Grüner über Waffenlieferungen an Ukraine: „Es braucht Friedensgespräche“
Winfried Hermann ist Verkehrsminister in Baden-Württemberg, die Waffenlieferungen an die Ukraine sieht er kritisch. Damit ist er bei den Grünen ziemlich allein.
taz: Herr Hermann, seit Beginn des Ukrainekriegs haben Sie immer wieder kritische Anmerkungen zur Militarisierung der Politik gemacht. Jetzt haben Sie einen überparteilichen Aufruf gestartet. Sind Sie der letzte Pazifist in Ihrer Partei?
Winfried Hermann: Das glaube ich nicht. Seit Beginn des Ukrainekriegs wurde ich immer wieder von Grünen-nahen Friedensbewegten angesprochen, warum sich kein Grüner von Rang und Namen zur Eskalationsgefahr von Waffenlieferungen äußert oder wenigstens darüber diskutiert. Von Leuten, die konservativer sind, habe ich sehr positive Rückmeldungen bekommen. Sie teilten meine Sorge vor Eskalation. Aus meiner Partei habe ich dagegen nach meiner ersten Wortmeldung in der Zeitung Kontext ziemlich Gegenwind bekommen.
72, seit 2011 Verkehrsminister in Baden-Württemberg, davor seit 1998 als Abgeordneter für die Grünen im Bundestag. Beständiger Kritiker des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21. Grünen-Mitglied seit 1982. Am Samstag kündigte er an, bei den nächsten Landtagswahlen 2026 nicht noch mal zu kandidieren.
taz: Winfried Kretschmann, in dessen Kabinett Sie als Verkehrsminister sitzen, ist ganz anderer Meinung als Sie. Er sagt, mit Pazifismus könne man keinen Staat machen, das könne nur eine individuelle Einstellung sein. Hat er recht?
Hermann: Ja, das ist zuerst eine individuelle Haltung. Und doch gibt es Staaten, die friedensorientierte Politik machen oder beispielsweise die Schweiz, die auf Neutralität setzt und seit Jahrhunderten keinen Krieg geführt hat. Trotzdem sehe ich ein, dass die Haltung eines Bundeskanzlers nicht per se pazifistisch sein kann – das könnte er nur für sich persönlich sein. Dennoch kann man auch in dieser Funktion eine andere Politik machen, die auf Verhandlungen und Diplomatie setzt und nicht vor allem auf Waffen. Wenn man sagt, ein Aggressor versteht nur eine militärische Antwort, ist man in einer militärischen Logik gefangen. Das widerspricht dem Friedensgebot im Grundgesetz: zu versuchen, Frieden zu machen. Nichts anderes heißt Pazifismus. Das wäre eine wertebasierte Außenpolitik.
taz: Kennen Sie einen Weg, wie der Krieg friedlich beendet werden kann, den die Bundesregierung nicht kennt?
Hermann: Ich will nicht als Besserwisser auftreten, ich habe ja viel weniger Informationen als die Politiker in der Regierung und im Bundestag. Meine Mitstreiterinnen und Mitstreiter und ich wollen dazu beitragen, dass in dieser Republik vernünftig über Krieg und Frieden, Militär und Wege zum Frieden diskutiert wird. Wir dürfen mehr Diplomatie wagen.
taz: Sie haben sich mit Veteranen der Friedensbewegung zusammengetan. Braucht es nicht neuere Antworten als die, die im Kalten Krieg gegolten haben?
Hermann: Natürlich, alles andere wäre borniert. Es ist jedoch nicht angemessen, dass man alle Einsichten, die man damals gewonnen hat, heute für falsch erklärt. Es gibt erstaunliche Parallelen: Die Friedensbewegung galt als naiv, sie wollte den Rüstungswettlauf stoppen, in Sorge um einen atomaren Krieg. Auch damals hat die Nato ihre Aufrüstung mit Cruise Missiles mit einer „Raketenlücke“ begründet. Anders als heute gab es große Debatten, Demonstrationen und Diskussionen im Bundestag – und am Ende eine Friedensbewegung. Die Stationierung neuer amerikanischer Raketen wird heute fast kritiklos hingenommen, als „Tagesschau“-Meldung.
taz: Sind Sie gegen die Raketen?
