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Aus des VerbrennungsmotorsKompromiss bis Freitag nötig

Die FDP droht damit, das Aus für neue Verbrennerautos ab 2035 platzen zu lassen. Es ist nicht das einzige Thema, bei dem die Partei blockiert.

Die FDP verteidigt den Verbrenner, obwohl er ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen verantwortet Foto: Marijan Murat/dpa

Im von der FDP neu entfachten Streit über das Aus für neue Autos mit Verbrennermotor ab 2035 muss bis Freitag eine Lösung stehen. Sonst platzt der mühsam ausgehandelte Kompromiss auf EU-Ebene. Die ­Koalitionspartner, die Bundesregierung und die EU-Kommission ringen um eine Verständigung. „Die Bundesrepublik Deutschland sollte auf europäischer Ebene verlässlich agieren und sich an getroffene Zusagen halten“, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).

Die EU will die Neuzulassung von Pkws und kleinen Nutzfahrzeugen mit Verbrennermotor ab 2035 verbieten. Nach Angaben der EU-Umweltagentur gingen 2019 rund ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen in der Union auf den Verkehr zurück. Am Dienstag soll der EU-Minister:innenrat über das Verbot abstimmen. Bereits am Freitag findet die vorbereitende Sitzung der EU-Botschafter:innen statt. Zur Abstimmung steht ein mühsam ausgehandelter Kompromiss, der von der FDP jetzt wieder in Frage gestellt wird. „Diese Regelung sollten wir jetzt auch verlässlich umsetzen und nicht in letzter Minute davon abrücken“, sagte Lemke.

FDP-Chef Lindner hat seine Kritik am geplanten Verbot von Verbrenner-Motoren in Neuwagen ab 2035 bekräftigt. „Es ist unser Ziel, dass in Deutschland auch nach 2035 noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden“, sagte Lindner am Donnerstag den Zeitungen der Funke Mediengruppe laut Vorab-Bericht. Neu zugelassene Verbrennerfahrzeuge würden nach 2035 allerdings eine Ausnahme bleiben und müssten mit Öko-Sprit betrieben werden. Die EU-Kommission habe leider keine Anstalten unternommen, bei ihren Verbotsplänen ernsthaft Ausnahmen für solche Verbrennungsmotoren zu prüfen, die ausschließlich mit Öko-Sprit fahren. Wie sich die FDP laut Lindner in der Abstimmung dazu verhalten würde, blieb offen.

Der Hintergrund: Im vergangenen Juni hat das EU-Parlament das Aus für Verbrenner­autos beschlossen. Damit es in Kraft treten kann, müssen aber auch noch die EU-Länder zustimmen. Nach der Abstimmung im EU-Parlament waren FDP-Chef Christian Lindner und sein Parteifreund Bundesverkehrsminister Volker Wissing mit der Ansage vorgeprescht, die deutsche Regierung werde dem Verbot nur zustimmen, wenn es eine Ausnahme für nur mit E-Fuels betankbare Autos geben würde. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die mittels Strom aus Wasser und Co2 hergestellt werden. Das ist extrem energieintensiv. Die FDP argumentiert, dass mit E-Fuels betankte Autos klimaneutral sind. Das stimmt so aber nicht, zeigt etwa eine Studie der Denk­fabrik Transport & Environment.

Rückenwind von Autoindustrie

Wissing begründet das Drängen auf die Ausnahme auch damit, dass E-Fuels für die ab 2035 noch fahrenden Autos mit Verbrennermotor gebraucht werden. „Wenn wir schon E-Fuels brauchen in großer Menge, um die Bestandsflotte klimaneutral zu halten, dann spricht doch alles dafür, dass wir auch über 2035 hinaus Verbrennungsmotoren zulassen, wenn diese ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden“, sagte er am Mittwoch in der ARD. Rückenwind bekommt die FDP vom Verband der Autoindustrie und vom Bundesverband der Deutschen Industrie. Umweltverbände lehnen ­E‑­Fuels ab, auch weil E-Mobilität sehr viel effizienter ist.

Auf Drängen der FDP hat die EU-Kommission im Sommer zugesagt, zu prüfen, wie Ausnahmen für Verbrenner möglich gemacht werden können. Jetzt fordert Wissing, dass die Kommission vor dem beschlossenen Verbot und nicht nach der Entscheidung einen Weg dafür aufzeigt. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums ist das üblich. Angekündigte Aktivitäten der Kommission erfolgen erst dann, wenn der dazugehörende Beschluss verabschiedet ist.

Ob sich die FDP auf eine ­Lösung etwa in Form einer ­Absichtserklärung einlässt, ist offen. Bleibt sie bei ihrem Nein, ist das Verbot gestoppt. Weil das ihrem Ansehen auf ­EU-Ebene schaden würde, sucht die ­Bundesregierung auf höchster Ebene eine Lösung.

