„Zeugnissprüche“ an Waldorfschulen: Ein wöchentliches Ritual
An Waldorfschulen müssen Schüler*innen jede Woche ihre Zeugnissprüche rezitieren. Doch sie bieten eine Steilvorlage für Mobbing und Schamgefühle.
Ich bin Samstagskind. Wie die meisten Waldorfkinder weiß ich das, weil wir unseren Zeugnisspruch immer am Wochentag unserer Geburt aufsagen – oder in meinem Fall einen Tag vorher. Den Zeugnisspruch bekommt man während der achtjährigen Klassenlehrerzeit als Teil des Zeugnisses und rezitiert ihn dann jede Woche.
Wenn ich dran war, rief mich meine Lehrerin auf. Ich lief nach vorne, stellte mich vor die Tafel, sagte meinen Spruch auf – und ging dann schnell zurück an meinen sicheren Platz. Es war das Normalste der Welt. Alle haben das gemacht. Auch diese Woche werden schätzungsweise wieder 50.000 Kinder in Deutschland ihren Zeugnisspruch aufsagen.
Als ich vor drei Jahren meine Zeugnisse mit den Zeugnissprüchen erneut las, wurde mir schlecht. Ich war schockiert, wie harmlos ich es damals fand und wie ernst ich es genommen habe. Am schlimmsten war der Spruch aus der 4. Klasse:
„Still für sich geschafft,Ist ein Quell der Kraft. Froh sich andern einzureihen,Lässt das Ganze gut gedeihen,wird vom Eigensinn befreien.“
Ein morgendliches Ritual
So wussten dann alle, inklusive mir, dass ich zu eigensinnig und geschwätzig war, und wurden wöchentlich neu daran erinnert. Oder wie sich der Pädagogikprofessor Prange ausdrückt: „Das zugeschriebene Selbstbild wird öffentlich ritualisiert und bekräftigt.“ Beschwert habe ich mich nie. So war es halt. Genutzt hätte es wohl eh nichts. Ich weiß bis heute von keinem Fall, wo ein Kind einen neuen Zeugnisspruch bekommen hätte, weil es seinen nicht mochte.
Wenn ein Kind den Text vergaß, nuschelte, hampelte oder zu leise sprach, bekam es Hilfe von der Klassenlehrerin. Manchmal wohlwollend, manchmal beschämend oder drangsalierend. Beneidet wurden Kinder mit kurzen Sprüchen, die nicht zu offensichtlich korrigierend waren.
Ich war wahlweise zu verträumt, zu verkopft, zu eigensinnig oder zu flüchtig. Andere Kinder waren zu schüchtern oder zu aufbrausend, zu laut oder zu leise, schafften es nicht, etwas zu Ende zu führen, oder sollten tüchtiger werden. Das war mir immer bewusst, wenn jemand seinen Spruch aufsagte. Sowohl bei mir als auch bei den anderen.
Wenn man nachfragt, können die meisten Waldorfkinder gruselige Geschichten rund um Zeugnissprüche erzählen: dass ein Mitschüler seinen Spruch jedes Mal weinend aufsagte, dass die lispelnde Mitschülerin extra einen Spruch mit vielen Zischlauten bekam oder dass ein Mittwochskind jeden Mittwoch früh Bauchschmerzen hatte und zu Hause blieb. Und selbst wenn es einem selbst leicht fiel und man beim Spruch Glück hatte, beobachtete man gegebenenfalls jede Woche, wie andere Kinder struggelten. Ich hab das damals als sinnvolle Normalität abgespeichert – aber es hat etwas mit mir gemacht.
Steilvorlage für Mobbing
Horst Hellmann, international tätig in der Waldorflehrerausbildung, sagt: „Weil an dem Spruch das ganze Jahr hindurch gearbeitet wird, ist das Zeugnis in seiner Essenz immer präsent, jedoch nicht als moralischer Zeigefinger, sondern, wenn es gelingt, als ‚Arbeit im Gewande der Freude‘.“ Und wenn es nicht gelingt? Dann ist es eine Steilvorlage für Mobbing und Schamgefühle.
Wie können ausgebildete Pädagogen*innen denken, es sei eine gute Idee, einzelne Kinder vor der ganzen Klasse quasi poetisierte Kopfnoten des Zeugnisses aufsagen zu lassen, damit sie „daran wachsen“?!
Leser*innenkommentare
Ephraim Nathansson
Ich finde es traurig, dass der Autorin vorgeworfen wird, sie sei missionarisch. Frau Lea missioniert nicht, sie demissioniert.