Hermann: Ja. Es muss andere Lösungswege geben. Ich bin kein Putin-Versteher, kann aber nachvollziehen, dass Raketen, die auf Russland gerichtet sind, dort als Bedrohung gedeutet werden. Wer Friedenspolitik macht, muss die Interessen der anderen Seite verstehen, nicht rechtfertigen.
taz: Vielleicht heißt Putin verstehen, zu begreifen, dass er nur Stärke versteht.
Hermann: So denken alle Konfliktparteien. Und das ist ja zunächst eine Behauptung, die nicht stimmen muss.
taz: Was lässt Sie daran zweifeln?
Hermann: Der Beleg des Erfolgs militärischer Mittel steht aus: Die Aufrüstungslogik hat den Krieg leider nicht beendet, im Gegenteil. Wenn man den blutigen Stellungskrieg sieht, muss man doch die Strategie reflektieren. Die richtige Überzeugung, dass Putin im Unrecht ist, bringt auf dem Schlachtfeld nichts. Aber versetzen wir uns in die andere Seite: Während wir im Kalten Krieg den Weltfrieden durch den Warschauer Pakt gefährdet gesehen haben, galt das auf der Gegenseite für die Nato. In der Sowjetunion hat man die USA in Vietnam und anderswo Kriege führen sehen. Die Sowjetunion und später Russland hat die Gegenseite oft militärisch unterstützt und auch Kriege geführt, beispielsweise in Afghanistan oder Tschetschenien. Nach dem Kalten Krieg gab es aber Annäherungsansätze. Allerdings endete die Nato nicht, wie in Aussicht gestellt, an der polnischen Grenze. Und in der Folgezeit sind die Rüstungskontrollverträge von beiden Seiten unterlaufen und nicht verlängert worden. Jede Seite warf der anderen vor, die Verträge gebrochen zu haben.
taz: Was wollen Sie damit sagen?
Hermann: Ich will mit Fehlern des Westens keinesfalls den Angriffskrieg Russlands rechtfertigen. Aber es ist fatal, dass die Abrüstungs- und Friedenspolitik in den 2000er Jahren nicht weiterverfolgt wurde. Stattdessen wurde aufgerüstet. Die USA geben heute ein Vielfaches für Militär aus wie Russland.
taz: Man hat sich 2014 mit der Kriegsbereitschaft Russlands schon mal geirrt. Würden Sie Polen und den Balten guten Gewissens sagen, sie müssen sich keine Sorge machen?
Hermann: Nein. Auch als Pazifist bin ich überzeugt, dass es gerechtfertigt ist, dass sich die Ukraine verteidigt. Ebenso ist es richtig, dass die baltischen Staaten Vorkehrungen treffen. Ich glaube sogar, dass es trotz aller Kritik an Nato und den USA wichtig ist, dass diese Länder in der Nato sind. Ich verstehe, dass Finnland und Schweden beigetreten sind. Aber das hat einen Effekt: Rund um Russland gibt es nur noch die Nato. Ein Militärbündnis kann Friedenspolitik nicht ersetzen.
taz: Sie sagen auch, dass man Putin nicht mit dem russischen Volk gleichsetzen darf. Haben Sie mal versucht, Kontakt mit diesem anderen Russland aufzunehmen?
Hermann: Nein, dazu sind wir zu klein. Aber ich bin der Meinung, dass es fatal ist, dass wir seit dem Krieg alle zivilgesellschaftlichen Kontakte, Städtepartnerschaften und Forschungsgemeinschaften aufkündigen und boykottieren. Wie soll dann noch die andere Sicht der Dinge nach Russland gelangen? Aber auch die einfachen Soldaten, die gezwungen oder von Ideologie verblendet im Krieg fallen, können uns doch nicht egal sein.
taz: Die Frage ist doch, warum es den Russen egal ist.
Hermann: Den Ehefrauen und Kindern ist das nicht egal. Man muss wissen: Das Trauma des Zweiten Weltkriegs, der brutale Überfall durch die Deutschen, ist im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung sehr präsent. Dazu gehört, dass man zur Verteidigung des Vaterlands auch bereit zum Sterben sein muss. Das nutzt Putin in seiner Propaganda.
taz: Müssten Friedensverhandlungen nicht von der Ukraine ausgehen?
