piwik no script img

Eurovision Song Contest Malmö 2024Joost Klein ausgeschlossen

Ein Mitglied des Produktionsteams hatte ihn nach einem Zwischenfall am Donnerstag angezeigt. In seiner Heimat Niederlande ist das Entsetzen über den Rauswurf groß.

Joost Klein bei einer Pressekonferenz in Malmö: Noch ist nicht bekannt, was tatsächlich vorgefallen war Foto: Jessica Gow/dpa

Malmö/hilversum dpa | Der niederländische Kandidat für den Eurovision Song Contest (ESC), Joost Klein, ist offiziell vom Wettbewerb ausgeschlossen worden. Das teilte die Europäische Rundfunkunion (EBU) am Samstagmittag mit. Grund dafür seien Polizeiermittlungen im Kontext eines Zwischenfalls nach dem Halbfinal-Auftritt Kleins am Donnerstagabend.

„Die schwedische Polizei hat die Anzeige eines weiblichen Mitglieds des Produktionsteams nach einem Zwischenfall nach seinem Auftritt im Halbfinale am Donnerstagabend untersucht. Während der Ermittlungen wäre es für ihn nicht angebracht, weiter am Wettbewerb teilzunehmen“, schrieb die EBU. Das große Finale des 68. Eurovision Song Contest werde nun mit 25 teilnehmenden Liedern fortgesetzt.

„Wir möchten klarstellen, dass im Gegensatz zu einigen Medienberichten und Spekulationen in den sozialen Medien in diesen Vorfall keine anderen Künstler oder Delegationsmitglieder verwickelt waren“, hieß es von der EBU. Sie verfolge eine Null-Toleranz-Politik gegenüber unangemessenem Verhalten bei Veranstaltung und sei bestrebt, allen Mitarbeitern des Wettbewerbs ein sicheres Arbeitsumfeld zu bieten. „Vor diesem Hintergrund wird das Verhalten von Joost Klein gegenüber einem Teammitglied als Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln gewertet.“

Am Freitag nahm der Musiker bereits nicht an den zwei Durchlaufproben für das große Finale teil. Grund dafür waren laut einer EBU-Mitteilung vom Freitag Untersuchungen eines Falls, die den niederländischen Künstler betreffen. Worum es sich dabei handelte, wurde zunächst nicht bekannt gemacht.

Bei der ersten Probe war Klein zwar bei der ersten Durchlaufprobe des Finales erschienen und bei der Flaggenparade noch anwesend gewesen, seinen Song „Europapa“ probte er jedoch nicht. Die EBU beschloss wenig später, den Sänger auch während der zweiten Generalprobe des Wettbewerbs nicht auftreten zu lassen. Bei dieser stimmen regelgemäß die Jurys aller Teilnehmerländer ab.

Niederländischer Rundfunk: „sehr drastische Entscheidung“

Die Niederlande haben enttäuscht und empört auf den Ausschluss ihres Kandidaten Joost Klein vom Eurovision Song Contest (ESC) reagiert. Der niederländische öffentlich-rechtliche Rundfunk (NPO) bedauerte die Disqualifizierung am Samstag. „Die NPO hält dies für eine sehr drastische Entscheidung.“ Für die Millionen von Song-Contest-Fans in den Niederlanden und in anderen Ländern Europas sei dies eine Enttäuschung. Man werde den Verlauf der Ereignisse nach dem Wettbewerb mit allen Beteiligten eingehend bewerten.

Der teilnehmende niederländische Fernsehsender Avrotros nannte die Disqualifizierung „unverhältnismäßig“. Der Sender sei „schockiert über die Entscheidung“. Avrotros wollte sich später auch inhaltlich zu dem Ausschluss äußern. Der niederländische TV-Kommentator Cornald Maas erklärte, dass der Vorfall mit Joost überhaupt nichts mit Israel oder der israelischen Delegation zu tun habe. „Der Vorfall ist kaum der Rede wert.“ Für Joost Klein und sein Team sei der Ausschluss „die Hölle“.

In den sozialen Netzwerken in den Niederlanden stieß der Ausschluss auf ein geteiltes Echo, viele Menschen wollten vor allem erfahren, was denn wirklich vorgefallen ist. Das niederländische Fernsehen solle während des Wettbewerbs halt auf schwarz schalten oder den Beitrag von Joost Klein in einer Dauerschleife senden, meinte ein Nutzer. Eine Frau zu belästigen, könne keine Lappalie sein, empörte sich eine Nutzerin unterdessen, insbesondere wenn deshalb die Polizei anrücke. „Anstatt zu urteilen und zu verurteilen, sollten wir Joost Klein jetzt in den Arm nehmen. Wie schwer muss es ihm jetzt fallen. Ich weine um ihn“, schrieb unterdessen Userin Jozien.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

21 Kommentare

 / 
  • Warten wir bis zu endgültigen Urteilen die Klärung der Sachlage ab.



    Während eine echte Belästigung gar nicht gut wäre, muss man auch sagen, dass Joost so unkorrigierbar ausgeschlossen wurde. Neutraler wäre sehr klar die Teilnahme gewesen. Und in dubio pro reo.

    Ob es doch auch an befürchteten Stellungnahmen lag?

    Doch siehe bei allem den ersten Satz.

  • Was jetzt offiziell bekannt gegeben wurde rechtfertigt aus meiner Sicht keineswegs einen kurzfristigen Ausschluss, weshalb ich die Enttäuschung Joosts und die Wut vieler (keineswegs nur) Niederländer*innen auf die Entscheidungsträger*innen bei der EBU sehr gut nachvollziehen kann.



    Leider lässt sich nichts wiedergutmachen, denn eine Annulierung und Wiederholung des ESC 2024 wäre ebenfalls unverhältnismäßig für die anderen Teilnehmer*innen.



    So bleibt mir nur ein: Kopf hoch Joost!

  • Genaueres wissen wir noch nicht, doch sollte Joost einfach deutlich gemacht haben, dass er seine Ruhe vor der Kamera haben wollte, so wäre diese ESC-Reaktion völlig übertrieben, die Maßregelung müsste gegen die aufdringliche Kameraregie erfolgen.



    Doch alles bewusst im Konjunktiv.

    Und Pop & Schlager & Glamour & Lifestyle sind nicht das Wichtige im Leben. Das geht so oder so weiter.

    • @Janix:

      Bleibt festzuhalten, das dies genau die Art von Boulevard ist, bei dem die taz ungedingt detailliert dranbleiben muss!

  • So kann man unliebsame Konkurrenz natürlich auch loswerden: man zeigt sie einfach an wegen nichts und wieder nichts, wie inzwischen bekannt wurde (Joost hat sich mit einer Drohgebärde dagegen gewehrt in einer Pause ohne Erlaubnis gefilmt zu werden ohne aber dabei irgendjemanden berührt zu haben).

    Da das zudringliche Kamerateam und die Anzeige meines Wissens Schweden waren, sollten das schwedische Team aus reiner Fairness nun auch disqualifiziert werden, so finde ich.

    • @Werner2:

      Tu doch bitte nicht so als wüsstest du worum es eigentlich geht.

    • @Werner2:

      Echt peinlich, wenn Leute aufgrund von unbelegten Gerüchten glauben, schon alles zu wissen - und dann auch noch dumme Verschwörungstheorien verbreiten.

      • @tazzy:

        Echt jetzt?