Das Verbrennerverbot ist nicht das einzige Vorhaben, bei dem sich die FDP querstellt. Auch das Energieeffizienz­gesetz blockiert sie. Dieses Gesetz hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Zuge der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke versprochen. Die Liberalen wollen keine verbindlichen Vorgaben für Unternehmen.

(mit reuters)

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8 Kommentare

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  • Die FDP scheint einzig und allein die sinkende rein fossilen Wirtschaftssparten zu vertreten (plus Superreiche Privatiers). Denn ja, natürlich kann man mit der E-Fuels Nebelkerze dafür sorgen, dass weiter Verbrennerautos gebaut werden dürfen und dient damit irrealen Träumen der Automobilindustrie, dass man damit den eigenen Untergang noch weiter hinauszögern könne. Denn ja, die die deutsche Autoindustrie hat ihren eigenen Untergang eingeläutet, als sie verbissen wie nie mit Millionenschwerer Lobbyarbeit die Umstellung auf E-Mobilität so lang wie möglich hinauszögerte, bis Südkorea, Japan, China und die USA die Massenproduktion für die eigenen großen Absatzmärkte und die Welt übernahmen. Ähnlich wie auch die Öl- und Gaslobby erfolgreich Windkraft und Sonnenenergie ausbremsten bis der letzte deutsche Produzent pleite ging und die Milliardengeschäfte dank prognostizierter Meganachfrage jetzt woanders gemacht werden. Da fragt man sich schon, warum man die CDU als besonders Lobbyhörige Blockadepartei abgewählt hat, wenn die FDP als Kleinstpartei nun den Erhalt des Wirtschaftsstandorts Deutschland noch schneller und nachhaltiger zerstört, als man bis drei zählen kann.

  • "„Wenn wir schon E-Fuels brauchen ...., dann spricht doch alles dafür, dass wir auch über 2035 hinaus Verbrennungsmotoren zulassen, wenn diese ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden“, sagte er am Mittwoch in der ARD."

    Vielleicht ist es ja auch so, dass ohne Unterstützung durch die FDP-Politik die Herstellung unrentabel und der Preis dieser Kraftstoffe steigen würde.



    Es wird sich niemand mehr einen Verbrenner leisten wollen, außer man betrachtet es als Statussymbol.

    Schade, dass die Entwicklung von E-Fuels für die Katz war. Aber das passiert.

    "Rückenwind bekommt die FDP vom Verband der Autoindustrie und vom Bundesverband der Deutschen Industrie."

    Die Industrie scheint jetzt voll auf Windkraft zu setzen!

  • 25% Wirkungsgrad - Die Kisten müssen so schnell wie möglich aus dem Verkehr gezogen werden. Es sind rollende Heizungen, mit oder ohne fossilen Brennstoff. Lindner brüllt vorgezogene Phantomschmerzen der Wirtschaft in die Welt.

  • Die FDP bedient ein Baugefühl, das diametral zu ihrem eigenen Marketingsprech (äh Markenkern ) : Innovation steht.



    Das kommt bestimmt bei diversen Menschen kurzzeitig gut an (Stichwort. GENAU! ) , bei der nächsten Wahl werden diese Menschen aber dennoch nicht FDP wählen, weil den meisten schon klar ist, dass die FDP an anderer Stelle Positionen vertritt, die den eigenen Interessen zuwiderlaufen.



    Die FDP glaubt Bauchgefühle zu bedienen sei Politik und brächte Wählerstimmen, dabei ist es genau andersrum. Die Antwort auf die Frage was bringt mir die FDP, fällt für die meisten negativ aus.



    Den Klassenclown mag auch keiner, obwohl ihn alle lustig finden.

  • Es gibt keine eFuels.



    Im Labor vllt. Aber nicht im großindustriellen Maßstab.



    Und das weiß auch die FDP. Sehr genau sogar.

    Dass überhaubt noch jemand die FDP gewählt hat, kann man sich wohl nur dadurch erklären, dass die Leute mit dem Kuli auf dem Wahlzettel abgeruscht sind.

  • "Auf Drängen der FDP hat die EU-Kommission im Sommer zugesagt, zu prüfen, wie Ausnahmen für Verbrenner möglich gemacht werden können."



    Die 4,9% Partei und Autolobbypartei wird Grössenwahnsinnig unfassbar und kommt dank konservativer SPD damit noch durch.



    Hier wedelt der Schwanz mit dem Hund oder besser Elephant.

  • Na hoffentlich sind die jungen Leute, die die FDP bei der letzten Bundestagswahl gewählt haben, zufrieden mit den Aktionen der FDP.

  • Die Physik kennt keine Kompromisse...... Die Zeit für die erforderliche Transformation läuft uns davon. Es ist frustrierend (s. auch Berlin)