Hermann: Die politische Führung der Ukraine sieht keinen anderen Weg, als das Land militärisch zu verteidigen und Russland zu besiegen. Verhandlungen gelten als Kapitulation. Ob diese Position in der Bevölkerung noch lange mitgetragen wird, weiß ich nicht. Als Pazifist habe ich eine andere Sicht. Es braucht die Bereitschaft für eine Verhandlungslösung, von beiden Seiten! Ich persönlich würde unsere Demokratie mit allen zivilen Mitteln verteidigen. Aber ich wäre nicht bereit, für den Kampf um zerstörtes Territorium – und sei es ein Stück unseres Landes – zu sterben.
taz: Und für Demokratie und Freiheit – Werte, für die viele im Zweiten Weltkrieg gestorben sind?
Hermann: Der militärische Kampf der Alliierten im Zweiten Weltkrieg zur Beendigung der Nazi-Gräuel, das ist das Standardargument, mit dem wir Pazifisten konfrontiert werden.
taz: Ist es falsch?
Hermann: Dieser historische Vergleich hinkt meistens, aber grundsätzlich gilt: Wenn alle politischen Mittel zum Frieden verpasst werden, wenn schon viele tot sind und alles zerstört ist, dann ist ein gewaltfreier Ausweg schwierig.
Was wäre dann jetzt zu tun?
Hermann: Es braucht neutrale Moderatoren, Verhandlerinnen oder Verhandler, die einen Waffenstillstand beziehungsweise Bedingungen dazu vorschlagen, ohne damit Russlands Geländegewinne anzuerkennen. Die derzeitige Kriegsgrenze und ein Waffenstillstand müssten mit einem UNO-Blauhelm-Mandat gesichert werden.
taz: Da müsste Russland zustimmen.
Hermann: Ja, aber auch die Ukraine und USA. Es braucht Initiativen zu Verhandlungen.
taz: Um den Krieg abzukürzen, würde Ihr Parteifreund Anton Hofreiter gerne möglichst viele Waffen liefern, damit die Ukraine gewinnt.
Hermann: Immer mehr Waffen haben bisher nicht zum Erfolg, sondern zur Aufrüstung der anderen Seite und zu mehr Gewalt geführt. Es besteht das Risiko einer atomaren Eskalation. Es braucht Friedensgespräche! Aus meiner Sicht könnten die UNO und die Brics-Staaten vermitteln. Deutschland ist dafür nicht geeignet.
taz: Kritisieren Sie, dass wir auf der Seite der Ukraine stehen?
Hermann: Nein, aber zur Vermittlung braucht es neutrale Akteure.
taz: In Ihrem Aufruf heißt es, man müsse in einer Demokratie diese Positionen vertreten dürfen. Das hörte man auch auf Querdenker-Demonstrationen. Wer hindert Sie daran, Ihre Positionen zu vertreten?
Hermann: Mit den Querdenkern haben wir nichts gemein. Aber als ich mich vor eineinhalb Jahren das erste Mal öffentlich kritisch geäußert habe, bin ich auch von Parteifreunden heftig kritisiert worden. Obwohl ich damals schon gesagt habe, dass Putin ein Imperialist ist, der Krieg gegen das Völkerrecht verstößt, galt ich als Putin-Versteher und als einer, der die eigene Verteidigungsfähigkeit schwächt. So wird man in eine blinde Solidarität gedrängt, die ich für gefährlich halte.
taz: Wie sehr haben Sie sich von Ihrer Partei entfremdet?
Hermann: Nicht so sehr von der Partei. Seit dem Parteitag in Rostock 2001, wo Joschka Fischer den Farbbeutel ans Ohr bekommen hat und die Partei mit großer Mehrheit für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan gestimmt hat, weiß ich, dass ich in der Minderheit bin. Es ist trotz aller Kritik nicht mein Interesse, die Grünen zu spalten – unsere Initiative ist überparteilich.
taz: Was wollen Sie erreichen?
Hermann: Ich will, dass wir rational über Wege zum Frieden diskutieren und die Annahmen der militärischen Logik hinterfragen. Es ist Zeit für einen Strategiewechsel. Wollen wir uns wirklich von Putin in eine militärische Logik des 19. Jahrhunderts zwängen lassen, obwohl wir wissen, dass uns das auf lange Sicht davon abhält, die sozialen und ökologischen Probleme auf diesem Planeten zu lösen?
