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Deutsche Iran-PolitikZeitenwende gegenüber Teheran

Nach dem Angriff auf Israel muss sich die deutsche Außenpolitik gegenüber Iran ändern. Welche Optionen gibt es?

Annalena Baerbock diese Woche in Italien beim Treffen der G7-Außenminister:innen, bei dem es auch um härtere Iran-Sanktionen ging Foto: Britta Pedersen/dpa

Im Sommer 2015 kann es dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) gar nicht schnell genug gehen. Am 14. Juli 2015, als die fünf UN-Vetomächte und Deutschland sich mit dem Iran auf ein Atomabkommen einigen, wirbt Lies für eine Reise nach Teheran. Von einer „70-köpfigen Wirtschaftsdelegation“ ist in einer Ankündigung die Rede, und von der „Chance für die Wiederbelebung der historisch guten deutschen Wirtschaftsbeziehungen“.

Weil damals mit dem Atomabkommen das umfassende UN-Embargo fällt, wittern deutsche Unternehmen und Po­li­ti­ke­r*in­nen das große Geschäft. „Selbstverständlich“, so heißt es in Lies’ Ankündigung, „wird es bei diesem Besuch auch um den Umgang mit Menschenrechten gehen.“

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Ein bisschen Menschenrechte und ganz viel Handel – jahrzehntelang war die deutsche Außenpolitik von diesem Geist beseelt, unter dem Motto „Wandel durch Annäherung“ oder eben „Wandel durch Handel“. Ein Konzept aus dem Hause SPD. Gegenüber Russland war es Praxis, aber auch gegenüber dem Iran.

Niedersachsens Wirtschaftsdelegation steht dafür als Beispiel, Frank-Walter Steinmeier (SPD) trieb es als Außenminister voran. Als Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) 2015 als einer der Ersten nach Teheran reiste, entgegnete er Kritiker*innen, er sei dem Motto „Kontakte statt Konflikte“ gefolgt.

Naiv gegenüber der Bedrohung?

All das ist neun Jahre her. Es war vor Trumps Ausstieg aus dem Atomdeal, vor der feministischen Revolte im Iran, vor der russischen Invasion der Ukraine, vor dem 7. Oktober 2023 und dem Gazakrieg. Und vor dem iranischen Angriff auf Israel mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen am 14. April diesen Jahres, der auf eine Bombardierung eines Konsulargebäudes in Damaskus folgte, bei der mutmaßlich Israel auch zwei hochrangige iranische Generäle der Al-Kuds-Brigaden der Revolutionsgarden getötet hat.

Am Freitag wiederum kam es zum mutmaßlichen Gegenschlag Israels. Der iranische Angriff am Wochenende zuvor jedenfalls war der erste direkt auf israelisches Staatsgebiet, bei dem das Mullah-Regime nicht stellvertretend die Terrororganisationen Hisbollah oder Hamas benutzte. Eine Zäsur. Bedeutet das eine Zeitenwende gegenüber dem iranischen Regime, ein Umdenken, wie es schon gegenüber Russland stattgefunden hat?

Hört man sich unter Exil-Iraner*innen und Regime-Kritiker*innen um, so glauben viele nicht daran. Eine „Strategielosigkeit“ gegenüber der Islamischen Republik kritisiert etwa die Aktivistin und taz-Autorin Daniela Sepehri. Man sei naiv gegenüber der Bedrohung gewesen, nicht konsequent und setze weiterhin auf eine „Appeasement“-Politik. Deutschland bleibe für den Iran der wichtigste Handelspartner innerhalb der EU.

Gleichwohl erkennt Sepehri Fortschritte an, etwa die Fact Finding Mission der UN. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte sich im November 2022, zwei Monate nach Beginn der feministischen Revolte im Iran, beim UN-Menschenrechtsrat für eine unabhängige Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen im Iran eingesetzt. Im März 2024 stellten die Ex­per­t*in­nen in einem Bericht fest, dass es bei der gewalttätigen Unterdrückung der Proteste zu Tötungen gekommen sei, zu Folter und Vergewaltigungen – zu „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Die UN-Mission wurde Anfang April für ein weiteres Jahr verlängert.

Thema: Revolutionsgarden auf EU-Terrorliste

Mehrfach folgten seit September 2022 neue EU-Sanktionspakete gegen iranische Unternehmen und Regimevertreter, Baerbock äußerte offen Kritik und wurde aus Teheran dafür angefeindet.

Am Donnerstag erklärte sie am Rande eines G7-Außenministertreffens: „Der Iran muss isoliert sein. Und zugleich darf es zu keiner weiteren Eskalation kommen.“ Beim Treffen wurde über weitere Sanktionen verhandelt, auch die EU kündigte neue Maßnahmen an, in Bezug auf Drohnen- und Raketen-Produktion. Ebenso war die Aufnahme der Revolutionsgarde auf die Terrorliste der EU erneut Thema.

