Bafög wird erhöht: Ampel blamiert Stark-Watzinger
Gute Nachrichten für Studierende: Der Bundestag dürfte bald die Bafögsätze erhöhen. Auch wenn die zuständige Ministerin dafür keinen Bedarf sieht.
W as für eine Watsche für Bettina Stark-Watzinger. Die FDP-Bildungsministerin behauptet seit Monaten, dass kein Geld für eine Erhöhung der Bafögsätze da sei. In ihrer jüngsten Reform sollte es deshalb bei einer Nullrunde bleiben – trotz der massiv gestiegenen Lebenskosten und Mieten in Uni-Städten. Und trotz des Versprechens im Koalitionsvertrag, das Bafög regelmäßig anzupassen. Studierende, Verbände, selbst der Bundesrat zeigten sich irritiert über den fehlenden Einsatz der Ministerin. Gut, dass die Ampelparteien das nicht länger mitansehen.
Am Mittwoch einigten sich die drei Fraktionen darauf, den Gesetzentwurf Stark-Watzingers an mehreren Stellen nachzubessern. Stimmt der Bundestag dem kommende Woche so zu, steigen die Bedarfssätze zum Wintersemester um fünf Prozent und die Wohnkostenpauschale von 360 auf 380 Euro. Immerhin. Damit zeigen SPD, Grüne und FDP, dass ihnen die Studierenden doch nicht ganz so egal sind, wie diese selbst mittlerweile glauben müssen. Daran hat Stark-Watzinger einen gehörigen Anteil. Als der russische Angriffskrieg die Heizkosten in Deutschland in die Höhe trieb, versprach sie, „die jungen Menschen“ nicht alleine zu lassen. Einen ganzen Winter lang, über sechs Monate, mussten die Studierenden auf die versprochene Einmalzahlung warten, die dann noch ziemlich mickrig ausfiel.
Dass Studierende bei ihr keine Priorität haben, zeigt Stark-Watzinger auch beim Bafög. Ihr jüngster Entwurf ignoriert nicht nur die Preisteuerungen der vergangenen zwei Jahre. Schlimmer noch: Der Entwurf sieht sogar vor, die Darlehensobergrenze zu erhöhen – was Bafög-Empfänger:innen bei der Rückzahlung stärker belastet und womöglich noch mehr junge Menschen aus benachteiligten Familien vor einem Studium abschrecken würde.
Auch hier haben die Ampel-Frauen und -Männer glücklicherweise eingegriffen und den Bafög-Entwurf korrigiert. Wie Stark-Watzinger sich gleichzeitig aber in Bundestagsdebatten guten Gewissens auf auf eine Stufe mit Willy Brandt stellen kann, unter dessen Kanzlerschaft das Bafög eingeführt wurde, bleibt allein ihr Geheimnis.
Fairerweise muss man erwähnen, dass viele Punkte der jüngsten Bafög-Reform durchaus gut sind. So sollen bedürftige Studierende 1.000 Euro Starthilfe erhalten. Auch die Lockerungen bei der Förderhöchstdauer (plus ein Semester) und beim Fachwechsel (länger möglich ohne negative Folgen) gehen in die richtige Richtung. Nur: Das sind Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, die die Ministerin eher spät als früh abarbeitet. Dafür muss man sie nicht loben. Abgeordnete, die ihre Ministerin an unterschlagene Sozialversprechen erinnern, hingegen schon.
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