) und Grundtugenden wie Fleiß und Durchhaltevermögen nicht kaufen. Man muss sie selbst lernen bzw. bewahren.

  • "Nur sehr wenige richten sich mit einer Kombi aus Schwarzarbeit und staatlichen Hilfen ein."

    Das mag tatsächlich so sein.

    Wie viele das jedoch morgen sind, hängt eben auch von den Umständen der Staatsleistungen ab.



    Genau das bedeutet "Anreiz".

  • Die Grundlage ist doch unser Bild von Arbeit: Ist das etwas, was Menschen überhaupt nur dann machen und ihnen zuzumuten ist, wenn sie dafür mit viel Geld entschädigt werden oder damit sie harten Strafen entgehen? Wenn Arbeit tatsächlich so etwas ist, dann sollten wir alles dafür tun, damit wir alle möglichst wenig arbeiten müssen.



    Ich jedenfalls mache meine Arbeit gerne, freue mich auf den Montagmorgen und werde dafür mit einem eher durchschnittlichen Gehalt entlohnt. Ich fände es gerechter, wenn es mehr Geld für all jene gäbe, die keiner Arbeit nachgehen können, und weniger für diejenigen, die weit überdurchschnittlich verdienen. Zudem wäre es gut, man würde Bullshit-Jobs abschaffen, z.B. diejenigen, bei denen man andere überwacht und bewertet, um ihnen ggf. das wenige, das sie haben, noch wieder wegzunehmen. Diese Leute sollten lieber erleben, was anständige Arbeit ist, bei der man seinen Mitmenschen wirklich helfen kann und ihnen etwas anbietet, was sie alleine sonst nicht hätten.

  • taz: "Die Merz’sche Beschwörung des Lohnabstandsgebots ist nicht von vorneherein abzutun, Medien rechneten auch gleich vor: Lohnt sich Arbeiten überhaupt noch? Diese Frage liegt auf der Hand, aber auch sie bedient das Narrativ vom faulen Stützeempfänger."

    BlackRock-Merz und seine wirtschaftshörige CDU werden schon dafür sorgen, dass der kleine Arbeitnehmer weiterhin nicht nachdenkt und sich lieber über die "faulen" Arbeitslosen aufregt. Und es geht natürlich auch um den Freibetrag für die Einkommenssteuerzahler, denn wenn man das Bürgergeld (was immer noch viel zu wenig ist) nicht vernünftig anhebt, wird natürlich auch der Freibetrag nicht angehoben und so "spart" der Staat viele Milliarden Euro im Jahr an seine Bürger. Ungefähr 10 Milliarden Euro an Bürgergeldempfängern und ca. 15 Milliarden am Freibetrag für die Einkommenssteuerzahler. Prof. Dr. Sell (Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften) sagte ja schon vor Jahren: "Das scheint der zentrale Grund zu sein, warum die Politik eine Anhebung der Hartz IV Sätze (jetzt ja 'Bürgergeld') scheut wie der Teufel das Weihwasser".

    Wir haben seit Jahren ja auch noch zig-Millionen Bürger in Deutschland die für einen Hungerlohn arbeiten müssen. Viele Milliarden Euro werden deshalb jährlich aus Steuermitteln aufgewendet, um nicht existenzsichernde Arbeit aufzustocken. Die Gesellschaft subventioniert also schon seit vielen Jahren Arbeitgeber die ihren Angestellten nur Niedriglöhne zahlen. Aber davon erzählt der Syltflieger und ehemalige BlackRock-Lobbyist lieber nichts, denn die kleinen Arbeitnehmer gegen die Arbeitslosen aufzuhetzen ist eher im Sinne der „christlichen“ Union. Für die Reichen und Mächtigen ist und bleibt es auch im 21. Jahrhundert immer noch sehr einfach, den naiven Bürger weiterhin an der Nase herumzuführen. Entweder hetzt man die Bürger gegen Klimaaktivisten auf oder gegen Arbeitslose, aber die Verursacher von Armut und dem Klimawandel, die nennt man nie beim Namen.

  • Der Spiegel hat schon 1973 eine Titelgeschichte über faule Arbeitslose gebracht.

    Die Idee, dass Menschen keine Arbeit finden, kommt politisch für die Herrschenden sehr schlecht.

    Deswegen erfinden sie alles mögliche, um das umzukehren. Bei Gerd Schröder ging es dann um die Aktivierung der Faulen, die Arbeitslosen sollten nicht in der Hängematte liegen und sich ausruhen etc.

    Dass es nie stimmte und bis heute nicht stimmt, ist ein politisches Großproblem.

    Ich kenne viele Leute, die in der Security-Branche arbeiten und die bekommen knapp mehr als Mindestlohn, viele von denen haben aber eine Ausbildung und teilweise in den 50ern und 60ern ihre Ursprungsarbeitsplätze verloren. Die mussten sich abstufen lassen. Die haben den harten Kampf auf dem Arbeitsmarkt verloren.

