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Aufweichung des KlimaschutzgesetzesGrüne drohen mit Blockade

Ende März hat sich die Ampelkoalition auf eine Änderung des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Nach der Warnung des Expertenrats rudern die Grünen zurück.

Der Verkehr ist nach Einschätzung des Expertenrats in Deutschland zum zweiten Mal in Folge zu klimaschädlich Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Berlin afp | Nach der Warnung des Expertenrats für Klimafragen vor einer Aufweichung des Klimaschutzgesetzes durch die Ampelkoalition drohen die Grünen mit einer Blockade des Reformvorhabens im Bundestag. „Der Expertenrat verweist zu Recht darauf, dass bei der im Koalitionsausschuss vereinbarten Änderung des Klimaschutzgesetzes strikte Vorgaben einzuhalten sind“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stephan Gelbhaar, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Deutschland dürfe nicht „sehenden Auges die gesetzlich verbindlichen Pariser Klimavorgaben verletzen oder sogar das Grundgesetz brechen“, fügte der Grünen-Politiker unter Verweis auf das Pariser Klimaabkommen hinzu.

Keine Zustimmung zu verfassungswidriger Reform

Die Koalitionsspitzen von SPD, Grünen und FDP hatten sich Ende März in einer Marathonsitzung auf eine Änderung des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Demnach sollen die strikten jährlichen Sektorziele zum Treibhausgasausstoß etwa für den Verkehr und den Gebäudesektor aufgeweicht werden. Künftig soll es möglich sein, Zielverfehlungen durch Übererfüllung in einem Sektor in einem anderen auszugleichen.

„Das Bundesverfassungsgericht hat sehr deutlich gemacht, dass zu vage Sektorziele oder unklare CO2-Reduktionsvorgaben verfassungswidrig sind“, betonte Gelbhaar nun. Einer Reform des Klimaschutzgesetzes, „die gleich wieder in Karlsruhe kassiert wird“, werde seine Partei nicht zustimmen.

Der Vorsitzende des Klima-Expertenrats, Hans-Martin Henning, hatte am Montag ausdrücklich dafür plädiert, wie bisher „jahresscharfe Ziele für jeden Sektor“ für die erlaubte Menge an Emissionen festzulegen. Die Vize-Vorsitzende Brigitte Knopf betonte, ohne konkrete Ziele habe die Politik ein „Glaubwürdigkeitsproblem“. Eine Änderung verstieße aus Expertensicht wohl auch gegen das wegweisende Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021.

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17 Kommentare

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  • Die Verschlechterung des Klimaschutzgesetzes mit Aufhebung der Ressortverantwortung ist bereits im Koalitionsvertrag beschlossen worden:

    "Die Einhaltung der Klimaziele werden wir anhand einer



    sektorübergreifenden und analog zum Pariser Klimaabkommen mehrjährigen Gesamtrechnung



    überprüfen. Basis dafür ist das jährliche Monitoring."

    Die Verantwortlichkeit der einzelnen Ressorts für die eigenen Klimaziele wurde mit folgender Vereinbarung aufgegeben:



    "Wir werden Klimaschutz zu einer Querschnittsaufgabe machen, indem das jeweils federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht



    (Klimacheck)." Klingt nett, bedeutet aber genau das, was jetzt passiert.

    Ich hatte schon 2021 in einer Analyse der Koalitionsvereinbarung formuliert: "Keine sektorbezogene, jährliche Überprüfung der Klimaziele (nach Zuständigkeitsbereichen, wie im gegenwärtigen Klimaschutzgesetz), sondern nur sektorübergreifend, in Summe (S. 55). Damit entfällt wohl auch die ressort-bezogene Verantwortung für die sektoralen Klimaziele (z.B. des Verkehrsministers)."

  • Koala-Küngelrunden...



    bringen halt doch nichts. Die Fraktionen allein hätten das auszuhandeln - die Abgeordneten, und sonst niemand, verabschieden ja dann die Gesetze. Und was heißt: "werde seine Partei nicht zustimmen." WER ? Eine 'Partei' sitzt nicht im Bundestag.