Leser*innenkommentare
Rinaldo
Vor einer genauen Benennung dessen, was verhandelt werden soll, drückt sich Herrmann: "Entnazifizierung" der ukrainischen Regierung? Abtretung und Okkupation von Territorium? NATO-Beitritt ? Auf der einen Seite versteht Hermann die Aufrüstung der Baltischen Staaten und den Nato- Beittitt Schwedens und Finnlands, auf der anderen Seite beklagt er dann wieder die allgemeine militärische Logik des Westens gegenüber Putins Imperialismus und Faschismus.
"Wenn alle politischen Mittel zum Frieden verpasst werden, wenn schon viele tot sind und alles zerstört ist, dann ist ein gewaltfreier Ausweg schwierig."...also, nachdem durch einen imperialistischen Angriffskrieg viele tot sind und alles zerstört ist, erst dann sollte ein Pazifist sich wehren? Eine absurde Einstellung, die mit der Realität der Opfer vor Ort nichts zu tun hat.
Was die Kapitulation eines Landes bedeuten kann, zeigt Frankreich im 2.WK : ein faschistisches Vichy- Regime, deutsche Besatzung, zehntausendfache Deportationen in die KZs, Massaker an der Zivilbevölkerung, Zerstörung der Gesellschaftsordnung. Wer diese Folgen ausklammert, argumentiert unehrlich. Putin steht stellvertretend für eine faschistische Weltordnung.
Janix
Herrmann ist auch hier ein kluger Mensch. Wir brauchen ja auch das Friedensziel, die Erkenntnisse der Friedensforschung und das Zurückschrecken vor Dämonisierung von Völkern.
Und doch will ich einhaken: Russland hat zwischen Murmansk, Wladiwostok und dem Kaukaus auf drei Seiten _keine direkte Bedrohung, selbst wenn man die NATO als solche zählte (warum sollte die aber?). Putins Revisionismus in Europa ist ungleich den 1980ern dort.
Es kommt auf die Metapher an. Ich sehe den nächsten Vergleich 1938, wo man die Tschechoslowakei besser herausgepaukt hätte.
Ciro
Keine Waffenlieferungen heißt, die Ukraine wird vernichtet.
Natürlich muss auch Diplomatie versucht werden, aber das interessiert Putin (derzeit?) nicht, daher muss das Land erstmal verteidigt werden, bis es soweit ist.
Traurig, dass überhaupt über mehr als den Rückzug der Russen verhandelt werden soll. Russland hat der Ukraine nichts reinzureden.
Neutralität? Die gibt es nicht. Neutralität hilft immer den Aggressoren, niemals den Opfern.
Martin Rees
Sehr schön, vielen Dank ❗
Mensch muss (noch) nicht Pazifist sein, um die Meinung von Minister Hermann zu teilen. Auch der deutschlandweit bekannte Autor, Jurist, Journalist und Publizist Heribert Prantl hat seine interessanten Ansichten diesbezüglich zu Papier gebracht. Auch dies ist ein Ergebnis einer fruchtbaren intellektuellen Auseinandersetzung vor einem bekannterweise gediegenen Bildungshintergrund mit "weitsichtiger" Perspektive.
/
www.ndr.de/kultur/...otz,prantl180.html
Micha.Khn
Es tut sich endlich wenigstens ein bisschen etwas in Richtung diplomatischer Lösung, so wie es eigentlich auch in diesem Konflikt von Anfang an hätte sein sollen.
Auch dieser Krieg wird nicht auf dem Schalchtfeld entschieden, sondern am Tisch.
CarlaPhilippa
Huch, die Schweiz ist jetzt also pazifistisch. Bis an die Zähne bewaffnet mit allgemeiner Wehrpflicht... aber mit solchen Details halten sich die Traumtänzer der alten Friedensbewegung nicht auf. Neutralität mit Pazifismus zu verwechseln isf aber schon eine Nummer. Ich habe früher selber gegen den Golfkrieg demonstriert - vielleicht war die Situation damals eine Andere. Im Kontext von Putins Raubkrieg ist das Geeiere von Herrmann und seinen Mitpazifist:innen peinlich. Putin könnte den Krieg sofort beenden, indem er den Rückzug anordnet. Der lacht sich über die Friedensbewegung tot.
hsqmyp
Pazifisten müssen sich in diesem Land wieder rechtfertigen. 2 von uns angezettelte Weltkriege mit abermillionen Toten (darunter 20 Mio Russen) reichen nicht mehr als Begründung für Diplomatie und militärische Zurückhaltung. Auch die eindeutige defensive Ausrichtung unseres Grundgesetzes wird ignoriert.