Hier wird kein Glaube propagiert, dem man ohne zu hinterfragen folgen soll, hier wird im Gegenteil Kritik an einem Glauben geübt.
Wenn die Rechtsesoteriker hier zur Verteidigung ihrer Strukturen auflaufen und diese gerechtfertigte Kritik als „Mission“ abtun, erinnert mich das immer ein wenig an die Verblendeten, die meinen, man müsse Evolution und Kreationismus der Ausgewogenheit halber beide unterrichten.
clifford obermaier
Liebe (ex)Kollegen,
hab 3Jahre Kindergarten +8Jahre München Leopoldstraße +4Jahre Wien Mauer absolviert. Mit anderen Worten bin definitiv Insider
Zum Kommentar von Euch:
Die Waldorfschule/RSS ist eine Elite Schule bei der ein überwiegender Teil den Absolventen in sog Führungspositionen im Berufsleben landen. Ohne gezielte Ausbildung in öffentlichem Aufteten (Morgenspruch, Klassenspiele, Referate, ja sogar Eurythmie) sind solche Positionen nicht oder nur schwehr machbar! Habe anschließend auch öffentliche Eliteschule in Form einer HTL (Ingenieur) besucht und bin trotz negativer Vorhersagen der Waldorfskeptiker mehrfacher Ingeneur, Unternehmer, Gutachter etc
und zumindest in meinem Jahrgang 1956 kein Einzelschicksal.
Also seit für alles dankbar, was Euch von Euren Klassenlehrern abverlangt worden ist.
Für die Schwachen wurde weder die Steinerschule noch das Himmelreich geschaffen.
Marie Tanner
Ich bekam Ende der 3.Klasse einen gruseligen Zeugnisspruch, den ich dann die ganze 4.Klasse lang jeden Samstag (auch Samstagskind und bei uns gabs samstags aber noch Schule...) an der Tafel aufsagen musste. Er war a) lang, was schon doof war, aber schlimmer war, dass er b) etwas kritisierte, was sogar meinen Körper (!), nicht "nur" mein Können / Nichtkönnen kritisierte. Ich wuchs als Kind wahnsinnig schnell und hatte mit 11 meine jetzige Körpergrösse von 1.73 erreicht, also total "normal". Aber in den unteren Klassen war ich halt immer einen Kopf grösser als alle. Der Spruch handelte O-Ton davon, dass ein Kornfeld im Gleichklang bei starkem Wind dahinwogt und nichts passiert, nur die zu grosse Sonnenblume in der Mitte des Feldes bricht! Hallo, gehts noch!!?? Und ich bin eigentlich auch stinkesauer auf meine Eltern, die als selber sogar schreibende Personen nicht eingegriffen, Zeter-Mordio geschrien und verhindert haben, dass ich diesen Spruch aufsagen muss...
Mussgarnix
Danke für diese Kolumne! Erschütternd, dass es das dort heute noch so gibt und offensichtlich nicht hinterfragt wird. In so einem System könnte ich (als Pädagoge) nicht arbeiten, das so sehr die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Pädagoge ignoriert und mit vorsintflutlichen Methoden arbeitet.
Hubertus Behr
Es wäre doch mal interessant zu erfahren, an welcher Waldorfschule und wie lange Frau Lea, die sich ja hinter einem Pseudonym versteckt, ihre Schulzeit verbracht hat.
Jörg Schubert
@Hubertus Behr Das Pseudonym ist in diesem Fall wichtig. In jeder Glaubensgemeinschaft gibt es auch Radikale.
Strolch
@Hubertus Behr Was hat das mit dem Pseudonym zu tun? Könnte man das mit dem Klarnamen in der öffentlich zugänglichen Datenbank für Waldorfschüler nachlesen?
Ich verstehe, Ihre Kritik an dem Pseudonym nicht...
Juri_Ge
@Hubertus Behr Entschuldigen sie, aber was bitte haben sie denn für ein Problem mit der Nutzung eines Pseudonyms bzw. zumindest der Nichtnennung des Familiennamens, dass sie diese Tatsache mehrmals in der Kommentarspalte als etwas anführen müssen, was als Kritik an der Autorin gelesen werden muss?
Ich persönlich hätte etwa auch kein gesteigertes Interesse daran meinen Klarnamen ins Internet hinauszuposaunen, in einer Zeit, in der man mal eben von 1000 rechtsradikalen und/oder verschwörungsideologischen Bots mit, ich nenne es mal euphemistisch "Nachrichten" zugeschissen werden kann..
Was also vernlasst sie zu suggerieren, die Meinung der Autorin wäre illegitim oder nicht ernstzunehmen, oder mindestens undifferenziert, nur weil sie sich hinter einem "Pseudonym versteckt"?
Sozialdemokratie
@Hubertus Behr Wozu, wenn das an allen Waldorfschulen usus ist?!
Herr Lich
@Sozialdemokratie Weil jede Schule anders ist. Weil jeder Lehrer anders ist.
Die Sprüche meiner Kinder sind nicht "beschämend" oder "korrigierend". Und die allermeisten Kinder sagen ihre Sprüche gerne auf. Viele finden sie eher langweilig. Ich finde sie teilweise einfach zu lang.
Aber auch ein Ändern wurde zweimal angefragt und zweimal genehmigt. Zumindest an unserer Schule soll sich die Kinder explizit mit ihrem Spruch wohl fühlen.
Corina Strößner
Mich lassen diese Kommentare immer etwas ratlos zurück. In meinem Kindergarten war es nicht unüblich, Kinder einzusperren, wenn sie wütend wurden. Fehlverhalten (Einnässen vor allem) wurde öffentlich thematisiert, einschließlich eines gemeinsamen Spottliedes. In meinem Zeugnis stand, dass ich mich mehr um mein äußeres Erscheinungsbild bemühen, um von Klassenkollektiv anerkennt zu werden. Ich glaube, es fehlt hier ein bisschen der Vergleich zu dem Regelsystem. Ich will damit die Erfahrungen der Kolumnistin nicht kleinreden. Mich würde aber schon interessieren, was sie mit diesen Berichten erreichen möchte. Sind Walddorf Schulen grundsätzlich gruselig? Übt sie Systemkritik? Was müsste besser gemacht werden?
Jeff
@Corina Strößner Die von Ihnen berichteten persönlichen Erfahrungen tun mir wirklich leid.
Zum Glück sind sie zumindest heute nicht mehr die Regel. Und in vielen Waldorfschulen ist die Zeit in solcher Hinsicht tatsächlich stehen geblieben.
Das ist immer eine Gefahr im Schulsystem: Lehrer und Eltern sind nun einmal eine Generation älter und haben als Schüler eine andere Schule erlebt als heute angemessen ist. Deshalb man muss immer sehr darauf achten, die damaligen Zeiten kritisch zu überdenken und pädagogisch mit der Zeit zu gehen.
Das ist nicht immer einfach, vielleicht auch nicht in allen Dingen immer absolut korrekt, aber zumindest die Entwicklungsrichtung, wie sie von Pädagogoen gedacht wird, scheint mir doch sehr sinnvoll zu sein.
tazziragazzi
@Jeff Hören Sie sich mal um, was Eltern mit Kindern in Kitas und Regelschulen so zu berichten haben. Da werden Sie sehen, dass das leider durchaus eine gewisse Regelhaftigkeit hat, Kinder zu demütigen, bloßzustellen, zu bestrafen für Dinge, für die sie nichts können. Im Regelsystem!
Angelika70
Diese Schulen, diese Schulform, gehört längst verboten.
Jeder, der sich mit dem System beschäftigt, erkennt das.
Jeff
@Angelika70 In manchen Waldorfschulen wird auch noch Steiners Wahn verbreitet, Autismus ginge auf fehlende Liebe durch die Eltern zurück. Das ist Diskriminierung und gehört in jedem einzelnen Fall angezeigt!
Die Lösung nach Steiner, auf den Punkt gebracht: Autisten fest in den Arm nehmen und so die Liebe "nachreichen".
Für viele Autisten ist das wohl mit die schlimmste Strafe und sie werden es so sicherlich schneller lernen, sich anzupassen um solche Aktionen in Zukunft zu vermeiden. Steiner wollte in meinen Augen gar nicht Autismus "heilen", sondern einfach unauffällige Kinder schaffen - angepasst statt, ach so waldorfsch, individuell.
Wieland Speck
Ich hab das 12 Jahre mitgemacht, wie viele Wochen sind das? Es war immer ein wenig aufregend, vor der Klasse etwas sagen zu müssen - das geht mir heute noch so. Möglicherweise half diese Exposition, vor Mitmenschen zu sprechen. Ich trug kein Leids davon.
In der taz gibt es seit Langem eine homöo- und anthrophobe Fraktion, die ihre Leiderfahrung regelmäßig und teils missionarisch bis hasserfüllt schildert. Das ist bitter. Meine Lebenserfahrung spiegelt das nicht wider. Ich empfahl die Waldorfschule befreundeten Eltern mehrfach - weiß aber auch, dass die Schulen sehr unterschiedlich sein können. Meine war nicht orthodox geprägt um es mal so ausdrücken. Mir persönlich hätte schwerlich Besseres widerfahren können, gemessen an den staatl. Gymnasien meiner Stadt, die aus jungen Menschen Einzelkämpfer und Zyniker machte. Die Quittung erleben wir im neoliberalen Alltag. Also Vorsicht mit polarisierenden Urteilen: das gilt ja heute allgemein. wieland*
Jörg Schubert
@Wieland Speck Waldorfschulen pauschal zu empfehlen, ist keine gute Idee. Sie sind extrem verschieden.
Die Eine bringt einen Schüler, der kaum die Sonderschule geschafft hätte, in einen erstaunlich selbständig und erfolgreich lebensfähigen Zustand.
Die Andere beherbergt Jahre lang einen Lehrer, der mit Nazi-Parolen um sich wirft.
Das ist keine Theorie, sondern persönliche Erfahrung.
Mussgarnix
@Wieland Speck Es wäre gut, wenn Sie anderen ihre Erfahrung nicht polemisierend absprechen würden ("missionarisch und hasserfüllt"). Die Kritik ist auch pädagogisch legitim. Kinder vor der Klasse bloß zu stellen, ist nicht in Ordnung. Auch wenn Sie es nicht als schlimm empfunden haben, bleibt es von pädagogischer Seite aus falsch. Die Pädagogik hat sich glücklicherweise weiter entwickelt, zumindest die wissenschaftliche, universitäre.
Patricia Jessen
@Mussgarnix Ich empfinde die Kolumne von der ehemaligen Waldorfschülerin auch als missionarisch. Es gibt bestimmt viele Irre im Umfeld an Waldorfschulen. Und die einzelnen Waldorfschulen sind vermutlich sehr unterschiedlich. Einige Menschen machen dort bestimmt schlechte Erfahrungen. Ich habe grauenvolle Erfahrungen an öffentlichen Schulen gemacht. Ich würde aber deswegen nicht generalisierend behaupten, dass meine Erfahrungen für alle öffentlichen Schulen gelten, geschweige denn Personen davon zu überzeugen versuchen, dass sie doch bitte die Finger von öffentlichen Schulen lassen sollen. Obwohl weder mein Mann noch ich Waldorfschüler*innen waren, besucht unser Sohn eine solche Schule. Mittlerweile seit sieben Jahren. Er ist dort vollkommen glücklich, er hat eine tolle Lehrerin, eine phantastische Klassengemeinschaft. Das Kinder gemobbt und ausgegrenzt werden (was ich an der öffentlichen Schule erlebt habe), das findet da nicht statt. Dementsprechend ist das mit Waldorf nicht schwarz-weiß. Es gilt als Eltern immer gut hinzugucken, was für das Kind passt und an welcher Schule es sich wohlfühlt. Aber irgendeine Schulform in der BRD generell schlecht zu machen finde ich arm.
Stefan Muck
Wegen der so unterschiedlichen Erfahrungen in den Kommentaren, komme ich eher zu dem Schluss, dass es viel mit der Lehrkaft zu tun hat und mit zu wenig Kontrolle der Lehrkraft innerhalb des Schulsystems. So ein*e Klassenlehrer*in hat viel macht und u.U. nicht das nötige Gespür. Mehr Demokratisierung an den Schulen könnte da hilfreichsein. Das Problem ist sicherlich noch grundlegender, als es nur an der Schulform abzuhandeln, obwohl schulformbedingte Strukturen hier natürlich auch eine Rolle spielen.
Mussgarnix
@Stefan Muck Nein, es ist ein Problem des Systems. Das vor der Klasse Sprüche aufsagen, die einen selbst beschämen, entscheidet hier ja nicht die Lehrkraft sondern ist Teil des Programm. Das ist aus pädagogischer Sicht (ich meine die wissenschaftliche, universitäre Pädagogik) lange überholt. Es demütigt Kinder statt sie zu stärken. Lehrkräfte können es abmindern, aber auch verstärken. Dennoch ist es einfach falsch und mutet vorsintflutlich an, Kinder vor der Klasse wöchentlich ein Jahr immer mit demselben Spruch) ihre Schwächen vorzuführen. Nach heutigen pädagogischen Maßstäben nicht tragbar.
