Rechtsextreme an Schule in Brandenburg: CDU-Politiker bringt AfD zur Schule

Gegen den Willen der Schulleitung tritt die AfD in Bad Freienwalde mit Rechtsextremisten an einer Schule auf. Möglich macht das der CDU-Bürgermeister.

Ein kaputtes AfD Wahlplakat in einem Gebüsch

Nicht alle in Brandenburg sind mit dem AfD-Wahlkampf einverstanden Foto: Sascha Steinach/picture alliance

BERLIN taz | Eigentlich sollte die Erna-und-Kurt-Kretschmann-Oberschule im brandenburgischen Bad Freienwalde ein Ort der Toleranz sein. So legt es die Hausordnung fest: Ein „respektvoller und freundlicher Umgangston“ auf dem Schulgelände seien selbstverständlich, ebenso wie das „Verbot verfassungsfeindlicher Symbole und Musik“. Doch für diesen Donnerstagabend steht das infrage.

Die Brandenburger AfD-Fraktion hat in die Oberschule zu einer Wahlkampfveranstaltung eingeladen, zu einem sogenannten „Bürgerdialog“. Durchgesetzt hat das der CDU-Bürgermeister – gegen den Willen der Schulleitung.

Bei der Abendveranstaltung an der Schule mit dabei: der brandenburgische AfD-Abgeordnete Lars Günther, den das Landesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremisten bezeichnet. Seit 2015 ist er beim Compact Magazin angestellt, wo er als persönliche Assistenz der Geschäftsführung und Redaktionsassistenz arbeitet. Das Compact Magazin wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz seit 2021 als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Auf einer Ankündigung zu der Veranstaltung am Donnerstag wirbt die AfD-Fraktion groß mit Günthers Foto und Namen.

Dass an Schulen Podiumsdiskussionen mit Po­li­ti­ke­r:in­nen verschiedener Parteien stattfinden, gehört zum Alltag politischer Bildung. Dass allerdings Schulräume für Veranstaltungen einzelner Parteien vermietet werden – und dann auch noch an ausgewiesene Rechtsextremisten?

Sabrina Werner, die Schulleiterin der Erna-und-Kurt-Kretschmann-Oberschule, hatte versucht, sich gegen die rechtsextreme Veranstaltung an ihrer Schule zu wehren. Am vergangenen Donnerstag hatte sie deswegen einen Termin beim Bürgermeister. „Leider erfolglos“, sagt Werner der taz und verweist nun an die Stadtverwaltung als Trägerin der Schule. Verantwortlich für die Räume sei letztlich der Bürgermeister.

CDU-Bürgermeister steht hinter AfD-Veranstaltung

Bürgermeister ist in Bad Freienwalde seit vielen Jahren Ralf Lehmann (CDU). Und er steht hinter der Entscheidung: Mit Verweis auf den „Siegeszug der AfD“ bei den Europa- und Kommunalwahlen erklärt er der taz, dass ein Ausschluss der Partei von der Nutzung der Räume „an den politischen Realitäten vorbeigehe“. Würde man der AfD den Raum nicht vermieten, fürchtet er rechtliche Schritte und eine Niederlage vor Gericht. „Ich bin der Meinung: Alle oder keine Partei soll den Raum nutzen dürfen. So viel Demokratie müssen wir aushalten“, sagt Lehmann.

Gegen die aktuelle AfD-Veranstaltung formiert sich derweil Protest. Das Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ hätte sie am liebsten ganz verhindert, mobilisiert aber jetzt am Donnerstagabend ab 18.30 Uhr zu einer Kundgebung an der Schule. Auch Schü­le­r:in­nen wollen sich nach Auskunft des Bündnisses beteiligen. Als Ak­ti­vis­t:in­nen des Bündnisses am Dienstag Protestflyer verteilten, wurden sie allerdings auch von einigen Schü­le­r:in­nen angepöbelt.

In Bad Freienwalde gebe es viel zu wenig Freizeitmöglichkeiten für junge Menschen, kritisiert Bündnis-Sprecherin Esther Gillo. Der „Schülerclub“, ein großer Veranstaltungsraum auf dem Schulgelände, in dem auch die AfD-Veranstaltung stattfinden soll, stehe durch die vielen externen Nutzungen der Schule und den Schü­le­r:in­nen ohnehin häufig tagelang nicht zur Verfügung. Die Vermietung an den Rechtsextremisten Lars Günther und die AfD diene nicht dem Wohl der Schüler und nicht dem Auftrag der Schule, die Demokratie zu stärken. „Diese Vermietung im schulischen Umfeld ist ein Skandal, sie sabotiert eine zeitgemäße Demokratiebildung“, sagt Gillo.

Aktionsbündnis warnt vor Hass und Hetze an Schulen

Auch das landesweite Aktionsbündnis Brandenburg, dem 87 Organisationen von der Arbeiterwohlfahrt bis zu Unternehmensverbänden angehören, unterstützt die Forderungen des Bündnisses „Bad Freienwalde ist bunt“. Der landesweite Zusammenschluss warnt vor einer Normalisierung des Rechtsextremismus: „Das gilt insbesondere an so sensiblen Orten wie Schulen. Aber auch städtische Räume dürfen kein Ort für die Verbreitung von Hass und Hetze sein“, sagt Maica Vierkant, die Geschäftsführerin des Aktionsbündnisses.

Der AfD-Mann Lars Günther organisiere seit Jahren antidemokratische Proteste und bediene sich der dazugehörigen menschenverachtenden und hetzerischen Sprache, erklärt Vierkant. Günther sei zudem ein treuer Weggefährte des ehemaligen AfD-Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz, der wegen Mitgliedschaft in einer Neonazi-Organisation aus der Partei geflogen war.

Eine Folge aus der Diskussion soll es nun doch noch geben: In der Stadtverordnetenversammlung von Bad Freienwalde soll laut Bürgermeister Lehmann im September darüber abgestimmt werden, ob im „Schülerclub“ weiterhin Parteiveranstaltungen stattfinden dürfen.

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