    Und dann tauchen immer wieder Menschen auf und reden von der Faulheit der Arbeitslosen und SGB-IIer.

    Das ist inhuman und abstoßend.

    Wir haben trotz großem demographischen Wandel qualifizierte Arbeitskräfte, die arbeiten wollen und die nichts finden. Das ist selber 2023 noch so.

    Und dann die vielen Menschen, die alleinerziehend sind, die durch andere Umstände nicht voll arbeiten können. Kindererziehung und Betreuung sind für unsere Gesellschaft überlebenswichtig.

    Natürlich haut Friedrich Merz in so eine Kerbe und diffamiert Menschen, dafür wird er m.M. auch nie Kanzler werden. Eine totale soziale Abrüstung will inzwischen niemand mehr. Das Schlimme ist auch eher, dass solche Märchen ein Eigenleben anfangen und es schwer wird, diese Idiotie wieder aufzulösen.

    • @Andreas_2020:

      Die Idee, dass Menschen keine Arbeit finden, ist heute allerdings auch anders zu bewerten als vor 10 Jahren. Wirklich überall findet man Schilder und Plakate, dass man Mitarbeiter sucht.



      Jedenfalls wenn man Kinder hat und damit ihnen Unterhalt schuldet, sollte man doch wohl versuchen, wenigstens einen Teil dieser Pflicht selbst zu erfüllen.

      • @Dr. McSchreck:

        Sind aber auch viele alleinerziehende, ältere und körperlich angeschlagene unter den Harz4-Beziehern die keiner einstellen will. Mal von schlechter Bezahlung und miesen Arbeitsbedingungen von vielen Kackjobs abgesehen. Um die Ecke bei mir beim Bäcker hängen auch ständig Zettel. Die Leute kündigen ganz schnell wieder weil es dort keiner länger aushält. Ich bin auch mit vielen jungen Migranten befreundet. Was die mir aus ihrem Berufsleben erzählen geht teilweise gar nicht.



        Und mal eben den Alimente prellenden Vater aus den Hut zu zaubern rechtfertigt rein gar nichts.

        • @Andreas J:

          Wieso "prellt" ein Elternteil denn die Alimente nur, wenn man getrennt ist. Wer Kinder in die Welt setzt, ist verantwortlich, dass sie genug zum Leben haben und muss alles dafür einsetzen - so das Gesetz.

          Krankheit und Behinderung natürlich ausgenommen.

          • @Dr. McSchreck:

            Eine Gruppe rauspicken um ein Urteil über alle zu fällen.

      • @Dr. McSchreck:

        "Ich" würde doch einmal über Güterverteilung nachdenken. ..nWas die Plakate angeht, "prima", stehen auch Arbeitsbedingungen und Entgelt drauf?!

        • @Gerhard Krause:

          weniger als der Mindestlohn wird es nicht sein.



          Außerdem ist der Gedanke des Sozialstaates nicht, dass man Unterstützung bekommt, bis man eine Arbeit findet, die einem gut gefällt, sondern dass Leute Unterstützung bekommen, die nicht in der Lage sind zu arbeiten.

          • @Dr. McSchreck:

            Komisch, bei den ab und zu stattfindenden Kontrollen durch den Zoll, werden immer wieder Verstöße gegen den Mindestlohn festgestellt. Also Augen und Ohren auf, bevor Sie sich äußern.



            Außerdem macht es durchaus Sinn, eine Tätigkeit ausüben, die Spaß macht, sonst sitzt man schneller als einem Lieb ist, wieder vor seinem Antrag für Bürgergeld.

            • @sedeum:

              ...und zum Zoll - die dort gefunden werden, sind ja nun wirklich sehr oft genau die, von denen der Kommentar handelt. Offiziell auf 450 Euro-Basis, tatsächlich in Vollzeit, mit Bürgergeld zusätzlich. Da betrügen beide, der Arbeitgeber das Finanzamt und die Sozialkassen - der Arbeitnehmer diejenigen, die in die Sozialkassen einzahlen.

              Ich bin aber sehr sicher, dass Supermärkte, Bahn- und Busunternehmen, die Tariflöhne zahlen, keine Kontrollen des Zolls befürchten müssen und um zum Beispiel Lokführer oder Kontrolleur bei einem Bahnunternehmen zu werden, braucht man auch kein Abitur.

            • @sedeum:

              Natürlich sollte jeder eine Tätigkeit anstreben, die ihn ausfüllt. Bis man die gefunden hat, sollte man allerdings versuchen, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen und nicht auf Kosten anderer zu leben. Jedenfalls wenn man es kann (erwachsen und gesund ist).

  • @RUDOLF FISSNER

    Schon wieder dieses "entweder-oder"? Der Mindestlohn muss natürlich höher: es ist bekannt, dass er nicht ausreicht. Aber auch die Kindergrundsicherung muss her, damit Kinder nicht in Armut aufwachsen.

    Beides doch.

    • @tomás zerolo:

      Unter den Tisch fällt in diesen Debatten (auch), dass es sich um ein politisches plus neoklassisches Strickmuster handelt: Werden die Menschen den neoliberalen bzw neoklassischen Zumutungen (zB Gestaltung des Bildungssystems [Staatsquote] u. niedrigschwelliger Kündigungsschutz, Gestaltung der betrieblichen Mitbestimmung, Gestaltung der Tariflandschaft, Gestaltung des Steuersystems) ausgesetzt oder nicht? Und, "kleistern" wir zB sozial u. politisch (zB Wiederwahl, Würde des Menschen, Gestaltung der Demokratie) unerwünschte Ergebnisse dieser Zumutungen mit Geld zu - oder eben auch nicht. 🙋

  • Es ist ein einfacher Sündenbock, um von der Umverteilung nach oben abzulenken. Die alleinerziehende Bürgergeldempfängerin nebenan klaut natürlich allen die Wurst vom Brot, während Steuergeschenke und Maximalprofite auf Kosten der Arbeiter das Normalste der Welt sind. Und die Deutschen fallen frohen Mutes auf den neoliberalen Bullshit rein, und schieben dann Hass auf sozial schwache Schichten und wählen Faschisten, anstatt endlich für ihre Rechte und Gehälter zu kämpfen. Es ist ja auch so schön leicht und sozialkonform, so hart wie möglich nach unten zu treten. Bei den anderen Optionen müsste man glatt den Status Quo hinterfragen. Schockschwerenot!

    • @Apathometer:

      100% Zustimmung. Sieht man auch daran, dass eine Partei wie die Linke es nicht schafft, in diesen Zeiten ihr Wählerpotential zu mobilisieren. Stattdessen vertrauen viele lieber auf die rechten Rattenfänger, ohne zu registrieren, dass sich mit denen ihre persönliche Situation auf keinen Fall verbessert. In Deutschland gilt das Motto: Wenn es mir schlecht geht, soll es anderen mindestens genauso schlecht gehen, dann geht es mir schon besser.

  • "Danach machen Eltern mit Mi­gra­tions­hin­ter­grund die schlecht bezahlten Jobs"

    Mit einer Kindergrundsicherung geht man nicht gegen schlecht bezahlte Jobs vor.



    Wenn der Mindestlohn zu gering ist, muss dieser erhöht werden!

    • @Rudolf Fissner:

      Es ist bereits der zweithöchste der EU

    • @Rudolf Fissner:

      Es sei denn, die Arbeitgeberverbände sperren sich dagegen, die Regierung mag sich nicht auf die Seite der Arbeitnehmerverbände schlagen und dennoch sind die Lebenshaltungskosten so hoch, dass das angemessen Abstand haltende Bürgergeld keine Existenzgrundlage bietet, die Kinderarmut verhindert.

  • Man braucht keine Schwarzarbeit - sobald ein Partner nicht arbeiten kann (aus gesundheitlichen Gründen z.B.) oder darf (aus religiöser Überzeugung z.B.) ist der Bezug von Sozialleistungen bei geringer Qualifikation deutlich attraktiver als Erwerbsarbeit.

    • @Wombat:

      @WOMBAT, ehrlich: Es geht wie Kraut und Rüben durcheinander in Ihrem Kommentar.



      Sind wir mal froh, dass wir einen modernen Sozialstaat u. a. auf der Basis eines in Arbeiterkämpfen erworbenen, vom Grundgesetz her regulierten Ausgleichs zwischen Arbeit u. Kapital haben. Sonst würde es nämlich tatsächlich der Mehr- oder gar der Schwarzarbeit bedürfen, wenn ein arbeitsfähiger Ehepartner im Falle der Krankheit des anderen dazu gezwungen wäre. Es gibt aber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Krankengeld. Im Fall der Erwerbsunfähigkeit die entsprechende Rente oder Erwerbsmindeurngsrente. Alle diese Leistungen machen soetwas wie Schwarzarbeit hoffentlich unnötig. Dabei liegen die Höhen dieser Leistungen, weil an die vorangehenden Lohnhöhen genknüpft, in aller Regel (auch Rente) unter den Verdiensthöhen, egal wie hoch oder gering.

      Wo bitte sind da die zu beziehenden Sozialleistungen höher als die der vorangegangenen Erwerbsarbeit?

      Dass aus religiöser Überzeugung nicht gearbeitet werden darf, ist mir von keiner Religion bekannt. Da müssten Sie mich informieren. Kulturelle Haltungen gibt es einhergehend mit jeweiligen Religionen. Aber keine originären religiösen Verbote.