Ich finde es ausgesprochen ermüdend, das es so wenig Interviews gibt, die offen Lösungswege aus dem Krieg diskutieren.
IdR klopft man die Gesprächspartner auf bellizistische Eckpunkte ab und bringt sie so permanent in die Defensive.
Ich bin andererseits positiv überrascht darüber, das es bei den Grünen noch Politiker gibt, die sich eine Welt jenseits von Panzerhaubitzen und Siegesfantasien vorstellen können.
Wenn man sich jedoch so haarsträubende Aussagen wie die von Hrn Kretschmann vergegenwärtigt ahnt man, wie isoliert Hr Hermann in seiner eigenen Partei ist.
Zum Glück gibt es für ihn ja politische Alternativen.
Insofern bin ich für das Interview sehr dankbar!
Lars Sommer
Was ist die Meinung von Dieter Bohlen zu der Ukraine-Krise. Offenbar ist jetzt jeder Geostratege.
Suryo
Ein Ende der Phrase „Es braucht“ ist notwendig.
Tom Lehner
Das ist unser größtes Problem. Wir ecchauffieren uns. Sprechen von einem Despoten der die Ukraine überfallen hat. Aber wir haben den Arxxx nicht in der Hose dann die Chose durchzuziehen. Helmlieferungen, halbherzige Unterstützung und monatelange Diskussionen was wir wann liefern und ob und was die Ukrainer damit machen dürfen...
Was wir aber immer dabei vergessen: Wir sind die im warmen Wohnzimmer. Mit intakten Fenstern und einer Vollversorgung die die Diskussion durchaus erleichtern. Kinder leben voller Angst, Kliniken werden bewusst zerstört, Infrastruktur wie Strom und Wasser gekappt und Menschen sterben. Für uns! Was seit Ihr scheinheilig!
Kurt Kraus
Was wir nicht brauchen, ist Kollaboration mit dem russischen Imperialismus. Militärische Mittel wirken nicht? Militärische Mittel wirken immer, zuletzt 1918 und 1945. Der Vorschlag, Putins Raub mit Blauhelmtruppen zu sichern, ist nicht nur jenseits jeder Realität, weil es dafür weder Truppensteller noch eine Mehrheit im Sicherheitsrat gibt, sondern auch ein Abgrund an moralischer Verkommenheit. GULAG-Frieden.
Genosse Luzifer
"Allerdings endete die Nato nicht, wie in Aussicht gestellt, an der polnischen Grenze"
In welchem Vertrag steht das?
"Ich will mit Fehlern des Westens keinesfalls den Angriffskrieg Russlands rechtfertigen"
"Die USA geben heute ein Vielfaches für Militär aus wie Russland"
Aber die Schuld liegt schon bei den USA, der Nato? Wieso hat Russland dann ein nicht Nato-Land angegriffen?
"Ich verstehe, dass Finnland und Schweden beigetreten sind. Aber das hat einen Effekt: Rund um Russland gibt es nur noch die Nato"
Die Neutralität dieser Länder fand nur ein Ende, weil sie sich von RU bedroht fühlen, und doch ist RU wieder das Opfer.
"Aber auch die einfachen Soldaten, die gezwungen oder von Ideologie verblendet im Krieg fallen, können uns doch nicht egal sein."
Eingezogene sind meist "hinter der Front" die Anderen sind wegen Geld und Ideologie dort und mit ehrlich gesagt vollkommen egal.
"Das Trauma des Zweiten Weltkriegs, der brutale Überfall durch die Deutschen, ist im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung sehr präsent"
Das fehlte ja noch. Die Deutschen sind Schuld an RU Verteidigungskriegen.
Agarack
"In Ihrem Aufruf heißt es, man müsse in einer Demokratie diese Positionen vertreten dürfen. Das hörte man auch auf Querdenker-Demonstrationen."