Die Revolutionsgarden, die nach der Islamischen Revolution 1979 als Gegengewicht zur regulären Armee gegründet wurden, sind stark in die iranische Wirtschaft verstrickt. Ihre Spezialkräfte, die Al-Kuds-Brigaden, orchestrieren das weltweite Terrornetzwerk des Iran.

Anfang 2023 hatte Baerbock beteuert, sie auf die EU-Terrorliste setzen zu wollen. Passiert ist das bislang nicht. Dafür erntet die deutsche Außenministerin regelmäßig Kritik. Monatelang hatte ihr Ministerium unter anderem auf ein vertrauliches Rechtsgutachten des Juristischen Dienstes des Europäischen Rats verwiesen, wonach dafür die Rechtsgrundlage fehle.

Recherchen der taz zeigten, dass dies aus dem Gutachten selbst so nicht hervorgeht. Immer wieder hieß es: Die Terrorlistung müsse rechtssicher sein und dass sie nicht über Sanktionen hinausgehe, die im Bezug auf Massenvernichtungswaffen für die Revolutionsgarden bestehen. Der politische Preis für eine Durchsetzung in der EU sei hoch, es drohe Vergeltung durch den Iran und ein Abbruch jeglicher Gesprächskanäle. „Kontakte statt Konflikte“ also?

Rote Linien gegenüber dem Regime

Am Mittwoch sagte Baerbock im Interview mit den „Tagesthemen“, man habe die EU erneut gebeten, die Terrorlistung zu prüfen. Sie verwies auf ein jüngstes Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf gegen einen Deutsch-Iraner wegen eines geplanten Anschlags auf eine Synagoge. Die Richter hatten festgestellt, dass die Anschlagsplanung auf „eine staatliche iranische Stelle“ zurückgeht. Unter anderem die taz hatte berichtet, dass die Er­mitt­le­r*in­nen die Revolutionsgarden dahinter vermuten. In der Urteilsbegründung wurden diese aber nicht explizit benannt – unwahrscheinlich also, dass dies für eine Listung herangezogen werden kann.

Ulrike Becker, Historikerin und Forschungsleiterin beim Mideast Freedom Forum Berlin, kritisiert, dass Deutschland dem Iran nicht längst konsequenter gegenübertritt. Nicht nur die Revolutionsgarden bedrohten Jüdinnen und Juden sowie iranische Oppositionelle auch in Deutschland. Sie verweist zudem auf das Islamische Zentrum in Hamburg. Im November 2022 hatte der Bundestag beschlossen, dessen Schließung zu prüfen. Es gilt als ideologischer Brückenkopf des Regimes in Europa, teils mit Nähe zur Hisbollah. Das Bundesinnenministerium ermittelt, im November gab es Durchsuchungen. Geschlossen ist das Zentrum bis heute nicht.

„Es braucht klare rote Linien gegenüber dem Regime“, sagt Becker. Der Handlungsspielraum müsse auf allen Ebenen eingedämmt werden – innenpolitisch, außenpolitisch, mit Sanktionen und Diplomatie. Deutschland habe sich jahrelang gegen harte Sanktionen gesperrt.

Wandel durch Handel? „Das ist ein Hohn“, sagt sie. Bei der Menschenrechtslage in Iran habe sich nichts verbessert. Das müsse sich nun endlich ändern, durch eine harte Gangart, denn obwohl es das Ziel der Bundesregierung sei, eine Eskalation und einen großen Krieg zu verhindern, führe der aktuelle Kurs genau darauf zu. Er ermutige das Regime, Israel anzugreifen.

Ausweitung von Sanktionen

Die Diplomatie sei aber nicht am Ende, das hätten die Jahre ab 2012 gezeigt: Harte Iran-Sanktionen, die vor allem von US-Präsident Obama vorangetrieben wurden, hätten Iran an den Verhandlungstisch gebracht, was letztlich zum Atomdeal führte. Das Ziel der Zusammenarbeit mit dem Regime sieht Becker jedoch als Fehler. „Es ist jetzt wichtig, dass die Bundesregierung sich ganz klar auf die Seite der Menschen im Iran stellt und einen Regimewechsel politisch offen unterstützt“, fordert Becker.

Eine härtere Gangart halten jedoch nicht alle im politischen Berlin für den richtigen Weg. Azadeh Zamirirad, Wissenschaftlerin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, erklärte gegenüber dem Spiegel, dass Sanktionen den Iran aus ihrer Sicht nicht von weiteren Angriffen auf Israel abhalten würden.