    • @Wombat:

      Ja, der Staat stiehlt sich wunderbar aus der Verantwortung. Ab dem Zeitpunkt wo man als Paar zusammenzieht ist es , sofern eine Partei noch arbeitet, mit den staatlichen Zuwendungen vorbei.

      • @SeppW:

        Anders als eine ironische Anmerkung zum Kommentar von @WOMBAT kann ich das hier nicht verstehen.

        Wenn es das nicht ist - SEPPW, dann sagen Sie hier das genaue Gegenteil von dem, was Sie in ihrem ersten Kommentar hier im Forum kritisieren.



        Mitnichten stiehlt sich der Staat aus gesetzl. Regelungen im Fall von Krankheit - Beispiel @WOMBAT.

        Im Fall der Arbeitslosigkeit eines Teils eines zusammenlebenden Paares, bezieht der erwerbslose Teil dann Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung, dann Bürgergeld. Die Höhe des Bürgergeldes bestimmt sich dann auch nach der Höhe des Erwerbseinkommens des anderen Partners. Denn beide bilden dem Gesetz nach, SGB II, eine Bedarfsgemeinschaft?

        Wo stiehlt sich hier wer aus den Verantwortlichkeiten, wie sie gestzl. vogesehen sind?

        In Ihrem Kommentar unten kritisieren Sie dann am Beispiel der drei Geschwister wiederum die Zahlung solcher Leistungen durch den Staat, deren Existenz Sie hier sozusagen abstreiten und das dann hier kritisieren.

        Pardon aber hier muss schon gefragt werden: Wie hätten Sie es denn gern?

        Wenn wir wirklich mal Vernunft geleitete Diskurse zur Sozialpolitik haben wollen - so kommen wir dem Ziel nicht näher.

        Ick weiß ich meckere - aber beide hier angesprochene Kommentare bedürfen dringend der Klarstellung.

  • Wenn zwei gesunde Elternteile in einer Familie sind, erwarte ich, dass wenigstens eines arbeiten geht. Ist das wirklich zu unverschämt von mir?

    • @Emsch:

      Das trifft doch auch auf den allergrößten Anteil der Zweielternfamilien zu.



      Genau darum geht es doch im Artikel: Natürlich kann man diese Erwartung haben. Anders würde unsere Gesellschaft ja nicht funktionieren.



      Sie müssen aber auch alles in der korrekten Relation sehen. Die Geschichten von den faulen Arbeitslosen in der Hängemantte sind bestenfalls Anekdoten.



      Jeder kennt so jemanden, aber es sind immer die selben, die man auch mit den härtesten Forderungen nicht erreichen würde. Und wegen solchen Hanseln kann man doch nicht allen anderen das Leben schwer machen.



      Der überwiegende Teil der Menschehit ist so sozial eingestellt, dass eine Arbeit der Stütze vorgezogen wird.

  • "Niemand ist davor gefeit, in die vulnerable Gruppe der Hil­fe­emp­fän­ger:in­nen zu geraten"

    Das vergessen einige Foristen leider zu oft.

  • Danke für diesen Kommentar!

  • " Es gibt voll Leistungsfähige, die sich mit einer Kombi aus Schwarzarbeit und Stütze dauerhaft einzurichten versuchen. Aber wegen dieser sehr kleinen Gruppe kann man nicht Hunderttausende von Bedürftigen in Geiselhaft nehmen und deren Existenzgrundlage beschneiden."

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    Und wie groß ist diese "sehr kleine" Gruppe in einer Zahl ausgedrückt ? Vieleicht noch ein Prozentsatz dazu, damit eine Gegenüberstellung mit den restlichen Empfängern möglich ist.

    Meine Frau hat drei Geschwister. Zwei davon machen das mit ihren Partnern genau so wie im Artikel beschrieben. Die Dritte steht kurz davor ebenfalls diesen Weg einzuschlagen, ne Berufsausbildung ist zu stressig und zu anstrengend. Anekdotische Evidenz, aber für mich maßgebend, da ein greifbares Erlebnis fern jeder x-beliebigen hinbiegbaren Statistik.

    • @SeppW:

      Nächste Frage: Wie verändert sich die Zahl dieser Gruppe durch härtere oder weichere Forderungen?



      These: Das neoliberale Menschenbild, dass dem Hartzsyten zugrundelag fördert genau diese Einstellungen, die in diesem Menschenbild verachtet werden.



      Wenn Leistung und Gewinn derart kompromisslos gegenübergestellt werden, ist es doch normal, dass es irgendwann Menschen gibt, die ihre eigeneLeistung und ihren zu erwartenden Gewinn gegenüberstellen und feststellen, dass sie für x% weniger Geld drei mal x % weniger Leistung zeigen müssen.