Blockade gegen Abschiebung in Leipzig: Spontane Protestaktion eskaliert
Bei einer Abschiebung im Leipziger Osten kam es zu einer spontanen Blockade. Die Polizei setzte Pfefferspray ein, es gab offenbar einige Verletzte.
Die Situation eskalierte, die Polizei setzte Pfefferspray ein und Demonstrierende warfen Flaschen. Nach Tweets des Grünen-Politikers Jürgen Kasek und des Linken-Politikers Marco Böhme, die beide vor Ort waren, gab es einige Verletzte. Die Polizei sprach am Mittwoch von drei Festnahmen, elf Beamte seien leicht verletzt worden.
Die Abschiebung sei für 20.30 Uhr geplant gewesen, wie die sächsische Polizei auf Twitter mitteilte. Das Haus, in dem sich die betreffende Person aufhielt, liegt in einer Nebenstraße der Eisenbahnstraße im Leipziger Osten. Nach Angaben einiger Anwesender handelte es sich um einen syrischen Mann, der in Spanien in die EU eingereist ist und nun dorthin zurückgebracht werden sollte.
Eine Frau, die laut Zeugenangaben die Mutter des Mannes sein soll, wurde mit dem Krankenwagen abtransportiert. Daraufhin brachten Beamte den Mann aus dem Haus in einen Einsatzwagen, der auf der Straße stand. Einige der Demonstrant*innen versuchten dies zu verhindern.
Empfohlener externer Inhalt
Um die Abfahrt des Wagens und somit die Abschiebung zu blockieren, setzten sich zunächst etwa jeweils 30 Personen vor und hinter den Wagen. Aus den Sitzblockaden wurden Rufe wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Nachbarn klaut“ oder „Say it loud, say it clear, refugees are welcome here“ gerufen. Es wurde eine spontane Versammlung bis 1.30 Uhr angemeldet, und nach Angaben der Leipziger Volkszeitung stieg die Personenzahl im Laufe des Abends auf etwa 500. Am Rande der Sitzblockaden stellten Anwohner Sofas und andere Möbel auf, um die Abfahrt des Autos zu verhindern.
Dann gingen an beiden Seiten des Einsatzwagens Beamte in die Menge. Zeitgleich trugen etwa zehn Polizist*innen den Mann aus dem Auto. Nach Angaben von anwesenden Demonstrant*innen wurde die Person in einen Hinterhof gebracht und von dort aus weggebracht. Die Situation war unübersichtlich, kurz darauf riefen einige, der Mensch sei bereits nicht mehr im Auto. Dies bestätigte dann auch einer der anwesenden Polizisten über Lautsprecher und zeigte zum Beweis den leeren Kofferraum.
Die Protestierenden riefen „Haut ab!“ in Richtung der Beamten, die die Sitzblockade jedoch weiterhin umstellten. Dann zogen sich einige Polizisten etwas zurück, machten den Weg frei und gingen ohne erkenntlichen Grund in die Menge. Dadurch eskalierte die Situation, die meisten Leute rannten in Richtung Eisenbahstraße, einige hatten bereits Pfefferspray in die Augen bekommen. Bei dem Tumult wurden parkende Autos demoliert.
Auf Twitter begründete die sächsische Polizei dieses Vorgehen damit, dass die Beamt*innen ihre Kolleg*innen aus der Blockade befreien wollten: „Dabei wurden unsere Kräfte attackiert. Wir mussten mit unmittelbarem Zwang reagieren.“ Um kurz vor 3 Uhr am Mittwochmorgen beruhigte sich die Lage.
Dieser Text wurde zuletzt am 10.7.2019 um 14.40 Uhr aktualisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW