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BSW nach BundestagswahlBSW klagt in Karlsruhe auf Neuauszählung der Wahl

Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist bei der Bundestagswahl sehr knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die Partei will das nicht hinnehmen.

BSW klagt in Karlsruhe auf Neuauszählung der Wahl Foto: Daniel Löb/dpa

Berlin dpa | Das Bündnis Sahra Wagenknecht zieht wegen des knapp verpassten Einzugs in den Bundestag vor das Bundesverfassungsgericht, um eine neue Auszählung der Wählerstimmen zu erreichen. Eine BSW-Sprecherin bestätigte der Deutschen Presse-Agentur einen entsprechenden Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Antrag sei am Dienstag in Karlsruhe eingereicht worden, sagte sie.

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte der dpa den Eingang einer entsprechenden Verfassungsbeschwerde mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das BSW plant nach eigenen Angaben weitere Klagen im Laufe der Woche.

Die Wagenknecht-Partei hatte nach dem vorläufigen Endergebnis bei der Bundestagswahl am 23. Februar bundesweit rund 4,972 Prozent der Zweitstimmen erhalten und war damit knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Nach Angaben der Partei fehlten etwa 13.400 Stimmen. Seither ergaben einzelne Nachzählungen an mehreren Orten, dass offenbar einige Stimmen falsch zugeordnet wurden. Große Verschiebungen der Stimmverhältnisse wurden aber nicht bekannt.

„Respekt vor den Wählern“

Parteigründerin Sahra Wagenknecht sprach in der FAZ von „einigen tausend BSW-Stimmen“, die offenbar fälschlicherweise anderen Parteien zugeordnet oder als ungültig bewertet worden seien. „Der Respekt vor den Wählern gebietet es, mögliche Fehler genau zu prüfen und zu korrigieren“, sagte die BSW-Chefin. Das funktioniere nur, „wenn vor Feststellung des amtlichen Endergebnisses eine bundesweite Neuauszählung erfolgt“.

Für die erst Anfang 2024 gegründete Partei ist der Einzug in den Bundestag politisch von höchster Bedeutung. Doch auch die Mehrheitsverhältnisse im Parlament könnten betroffen sein: Sollte das BSW Erfolg haben und doch noch in den Bundestag kommen, hätte eine Zweier-Koalition von Union und SPD womöglich keine Mehrheit mehr.

Erkenntnisse bei Neuauszählung in Berlin

Wagenknecht sagte, eine Partei dürfe nur dann an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, wenn ausgeschlossen werden könne, dass sie von fünf Prozent der Wähler gewählt worden sei. Schon jetzt hätten „relativ viele Fehler“ aufgrund von Hinweisen der Partei korrigiert werden müssen, sagte Wagenknecht.

Das BSW bezieht sich auf eine Neuauszählung in zwölf Berliner Wahllokalen, bei der zwei zusätzliche BSW-Stimmen gefunden worden seien. „Hochgerechnet auf alle Wahllokale wäre das BSW bei einer solchen Abweichung im Bundestag“, sagte Wagenknecht. Ihre Sprecherin ergänzte, nach Berechnungen der Partei gebe es „eine realistische Chance, dass wir bei einer bundesweiten Neuauszählung die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten“.

Endergebnis am Freitag

Das amtliche Endergebnis soll bereits am kommenden Freitag vom Bundeswahlausschuss festgestellt werden. Danach könnte dagegen Einspruch erhoben und nötigenfalls geklagt werden.

Der Staatsrechtler Christoph Degenhart, einer der Rechtsvertreter des BSW, erklärte jedoch: „Der äußerst knappe Wahlausgang zu Lasten des BSW macht eine umfassende Überprüfung des Wahlvorgangs noch vor Feststellung des amtlichen Endergebnisses erforderlich. Andernfalls drohen Rechtsverluste, eine Schwächung demokratischer Legitimation und die Missachtung des Wählerwillens.“

Der Verfassungsrechtler Uwe Lipinski, ebenfalls für das BSW aktiv, ergänzte: „Würde kein Eilrechtsschutz gewährt werden, wäre eine Korrektur des Wahlergebnisses mitten in der neuen Wahlperiode höchst wahrscheinlich, spätestens dann im Rahmen einer Wahlprüfungs-Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht.“

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14 Kommentare

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  • Egal wie man zu Wagenknecht steht, ihr Vorgehen in dieser Sache ist nachvollziehbar. Würde wahrscheinlich jede Partei so machen.



    Und ja, ich würde mich freuen, wenn die Karten nochmals neu gemischt werden.

  • Tja....die vermutete Auszähl-Unschärfe kann aber nach der Neuauswertung genausogut auch gegen Frau W. ausschlagen. Warum sollten Fehler nur zu Ungunsten einer einzigen Partei passieren können?



    Gut, das Ergebnis war sehr knapp an der 5%-Hürde, soll ruhig nachgezählt werden - Hoffe nur, dass das Ergebnis dann auch letztlich von allen Seiten akzeptiert wird.

  • "... in zwölf Berliner Wahllokalen, ..." Wenn irgendetwas nicht repräsentativ ist, Wahlauszählungen in unserer dysfunktionalen Hauptstadt. Wenn man da lange genug sucht, findet man bestimmt noch genug Stimme für die FDP.