Also bitte, das ist doch unverschämt. Wenn man jedem, der eine abweichende Position zur sog. "herrschenden Meinung" veröffentlicht, eine Nähe zu Verschwörungstheoretikern und Verfassungsfeinden unterstellt, landet man schnell in totalitären Strukturen.
Genosse Luzifer
Herr Herrmann scheint mir doch ein paar bekannte Punkte wiederzugeben, deren offensichtliche Lücken durch die "Pazifisten" ignoriert werden:
"Wenn man sagt, ein Aggressor versteht nur eine militärische Antwort, ist man in einer militärischen Logik gefangen."
"Die Aufrüstungslogik hat den Krieg leider nicht beendet, im Gegenteil"
etc: wie sieht nun sein Vorschlag aus, mit Putin umzugehen? Blauhelme (welche nur mit Putins Wohlwollen kommen) würden die Grenze der facto zementieren und Russlands Geländegewinne sichern.
"Ich will nicht als Besserwisser auftreten, ich habe ja viel weniger Informationen"
Achso. Schade aber auch, ich würde mich über das Kriegsende freuen.
"Die Friedensbewegung galt als naiv, sie wollte den Rüstungswettlauf stoppen, in Sorge um einen atomaren Krieg"
Im Gegensatz zur Friedensbewegung hat die Gegenseitige Abschreckung tatsächlich die Eskalation verhindert.
"Ich bin kein Putin-Versteher, kann aber nachvollziehen, dass Raketen, die auf Russland gerichtet sind, dort als Bedrohung gedeutet werden"
Ich kann nicht verstehen, wie man die Lügen des Aggressors glauben kann. Russland hat neue Raketen zur EU stationiert [...] und droht mit dem Erstschlag.
Schalamow
"Immer mehr Waffen haben bisher nicht zum Erfolg, sondern zur Aufrüstung der anderen Seite und zu mehr Gewalt geführt."
Ja, die Mär von der sogenannten "Eskalationsspirale". Hätte der Westen die Ukraine nicht unterstützt, gäbe es heute keine souveräne Ukraine mehr. Dann könnten wir heute "in Frieden" darüber räsonnieren, was man hätte tun können, um das zu verhindern. Es gibt nicht den allergeringsten Hinweis darauf, dass Putin irgendetwas anderes gemacht hätte. Warum sollte er sein Kriegsziel aufgeben, nur weil der Westen die Hände in den Schoß legt.
Hermann mag noch so sehr das Gegenteil beteuern, aber im Grunde steckt er friedenspolitisch immer noch in den 80er Jahren. Was er und andere, die ähnlich denken, aber mit schöner Regelmäßigkeit übersehen: Die SU war damals prinzipiell an der Aufrechterhaltung des Status quo interessiert. Genau das will Putin nicht. Anders als Breschnew & Co. hat er die Schwelle zum Krieg seit 2014 mehrfach überschritten - ein fundamentaler Unterschied. Und wie man eine Friedensordnung wiederherstellen soll mit jemandem, der alles kaputtgeschlagen hat, was seit den 1970er Jahren verhandelt worden ist, sagt uns leider auch Herr Hermann nicht.
Thomas Koll
Nach über zweieinhalb Jahren kann man sich die Eskalationsgefahr ansehen. Die Erkenntis ist: Es gibt keine Gefahr dass Putin den Krieg in Richtung NATO eskalsiert. Sie ist eine Erfindung der russischen Propaganda die sich in den Köpfen vieler im Westen festgesetzt hat. Die Ukraine hat sich in Sachen militärischer Abrüstung sehr bemüht und es 2014 bereuen müssen, auch weil sie vom Westen noch immer zu wenig und zu zögerlich Unterstützung bekommt.
Was es braucht ist Neustart der russischen Poltik ohne Putin und seine Oligarchen, einen zweiten Versuch eine gesunde Demokratie im post-sowjetischen Russland aufzubauen. Nur mit dieser sollten wir in Zukunft handeln. Nur mit dieser wird es ein friedliches Europa geben.
Kommentar gekürzt, bitte halten Sie sich an die Netiquette.
Die Moderation
Encantado
@Thomas Koll "Es gibt keine Gefahr dass Putin den Krieg in Richtung NATO eskalsiert."