        Wie es Uns Uwe in einem anderen Artikel der taz so wunderbar auf den Punkt brachte



        taz.de/ESC-Liveticker-2024/!6009688/

        "



        Zu Joost Klein schreibt die Münchener zeitung tz:

        "Entgegen klarer Absprachen wurde Joost gefilmt, als er gerade von der Bühne kam und in den Green Room eilen musste“, schreibt der Sender in einem Statement, aus dem unter anderem De Telegraaf zitiert. „Zu diesem Zeitpunkt hat Joost wiederholt darauf hingewiesen, dass er nicht gefilmt werden möchte. Dies wurde nicht beachtet. Dies führte dazu, dass Joost eine bedrohliche Bewegung in Richtung der Kamera machte. Dabei hat Joost die Kamerafrau nicht berührt“, heißt es weiter. Der Vorfall wurde allerdings zur Anzeige gebracht ..."

        www.tz.de/tv/joost...t-zr-93062866.html"

        Just darauf habe ich mich bezogen, ohne allerdings zu zitieren.

        Also wer ist hier echt peinlich, liebe TAZZY und wer bringt hier "dummer" Argumente, wie Du schreibst?

        Noch peinlicher, sofort mit dem Totschlagargument VTs zu kommen.



        Uninformiert und unverschämt in einem Atemzug, das findet sich leider sehr häufig heutzutage. Wie wäre es mal, wieder einmal einen Blick in die Netikette der taz zu werfen?

  • Es war vermutlich bekannt geworden, dass Joost Klein bei seinem Auftritt ein "Statement" gegen Israel veranstalten wollte. Auf Grund seines Auftretens während der Pressekonferenz musste die EBU zumindest die Möglichkeit in Betracht ziehen. Ein solches Statement wäre ein in der Geschichte des ESC einmaliger politischer Skandal gewesen, der den Kontest unwiderruflich beschädigt hätte.



    Dem wollte die EBU eventuell vorgreifen. Die angedeutete Handgreiflichkeit liefert dann dazu die Begründung.

    • @justus*:

      "Es war vermutlich bekannt geworden, ..."

      So fangen immer die schönsten Geschichten an. 🤪

      Vermutlich waren es aber eher Außerirdische, die den ESC unterwandert und ihn entführt haben.

    • @justus*:

      Sie haben fast recht: Er wollte sich ohne Wenn und Aber hinter das Vorgehen Israels stellen. Das Verhalten zuvor war eine geschickte Täuschung um keinen Verdacht zu wecken - man ist ihm dennoch auf die Schliche gekommen und hat ihn rechtzeitig mundtot gemacht.

      Jetzt mal im Ernst, bei sowas bitte Quellen mitliefern oder das bitte als Fanfiction/Verschwörungstheorie kennzeichnen

    • @justus*:

      Es gab doch schon vorher Statements, etwa gegen Putins Russland, hörte ich (ich höre/sehe dabei keinen Grand Prix mehr).



      Lifestyle-Statements gibt es nonstop in alle Richtungen.

  • So ein langer Artikel aber kein einziges Wort was denn nun genau vorgefallen ist. Hat er einen dummen Spruch gemacht? Ist er handgreiflich geworden? ...? Das wäre doch eine nicht ganz unwichtige Information um die Situation einschätzen zu können.

    • @Andrea Seifert:

      na, es steht doch da - man weiß es nicht.

  • Wenn er ausgeschlossen wurde, kann es sich eigentlich nicht nur um einen Verdacht handeln oder Aussage gegen Aussage stehen. Das wird sicherlich ein eindeutiger Vorfall gewesen sein. Alles andere wäre Vorverurteilung.

  • und was ist der Grund? was ist vorgefallen?

    • @nutzer:

      Ist doch egal. Gründe sind total überbewertet. Es muss keinen Grund geben. Die Mistgabeln stehen jedenfalls schon bereit.

    • @nutzer:

      Es ist für uns nur wichtig zu wissen, dass er böse war.

      • @Ernst Jandl:

        Wie ist ihre Einschätzung ? Wie böse war erdenn ? Auf einer Skala von 1-10. Weniger böse, etwas böse, etwas mehr böse, durchschnittsböse, etwas über dem Durchschnitt böse, richtig böse, krass böse, übelst scheiß die Wand an böse, Stalin böse oder Hitler böse ? Bitte stimmen sie mit den Füßen ab.

        • @Jungle Warrior:

          Keine Ahnung, bin kein Hellseher.