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Beziehungen von Deutschland und IranOptionen der lauten Diplomatie gegenüber Teheran

Die Schließung iranischer Konsulate in Deutschland nach der Ermordung von Jamshid Sharmahd war ein starker Akt. Daneben gibt es weitere Möglichkeiten.

Protest am 29. Oktober vor dem iranischen Konsulat in Frankfurt am Main Foto: Ardavan Safari/dpa

Berlin taz | Als Gazelle Sharmahd sich am vergangenen Dienstag mit einem Posting auf X an die Öffentlichkeit wendet, ist es dieses Mal sie, die still ist. Einen Tag zuvor hat die Justiz der Islamischen Republik Iran die Hinrichtung ihres Vaters Jamshid Sharmahd bekannt gegeben. Unermüdlich hatte sie sich seit seiner Entführung im Jahr 2020 für dessen Freilassung eingesetzt.

Zumindest im Video sagt Gazelle Sharmahd nun kein Wort. Im Text aber liest man ihre Wut. Darüber, dass das US-Außenministerium und das deutsche Auswärtige Amt den Deutsch-Amerikaner im Stich gelassen hätten, dass ihr Vater bei Deals zu Geiselbefreiungen nicht dabei war, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich nicht äußerte.

Es ist eine Kritik, die auch Angehörige anderer Geiseln formulieren, die in Iran in Haft sind: Mariam Claren etwa, die Tochter der Deutschen Nahid Taghavi, die im Oktober 2020 im Iran festgenommen wurde. Auch Claren beklagt, was als „Stille Diplomatie“ bekannt wurde: ein Verhandeln hinter den Kulissen, ohne den Druck auch öffentlich deutlich zu erhöhen.

Zumindest am Donnerstag kann von Stille in der Diplomatie nun keine Rede sein. Am frühen Nachmittag deutscher Zeit tritt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in New York für ein Statement vor die Kameras. Als Konsequenz nach der Ermordung Sharmahds sollen alle drei iranischen Generalkonsulate in Frankfurt am Main, Hamburg und München schließen. Der Botschaftsbetrieb beider Länder indes wird aufrechterhalten.

Baerbock verschärft den Kurs gegenüber dem Iran

Baerbock wählt scharfe Worte, spricht von „furchtbarer Ruchlosigkeit“, „kaltblütiger Ermordung“ und „iranischer Geiselpolitik“. Und sie sagt Sätze wie diesen: „Dass nun im Lichte der jüngsten Entwicklung im Nahen Osten die Ermordung erfolgte, zeigt, dass ein diktatorisches Unrechtsregime wie das der Mullahs nicht in der normalen diplomatischen Logik agiert.“

Es ist ein Ton, den sich oppositionelle Exil-Iraner*innen schon länger gewünscht hätten – nicht nur von Baerbock, sondern auch von ihren sozialdemokratischen Amtsvorgängern und den CDU/CSU-geführten Regierungen der vergangenen Jahrzehnte. Sie alle blickten auf den Iran als interessanten Absatzmarkt und vermeintlich berechenbaren Akteur. Die frühere Politik wurde daher vielfach als „Appeasement“ kritisiert.

Die Schließungen der Generalkonsulate sind nun der vorläufige Tiefpunkt der deutsch-iranischen Beziehungen. Doch Baerbock kündigte bereits an, sich in der EU um weitere Sanktionen zu bemühen.

EU-Sanktionen, Terrorlistung und Snapback-Mechanismus

Wirkmächtige Optionen für weitere Maßnahmen gibt es mehrere. Dazu zählt, weitere iranische Funktionsträger und Organisationen durch die EU zu sanktionieren, etwa jene Menschen, die an den mutmaßlichen Folterungen und dem Schauprozess gegen Sharmahd beteiligt waren. Die Anzahl an Personen, die an der Tötungsmaschinerie des Regimes beteiligt ist, ist beträchtlich.

Baerbock erinnerte wiederum daran, dass sie sich für eine Aufnahme der islamischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste einsetze. Dafür bräuchte es Einigkeit unter den EU-Mitgliedsstaaten, die bislang nicht besteht. Experten wie der Politikwissenschaftler Ali Fathollah-Nejad schätzen, dass zwei Drittel der iranischen Wirtschaft mit den Revolutionsgarden verbunden sind. Jede mögliche wirtschaftliche Wiederannäherung an Europa würde mit der Terrorlistung versperrt.

Eine weitere Option bestünde in dem sogenannten Snapback-Mechanismus des Atomabkommens mit dem Iran. Zwar verabschiedeten sich die USA 2018 aus dem Deal, für die verbliebenen Vertragspartner bleibt das Abkommen auf dem Papier jedoch bestehen. Der Mechanismus sieht vor, dass die früheren weltweit gültigen UN-Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft treten könnten, sofern ein Vertragspartner namhafte Verstöße anmeldet. Das ist gegeben: Die Machthaber haben nach 2018 Uran auf mittlerweile über 60 Prozent angereichert – ein klarer Verstoß.

Beim Snapback-Mechanismus wäre es für Russland oder China im Sicherheitsrat nicht möglich, ein Veto gegen die Sanktionen einzulegen. Vielmehr bedürfte es umgekehrt eines Beschlusses, dass das Abkommen bestehen bleiben soll. Die Zeit für diese Option allerdings läuft ab: Am 17. Oktober 2025, zehn Jahre nach der Annahme, läuft das Abkommen automatisch aus.

Die Drohkulisse einer Rückkehr zu den früheren UN-Sanktionen wäre indes wohl begrenzt. Nach 2018 haben die USA unilateral begonnen, weitreichende Sanktionen gegen den Iran zu erlassen. Diese betreffen auch Firmen weltweit, sofern sie mit den USA Handel betreiben wollen – die Wirkung der sogenannten Sekundär-Sanktionen.

Stärkster Hebel: Irans Ölexporte

Der wohl weitreichendste Einschnitt beträfe Irans Ölexporte. Auch für diese gelten US-Sanktionen, die unter dem demokratischen US-Präsidenten Joe Biden jedoch nicht konsequent durchgesetzt wurden. Auch, weil Biden keinen Anstieg der Energiepreise in den USA riskieren wollte, erklärt Mahdi Ghodsi der taz. Ghodsi ist Ökonom am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche und Senior Fellow am Berliner Center for Middle East and Global Order. Der Iran habe seine Öl-Exporte auf zuletzt 1,5 Millionen Barrel Öl pro Tag erhöhen können. Hauptabnehmer seien Indien und vor allem China. Beide Länder würden iranisches Öl mit starken Preisnachlässen einkaufen und mutmaßlich international weiterverkaufen. Wer dies wirksam verhindern will, muss mit China darüber verhandeln.

„Bei allen Maßnahmen müssen wir uns fragen: Wie treffen wir die Verantwortlichen des Regimes und nicht die Bevölkerung in Iran“, sagte Baerbock am Donnerstag. Das allerdings ist nicht einfach: Die Bevölkerung leidet schon heute immens unter dem internationalen Druck. Ökonom Ghodsi schätzt, dass zwischen 30 und 50 Prozent der Ira­ne­r*in­nen mittlerweile unter der Armutsgrenze leben. Gleichzeitig, so sagen Expert*innen, ist der kritischen Mehrheit im Iran jedoch klar, wer für die schlimme Lage verantwortlich ist: das Terrorregime der Mullah-Elite.

Insgesamt sind die Hebel der internationalen Gemeinschaft begrenzt. Viele Gelegenheiten, den iranischen Machthabern mit Entschiedenheit entgegenzutreten, wurden verpasst, zuletzt mit der Frau, Leben, Freiheit-Bewegung im Jahr 2022.

Die Bundesregierung hat nun ihre Sprache gegenüber Teheran verändert. Öffentlich wurden die Deutschen in iranischer Haft von deutscher Seite bislang nicht als politische Geiseln anerkannt – bis Donnerstag. Für derart öffentliche Anklagen ist das iranische Regime durchaus sensibel. Und die Reaktion aus Teheran? Bislang haben die Machthaber nur ihren Protest ausgedrückt. Es bleibt abzuwarten, ob Deutschlands neue Töne etwas bewegen.

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9 Kommentare

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  • F:D.P. Außenministers Hans-Dietrich Genscher Bundeskanzlers Helmut Schmidt Intransparenz konsularischer, SPD Betreuung 1977 westlichen Auslands inhaftierter, verschwunden Deutscher, während politisch u. a. Gefangene DDR SED Regime Bürger von Bonn bis Berliner Mauerfall 9.11.1989 in DM freigekauft werden



    Der 1977 verantwortliche SPD AA Staatsminister Klaus von Dohnanyi, dessen Vater am Kriegsende 1945 von Nazis als Widerstandskämpfer ermordet wurde, erklärt zur Zuordnung argentinischer Militärjunta 1977 ermordet deutschen VWL Studentin Elisabeth Käsemann *1947 erst nach aufgedeckt dokumentierten AA Falschmeldungen vorm Bundestag auf öffentlichen Druck deren Vaters, Prof. Th. Käsemann, SPD MdBs, Medien anberaumtem BT PUA 1978 zum Fall Elisabeth Käsemann:



    "Zum bewaffneten Linksextremismus demgemäß unzureichender Hilfe der BRD-Botschaft: Es war falsch, Frau Käsemann in Kreis der Terroristen zu stellen". Das wirft Frage auf, ob man des Linksextremismus bezichtigte BRD Bürger dem Foltertod südamerikanischer Militärdiktaturen überlassen darf?.. weiterlesen



    amerika21.de/analy...mord-brd-regierung



    dserver.bundestag.....pdf#P.6942%206942

  • Der Außenhandel mit Iran ist winzig und war es unter den Mullah-Regimen schon immer.

    SPIEGEL, 18.04.2024: "Das Land ist allerdings nur ein kleiner Handelspartner der Bundesrepublik: Bei den Exporten belegte Iran von Januar bis Februar Rang 64 und lag damit hinter Kolumbien und vor Nordmazedonien. Bei den deutschen Importpartnern erreichte Iran Rang 91."

    Das könnte man mit einer Nicht-Mullah-Regierung sicherlich steigern.

    Bei den wechselnden Mullah-Regimen gehört die Vernichtung Israels seit 1979 zur Staatsdoktrin. Chameini möchte das bis spätestens 2040 erledigt haben.

    Mit solchen Leuten möchte man keine Geschäfte machen.

    Also unterstützt man die Opposition im Lande. Das hungernde Volk. Insbesondere die nterdrückten Frauen natürlich.

    Wenn das nicht geht, wendet man sich mehr dem intelligenten Saudi-Arabien zu.

    Wirtschaftswoche: "Rettet Saudi-Arabien die deutsche Energiewende? Der Wüstenstaat plant das größte Unternehmen der Welt für grünen Wasserstoff.

    www.wiwo.de/politi...ende/30061074.html

  • Wer versuchen würde mich zu nötigen zu einem von ihm absehbar begangenen Kapitalverbrechen zu schweigen würde ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen zu überwältigen, einschließlich eines blutrünstigen Hundes als Mitbringsel beim alsbaldigen Staatsbesuch, da ich mich mit etwas so läppischem wie einem schwarzen Labrador nicht abgebe als Botschaft, und konsequent den Versager bis zur Entlassung degradieren, der in derselben meine/unsere Interessen unübersehbar nicht vertreten hat. - Die Schließung fremder Konsulate bewegt sich auf der Skala „ich nehme dir dein Förmchen weg“. In dieser Lage muss sich dorthin begeben wo ihm selbst Gefahr droht und selbst mit Gefahr drohen, d.h. muss die Wichtigkeit des Anliegens dadurch unterstreichen, dass er zeigt was er sich selbst zumuten will und welche Konsequenzen es hat , wenn man in diesem Anliegen nicht dem Vorgesetzten folgt oder gefolgt ist. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

  • Bericht weckt Erinnerung bleierner Zeit Außenamtes 70ziger Jahre F.D.P. Außenministers Hans-Dietrich Genscher, SPD Bundeskanzlers Helmut Schmidt deren fehlend konsularische Betreuung im westlichen Ausland inhaftiert. verschwunden deutscher, Doppelstaatsangehörigkeitsbürger, Angehörigen, Öffentlichkeit wie 1976 kurz nach Militärjunta General Videlas Machtübernahme in Argentinien verschwunden argentinisch-deutschen Klaus Zieschank *1951 Erst stellte sich Außenamt taub auf Anfragen der Mutter, MdBs in Bonn. Dann verlautete Außenamt, man könne trotz intensiver Mühe der Botschaft in Buenos Aires nur mutmaßen, Klaus Zieschank sei wohl in einer WG untergetaucht. Arte Doku deckt 2003 auf, was mit Zieschank geschah Bundesregierung war 1976 längst vom Mord an Zieschank unterrichtet. In Doku Todesursache Schweigen“ erklärt 2003 Ex- Botschafter Buenos Aires Jörg Kastl einst NSDAP Mitglied „Ich habe Sommer [1976] durch anonyme Nachricht gehört, Zieschank ist tot. […] Damals bekam ich Geheimerlass von Genscher unterschrieben: Wir wissen. Er ist tot, diese Nachricht haben Sie bei sich zu behalten, auch unter Androhung Ihrer sofortigen Abberufung



    de.wikipedia.org/wiki/Klaus_Zieschank/

  • Profit steht sets im Vordergrund!



