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Vorstoß zur Eizellspenden-LegalisierungDie Doppelmoral der FDP

Dinah Riese
Kommentar von Dinah Riese

Frauen sollten selbst über ihren Körper entscheiden können, meint die FDP. Wäre die Partei bei allen Themen so progressiv, könnte man sie glatt liberal nennen.

Dass Eizellspende in Deutschland verboten ist, ist schon fast ein Alleinstellungsmerkmal in Europa Foto: SuperStock/imago

E ndlich kommt mal eine progressive Wortmeldung seitens der FDP: Frauen könnten „sehr gut“ selbst entscheiden. Es sei „unerträglich“, dass „veraltete Argumente bis heute eine Gesetzeslage begründen“.

Wer allerdings gehofft hat, dass nun endlich auch die FDP die mehr als 150 Jahre alte Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen beerdigen will, irrt. Stattdessen wollen die Liberalen die Eizellspende legalisieren. Auch hier ist die Rechtslage hoffnungslos veraltet. Und doch zeugt der FDP-Vorstoß vor allem von der Doppelmoral der Partei, wenn es um die Rechte von Frauen geht.

Eizellspenden sind in Deutschland verboten. Das ist schon fast ein Alleinstellungsmerkmal in Europa. Vielen Frauen, die nicht mit ihren eigenen Eizellen schwanger werden können – weil sie zu alt sind, wegen Krankheit, aus welchem Grund auch immer –, bleibt somit nur der Weg ins Ausland. Die Grundlage für das Verbot ist das mit mehr als 30 Jahren längst aus der Zeit gefallene Embryonenschutzgesetz. Medizin wie auch Gesellschaft haben sich seither gewandelt.

So ist ein Grund für das Verbot die Sorge vor einer „gespaltenen Mutterschaft“: Dem Kind könne es physisch wie psychisch schaden, wenn genetische und soziale Mutter nicht die gleiche Person seien. Studien haben das längst widerlegt. Für Mütter, die für eine Eizellspende ins Ausland gereist sind, wie auch für jede queere Familie mit zwei Müttern ist es entwürdigend, dass solche überkommenen Ideen noch immer deutsche Gesetze begründen.

Nun wirbt die FDP unter den anderen Fraktionen um Zustimmung. Dabei bezieht sie sich auf die Regierungskommission zur reproduktiven Selbstbestimmung. Diese hatte in ihrem Bericht im April festgestellt, die Argumente für das Verbot der Eizellspende seien „überholt und nicht mehr überzeugend“, eine Legalisierung unter bestimmten Bedingungen denkbar.

Die selbe Kommission hat allerdings auch festgestellt: Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen ist „nicht haltbar“. Die Fraktionen von SPD und Grünen wollen eine Neuregelung noch in dieser Legislaturperiode. Auch sie suchten bereits das interfraktionelle Gespräch. Auflaufen lassen hat sie bisher: die FDP. Als FDP-Fraktion lehne man es ab, „den etablierten Kompromiss wieder aufzukündigen“, hieß es im Juni.

Frauen das Austragen einer Schwangerschaft auch gegen ihren Willen als Pflicht aufzuerlegen, ist eine durchaus irritierende Position für eine Partei, sie sich selbst als liberal bezeichnet. Dass die Partei sich gerade bei der Eizellspende anders positioniert, überrascht indes nicht: Die Fortpflanzungsmedizin boomt. Womöglich geht es der FDP weniger um die Selbstbestimmung von Frauen als um einen Markt, auf dem noch viel zu holen ist.

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Dinah Riese
Ressortleiterin Inland
leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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14 Kommentare

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  • Das haben Sie auf den Punkt gebracht

  • Der Punkt ist, dass es bei der Eizellspende ja um eine potenzielle Familiengruendung geht, sprich, es ist meistens auch ein Mann involviert. Sobald es um das Interesse von Männern geht, wird ein Thema ernst genommen. Abtreibung hingegen ist ein Thema, dass hauptsächlich für Frauen relevant ist - und wenn es aus der Schmuddelecke des Strafgesetzbuches entfernt wird - zur Stärkung der Rechte von Frauen beitraegt. Das Patriarchat ist daran leider nicht interessiert.

