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Mögliche AfD-Regierung in ThüringenDann sollen sie doch

Gastkommentar von Bernhard Becker

Die Forderungen von AfD und BSW sind realitätsfremd. Statt sich vor ihren Karren spannen zu lassen, sollten die Demokraten sie lieber regieren lassen.

„Huck Föcke“! – Oder soll man ihn lassen? Foto: Boris Roessler/dpa

M eine früheste Begegnung mit Politik fand in der Grundschule statt: Ich wurde von meiner Klassenlehrerin dafür gerügt, dass ich laut gesungen hatte: „Auf der Mauer, auf der Lauer, liegt der Konrad Adenauer. Mit dem Knüppel in der Hand wartet er auf Willy Brandt.“

Das hatte ich irgendwo aufgeschnappt und fand es lustig, an einer katholischen Volksschule in den Fünfzigern jedoch wollte man so etwas nicht gehört haben, obwohl (bzw. weil) es treffend das politische Klima in dieser Zeit beschrieb:

Bernhard Becker

war in Essen Gesamtschul- und Gymnasiallehrer für Deutsch und Philosophie und ist seit 40 Jahren SPD-Mitglied.

Die CDU hatte 1953 plakatiert: „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau!“ Ziel war vor allem die Diffamierung der größten Oppositionspartei, die sich erst 1959 endgültig vom Marxismus verabschiedete. Die unterstellte Nähe zur Sowjetunion sollte dem Wähler einreden, in der SPD werde die Westbindung und der antitotalitäre Konsens der demokratischen Parteien der jungen Bundesrepublik in Frage gestellt: Die Regierung ließ sie, ohne das an die große Glocke zu hängen, geheimdienstlich ausspionieren, und ein Sieg dieser Partei, verkündete der Kanzler, sei „der Untergang Deutschlands“. Im Rückblick natürlich alles Quatsch.

Wenn heute das Gleiche über die AfD gesagt wird, so der gängige Duktus, sei das jedoch etwas ganz anderes: schließlich werden hier Gelder vom interessierten Ausland gezahlt und der Typ aus Thüringen, hat ja sogar ein Gericht erlaubt, darf straflos „Faschist“ genannt werden.

Ent-Täuschungsstrategie

Die Dämonisierung des politischen Gegners ist üblicherweise das Kennzeichen autoritärer Regime, wie es die Bundesrepublik in den Fünfzigern anfangs tatsächlich war. Heute passt das allerdings eher zu Staaten wie Ungarn oder der Türkei, auf die wir sonst herabsehen, und blockiert das normale demokratische Procedere: dass nämlich großmäulige Ankündigungen von Frieden, Sicherheit usw. sich als leere Versprechungen erweisen, sofern es eine nicht staatlich gegängelte Öffentlichkeit gibt, die das kommuniziert.

Diese Strategie kritischer Ent-Täuschung war in den USA, Brasilien und Polen erfolgreich, und auch bei uns konnte zum Beispiel der Spiegel einen AfD-Landrat gerichtlich dazu nötigen, die Nichterfüllbarkeit seiner Wahlversprechen offenzulegen.

Die Horrorvision dieser Tage ist der drohende Faschismus, sobald ein Herr Höcke Ministerpräsident geworden ist. Denn sicher wird er dann sofort Buchenwald wieder öffnen, Tausende „Remigranten“ dort festhalten und Putins Schergen ins Land holen. Der Kampf der Demokraten gegen Populismus wird so unnötig mit Endzeiterwartungen aufgeladen und damit kontraproduktiv: denn statt ihn zu demaskieren, multipliziert man nur den von Höcke selbst gepflegten Nimbus und hilft dabei, ihn zu dem aufzublasen, der er gern wäre.

Es fehlt der Politik an Gestaltungsmacht

Wie bei Adenauer mag zwar als griffige Wahlkampfparole taugen, jene Karte zu ziehen, die das absolut Böse anzeigen soll. Es zeigt jedoch, wie unrealistisch die Möglichkeiten von Politik überschätzt werden.

Tatsächlich kann die Regierung eines Landes zwar täglich Aufreger produzieren, jedoch weder die Wirtschaft effektiv „steuern“, noch (wie 16 Kultusminister hinreichend bewiesen haben) wirksam beeinflussen, was an Schulen tatsächlich gelernt wird. Nicht einmal die Rückführung abgelehnter Asylbewerber ist ihr möglich, wenn Gerichte das für unzumutbar halten. Und kein markiges AfD-Wahlversprechen wird daran etwas ändern können.

Was allen „Alt“-Parteien von rechts bis links daher tatsächlich helfen könnte, ist das öffentliche Eingeständnis, was (das heißt wie wenig) an Veränderungen heute überhaupt möglich ist, ohne noch weitere Schäden anzurichten.

Eine ernstzunehmende politische Konkurrenz muss entsprechend aufhören, so zu tun, als könne sie alles viel besser: Ein ehrlicher Konservatismus sollte vor allem Zweifel säen gegenüber jeder Form ideologischer Selbstgewissheit, nicht aber für doofe Wähler Sandmännchen spielen. Denn das Wenige, das Politik heute noch wirksam tun kann, wäre, den von niemandem steuerbaren gesellschaftlichen Wandel „so lange zu verzögern, bis er harmlos“ (oder zumindest erträglich) „geworden ist“. Das wusste bereits der englische Premierminister Lord Salisbury im 19. Jahrhundert.

Verbittert bis zur Bösartigkeit

Nicht nur im Osten, sondern überall in Westeuropa sind Populisten erfolgreich. Das liegt daran, dass überall da, wo die Kluft zwischen oben und unten weiter wächst und die vertraute Lebenswelt zerbröckelt, die alte SPD-Formel vom „Fortschritt“, bei dem auch für den „kleinen Mann“ immer etwas abfällt, nirgendwo mehr überzeugt.

Gerade die, die an die Möglichkeit eines besseren Lebens geglaubt hatten, neigen darum aus Verbitterung bis hin zur Bösartigkeit dazu, Parteien zu wählen, die hier radikale Lösungen versprechen, wobei sie zwischen rechts und links ziellos umherirren: ob Le Pen oder Mélenchon ist dabei Jacke wie Hose. Und solange sie nicht – wie beim Brexit – am eigenen Leib verspüren, was dabei herauskommt, werden sie auch dabei bleiben. Die Neigung linker Intellektueller, sich als Vormünder solcher „Protestwähler“ aufzuführen, verhindert dabei zuverlässig, dass sie selbst etwas lernen.

Was all diese Leute umtreibt, hat mit Politik jedoch wenig zu tun: Es ist die Suche nach dem archimedischen Punkt, von dem aus sich für alle verbindlich Gut und Böse, richtig und falsch unterscheiden ließe. Das Ergebnis ist ein nach Reinheit strebender Moralismus, der sich selbst immer auf der richtigen Seite wähnt.

Dann lasst ihn halt

Ich schlage daher vor, in Thüringen nicht nur zu riskieren, sondern sogar zu provozieren, dass Höcke im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt wird – gerade dann, wenn das BSW an alle demokratischen Parteien weiterhin unerfüllbare Bedingungen für eine Koalition stellt.

Ein „Kessel Buntes“ aller anderen dürfte als Regierungskoalition nämlich kaum besser funktionieren als die Berliner Ampel und riskiert, dass die AfD in fünf Jahren die absolute Mehrheit erreicht. So aber kann die Mehrheit im Landtag die Regierung jederzeit vor sich hertreiben.

Sowohl BSW als auch AfD propagieren eindeutige und einfache Lösungen, die es in einer komplexer werdenden Welt niemals geben kann. Das wird aber erst dann sichtbar, wenn diese Politiker genötigt werden, die bequeme Rolle einer stets besser wissenden Opposition zu verlassen und zum Beispiel zeigen müssen, wie sie es von Dresden und Erfurt aus schaffen wollen, uns Frieden und billiges Gas zu bescheren.

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29 Kommentare

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  • "In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, daß er quietscht!" - Ewald von Kleist-Schmenzin 30.01.1933

  • Es spricht viel für die These, auch in Polen endete irgendwann die Herrschaft der Rechtspopulisten, deren Menschenbild, vor allem deren Frauenbild ist einfach nicht mit der Moderne kompatibel, könnte übrigens auch Trump am Ende zum Verhängnis werden. Am Ende war doch vor 50 Jahren gar nicht alles besser als heute. Der Gegenentwurf ist Ungarn, der mittlerweile ein FIDES-Staat geworden ist. Die Kritischen wandern ab oder werden mundtot gemacht, die Demokratie ist nur noch Kaschperltheater.

  • Das setzt voraus, dass die Wahlversprechen das tatsächliche Programm der AfD sind. Sind sie aber nicht.



    Die AfD wird weiterhin, mit der Methode der kleinen Schritte, jede Menschlichkeit im Land abbauen. Jede Gelegenheit wird ergriffen werden: Nachbesetzung der Verfassungsgerichte, des Verfassungsschutzes und der Polizei mit linientreuen Recken, Die Polizei wird angehalten werden nichts gegen den Terror der Rechtsextremen zu unternehmen, und jede Möglichkeit der zeitweisen Umgehung von Rechtsstaatlichkeit wird ausgenutzt werden. Die politischen Gegner werden schrittweise zermürbt werden.



    Die AfD ist Teil der internationalen Bewegung zur Bekämpfung der liberalen Demokratie. Das ist ihr Hauptprogramm. Alles andere sind Sprüche fur die Wähler.

  • Gab hier ja auch schon einen CDU- Politiker, der ähnlich argumentiert hat. Nur finde ich zum einen, dass man damit unterschlägt, dass "nur" ein Drittel der Thüringer die AfD gewählt hat und sie damit die Mehrheit der Thüringer auch zu Laborratten in diesem Experiment machen. Und zweitens gehen sie von der Annahme aus, dass die AfD versagen wird, wenn sie erstmal regiert. Aber was ist wenn nicht? Oder selbst wenn, wenn die AfD eines gezeigt hat in den letzten Jahren, dann das sie mit ihrer Propaganda Stimmen bekommt. Es gibt mittlerweile wie auch bei Trump-Wählern Leute, denen man mit Fakten, Statistiken etc. die Ohren abkauen kann und sie werden trotzdem das glauben was sie glauben wollen oder was Facebook & co. ihnen sagen. Ich persönlich finde, das sowohl die Politik und die Medien einiges an Verantwortung tragen, statt sich nämlich mit dem kompletten Wahlprogramm der AfD auseinanderzusetzen und das auseinanderzunehmen (nicht nur Asylpolitik) hat man sich ständig auf jeden kleinen Fu... gestürzt, den ein AfD Politiker von sich gegeben hat, denen somit eine riesige Plattform gegeben und die Möglichkeit sich als Opfer von pol. & medialen Hetzkampagnen darzustellen.

  • Echt jetzt? Eher einen Ministerpräsidenten Höcke als eine Regierungsbeteiligung des BSW? Bleibt mir die Spucke weg! Was bitte sollen denn diese "unerfüllbaren Forderungen sein"? Eine Haltung im Ausschuss für Auswärtiges des Bundesrates für mehr Diplomatie - das ist schon ein politisch völlig inakzeptabler Preis? Ehrlich gesagt, die Debatte mutet mir an, als wären langsam wirklich alle übergeschnappt. Die Gleichsetzung von AfD und BSW ist töricht in meinen Augen. Ich sehe nicht wo das BSW irgendwelche "radikale Lösungen" fordert. Was die außenpolit. Haltung angeht, ist das BSW der von Michael Kretschmer in Sachsen recht nah - da wird man sich schon einig werden. Warum gilt der nicht als "radikal"?

  • "Es ist die Suche nach dem archimedischen Punkt, von dem aus sich für alle verbindlich Gut und Böse, richtig und falsch unterscheiden ließe."

    Die lesen einfach Zeitung und bekommen Angst. Und ich verstehe es.

  • Der Rat ist kein guter,

    Denn wenn es mit der Regierung nicht klappt, haben sowohl AfD als auch BSW selbstverständlich gleich die passenden Ausreden parat:

    - Berlin hat uns blockiert

    - Landesbeamte, die den "Altparteien" treu sind, haben die Arbeit von innen heraus behindert*

    - Die Medien stellen alles viel schlechter dar, als es ist

    - Irgendwas à la Deep State - im Zweifelsfall war's der böse Ami

    * Exakt das brachten die britischen Tories auch nach über zehn Jahren als Ausrede vor. Dass der Brexit kein voller Erfolg wurde, lag ihnen zufolge an den Intrigen europhiler "Mandarins", d.h. höherer Beamter in Whitehall, die Sabotage betrieben. Seltsamerweise wurde keiner dieser grauen Eminenzen je "enttarnt", aber bei den Brexiteers verfing dieser Quatsch.

  • Das geht nicht, weil wir landesverräterische Parteien nicht in sicherheitsrelevanten Gremien sitzen haben können. Wir können Herrn Putin nicht einen Platz in Regierung und Parlament anbieten.

  • Dankeschön. Ich stimme voll zu. Gut zu sehen auch bei Trump.

  • Was für leichtsinnige Worte. Hitler war zunächst als Kanzler im Parlament auch noch nicht mit absoluter Mehrheit ausgestattet. Einmal an der Macht, kann alles überraschend schnell gehen, weil sich angehende Diktatoren nämlich nicht an Spielregeln halten!

  • Tja..wäre die afd nur eine Rechtspopulistischen Partei, könnte nan darüber nachdenken.. Aber wie wir wissen ist sie im Kern vor allem Rechtsextrem. Warum sollte diese Partei, in der offen ausgesprochen wird, daß man die demokratische Verfassung zerstören will, sich an die Spielregeln halten.?

    Wenn Höcke & Co an die Hebel der Macht kommen also:

    -> den Innenbehörden vorschreiben könnten welche Vergehen sie verfolgen sollen.. und welche nicht..



    ->Die Schulbehörden anweisen wie sie die Lehrpläne anzupassen hätten..



    -> die Medienlandschaft nach ihren Vorstellungen umgestalten



    -> jeder Landrätin vorschreiben was sie im Zweifelsfall zu tun hat



    -> den Zugriff auf sensible Daten bekäme



    -> ....

    Was würden sie damit anfangen.?? Und apropos anfangen: das wäre ja nur der Anfang.

    Und was das "entzaubern" anbetrifft. Natürlich würde sich zeigen, daß die afd ihre Versprechungen nicht halten kann, aber dafür würde sie in gewohnter Manier die Bundesregierung verantwortlich machen..

    Und das schlimmste: sie würde dafür sorgen dass demokratischer Widerstand überall im Land bedroht würde und die Täter straffrei davon kämen..

    Ich glaube auf dieses Experiment würde ich lieber verzichten.

  • Ich finde es äußerst fragwürdig, wenn wir glauben 1933 wäre heute nicht mehr möglich. Das Erstarken der AFD ist schon ein massives Problem. Das Experiment sie an die Macht zu lassen, ist mir zu heikel. Polen, USA, und .. haben gezeigt dass Demokratien nicht so stabil sind, wie es wünschenswert wäre.

  • Sorry, aber das mit dem Entzaubern ist halt leider auch ein Mythos. Haben sie mitbekommen, was ein Innenminister Kickel in Österreich geändert hat, haben sie die "Anschläge" auf Justiz und Verfassungschutz wahrgenommen ... Nach all den Skandalen liegt die FPÖ in Umfragen wieder auf Platz eins in Österreich.



    @Thüringen: Höcke hat angekündigt den Medienstaatsvertrag zu kündigen und das wäre wohl rechtlich möglich. Die Berichterstattung von öffentlich-rechtlichen Medien zu beeinflussen oder zu beschneiden ist ein bekanntes und wirkmächtiges Mittel von autoritären Regimen. Spielräume für autoritäre Parteien, um ihre Macht zum Schaden der Demokratie einzusetzen, gibt es. Ihnen die Chance zu geben, wäre fahrlässig oder zumindest sehr gefährlich

  • Interessanter Gedanke. Was würde passieren? Ein Blick in die Thüringer Landesverfassung legt nahe, dass Höcke dann eine AfD-Regierung ernennen könnte, die ihrerseits ohne ein konstruktives Misstrauensvotum nicht abzusetzen wäre. Allerdings könnte sie auch nicht wirklich "regieren", wenn es ihr nicht gelingt, bei Abstimmungen die nötigen Stimmen einzusammeln (etwa bei konservativen CDU-Abgeordneten).

    Man würde vermutlich eine gewisse Zeitlang gar nicht bemerken, dass nicht regiert wird, solange die öffentliche Verwaltung halbwegs funktioniert. Spätestens wenn die AfD ihren ersten Landeshaushalt nicht durchkriegt, müsste die "Regierung" aber wohl den Rücktritt einreichen.

    Wahrscheinlich würde die AfD die Zeit bis dahin aber nutzen, um die Landesverwaltung weitgehend umzukrempeln und ihre Gefolgsleute dort unterzubringen.

    Ich hielte es ja für eine elegante Lösung, die CDU würde der AfD eine gemeinsame Regierung unter einem parteilosen MP vorschlagen. Stimmt die AfD zu, dann muss sie hinein ins institutionelle Mahlwerk, ohne dass Höcke sich als Landesvater produzieren kann. Lehnt sie aber ab, dann kann die CDU sagen: Wir haben es versucht, aber nun müssen wir halt mit den anderen.

  • Zu dem Kommentar habe ich zwei Gedanken: zum einen schreibt der Autor von den geringen Möglichkeiten für Politik tatsächlich Veränderungen herbeizuführen.



    Wenn man diesen Punkt so akzeptiert, kann man sich das ganze Demokratie Theater dann gleich sparen und einfach die Geschicke der Welt ganz offiziell in die Hände der Milliardäre legen. Denn wenn Politik nichts (zum besseren) verändern kann, sollten wir uns die ganze Nummer sparen.



    Sollen die Mächtigen unter sich die Spielregeln der Welt ausmachen.

    Der zweite Gedanke ist, dass der Autor die Auswirkungen einer rechtsextremen Regierung auf den Verwaltungsapparat komplett ignoriert.



    Polen ist ein gutes Beispiel dafür, wie schwer es ist, nach einer rechtsextremen Regierung, die Schäden in der Gesetzgebung und Verwaltung wieder zu beheben.



    Es ist nicht so, dass in der AfD nur Deppen sind, denen man dann belustigt beim stümpern zuschauen kann.



    Die bringen ihre rechtsextremen Vertrauten dann überall im Beamtenapparat unter, was weit über die Gesetzgebung hinaus schaden anrichtet.

  • Vor sowas hat Armin Laschet am Holocaust Gedenktag in Aachen eindrücklich gewarnt, als er den Aufstieg der NSDAP in den einzelnen Schritten nachvollziehbar dargestellt und die Gemeinsamkeit der Demokraten gegen die AfD in den Parlamenten beschworen hat.

    Sollte wan sich anhören

    m.youtube.com/watch?v=9q7a4LwH9H8

    Mir wird schlecht, wenn ich die Überschrift hier lese.

  • Für Bernhard Becker und ähnliche wird es vielleicht ein interessantes Experiment, das sich gut aus der Ferne (in diesem Falle NRW), vielleicht sogar genüsslich, beobachten lässt. Für Beteiligte und Betroffene in und aus Thüringen wird es alles andere als das sein. Unter den Politiken werden viele Leute leiden. Das ist es nicht wert. Sollte die AfD in fünf Jahren tatsächlich eine absolute Mehrheit erreichen, können sie sich ja immer noch entzaubern, wenn sie es bis dahin durchhalten (und die anderen Parteien das Wahlprogramm nicht eh 1:1 über nehmen). Ich glaube auch, dass weder in Polen noch in Brasilien Leute diese Experimente zum Nachmachen empfehlen würden. Denn die Ideologie Bolsonaros er al. ist ja unabhängig der aktuellen Regierungen tief in die Strukturen verankert worden.



    Von daher: gefährlicher und leichtsinniger Vorschlag.

  • Was für eine beruhigende These im Artikel. Ob sie trägt?



    Höcke hat einmal gesagt, er muss nur eine Wahl gewinnen.



    Ich wäre über das nachhaltige Gelingen der Entzauberung mehr als glücklich. Aber Skepsis und Sorge gehen da nicht so einfach weg, auch weil bis zur Entzauberung der Nazis jede Menge Schaden angerichtet werden kann.

    • @aujau:

      Fragen stehen im Raum: wie weit geht eine radikale AfD? Lässt sie ihre Abwahl überhaupt noch zu? Was stellt sie mit dem Zugriff auf die Verwaltung, vor allem auf Polizei und Gerichte, an?



      Kann alles gutgehen, die alles andere als genialen Köpfe der AfD scheitern kläglich, wenn sie das Demokratiespiel mitspielen. Aber werden sie das?

  • Beim BSW würde ich zustimmen, mehr als DDR light kann nicht rauskommen, aber eine gewisse Grundpragmatik traue ich denen zu...die AFD will ich nie, ich betone NIE in Verantwortung sehen, die dann entstehende geballte Kraft Konservativen Unsinns würde mir Angst Einjagen, das sage ich als Ossi aus den Tiefen des brandeburgisch/ sächsischen Grenzlandes

  • Bin vollkommen einverstanden. Die Afd wird sich selbst entzaubern, sie wird durch enge Spielräume und Unfähigkeit sehr viel Widerstand provozieren, mehr als sie demokratische Gegner beschädigen kann. Wir sind nicht im Jahr 1933, und wir wissen heute Bescheid. Das Schreckgespenst der Machtergreifung ist realitätsfern.

  • Die werden dann das machen was alle Rechten und Rechtsradikale machen, sie werden die Schuld auf die Bundesregierung schieben. Das ist in Bayern schon ein seit Jahrzehnten bewährtes Rezept.

  • Da ist was dran, jedoch schreckt dieses Szenario auch ab. Was ist, wenn AfD/BSW sich einfach nicht an Gesetze und Gerichte halten? Derartige Vorstellungen wurden ja zumindest bei der AfD schon artikuliert. Was, wenn die eine "eigene" , bewaffnete Truppe aufbauen - gegen alle Rechtsnorm? Wie will man das verhindern? Mit Gewalt? Durch die Polizei?

    • @Perkele:

      Ich persönlich bin für ein Verbot der AfD, und ich sage auch ganz explizit, dass man sich davon auch nicht durch die Angst vor gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Rechtsextremisten abhalten lassen sollte. Im Gegenteil: sollten es die Rechten wagen, zu organisierter Gewalt zu greifen, sollte man mit voller Härte zurückschlagen und den Rechten genau das geben, was sie wollen, nämlich einen Staat, der zu seinem Schutz die Möglichkeiten seines Gewaltmonopols voll ausschöpft. Demokratie und Freiheit sind Dinge, die auch mit physischer Gewalt verteidigt werden können und ggf. müssen.

    • @Perkele:

      Eigene (bewaffnete) Truppe aufbauen - richtig, zu den Lehren aus dem Scheitern der Römischen sowie der Weimarer Republik gehört das staatliche Gewaltmonopol.

      • @Ciro:

        Auch wenn es damals am Ende nicht reichte (weil die Staatsmacht mit den Nazis gemeinsame Sache machte):

        Es gab eine Truppe namens Reichsbanner, in der die Demokraten in den 20er und 30er Jahren den SA-Schlägertrupps etwas entgegensetzten. Der Autor ( nach TAZ-Angaben Lehrer und seit über 40 Jahren SPD-Mitglied) sollte das auch wissen, denn am Ende waren es auch nur noch SPDler, die sich dem Wahnsinn entgegenstellten.

  • Ein derartiges Experiment könnte für viele Menschen richtig gefährlich werden. Bereits jetzt trauen sich Neonazis im Fahrwasser der andauernden Erfolge der AfD mehr als zuvor.

    Käme diese rechtsextreme Partei in Amt und Würden, würde sie alles tun, um demjenigen, die sich als Feinde markiert hat, das Leben so schwer wie nur möglich zu machen.

    Niemand denkt, dass die AfD KZ eröffnen wird. Aber zwischen dieser aberwitzigen Vorstellung und derjenigen, dass vielleicht einfach gar nichts passiert, ist eine Menge Luft.

    Und ein AfD-Ministerpräsident Höcke würde Migranten, Menschen aus der LQBTQ Community, Linken und Frauen die Luft zum Atmen zumindest etwas einschränken.

    Das Fußvolk, die ganzen harten Nazis, viele von denen angestellt bei AfD-Abgeordneten, die machen dann das mit noch größerem Feuereifer, was sie am liebsten machen. Menschen bedrohen, angreifen, verletzen und töten.

    Allein deswegen ist dieser Vorschlag unbedingt abzulehnen und es ist mir ein Rätsel, wie ausgerechnet ein Pädagoge so etwas in die Debatte werfen kann.

    • @Jim Hawkins:

      Ergänzend:

      Angehende Richter, Staatsanwälte brauchen schon jetzt auch das Placet der AfD - was dies bedeutet, hat Ronen Steinke hier www.instagram.com/...h=b2tqcjB0NnVmcTBk auf Instagram dargelegt.

      Und schon jetzt wird die AfD beim Generationemwechsel des Thüringer Verfassungsgericht - viele Richterstellen werden turnusgemäß neubesetzt - mitreden: entweder für die Zustimmung zu Richter*innen anderer Parteien im Gegenzug AfD-Richter*innen verlangen, oder das Gericht lahmlegen können.

      Als Ministerpräsident gar könnte Höcke über das Gnadenrecht verurteile Straftäter auf freien Fuß setzen, Diziplinarverfahren beenden, ohne dass dies gerichtlich überprüfbar wäre.

      www.instagram.com/...F4ZXQ2NGo5ODJyZA==

      Armin Laschet hat am Holocaust Gedenktag in Aachen eindrücklich den Aufstieg der NSDAP in den einzelnen Schritten nachvollziehbar dargestellt, wie schnell was möglich war.

      Sollte wan sich unbedingt anhören

      m.youtube.com/watch?v=9q7a4LwH9H8

    • @Jim Hawkins:

      Kaum einer kennt heute noch Franz von Papen und seine idotische Mär, man müsse die NsdAP nur in die Regierungsverantwortung holen, wo sie sich "entzaubern" würde.

      Dabei hat er heute mehr als einen Wiedergänger, wie man leider nicht nur hier lesen muss.