„Bild“-Chef Reichelt nach Freistellung: Er ist wieder da
„Bild“-Chef Julian Reichelt ist zurück. Er gesteht Fehler ein, darf seinen Job aber behalten. Dafür muss er den künftig wieder mit einer Frau teilen.
Gegen Reichelt lief seit vier Wochen ein Compliance-Verfahren. Untersucht wurde, ob der Chefredakteur der Bild seine Macht gegenüber Mitarbeiterinnen ausgenutzt hat. Er soll intime Beziehungen mit Mitarbeiterinnen gehabt haben, die er währenddessen bevorzugt und später fallen gelassen haben soll. Außerdem wurde Reichelt Drogenkonsum am Arbeitsplatz vorgeworfen.
Ein ehemaliger Autor des Springer Verlags soll das dem Vorstand im Herbst mitgeteilt haben, daraufhin wurden mutmaßlich betroffene Frauen befragt. Der Untersuchungsbericht der hauseigenen Compliance-Abteilung und einer externen Anwaltskanzlei liege nun vor, heißt es in der Mitteilung.
Julian Reichelt habe eingeräumt, berufliche und private Beziehungen vermischt zu haben, die restlichen Vorwürfe habe er aber bestritten und dies eidesstattlich versichert. Strafrechtlich relevant seien die festgestellten Fehler in der Amts- und Personalführung nicht. Anhaltspunkte für sexuelle Belästigung oder Nötigung habe die Untersuchung nicht ergeben.
Reichelt selbst gesteht in einem Statement Fehler ein: „Ich weiß, ich habe im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen Fehler gemacht und kann und will das nicht schönreden. Was ich mir vor allem vorwerfe, ist, dass ich Menschen, für die ich verantwortlich bin, verletzt habe. Das tut mir sehr leid.“ Auch Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Springer, teilt mit: „Er hat Fehler gemacht. Nach allem, was im Zuge der Untersuchungen zum heutigen Tage bekannt geworden ist, halten wir eine Trennung aber für unangemessen.“
Rückkehr soll Neustart sein
Wir, das meint den Vorstand des Axel Springer Verlags. Der Vorstand sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, Julian Reichelt von seinem Posten abzuberufen, heißt es. In die Gesamtbewertung seien auch die „enormen strategischen und strukturellen Veränderungsprozesse und die journalistische Leistung“ von Reichelt eingeflossen.
Mit Reichelts Rückkehr solle ein Neustart verbunden sein: Er werde die Chance nutzen, eine neue Unternehmenskultur für Bild zu schaffen und vorzuleben, schreibt Reichelt. Wie genau die aussehen soll, lässt er offen. Mathias Döpfner schreibt, dass ein „moderner, unangepasster Boulevardjournalismus und eine zeitgemäße Führungskultur kein Widerspruch sind“.
Diese neue Kultur mitetablieren soll also Alexandra Würzbach. Sie ist die zweite Frau, die versuchen soll, die Bild in einer gleichberechtigten Doppelspitze mit Reichelt zu führen. Von Januar 2016 bis März 2018 leitete Reichelt die Redaktion zusammen mit Tanit Koch. Das Duo scheiterte. Koch verließ nach langem Machtkampf mit Reichelt die Redaktion. Ihre Kompromissbereitschaft sei an ihre Grenzen gelangt, schrieb Koch damals in einer internen Mail an die Mitarbeitenden.
Mathias Döpfner schrieb damals in einer Pressemitteilung, die Doppelspitze sei zwar „gut gemeint“ gewesen, habe aber nicht funktioniert, weil „diese Aufstellung“ nicht zur Bild passe. „,Bild' braucht ganz klare Verhältnisse.“ Nun soll „diese Aufstellung“ also doch zur Bild-Zeitung passen. Julian Reichelt wird sich künftig um die Bild print und digital kümmern, sowie um das Videoformat Bild Live. Alexandra Würzbach wird die Bild am Sonntag verantworten sowie das übergreifende Personal- und Redaktionsmanagement.
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