  • Baby steps! Jeder Schritt vorwärts ist gut, im Gegensatz zu dem Culture War „Alles oder nichts“.

  • "Die Fortpflanzungsmedizin boomt."



    In der Praxis bisweilen beeindruckend bescheiden bei PID u.ä., die Initiative ist praktisch wohl eher "Makulatur" und Imagepflege als liberaler Beitrag zur Aufmerksamkeit im Sommerloch.

  • Halte ich nur für Imagepflege, wie jede Werbung eine Lüge mit verkauft.



    In dieser Legislaturperiode hat sich diese Partei für mich endgültig von der Integrität in demokratische Prinzipien und Werten verabschiedet.



    Für mich ein Parasit der den Wirt killt.

  • "Womöglich geht es der FDP weniger um die Selbstbestimmung von Frauen als um einen Markt, auf dem noch viel zu holen ist."

    Diese Spekulation ist nicht bis zum Ende durchdacht. Auch die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen würde einen Markt öffnen, auf dem noch viel zu holen ist. Wenn der Autor also recht hätte mit seiner Spekulation, müsste die FDP auch für die Freigabe von Schwangerschaftsabbrüchen sein. Ist sie aber nicht.

    Womöglich zählen für die FDP also auch noch andere Werte als Liberalität und Marktöffnung - der Schutz ungeborenen Lebens etwa. Das wäre sehr respektabel.

    • @Sholli:

      Ein "Markt" also, irgendwie mit "nimm 3 und zahle 2"?



      Unfassbar.



      Klar, ein Mann, der ja niemals schwanger werden kann, wird sich die konkrete Situation niemals vorstellen können.



      Wenn er es wenigstens hinbekommt, das zu erkennen, sollte er demütig schweigen.....

  • Doppelmoral ist ja derzeit einer der beliebtesten Vorwürfe überhaupt.

    Es gibt wenige Vorwürfe, die es leichter machen, das Gegenüber moralisch zu diskreditieren und sein Position als diskursunwürdig zu brandmarken.

    Im Abtreibungsrecht gibt es nun mal die Grundrechte der schwangeren Frauen, die mit den Grundrechten des ungeborenen Babys kollidieren.

    Bei der Eizellspende gibt es kein Problem, so lange die Kinder kein Problem haben.

    Keine Kollision auf weiter Flur.

    Die verschiedenen Umstände geben es schon her, dass man bei der moralischen Bewertung zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann.

    (Oh Gott, dass ich mal die Lindner-FDP verteidige, hätte ich auch nicht gedacht. )

  • "Die Doppelmoral der FDP"



    Wird man jemals eine solche Überschrift zu einer anderen Partei, den Grünen lesen können?

    Dort wäre es wesentlich angemessener, da diese Politiker immer wieder so sehr auf moralischen Begründungen aufbauen, um diese selbst nicht zu halten. allerbestes Beispiel: Umweltschutz

  • FDP? Doppelmoral? Die haben nicht mal eine.

  • "Womöglich geht es der FDP weniger um die Selbstbestimmung von Frauen als um einen Markt, auf dem noch viel zu holen ist."



    sehr wahrscheinlich ein willkommener Nebeneffekt für die eigene Klientel

  • Frauen wird keine Pflicht zur Austragung von Schwangerschaften auferlegt. In Übereinstimmung mit einem Urteil des BVerfG haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Es gibt keinen Grund, sehenden Auges gegen ein höchtsrichterliches Urteil zu verstoßen.

    Anders dagegen bei der Eizellspenden-Legalisierung. Insoweit gibt es keine bindende Rechtsprechung und auch keine widerstreitenden Rechte von Mutter und ungeborenen Kind.

  • Gibt es eine doppelmoralfreie Partei? DIE Partei vielleicht? Wenn, dann hat DIE bestimmt eine Dreifachmoral ;-)

    • @Uwe Kulick:

      Die korrekte Schreibweise ist "Die PARTEI". Gerne auch "Die Partei Die PARTEI". Danke.