  • Mir ist das BSW zuwider. Ich freue mich, wenn es nicht einzieht. Allerdings bin ich zu allererst Demokrat und wichtiger als meine parteipolitsche Präferenz ist die Korrektheit und Fairness der Wahl. Als solcher finde ich den Ablauf des Wahlprüfungsverfahrens in Deutschland befremdlich. Ich halte es zwar für unwahrscheinlich, dass eine Neuauszählung das BSW über die 5%-Hürde hebt. Doch ist das Ergebnis derart knapp, dass wir es nicht ausschließen können. Für diesen Fall brauchen wir einen Mechanismus für eine zügige bundesweite Neuauszählung. Leider ist das bei uns nicht vorgesehen. Es wäre fatal, wenn sich erst nach einigen Wochen oder gar Monaten herausstellt, dass das BSW fälschlicherweise nicht ins Parlament kam. Wären inzwischen gefällte Beschluss des Bundestags noch gültig? Zumindest wären die soweit geführten schwarz-roten Koalitionsverhandlungen für die Katz. Ein fataler Ausgang in der aktuellen politischen Lage. Die juristische Frage der Zulässigkeit der Klage kann ich nicht bewerten. Ich hoffe allerdings das sie zugelassen wird. Wir brauchen eine schnelle endgültige Klärung und keine monatelange Hängepartie.

  • Blamabel, wegen zwei Stimmen das Ergebnis von Millionen anzweifeln.

    • @PeterS:

      zwei Stimmen in 12 Wahllokalen.



      Das BSW hat ja hochgerechnet.



      65000 Wahllokale geteilt durch 6 ergäbe 10800 Stimmen. Das ist schon dicht genug an den benötigten 13400, um Wind zu machen.



      Aber gleichzeitig weit genug weg, um gerichtlich doch zu sagen, die Stichprobe war genau genug.

  • Als Wahlvorsteher an einem Tisch für Briefwahl in München habe ich genau darauf geachtet dass in unserem Team jederzeit zwei Personen eine Tätigkeit ausführten.



    Alte Weisheit: 'Drei Augen sehen mehr als eins' (Inspector Columbo)



    Eine falsche Ablage, z.B. von 17 Bündnis der Frau deren Namen ich nicht nenne und 16 Bündnis Deutschland, da bin ich mir Guten Gewissens sicher konnten wir vermeiden.

    Die Möglichkeit das es hier und/oder da zur Fehlerhaften Ablage gekommen ist ist jedoch nicht auszuschließen und da habe ich Verständnis für die Sorge des BSW. Die Korrektheit ist wichtig.



    Was die Annahme der Fehlerhaft als ungültig erfassten Wahlzettel betrifft kann ich mir keine plausible Möglichkeit vorstellen. Über jeden einzelnen Wahlschein bzw. die Wahlzettel wurde vom gesamten Wahlvorstand abgestimmt.

    Natürlich haben wir alles sortiert verpackt und eine neue Auszählung sollte mit weniger Aufwand als die erste Auszahlung ausführbar sein.



    Meinen Aufwandsersatz habe ich natürlich schon erhalten und mich damit erfrischt.

    • @Mr.Henry:

      Ich bin zwar in diesem Jahr nicht abgerufen worden, aber war bei vorherigen Wahlen als Wahlvorstand tätig und wundere mich auch darüber.



      Wir hatten tatsächlich mal einen Stapel bei dem eine Person sagen wir als Beispiel 73 Stimmen gezählt hat und die andere 74. Als ich dann nochmal überprüft habe sah ich dann, dass einer der Zettel geknickt auf dem Stapel lag und nur von einer Seite gezählt werden konnte. Wäre es dort nicht aufgefallen hätte das Endergebnis nicht gestimmt und wir hätten alle Stapel neu auszählen müssen.



      Ich weiß nicht so recht, wie man da unbemerkt auf falsche Zahlen kommen kann.

      Wobei, die Regelung bei den "Beschlussfällen" halte ich tatsächlich für ziemlich undeutlich. Wenn jemand alles ausnahmslos durchgestrichen hat muss ich da nicht viel entscheiden. Ich habe dafür plädiert, dass wir uns an das Merkheft mit den ganzen Szenarien halten, eine Person wollte aber auch eine Zweitstimme mal nicht gelten lassen, weil die Erststimme ungültig war. Die Zweitstimme war jedoch eindeutig markiert und der Wahlzettel außer der zwei Kreuze bei der Erststimme nicht zu beanstanden.

  • Laut vorläufigem Ergebnis hat das BSW 4,97% - wenn einerseits bei den Auszählungen Unschärfen wie in der Stichprobe hingenommen würden, wäre es nicht verhältnismäßig, das Gesamtergebnis dann von solchen Nach-Kommastellen abhängig zu machen, ab 4,90% sollte aufgerundet werden.



    .



    Angeblich fehlende 0,03% dürften eher nicht scharf genug gezählt worden sein, um verlässlich den Ausschlag zu geben.

    • @ke1ner:

      Danke



      Ich habe herzhaft gelacht.

    • @ke1ner:

      Dann hätten wir eine 4,9% Hürde und die nächste Partei würde bei 4,89% anfangen zu weinen.

      • @Herma Huhn:

        Genau



        5% Hürde heißt mit 5% ist man/frau drin, mit 4,99999% eben nicht.



        Das Gejammere von Frau Wagenknecht entspricht ihrem Charakter.

  • Es fehlt hier aber doch der entscheidende Hinweis, dass die Voraussetzungen für eine derartige Klage wohl nicht vorliegen. Nach Art 41 GG ist die Wahlprüfung Sache des Bundestages. Erst gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig. Demnach dürfte die Beschwerde nicht zulässig sein.

  • Das letzte Gefecht des BSW.

    Wie Trump wurde dem Verein die Wahl gestohlen. Und, witzigerweise, wer braucht Wagenknecht, wenn man Trump hat, der den Krieg in der Ukraine eben mal so beendet.

    Für die Ukraine wiederum endet das genauso übel, hätte das BSW dieselbe Macht.