Stefanie Eiden Eiden
@Stefan Muck Ja, dann haben die Waldorfschulen aber ein systemisches Problem: In den ersten acht Jahren wechselt der Klassenlehrer normalerweise gar nicht, er gibt als als „richtunggebende Persönlichkeit“ den kompletten Hauptunterricht, entsprechend dem von Steiner für das zweite Lebensjahrsiebt geforderten Prinzip der „Nachfolge und Autorität“.
Und wenn dein Kind mit dieser Autorität nicht klar kommt, wird in den seltesten Fällen die Autorität hinterfragt, denn es habndelt sich um eine Privatschule und diese können sich die Lernenden aussuchen - also verlässt dann das Kind sehr häufig die Schule.
Was ich nur nicht begreife: Waldorfschulen haben eine von Steiner bewusst festgelegte autoritäre Pädagogik und viele Eltern sehen aber nur das handwerkliche/künstlerische, viele Schuljahre ohne Noten, etc. übersehen aber das andere inklusive manch einen skurilen Inhalt. Und was ich auch nicht begreife: Es wird geklagt, dass die Regelschulen nicht reformwillig wären. Wie sehr unterscheidet sich der Waldorfunterricht vor hundert Jahren in seinen Grundzügen von dem heute - wie sehr der Unterricht an einer staatlichen Schule von dem heute?
Arne Babenhauserheide
Dass Sachen an Walldorfschulen verbessert werden müssen ist klar — das müssen sie auch im regulären Schulsystem.
Wenn ich aber allgemeines Verdammen von Walldorfschulen in den Kommentaren hier lese, erinnere ich mich an einen Walldorfschüler, der mit mir zusammen in Physik promoviert hat.
Er war fachlich auf dem gleichen Level wie wir anderen, aber er hatte ein Selbstbewusstsein, mit dem er es geschafft hat, kreativ aus Konventionen von Vortragstechniken auszubrechen und dabei so authentisch und positiv zu sein, dass das selbst auf hochkarätigen Wissenschaftskonferenzen gut ankam.
Das war ein echter Mehrwert.
Bei aller Kritik an Walldorfschulen: das ist etwas, das wir bewahren sollten. Hier sollten reguläre Schulen Ideen von Walldorfschulen übernehmen, die sich in der Praxis erwiesen haben, und Walldorfschulen Konzepte ersetzen, die sich als problematisch erwiesen haben.
⇒ nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.
Herma Huhn
@Arne Babenhauserheide Passiert ja immer wieder.
An Schulen wird immer mehr Selbstständigkeit, Kreativität und eigeninitiative gefördert.
Was allerdings die Waldorfschulen in erster Linie den staatlichen Schulen voraus haben ist Geld.
Was an positiven pädagogischen Konzepten existiert, das kennen die anderen genauso.
Jeff
@Herma Huhn Stimmt. Mit nur etwas mehr Geld wäre im öffentlichen Schulsystem wirklich viel mehr möglich. Viele Waldorfschulen ziehen im Endeffekt Geld aus dem öffentlichen Schulsystem ab - würden die Eltern genauso viel Geld wie Schulgebühren in den Vörderverein einer öff. Schule zahlen, ja, dann hätten wir gut gefüllte Kassen...
Frank Steinwachs
@Jeff Sorry, aber das ist schlichtweg falsch, denn Waldorfschulen erhalten in der Finanzhilfe deutlich weniger Geld als staatliche Schulen, zwischen 50-80%, je nach dem, ob kommunale Sachleistungen einberechnet oder nicht. Die Elternbeitäge machen nur einen marginalen Anteil aus und ein Lehrer für Klasse 9-13 erhält netto etwa 1000 € weniger als seine gymnasialen Kolleg:innen (auch mit 2. Staatsexamen) - und das nicht, weil jemand dran verdient, sondern weil schlichtweg nicht mehr Geld da ist.
Trolliver
Ich habe an der Steiner'schen Waldorfpädagogik viel zu kritisieren, vor allem die nicht hinterfragten, ich sage mal: esoterischen Inhalte sowie die Typisierung der einzelnen Kinder.
Die dargestellte Praxis wiederum kann man so oder so praktizieren und ausleben. Wenn in einer Klassengemeinschaft ein Geist herrscht, offen mit sich und anderen umzugehen (ist aber in den meisten nicht so), kann das wirklich motivierend sein.
Lowandorder
@Trolliver iE stimmens ja doch scheints zu - hm?!
Was willste zu sojet Kopfnoten Terror + Pranger - auch sonst machen! Woll
de.wikipedia.org/wiki/Kopfnote
(🤫 meine einzige positive: “K …fördert durch rege Mitarbeit den Unterricht.“
Beim ollen Reichwald inne Volksschule.
Kunststück - in der Klasse wurde mehrheitlich polnisch russisch & lettisch gesprochen. Dieser anbetungswürdige Pädagoge schaffte es: am Ende der 4. sprachen alle passabel deutsch;)
kurz - dieses klägliche Riterdando der Entsatzversuche der steinerbasierten Waldorf“pädagogik“ - vom bekannten Elitengezücht mal ganz ab - macht mich immer wieder ratlos! Woll
Stoffel
Zu meiner Schulzeit ,an einer normalen Schule, wurden immer die Noten der Klassenarbeiten vorgelesen. War auch nur für die schön, die gute Noten hatten.
Jeff
@Stoffel Jaja, damals. Gibts heut nicht mehr so.
Und es geht um heute. Nicht damals.
DerPapa
Jede Schule lebt von der Qualität ihrer Lehrer. Wenn diese die Neigung haben, ihre Schüler zu drangsalieren, ihnen den Mut zu nehmen, sie zu beschämen, sich klein fühlen zu lassen, ihre Schwierigkeiten mit Medikamenten heilen zu wollen, dann prägt das die Schüler.
Es gibt zu viele Lehrer, die den Fehler in ihrem nicht funktionierenden Unterricht immer nur bei den Schülern suchen anstatt bei sich selbst.
Ichhabe das System selbst durchgemacht, habe selber ein paar Jahre an verschiedenen (Regel-)Schulen unterrichtet, ich war auch Schulbegleiter, ich bin jetzt Vater. Man hat einen Eindruck vom Schulsystem bekommen. Meine Kinder sind an der Waldorfschule glücklich, haben Glück mit den meisten ihrer Lehrer gehabt. Von Ideologie ist bei uns nicht viel zu spüren, das Kollegium ist jung, bei den älteren Lehrern habe ich Vertrauen.
Leute, die nie eine Waldorfschule von innen gesehen haben, sollten sich beim Lesen der Kolumne daran erinnern, das dies eine Stimme ist. Ich selbst könnte über meine Schulzeit an der Regelschule eine eigene Kolumne schreiben, die wäre ebenso vernichtend. Nur beträfe das nicht ca. 50.000 Kinder, sondern Millionen.
Schukin
Ich finde es wirklich sehr ermüdend, wie hier immer wieder persönliche Erfahrungen verallgemeinert und als allgemeingültige Tatsachen dargestellt werden.
Ich bin mein gesamtes Schulleben lang ungern in die Schule gegangen (stinknormale Regelschule/Gymnasium). Meine Kinder sind auf einer kleinen Waldorfschule und haben sich bisher jedes Jahr über ihre Zeugnissprüche gefreut. Sie waren meist auch wirklich schön und haben die Stärken und positiven Eigenschaften der Kinder in den Vordergrund gestellt oder waren einfach nur schöne Gedichte.
Negative Erfahrungen machen Schüler*innen an allen Schulformen.
Mobbing, beschämende und traumatisierende Erfahrungen, ätzende Lehrer*innen, Druck und Angst sind leider Alltag für viele Schüler*innen auch an Regelschulen (mein Mann war jahrelang Schulsozialarbeiter).
Vielleicht sollte man lieber mal darüber schreiben als nur eine Schulform so zu verteufeln.
Lowandorder
@Schukin Ach Gottchen - leevs Lottchen
Volkers 👄 “Ist es auch Wahnsinn -
So hat es doch System! Woll“
Daß es “woanders auch Scheiße war“ (ders.) - steht doch dem hier aufgezeigten in keiner Weise entgegen •
Rubió
Ach, niemand da mit einer Kolumne zu den Traumata durch Montessori, konfessionelle Schulen,Staatsschulen u. a.? Jede mit ihrer eigenen Ideologie. Nicht in jeder Waldorf Schule oder Staatsschulen wird alles gleich gehandhabt. Wieviele Menschen haben traumatische Erfahrungen in der Schulzeit gemacht!?
Die persönlichen Erfahrungen der Autorin wären m. E. in einer therapeutischen Umgebung besser aufgehoben als in der taz.
Peter Panik
@Rubió Also ich find die persönlichen Erfahrungen der Autorin ganz interessant. Ich wusste noch nicht das es solche Rituale gibt. Auch das der Inhalt Bezug auf das zugeschriebene Selbstbild hat ist interessant und bestätigt wieder alles was ich bisher an Erfahrungen mit Waldorfpädagogik oder Leute die ihre Kinder da haben gemacht habe.
Daher bin ich um so froher das wir das ganze schon während der Kindergartenzeit abgebrochen haben.