  • Grüne drohen mit Blockade - wowollnsesichdennfestkleben - vorm Kanzleramt ? Am Kabinettstisch, das wär lustig.

  • Aufregung beim Schneckenrennen!

    Die grüne Schnecke ist eine Nase vorn. Das Publikum ist erregt. Aber immer ist noch nicht klar wo das Schneckenrennen überhaupt hin gehen soll.

  • Na endlich.!!!

    Hat ja n bißchen gedauert, bis sie aus ihrer Schockstarre erwacht sind..

    ...aber jetzt:

    sind die Grünen wieder da..

  • Ach Gottchen. Die Grünen rütteln ein bisschen am Zaumzeug, das sie freiwillig von FDP/SPD haben anlegen lassen. Alles nur PR Gerede für die Galerie - Tempolimit? Ha, dagegen votiert nicht nur Wissing, sondern auch der Grüne Mischterpräsident in Stuttgart..... Also abgehakt und weiter aufrecht auf den Knien

    • @Philippe Ressing:

      Danke für diese zutreffend Bezeichnung!



      Aufrecht auf Knien :-)

  • Gut! Es hilft uns ja nicht, wenn wir rumeiern, am Ende holt uns das doch ein mit hohen Strafzahlungen oder schlimmer noch mit weit verpassten Zielen.

    Ausserdem lacht schon das Ausland über die klimaschützenden Deutschen, die nichts auf die Reihe bekommen.

  • Was ist denn so schwer daran, endlich ein Tempolimit einzuführen bzw. sich an geschlossene Vereinbarungen zum Klimabudget zu halten?

    • @Grenzgänger:

      Mir wäre ein Tempolimit in der Zwischenzeit sogar egal, nur bringen wird es fast gar nichts.



      Denn genau dann, wenn relevant viele Autos auf der Autobahn fahren, läuft es doch eh fast nur noch unter 100km/h ab.



      Und die paar Autos, die Nachts 180 fahren machen den Kohl nicht fett.

      • @Rudi Hamm:

        Fakt ist aber doch: die Sektoren Bau und Verkehr haben die Klimavorgaben nicht eingehalten. Wenn das aber ohne Konsequenzen bleibt: was sollen dann bitte diese Vorgaben?

        Wir müssen uns einschränken, aber alle tun so, als könne jeder weitermachen wie bisher. Wie soll das gehen??

        • @Grenzgänger:

          Auch die Landwirtschaft nicht.



          Wissing ist nur dafür da, davon abzulenken.

          • @Rudolf Fissner:

            Ach, der Ärmste...nur der Sündenbock. Na dann.

            Er wehrt sich aber überall gegen irgendwas und alles. Auch gegen die einfachsten Massnahmen. Mit fadenscheinigsten Argumenten.

  • Na endlich mal eine Aussage der GRÜNEN! Hoffentlich knicken die nicht wieder ein.

    • @Perkele:

      Hmm, ok nehmen wir mal an die Grünen knicken nicht ein und hauen auf den Putz.



      Dann würde im Extremfall die Ampel auseinanderfallen, da die FDP die Regierung verläss.



      Die Folge wäre ein Mißtrauensantrag gegen Scholz.



      Neuaufstellung einer Minderheitsregierung von Schwarz/Gelb mit Wahl eines Bundeskanzlers.

      Ich gebe zu keine besonders schöne Aussicht, aber durchaus möglich. CDU/FDP/AFD haben im Bundestag die Mehrheit, das sollte man nicht vergessen!

      • @BundesbürgerIn:

        Man muss Merz ja nun wirklich nicht mögen um ihm dennoch genug Intelligenz und Machtgespür zuzugestehen sich mit einer solchen potentiellen Minderheitsregierung nicht dauerhaft vom Goodwill der proto-faschistischen AfD abhängig und damit bei jeder einzelnen Abstimmung wieder erpressbar zu machen.

      • @BundesbürgerIn:

        Einen Albtraum vergessen? Sicher nicht. Doch sollen sich die GRÜNEN immer weiter am Nasenring durch die Manege führen lassen? Ob die aus der Opposition heraus nichts erreichen oder in der Regierung kaltgestellt werden - ich sehe da keinen Unterschied.