Das ist jetzt natürlich auch ein wenig optimistisch gedacht. Die Gefahr gibt es durchaus. Nämlich dann, wenn Putin glaubt, damit durchkommen zu können. Zum Beispiel wenn er den Eindruck gewinnt, dass ein Angriff auf z. B. Estland nicht in eine harte
Antwort münden wird.
Nobodys Hero
@Thomas Koll Genau diese Meinungen führen zur Eskalation. Es ist so als würde jemand der ständig mit 300 über die Autobahn fährt sagen: "Siehst du, bisher ist nichts passiert!..."
Nansen
@Thomas Koll Du meine Güte. Wie wäre es, wenn Sie ihre kriegerische Rhetorik materialisieren und sich freiwillig an die Front melden? Nein? Nicht? Das wäre aber ein notwendiger Teil Ihrer "Lösung".
Russland hat fast genauso viele Atomwaffen wie die USA. Es wird schon deshalb nie und nimmer so eine Niederlage wie Deutschland erfahren. Eher wird die Welt mitgerissen.
Und ein postsowjetisches Russland nach des Westens Gusto aufzubauen hat ja schon einmal perfekt geklappt (Das ist Ironie.) und am Ende genau dahin geführt, wo wir jetzt stehen.
Semon
@Thomas Koll Es gibt aber auch keine Chance, daß die Ukraine diesen Krieg mit eigenen Soldaten noch gewinnt.
Und nun sie Schlaumeier?
Jens Barth
@Thomas Koll Ich frage mich, woher Sie das alles wissen (wollen).
Militärexperten haben wiederholt festgestellt, dass die Eskalationshoheit bei Russland liegt. Daher ist Ihrer Aussage, dass es keine Gefahr einer weiteren Eskalation, ob nuklear oder nicht nuklear gibt, reines Wunschdenken und keine Erfindung russischer Propaganda. Was meinen Sie wie die Amerikaner reagieren würden, wenn eine russische Rakete Richtung Washington fliegt? Warum soll Russland bei einer ukrainischen Taurus Richtung Moskau anderes reagieren?
Zweites wird, ebenfalls nach Meinung von hochrangigen Militärs dieser Krieg nicht nur durch verfügbare Waffensysteme sondern auch durch die Anzahl verfügbarer Soldaten entschieden. Daraus wird abgeleitet, dass die Ukraine wahrscheinlich den Krieg militärisch nicht gewinnen kann. Die Entwicklung auf dem Schlachtfeld scheint diese Meinung zu bestätigen. Alle uns als Gamechanger verkauften Waffen (Leo, F16 etc.) haben kaum etwas bewirkt.
Alexander Schulz
@Thomas Koll "Putins Russland muss eine Niederlage erfahren wie sie Deutschland erfahren hat. "
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass dieses eine dauerhafte Lösungsmöglichkeit wäre, Jedoch ist das Problem wie bei vielen Vorschlägen zum Krieg in der Ukraine, dass sie vollkommen unrealistisch ist.
Putin hat kein Interesse daran sich besiegen zu lassen. Spätestens im Herbst 22 ist das ja auch den entscheidenden Verantwortungsträgern im Westen bewusst geworden. Es ist kein Zufall, dass die Ukraine nur soviel erhält, dass sie nicht verliert und nicht so viel bekommt, dass sie eine Chance auf einen Sieg hat.
Gnutellabrot Merz
„ Aber ich wäre nicht bereit, für den Kampf um zerstörtes Territorium – und sei es ein Stück unseres Landes – zu sterben.“
Das interessiert den Aggressor leider nicht. Der Aggressor wird bei fehlender Gegenwehr so viele Menschen töten wie möglich.
Und der Vergleich zum 2. Weltkrieg hinkt viel weniger als hier dargestellt. Für Freiheit und Demokratie sind Millionen Menschen gestorben, aber sie haben sie in weiten Teilen der beteiligten Staaten erhalten oder wiederhergestellt.
Nur Stalins Diktatur war zu monströs, schon im 2. Weltkrieg wurden die ungeliebten asiatischen Russen verheizt.
Der Pazifist, der mit seinen Kindern und Kindeskindern vom Aggressor ermordet wird bereitet dem Aggressor den Weg.
Militärische Stärke und parallel dazu Verhandlungen, nur so kann so ein Konflikt gelöst werden.