Armin Laschet ist neuer CDU-Chef: Der beste der drei
Armin Laschet könnte der Versöhner sein, den die CDU braucht. Für Schwarz-Grün aber wird es nicht einfach: Klimapolitisch ist er ein Hardliner.
D ie CDU hat sich dagegen entschieden, sich einem Risikokandidaten anzuvertrauen und nach rechts abzubiegen. Das ist eine gute Nachricht. Mit dem unberechenbaren Friedrich Merz, dem Mann mit viel Ego und wenig Empathie, der rechts Stimmen gewinnen will und dafür bereit ist, die Mitte der Gesellschaft zu spalten, hätte sich die Partei in sehr unsicheres Fahrwasser gestürzt. Kurzfristig mag eine geschwächte CDU für Linke attraktiv sein und sie von grün-rot-roten Mehrheiten träumen lassen. Langfristig aber ist eine stabile konservative Kraft, die populistischen Verlockungen widersteht, wichtig für die hiesige Demokratie.
Der neue Parteichef muss nun zweierlei hinkriegen: die gespaltene Partei zusammenführen und ein Gefühl von Aufbruch erzeugen, das die erschöpfte CDU durch ein schwieriges Wahljahr bringt. Dafür ist, trotz allen Mängeln, Armin Laschet der beste der drei Kandidaten.
Vielleicht ist er sogar genau der Versöhner, den die Partei jetzt braucht. Das Talent dazu jedenfalls hat er. In NRW ist es Laschet in den vergangenen Jahren gelungen, die unterschiedlichen Strömungen einzubinden. Nicht aus reiner Strategie. Sondern, weil er die Vielstimmigkeit der CDU für ihr Erfolgsrezept hält.
Was möglicherweise auch daran liegt, dass er – liberal in der Einwanderungspolitik, hart in der Energiepolitik, konservativ als gläubiger Katholik – Zugang zu allen Strömungen finden kann. Und die gemeinsame Kandidatur mit Jens Spahn, der innerhalb der CDU andere Milieus einbinden kann, war ohnehin ein kluger Move, der vielen Unkenrufen zum Trotz bis zum Parteitag gehalten hat.
Kann Laschet Aufbruch verströmen?
Müssen sich Merz, dessen Ego seine zweite Niederlage tief kränken dürfte, samt seiner AnhängerInnen nur noch einbinden lassen. Was vor gut zwei Jahren eben nicht geschehen ist. Wie groß die Angst davor ist, dass sich dies wiederholt, zeigen die zahlreichen Aufrufe zur Geschlossenheit der Partei. In ihren Summe haben sie fast etwas panisches.
Laschet hat es geschafft, eine persönliche und emotionale Rede zu halten, die eine Geschichte erzählt. Es war die stärkste Rede der drei. Doch fraglich bleibt, ob er auch Aufbruch verströmen kann – auch weil er Merkels Kurs halten will. Die Krise, in der die CDU steckt, ist zudem viel tiefer, als die derzeit Corona-bedingt guten Umfragewerten glauben machen.
In NRW allerdings hat es Laschet geschafft, die CDU nach einer derben Niederlage wieder aufzurichten und zurück an die Macht zu führen. Klar, NRW ist nicht der Bund. Aber es ist immerhin das bevölkerungsreichste Bundesland, das früher mal SPD-Land war.
Nicht von der Freundlichkeit täuschen lassen
Laschet, der ehrgeiziger und machtorientierter ist, als es auf den ersten Blick scheint, wird sich nun die Kanzlerkandidatur nur ungern nehmen lassen. Ob er Kanzler kann, ist aber die große Frage. In der Corona-Pandemie zumindest hat er oft unsouverän und wenig geschickt agiert, besonders wenn er unter Druck stand. Dass Laschet das nötige Nervengerüst und das Geschick für nächtelange Verhandlungen auf EU-Gipfeln hat, daran kann man deshalb durchaus zweifeln.
Für SPD und Grüne wird der Wahlkampf deutlich schwieriger werden, als es gegen eine Merz-CDU der Fall wäre. Frauen und Großstädter, die Merkel für die CDU gewonnen hat, könnten auch an Laschet Gefallen finden. Doch man sollte sich von dessen rheinländischer Freundlichkeit nicht täuschen lassen. Abschiebungen, die Eskalation im Hambacher Forst und auch der Kampf gegen die so genannte Clankriminalität – sie zeigen: Laschet ist auch ein harter Hund.
Klimapolitisch zudem macht der neue CDU-Chef nur das, was er unbedingt muss. Im Zweifelsfall seine Priorität: den Industriestandort retten. Schwarz-grün wird mit dem neuen CDU-Chef, auch wenn er sich früher beim Italiener in Bonn gern mit den Grünen zur Pizzaconnection traf, alles andere als ein Selbstläufer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen