piwik no script img

Klima-Urteil in der SchweizLegal, klimaneutral, scheißegal

Die Schweiz hat viele schöne Seiten. Aber Klimaschutz und Menschenrechte sind dem Bundesrat dort bisweilen egal. Dafür sollten sich die Eidgenossen schämen.

Die Schweizer „It doesn’t Matter-horn“-Politik ist Käse Foto: imago

I ch weiß gar nicht, was ich an der Schweiz am meisten mag: die Engadiner Nusstorte oder den Engadiner Skimarathon; das fantastische Baden in der Limmat in Zürich oder im Vierwaldstätter See; die Älpler Makkaroni auf der Berghütte oder die schräge Guggenmusik mit den noch schrägeren Masken in der Luzerner Fasnacht. Oder vielleicht doch diese No-Bull­shit-Haltung, mit der sie abenteuerlustig und gleichzeitig respektvoll in die Berge gehen, immer mit einem Zug zur Anarchie.

Der Rest der Welt liebt die Schweiz vor allem wegen ihrer pünktlichen Züge und ihrer staubtrockenen Seriosität: die Sicherheit der Banken, die Stabilität der Politik, die produktive Langeweile der UNO in Genf. Die Schweiz ist erbaut auf politischem Kompromiss und dem Respekt vor den Gesetzen.

Und dann das: Am Mittwoch erklärte der Bundesrat (die Regierung): Nö, an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Schweiz fühlen wir uns nicht gebunden und werden uns auch nicht daran halten. Das Gericht hatte im Frühjahr überraschend der Klage der Schweizer „Klima-Seniorinnen“ stattgegeben, die für die Klimapläne der Eidgenossen mehr Ehrgeiz gefordert hatten. Eine überraschende juristische Klatsche für die Konsensrepublik. Und die Schweizer Regierung sagt dem Gericht und dem europäischen Rechtssystem für Menschenrechte jetzt offen und offiziell: Ihr könnt uns mal.

Aber Achtung: Niemand sollte denken, das sei nur so bei unseren Nachbarn, den Meineidgenossen. Auch in Deutschland ist auffällig: Gerade Konservative und Wirtschaftsliberale, die normalerweise in „rechtsfreien Räumen“ den Untergang des Abendlandes sehen, werden zu Systemsprengern, wenn sie in Klima- und Umweltdingen vor Gericht unterliegen.

Wildeste Anarchie in Ökofragen

Dann hilft auch der feierlichste Schwur auf die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Rechtsstaat nicht mehr. Dann ist es diesen Politpunks einfach scheißegal, ob das Bundesverfassungsgericht fordert, dass mehr für den Klimaschutz getan werden muss – man macht ein Klimaschutzgesetz mit starken Zielen und schwachen Maßnahmen, die man nicht umsetzt. Rechtsfolge: nix. Dann kommt die nächste Regierung und verstößt jahrelang gegen das Gesetz. Rechtsfolge: gar nix. Und dann ändert die Regierung das Gesetz, ohne auch nur ernsthaft probiert zu haben, es einzuhalten, etwa im Verkehr.

Auch sonst greift in Ökofragen die wildeste Anarchie um sich: Wenn Umweltgruppen wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Rechtsbruch monieren, gegen dreckige Luft, Untätigkeit der Behörden oder Nichteinhalten der Regeln vor Gericht ziehen und immer wieder recht bekommen – dann debattiert das Parlament lieber, ob die DUH noch gemeinnützig ist. Wenn die Bundesländer ihrer Pflicht nicht nachkommen, genug Windflächen auszuweisen oder bei der Suche nach einem Atomendlager zu helfen, kommt kein Gerichtsvollzieher.

Wenn Deutschland die Umsetzung von EU-Richtlinien blockiert, gilt das als normale Politik. Wenn die Dieselgauner von VW ihre Kunden und die Umwelt mit Milliardensummen betrügen, deckt sie die Politik und die Justiz lässt sich sehr viel Zeit. Wenn wir alle rechtsstaatlich abgesegneten Regeln gegen den Flächenfraß missachten, genehmigte Strom­tras­sen oder Windparks boykottieren oder jahrzehntelang gegen gesetzliche (!) Grenzwerte für Luft, Wasser oder für Gülle im Boden verstoßen – dann sieht darin niemand einen Angriff auf den Rechtsstaat. Aber wenn jemand vor Autos und Flugzeugen sitzt und den Urlaubsverkehr stört, soll er für zwei Jahre ohne Bewährung in den Knast.

Jawohl, die Schweiz sollte vor Scham rot wie Alpenglühen werden und ihre „It doesn’t Matter-horn“-Politik schleunigst korrigieren. Aber wir sollten uns zuerst an unsere deutsche Kartoffelnase fassen und uns erinnern: Was die Alpen zusammenhält, ist der Permafrost. Was unsere Gesellschaft zusammenhält, ist der Respekt vor dem Recht. Weil beides gleichzeitig bröckelt, haben wir ein ernstes Problem.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
Mehr zum Thema

27 Kommentare

 / 
  • Aktuell: Massiv sinkende Spritpreise. Das "beste" Programm gegen Elektromobilität.

  • "Auch sonst greift in Ökofragen die wildeste Anarchie um sich." Das sehe ich in Deutschland nicht. Wenn jemand wie die DUH jeden Gesetzesspalt nutzt, um gegen alles zu Felde zu ziehen, und damit Erfolg hat, ist es im Gegenzug dem Bundestag oder Behörden u.a. erlaubt, über die DUH-Gemeinnützigkeit nachzudenken und sie, wenn die Gesetze das hergeben, auch zu entziehen.



    In Deutschland gibt es rechtlich nahezu unbegrenzte Möglichkeiten für betroffene oder auch nicht betroffene Bürger/Vereine/Organisationen, Projekte oder Bauvorhaben für Jahrzehnte zu verzögern oder ganz zu verhindern. Ein Windrad zu planen bis zur Genehmigung dauert mind. drei Jahre. Eine Stromtrasse oder eine Schienengütertransitstrecke (Bsp. Y-Trasse) zu planen, ist inzwischen fast unmöglich. Ganz zu schweigen von einem potenziellen Atomendlager. Aus Respekt vor dem Recht. Immer frei nach dem Motto: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass."



    Deshalb wäre zu fragen, inwieweit Institutionen wie das Verbandsklagerecht oder weitgehende Mitsprachemöglichkeiten z.B. von betroffenen Gemeinden sinnvoll eingeschränkt werden können.

  • Die ganzen leeren Versprechungen zum Klimawandel sind alle nicht bindend. Und das ist auch gut so, niemand will zurück in die Steinzeit oder Eiszeit.

    • @Wee:

      Und niemand will einen Planeten mit guten Lebensbedingungen, wer braucht schon sowas?

      Mal ganz in Ernst...

      Schauen Sie sich mal Solarpunk Ideen an, sieht das nach "Steinzeit" aus?

    • @Wee:

      Bitte argumentieren Sie doch noch inhaltlicher. Sonst müssen wir anderen annehmen, dass Sie das nicht können, wollen oder sollen.

      Fortschritt ist, nachhaltig auf hohem Niveau so zu leben, dass wir auch noch zehntausende Jahre gut leben können.



      Nicht Fossil raushauen, sondern Nachhaltigkeit als Fortschritt.

  • Ein Unrecht kann gegen ein anderes nicht gegengerechnet werden.



    Die Straßenblockaden verstehe ich z.B. nicht als Protest sondern als kontraproduktive Provokation, die nur den Klimaleugner n hilft.

  • In der Schweiz ist das Volk der Souverän.



    Für einen Schweizer ist es schlichtweg unvorstellbar, dass sich irgendein Gericht über den Volkswillen hinwegsetzen kann.



    Irgendwie demokratisch und sympathisch.



    Deutschland hat mit manchen Gerichtshlfen schon schlechte Erfahrung gemacht.

    • @Carsten S.:

      Das klingt gut, ist es aber nicht immer. Wenn die Mehrheit entscheidet, dass die Minderheit unterdrückt werden darf/ soll/ muss, dann ist dies demokratisch, aber nicht mehr sympathisch. --- Und ganz konkret beim Umweltschutz. Am 18.06.2023 gab es in der Schweiz ein Referendum und 60% waren für MEHR Klimaschutz. Mmmh. Wie ist das nun mit der Schweiz, das Volk sagt ja und die Regierung nein?!?! Ganz so toll ist es also doch nicht!

      • @Frank Burghart:

        Das war ein Referedum und keine Initiative. Entsprechend kam kam die Grundidee für diese Abstimmung von der Regierung und wurde/wird von dieser befürwortet. Die Vernehmlassung des Gesetztes war bis zum 1. Mai 2024, das Gesetz sollte glaub auf Anfang 2025 kommen. Die Regierung macht also schon.

        • @Esther Bühler:

          Die Schweizer Regierung macht also schon, aber nur das, was ihr genehm ist. Zumindest sieht es für mich so aus. Die "Alten" aus der Schweiz haben ja nicht geklagt, weil sie sonst nichts zu tun haben, oder was meinen Sie?

    • @Carsten S.:

      Das Wort "Volkswillen" oder gar "gesundes Volksempfinden" mag noch so sehr auch von Rousseau kommen. In Deutschland haben wir aus historischen Gründen ein paar Sachen dem "Volkswillen" entzogen.



      Das ist nicht nur noch sympathischer, das kann im entscheidenden Moment auch rettend sein.

      • @Janix:

        Sie bemühen Rousseau.

        Dann bemühe ich jetzt Montesquieu.



        Wenn Richter Gesetze machen und auslegen, droht die Tyrannei.



        Daher die Gewaltenteilung. Warum diese europäischen Richter glauben, dass die Gewaltenteilung nicht für sie gilt und warum sie das Recht auf eine exzessive Rechtsauslegung haben, ist mir schleierhaft.

        Natürlich treibt das schweizerische Rechtsverständnis manchmal seltsame Blüten, Stichwort Minarettinitiative.



        Andererseits klopfen wir uns hier multikultimässig auf die Schultern, wenn in Köln eine Ditib-Moschee eröffnet wird. Kleiner Hinweis: Ditibbuntersteht der türkischen Regierung. Es geht daher nicht nur um Religion, sondern vor allem um Politik.



        Andere Staaten verbitten sich ausländische Einmischung.

        • @Carsten S.:

          Viele Punkte auf einmal: Ich bin für Moscheen wie ich für Kirchen und Spaghettisiebe bin und Atheistenhallen, wenn es die schon gibt. Die Ditib ist nicht Religion, sondern Erdogan/türk.Staat, die freute sich über das Grundstück für auch Büros, grummelte über die provokant-vortreffliche Böhm-Architektur. Der Ditib am liebsten nix.



          Achtung dabei: wenn bundesdeutsche Stellen Raum für Christen in Israel oder Saudi-Arabien anmerkt, sollte man genau das erst recht auch umgekehrt bereitstellen.

          Ich empfand das jetzt als keine Überschreitung. Die Schweiz hat Verträge freiwillig unterzeichnet, die darf sie dann auch einhalten.

          Gewaltenteilung ist da nicht, wo ein "Volkswille" alles überstimmen könnte. Dann ist es Ungarn oder PiS-Polen.

    • @Carsten S.:

      Der Volkswille...



      Aus welchem Buch haben Sie das denn?



      Meinen Sie die Diktatur der Mehrheit?



      Verstehen Sie so Demokratie?



      Sie brauchen dringend Nachhilfe.



      Wesentlicher Teil der Demokratien ist die Legislative, die tatsächlich den "Volkswillen" aushebeln kann.



      Gut so!

      • @Romilia:

        Ich lebe in der Schweiz, und so haben es mir meine einheimischen Kollegen erklärt.



        Dafür reicht eine einfache Unterhaltung.

        Nicht alles, was ein Richter sagt, ist Recht. Es gibt gerade in der deutschen Geschichte finstere Gegenbeispiele.

        Genau die Legislative wird in der Regel durch direkte Wahlen bestimmt und sollte daher recht nah an Volkswillen orientiert sein.

        Die Abwägung zwischen Demokratie und Rechtsstaat ist tatsächlich manchmal nicht ganz trivial.



        Umso wichtiger ist es, dass Instanzen, die den Rechtsstaat für sich beanspruchen, auch dessen Grundlagen achten. Die Gewaltenteilung ist eine davon.

  • "..Was unsere Gesellschaft zusammenhält, ist der Respekt vor dem Recht. ...."

    Richtig. Ich meine mich aber zu erinnern, dass das in dieser Zeitung mit Bezug auf die LG schon mal anders gesehen wurde. Trotzdem danke, dass hier offenbar eine Meinungsänderung stattgefunden hat, zumindest bei einem Redakteur.

    • @Bommel:

      Es gibt bekanntlich beides das Recht und sogar im Grundgesetz das Widerstandsrecht in Ausnahmefällen



      (den sehe ich bei Klima eher noch nicht, wenn ich auch die Perspektive begreife, dass es mehr Menschenleben kosten könnte)

      Vor allem soll staatliches Handeln sich an Recht gebunden haben. Klimaschutz ist in internationalem und nationalem Recht verankert und wird nur aus opportunistischen und Geldverdien-Gründen nicht durchgezogen. Die Verdammung von Klima-Aktivisten ginge einfacher, wenn der Staat da mit gutem Beispiel voranginge, was Recht angeht.

      • @Janix:

        Mehr Menschenleben KOSTET und kosten WIRD.

        In Ihren Augen ist der Wiederstand erst legitim, wenn es zu spät ist?

  • Sehr gut zusammengefasst! Als die Bauern Straßen blockiertenund Brüssen "in Schutt und Asche legten", jubelten (fast) alle. Keine(r) rief nach harten Strafen. Wenn für die Umwelt, und somit für unserer aller Zukunft, blockiert wird, sind plötzlich alle Experten bzgl. innere Sicherheit! Die nachfolgenden Generationen, von denen wird es noch viele geben, werden uns verfluchen - zu Recht!

    • @Odysseus L:

      Soziales Handeln kann auch heißen, dass wir gemeinsam endlich Fliegen, Auto, Konsum ... teurer und anderes, nicht Umweltschädliches entsprechend billiger machen.



      Dass ein paar Fossillobbyisten, die Springerpresse und Bequemlichkeit das noch aufhalten, ist seltsam. Und spätere Generationen würden fragen, warum das Offensichtliche nicht getan wurde. Vielleicht kriegen wir ja aber die Kurve.

      • @Janix:

        Seltsam finde ich das nicht.

        Immerhin steckt in der fossilen Lobby jede Menge Geld und Geld bedeutet politischer Einfluss.

        Internationale Verhandlungen befinden sich im Gefangendilemma.

        Für den Einfluss auf die Öffentlichkeit wird jeder erdenklichen Psychologische Trick und jede Menge Desinformation angewendet...

        Und der Menschen ist zudem für gewöhnlich ein sehr bequemes Wesen und ein Gewohnheitstier.

        Nimmt man das alles zusammen... Ist das Ergebnis leider weniger überraschend.

  • Mal ganz ernsthaft ... was, im Gottes Willen ... soll die Schweiz denn bewirken? Wenn ich das recht erinnerer geht der CO2-Ausstoß um so 1,2 % zurück, wenn man Deutschland abstellt und alle Deutschen umbringt.

    Und bei den paar Schweizern die es gibt?

    Oder kommt es einfach nur auf Haltung an? Ich weiß, es spielt keine Rolle, ob ich mit Bus oder Rad zu Arbeit fahre aber ich fühle mich dann besser?

    • @Erwin Schiebulski:

      Warum sind Sie auf der Welt, wenn Sie ja doch nichts bewirken?



      Bitte nicht wörtlich nehmen, ich wollte nur das Argument einen Schritt weitertreiben.



      Wir können individuell unsere Schritte machen, dann in Kommunen, Ländern, Staaten und in der Welt kooperieren. Regeln und Anreize korrigieren.



      Vormachen, dass es geht. Dass man sich auch an die Regeln hält.

      Sie fühlen sich mit Rad zu Arbeit vermutlich tatsächlich besser, das hat aber gesundheitliche etc. Gründe. :)

    • @Erwin Schiebulski:

      "Weiter gibt die Bevölkerungsgrösse darüber Auskunft, wie hoch der CO2-Ausstoss pro Kopf ist. Nach Daten der EU stiess die Schweiz im Jahr 2021 etwa 35 Megatonnen CO2 aus, was etwa 0,1 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses entspricht. Dabei handelt es sich ausschliesslich um produktionsbasierte CO2-Emissionen." 14.06.2023



      www.keystone-sda.ch › inte...



      Internationaler CO2-Vergleich – Wo steht die Schweiz? - Keystone-SDA

  • Tatsächlich kam das für die wenigsten Leute in der Schweiz überraschend, die Mehrheit scheint sich sogar über diesen Stinkefinger in Richtung Strassburg zu freuen. Wo kämen wir denn hin wenn diese "fremden Richter", wie sie oft und gerne genannt werden, uns etwas zu befehlen hätten?







    Recht, internationales oder nicht, wird auch hierzulande gerne so zurechtgebogen wie es gerade passt. Gutes Beispiel etwa sind die Begriffe "Neutralität" und "Souveränität", die in keiner politischen Rede fehlen dürfen, aber für jede/n etwas anderes bedeuten und deren Verwendung meist nichts gutes verheissen, weil sich dahinter meist unappetitliche Vorgänge verstecken (das eidgenössische Pendant zur Lindnerschen "Leistungsgesellschaft", sozusagen).

    Dabei ist Hauptziel der Politik in der Schweiz meist den Status Quo zu erhalten, koste es was es wolle. Es gibt nicht wenige Politiker hierzulande die prahlen (!) damit möglichst gar nichts ändern zu wollen, ausser ein paar Ausländer mehr rauszuwerfen und ein paar Umweltvorschriften abzuschaffen, und es gibt viele Leute die das, entschuldigen sie die vermutlich unschweizerisch anmutende Vulgarität, einfach nur geil finden.

    • @Claudio M.:

      Ja, so empfinde ich es auch, dass der "EGMR" in der Schweiz als anmassend und überheblich empfunden wird.

      Welches Gesetz haben die Richter denn ausgelegt? Oder haben sie neues Recht erschaffen wollen? Sorry, dafür ist ein Gericht die falsche Instanz. Nach der Gewaltenteilung, die die Grundlage für jeden auch nur leidlich funktionierenden Rechtsstaat ist, ist die Gesetzgebung alleinige Aufgabe der Legislative. Ein Gericht sollte sich auf die Rechtsprechung beschränken und sich keine weitergehende Gewalt anmassen.



      Wenn die Richter diesen Ehrgeiz haben, sollen sie ganz einfach zu Parlamentswahlen antreten und dort im Rahmen ihres Mandats an der Gesetzgebung mitwirken. Ein Gericht ist dazu die falsche Bühne.

      • @Carsten S.:

        Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist, wie der Name impliziert, für die Einhaltung der europäischen Menschenrechtskonvention zuständig. Diese ist also das Recht, was hier vom zuständigen Gericht ausgelegt wurde.

        Dieses Recht hat der EGMR der Schweiz auch nicht eigenmächtig auferlegt oder erschaffen, es gilt deswegen in der Schweiz, weil die Schweiz die Konvention nunmal ratifiziert hat.