Tz-B
@Rubió Meine Erfahrungen an einer Bischöflichen Jungenschule waren mindestens genauso traumatisch. Mobbing durch Schüler und Lehrer, keine Förderung, und vermutlich auch Missbrauch.
Das macht die Erfahrungen der Autorin nicht weniger schlimm, aber zeigt m. E. dass wir Schulen brauchen, die sich, ihre Pädagogik und ihr Personal und auch die Schüler reflektieren.
Hubertus Behr
@Rubió Ich habe 3 Schulformen kennen gelernt,
zuerst staatliches Gymnasium, reform-
pädagogisches Internat u. Waldorfschule.
Auf dem Gymnasium wurde nach einem
kalten, völlig unpersönlichem Leistungssystem aussortiert ( zwei 5en u.
man war draussen), auf der Reformschule wurden solche Schwäche nachgesehen, wenn man z.B mathematisches Talent hatte.
Nur die Waldorfschule vermittelte
durch musische und handwerkliche
Inhalte eine persönliches Interesse,
das nicht nur von der kognitiven
Leistungsfähigkeit abhing.
Barrio
@Rubió Warum sind Sie von der Kolumne denn so angefasst? Waldorf-Anhänger?
Hubertus Behr
@Barrio Ich habe lediglich meine persönlichen Schulerfahrungen dargestellt und habe, anders als die unter Pseudonym schreibende Kolumnistin einen differenzierten Blick auf die Waldorfschule.
Niemals
Tja, in den staatlichen Schulen kommt das natürlich gar nicht vor. Es ist sicher sinnvoll, von einer individuellen Erfahrung auf das Ganze zu schließen - wir haben alle drei Erfahrungen gemacht - Lehrer an staatlichen Schulen, die Kinder vor der ganzen Klasse beschämt haben, unmögliche Waldorfsituationen und auch sehr wohltuende (Mein einer Sohn legt bei Bewerbungen immer gerne seine Einschätzungen aus der Waldorfschulzeit vor und verweist damit auf seine erfolgreiche Entwicklung von "Er ließ sich auf doppelte Nähte ein." zum Problemlöser. Kommt im IT-Bereich immer sehr gut an. Und unser Physiker geht heute noch gern zum Chor. )
hkj2314
@Niemals Ich kenne keine staatliche Schule an der man jede Woche so einen Spruch aufsagen soll. Mir erschließt sich auch kein wissensvermittelnder oder pädagogischer Sinn dahinter.
Niemals
@hkj2314 Unsere Erfahrungen an einer staatlichen Schule: Der Zweitklässler wird vor die Klasse gestellt, weil er sich die Hände mit Tinte beschmiert hat. Pädagogisch ungemein wertvoll ist es, den Viertklässler wegen seines Äußeren zu maßregeln und ihm zu erklären, dass Menschen wie er Gemüseläden zu führen haben. Und es ist ein feiner Spaß, wenn einem die Mitschüler die Brille zertreten und regelmäßig die Schultasche auskippen. Da kann man doch mal mit der pädagogischen Fachkraft so richtig ablachen. Aus den pädagogischen Prognosen ist zum Glück nichts geworden. Erfolgreicher Naturwissenschaftler - niemand zertritt ihm mehr die Brille.
Der Leser
Unfassbar, dass irgendjemand diese Schulform als tolle Alternative empfindet...
Christoph
Es verdichtet sich die Erkenntnis, dass die Steinersche Pädagogik einfach nur menschenverachtend und verdummend ist. Ein Skandal dass diese Schulform öffentlich gefördert wird.
Rinfach mal nach "Waldis" bei youtube suchen und hören, was betroffene Schüler berichten
Peter Richter
Mir tut es leid dass die Autorin an einer Steiner-Schule so schlechte Erfahrungen gemacht hat.
Ich selbst bin auf einer Steiner Schule gewesen, auch mit solchen sprüchlis :-)- und meine Erfahrung war: ich hatte die schönste Schulzeit.
Es ist halt so wie es überall und immer ist: manche Schule sind gut manche sind schlecht, für manche Schülerinnen sind die einen schulen gut, die für andere schlecht sind. Es wäre auch merkwürdig m, wenn nicht. Viele grüsse
Halloichbinlisa
@Peter Richter Es gibt ja immer viele positive Berichte zu waldorf. Ist doch gut auch mal was kritisches zu lesen. Nur durch Kritik kamm auch Veränderung zum besseren entstehen
Alex24
Das Problem ist doch eher der erschreckend geringe Lehrplan an einer Waldorfschule.
Ich hatte zu Beginn des Studiums (vor 20 Jahren) eine Freundin die eine derartige Schule durchlaufen hat. Kluges Mädchen, aber was die schlicht nicht wusste, insbesondere in den Bereichen Geschichte, Physik, Biologie, Chemie - ich war schwer erstaunt dass man ikb Deutschland ein Abitur machen kann ohne mit entsprechenden Themen in Berührung zu kommen...
drusus
"Wie können ausgebildete Pädagogen*innen denken,[..,]
Vermutlich weil sie in Waldorf Pädagogik ausgebildet sind?
rero
Krass.
Für mich ist diese Kolumne ja eine Horizonterweiterung.
doda
Ich möchte nur mal kurz einen Dank loswerden an Frau Lea für diese Kolumne. Ich finde es wichtig, die Waldorf- bzw. Steiner-Ideologie zu entlarven und ihre Absurdität und Rückwärtsgewandtheit in all ihren Facetten offenzulegen.
Zeuge14
@doda Pädagogische Prinzipien zu hinterfragen ist immer ein guter Ansatz. Und das öffentlich zu machen auch. Direkt von "Ideologie" zu sprechen polarisiert.
Und bitte keine therapeutischen Empfehlungen an dieser Stelle. Lea schafft das sicher auch ohne;-)
UND: Es geht auch nicht darum, "Waldorf- bzw. Steiner-Ideologie" zu "entlarven. "Absurdität und rückwärtsgewandt"?
Ich war neidisch, nicht wie die Kinder meiner Patchworkfamilie auf eine Waldorfschule gegangen zu sein.
Und die heilenden Impulse der "Steiner-Ideologie" erlebe ich täglich in den Danksagungen unserer Patient*innen bzgl. den Ergebnissen einer anthroposopisch erweiterten Medizin (psychosomatische Fach- und Akutklinik).
...sei hier nur mal so ergänzt an dieser Stelle.
Schönen Tag euch/uns ;-)
doda
@Zeuge14 Da habe ich bei Ihnen wohl einen wunden Pukt getroffen. Gut so. Steiners Ideologie hat im 21. Jahrhundert wahrlich nichts mehr verloren.
Lars Sommer
Waldorflehrer sind die Heilpraktiker unter den Pädagogen. Keine Ahnung, aber davon viel.
Fabio 97 fahrner
Einfach weder wissentschaftschtlich noch pragmatisch hinterfragt, also für mich ziemlich krank und nicht gut für Kinder
Stefan Meiser
Hallo Frau Lea,
ich habe diesen Text meiner 10-jährigen Waldorf-Tochter gegeben.
Sie hat mir geradezu das Gegenteil aus dem Unterricht berichtet.
Die Kinder sind stolz und freuen sich ungemein. Reden darüber miteinander.
Auch meinen 30 und 33 jährigen Waldorfkindern. Sie können überhaupt nicht nachvollziehen, wie Sie zu solchen Weisheiten kommen.
Mobbing auf diese Weise an Mitschülern haben Sie nicht erlebt.
Sie treffen sich jährlich, oft im Ausland, sind im Austausch.
Es hat manchmal etwas vom Club der toten Dichter, wenn Sie von Ihrem
Klassenlehrer sprechen ...
Schade, dass Sie so schlechte Erfahrungen gemacht haben.
LG Stefan
independent
Frau Lea arbeitet sich in üblicherweise Weise an der Waldorfschule ab. Wenn alles so schrecklich dort war -meine Kinder und wir Eltern können das für "unsere" Waldorfschule nicht bestätigen - im Gegenteil. Endlich vorbehaltlos akzeptiert - ohne Markenklamotten- und Gruppenzwänge.
Wenn das alles so fürchterlich war, frage ich mich wieso Frau Leas Eltern ihre Tochter und ihre Not nicht wahrgenommen haben. Das wäre sicher eine schmerzliche, aber vielleicht lohnende Auseinandersetzung.
Jörg Schubert
@independent Eine mögliche Erklärung: Die Betroffene erkennt ihre Not selbst nicht. Erst viele Jahre später fällt ihr etwas auf.
Ich selbst habe nie richtig schreiben gelernt. Das lag daran, dass man in meiner Dorfschule noch der Meinung war, es müsse unbedingt mit der rechten Hand geschrieben werden. Wie hätte ich selbst erkennen können, dass ich das nicht lernen kann?
Patricia Jessen
@independent Genau das habe ich mich auch schon gefragt - wo sind die Eltern gewesen, wenn es ihrer Tochter so mies ging?