    Germany löst viel Gedöns aus, das ist so ähnlich wie mit einem Kofferfisch der sich bei Gefahr aufbläht, drinnen ist aber vor allem eines, nämlich viel Luft und die noch nicht einmal heiß. Und Deutschland macht mit fast allem Dreck und Dreckstaaten Geschäfte.



    Das ist eigentlich nicht Verwerfliches, weil Mord und Todschlag ist doch üblich auf unserer Erde.



    Der Iran aber ist durchaus eine Besonderheit, denn viel zu verdienen gibt es durch die Sanktionen eigentlich nicht und die Mullahs sind völlig aus der Zeit gefallen, die Region wird seit Jahrzehnten durch das Regime destabilisiert. Es wäre ein Gewinn für die Welt, wenn das Mullah Regime von der politischen Szene gefegt und die eine oder andere Person nicht noch mit schönen Dienstleistungen aus Republik versorgt werden würde.



    Aber das war mit diesen Hütchenspielern schon seit Paul Schäfers Colonia Dignidad immer das Gleiche: Gedöns und sonst Abtauchen.



    Nur bei den eigenen kleinen Bürgern da treten dies Hütchenspieler auf in Dominanz das es einem fürchtet. Im Volksmund: große Schnauze aber wenn es wirklich um die Wurst geht ist da keine Leistung mehr. Es ist genau das Futter für Diktatoren!

  • Mullahs sind Mörder. Kann man jaeinfach so deutlich in der schiitischen Community verlauten lassen.

  • Das Problem solcher Aufzählungen von Strafmaßnahmen ist, dass es zwei Dinge außer Acht lässt.



    1. Ausweichmechanismen. Hat man schon in Russland gesehen. Warum sollte der Iran sein Öl dann nicht an China verkaufen? Oder an Indien, die es mixen und dann einen neuen Stempel darauf machen?



    2. Gegenmaßnahmen. Der Iran könnte als Gegenmaßnahme alle restlichen Geiseln hinrichten. Um zu zeigen, dass er sich keinem Druck beugt. Oder er gib Raketen an die Huthis im Jemen, die dann die Schiffe bei der Passage ins Rote Meer beschießen. Eventuell war schon diese Hinrichtung ein Gegenschlag gegen Waffenlieferungen an Israel, nur mal ein Gedanke.

    Und "Appeasement" ist ein Begriff, den man verwendet, wenn es um einen auf Eroberungen ausgerichteten Feind geht. Welche Eroberungen und Annexionen der Iran planen soll, bleibt der Fantasie des Autors überlassen.

  • Der Außenhandel mit Iran ist winzig und war es unter den Mullah-Regimen schon immer.

    SPIEGEL, 18.04.2024: "Das Land ist allerdings nur ein kleiner Handelspartner der Bundesrepublik: Bei den Exporten belegte Iran von Januar bis Februar Rang 64 und lag damit hinter Kolumbien und vor Nordmazedonien. Bei den deutschen Importpartnern erreichte Iran Rang 91."

    Das könnte man mit einer Nicht-Mullah-Regierung sicherlich steigern.

    Bei den wechselnden Mullah-Regimen gehört die Vernichtung Israels seit 1979 zur Staatsdoktrin. Chameini möchte das bis spätestens 2040 erledigt haben.

    Mit solchen Leuten möchte man keine Geschäfte machen.

    Also unterstützt man die Opposition im Lande. Das gnadenlos ausgebeutete hungernde Volk. Insbesondere die brutal unterdrückten Frauen natürlich.

    Wenn das nicht geht, wendet man sich mehr dem intelligenten Saudi-Arabien zu.

    Wirtschaftswoche: "Rettet Saudi-Arabien die deutsche Energiewende? Der Wüstenstaat plant das größte Unternehmen der Welt für grünen Wasserstoff.

    www.wiwo.de/politi...ende/30061074.html

  • "Die Bundesregierung hat nun ihre Sprache gegenüber Teheran verändert. Öffentlich wurden die Deutschen in iranischer Haft von deutscher Seite bislang nicht als politische Geiseln anerkannt – bis Donnerstag. .... Und die Reaktion aus Teheran? Bislang haben die Machthaber nur ihren Protest ausgedrückt. Es bleibt abzuwarten, ob Deutschlands neue Töne etwas bewegen" Das iranische Regime wird sich anschauen, ob Deutschlands neue Töne ernst zunehmen sind oder ob die deutsche Regierung bei der nächst besten Gelegenheit wieder einknickt.