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Beamtenstatus und GesundheitEmma darf nicht Beamtin werden

Psychologische Behandlung oder Beamtenlaufbahn? Eine Frage, die Folgen hat, denn die Angst vor solch einer Absage haben viele.

Ungerechte Entscheidungen können die Zukunftsplanung verbauen Foto: imago

Emma wollte Beamtin werden. Sie ist 19 Jahre alt, als sie ihre Zusage für ein duales Studium bekommt, zieht dafür extra nach Berlin. Doch dann beendet eine amtsärztliche Untersuchung ihre Pläne: Weil sie vor einigen Jahren in psychologischer Behandlung war, darf Emma nicht Beamtin werden.

Die Angst vor solch einer Absage haben viele. Aus Sorge, später keine Chance auf den Beamtenstatus zu haben, verzichten Betroffene sogar auf Unterstützung. Anstatt sie zu ermutigen, setzt das System ein fatales Zeichen: Wer zu seinen Problemen steht und sich Hilfe sucht, wird bestraft.

Beamte sind Angestellte des Staates – und der hat ein Interesse daran, dass sie langfristig arbeitsfähig bleiben. Daher müssen Bewerberinnen und Bewerber vor ihrer Verbeamtung eine medizinische Untersuchung durchlaufen. Dazu gehört meist ein Anamnesebogen, der frühere Erkrankungen abfragt. In welchem Umfang psychologische Diagnosen oder andere Vorerkrankungen offengelegt werden müssen, variiert je nach Bundesland. Zudem umfasst die Untersuchung Gesundheitschecks wie die Messung des Body-Mass-Index. Laut dem Berliner Bildungssenat kommt es nur in wenigen Fällen vor, dass eine Verbeamtung aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt wird.

Aber Betroffene berichten, dass sie sich gar nicht erst um Hilfe bemühen – aus Angst vor Konsequenzen. Oder sie suchen Alternativen: Angehende Lehrkräfte haben die Möglichkeit der schulpsychologischen Unterstützung. Andere Betroffene finanzieren aus eigener Kasse Hilfe, um Einträge in ihren Gesundheitsdaten zu vermeiden – ein finanzielles Privileg, das sich nicht jeder leisten kann.

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Dieser Text ist Teil des Projekts taz Panterjugend: 26 junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, Nachwuchs-journalist:innen, -illustrator:innen und -fotograf:innen, kommen im Januar 2025 zu digitalen Seminaren zusammen und im Februar zu einer Projektwoche in die taz nach Berlin. Gemeinsam entwickeln sie zur Bundestagswahl Sonderseiten für die taz – ein Projekt der taz Panter Stiftung.

Sich scheuen, psychologische Hilfe zu suchen

Diplom-Psychologe Fredi Lang vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen rät davon ab, psychische Probleme gar nicht anzugehen. Bewerberinnen und Bewerber bräuchten sich nicht zu rechtfertigen. Die Amtsärzte müssten individuell nachweisen, dass potenzielle Beamte aufgrund einer psychischen Erkrankung vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden würden. Ein Ausschluss sei eher die Ausnahme. Im Gegenteil, wenn eine Behandlung erfolgreich ist, wäre man hinterher widerstandsfähiger.

Doch solange es für die Bewerberinnen und Bewerber keine Transparenz gibt, werden sich manche weiterhin scheuen, psychologische Hilfe zu suchen.

Emma ist in Berlin geblieben und hat sich in Start-ups hochgearbeitet. Ein zweiter Versuch, Beamtin zu werden, kommt für sie nicht infrage – die Angst vor einer erneuten Ablehnung ist zu groß.

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4 Kommentare

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  • Die Betreffende ist ganz sicher nicht wegen der Aufnahme einer psychologischen Behandlung an sich abgelehnt worden sondern vermutlich wegen der ursächlichen Erkrankung. Ohne diese Hintergründe zu kennen ist eine Einschätzung schwierig. Ich würde tendenziell allerdings als Entscheider auch skeptisch sein, wenn jemand der mit 19 bereits psychologische Probleme hat lebenslang verbeamtet werden möchte. Wer die abstrus hohen Krankquoten bei Beamten kennt und weiß, dass dort inzwischen fast 40% aller Fehlzeiten auf psychische Erkrankungen entfallen, muss in der Konstellation eigentlich sofort ablehnen.

  • “ Aber Betroffene berichten, dass sie sich gar nicht erst um Hilfe bemühen – aus Angst vor Konsequenzen.“

    Korrekt & ist damit nicht zu Ende! Aber Hallo



    Sage ich zunächst als gut über zehn Jahre für Dienstrecht einschl Beihilfe zuständiger VerwRichter a.D.



    Wie weit das geht - mag die folgende Skizze erhellen:



    “Wie - du bezahlst deine PsychoBehandlungen aus eigener Tasche???!“



    “Ja biste denn doof? Da kannste dir doch den EDEKA-Vermerk doch gleich selbst ausstellen!



    Sachliche wie Personelle Trennungen der Zuständigkeiten?! Vergiß es. Wie rein zufällig wechselt der Beihilfe-Leiter - anschließend in die Personalabteilung! Woll“

    So geht das (short cut!;(

  • "Beamte sind Angestellte des Staates" - das ist so nicht korrekt. Es gibt im öffentlichen Dienst sowohl Beamte als auch Angestellte, und gerade im längeren Krankheitsfall oder bei Berufsunfähigkeit gibt es dann einen himmelweiten Unterschied. Vereinfacht gesagt: als Angestellter zahlt der Arbeitgeber (hier der Staat) die ersten sechs Wochen das Gehalt weiter, danach gibt es Krankengeld von der Krankenkasse (wobei es oft noch einen Zuschuss vom Arbeitgeber gibt). Bei dauerhafter Krankheit kann auch gekündigt werden, insbesondere, wenn keine Besserung zu erwarten ist.



    Bei Beamten läuft das Gehalt weiter, bis die Dienstunfähigkeit festgestellt wird. Beamte können aber ggf. auf Stellen versetzt werden, auf denen sie noch arbeiten können. Beamte auf Lebenszeit kann aus Krankheitsgünden nicht gekündigt, sondern nur in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden. Dann fällt die vom Staat zu zahlende Pension an. Wenn wegen einer Vorerkrankung damit zu rechnen ist, dass jemand vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheidet, ist dies für den Staat als Arbeitgeber eines Beamten deshalb schlecht, deshalb die Gesundheitsprüfung.

    • @Offebacher:

      Das stimmt und da wo es parallel auch die Möglichkeit gibt sich anstellen zu lassen kann man das ja auch machen. Es hat ja auch viele Vorteile, zB wenn man mal woanders arbeiten möchte usw. Aber, wenn man jetzt einen Beruf lernt für den praktisch nur der Beamtenstatus angeboten wird hat man ein Problem, da sollte es möglich sein sich anstellen zu lassen.