Statt nur zu schauen, wie man den Staat schwächt, solle man die iranische Zivilgesellschaft stärken. Zamirirad findet, dass die Bundesregierung über diplomatische Kanäle für Deeskalation sorgen und mit anderen EU-Partnern über China und die arabischen Golfstaaten auf Iran einwirken soll.

Auch Bauke Baumann, Nahost-Referent bei der Heinrich-Böll-Stiftung, zögert hinsichtlich einer massiven Sanktionsausweitung. Die Gefahr bestehe, dass sich die Bevölkerung wieder stärker hinter dem Regime versammeln könne. „Die deutsche Außenpolitik sollte nicht den Fehler machen und ausschließlich auf maximalen Druck sowie militärische Abschreckung zielen und dabei die Menschen aus dem Blick verlieren“, sagt er.

Der Snapback-Mechanismus des Atomabkommens

Der Angriff auf Israel habe gezeigt, dass man den Iran stärker in der Region isolieren müsse. „Ich halte es da für zentral, den Gazakrieg zu beenden. Das würde es den Nachbarstaaten innenpolitisch erleichtern, mit Israel zu kooperieren.“ Deutschland allein sei jedoch nicht in der Lage, genug Druck aufzubauen. Nicht ohne die USA.

Doch mit Joe Biden hat sich auch dort der Kurs gewandelt. Experten weisen darauf hin, dass unter seiner Präsidentschaft das Ölembargo der USA gegen Iran nicht konsequent durchgesetzt wird, wohl auch aus Sorge um den Ölpreis. Gerade beim Öl aber sei der Iran verwundbar, erklärt der Ökonom Mahdi Ghodsi im Spiegel. Rund 1,5 Million Barrel Öl am Tag würden aktuell exportiert, vor allem Richtung China und Indien. Laut Ghodsi gebe es Hinweise, dass unter anderem Ungarn iranisches Öl und Gas importiere. Beim Ölexport anzusetzen, wäre also eine konkrete Option, den Druck auf den Iran zu erhöhen.

Eine weitere Möglichkeit wäre der sogenannte Snapback-Mechanismus des Atomabkommens. Deutschland ist bis heute offiziell Vertragspartner, und könnte diese Karte ziehen – zumindest bis Oktober 2025, solange das Abkommen besteht. Der Mechanismus sieht vor, dass im Falle eines Vertragsbruchs durch den Iran die früheren umfassenden UN-Sanktionen wieder in Kraft treten. Russland oder China könnten diese nicht durch ein Veto verhindern – ob sie sie mit durchsetzen würden, stünde auf einem anderen Blatt.

Seit die USA das Atomabkommen einseitig aufgekündigt haben, hat das Regime in Teheran die Uran-Anreicherung ausgebaut und die Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) eingeschränkt – ein klarer Vertragsbruch. Laut der IAEA verfügt der Iran aktuell über rund 120 Kilogramm 60-prozentigen Urans. Für eine Atombombe wäre laut Experten 90-prozentiges Material nötig, der Weg bis dahin sei eher eine Frage von Wochen als Monaten. Bis zu einer Bombe, mit Trägersystem und Auslösemechanismus, bräuchte es wohl noch etwas länger. Ein Zeitfenster, das es zu nutzen gilt.

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21 Kommentare

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  • Machen wir uns soch nichts vor. Die Politik Deutschlands in Bezug auf den Iran ist die Politk der deutschen Wirtschaft, um möglichst Profit zu machen. Menschenrechte stehen da in einem tief vergrabenen Fremdwörterlexikon.

    Das zeigt die (Nicht)Reaktion auf die Frauenproteste dort. Es gibt keine echten relevanten Sanktionen. Deutschland betreibt diese Politik der Profitmaximierung der deutschen Wirtschaft überall. Sonst müsste man sich über die best buddies der deutschen Wirtschaft wundern, die da z.B. China, Qatar, Saudi-Arabien und - bis vor kurzem - auch Russland gehören. Autokratie und Menschenrechtsverletzungen haben hier noch nie jemanden gestört. Das Blut an den Dollars und Euro wird schnell wegdiskutiert indem man solchen Flachwitze wie "Wandel durch Handel" erfunden hat, um weiter diesen Handel zu treiben.

  • Trotz des Bildes zum Artikel bisher noch kein Baerbock-Bashing in den Kommentaren - dass ich das noch erlebe...

    • @Erfahrungssammler:

      Baerbock hat auf der Grundlage von Werten rasch doch weitgehend die Kurve bekommen - von einer blinden Unterstützung einer bestimmten Regierung zu einem Einfordern von Völkerrecht und Menschenrecht.



      Jetzt noch die Lieferungen umleiten, wo sie nötig sind, nicht um einzufallen, sondern denen zu helfen, die vom russischen Angriff bedroht sind.

  • Wandel durch Annährung bedeutet eben NICHT "Wandel durch Handel".



    Es bedeutet, sich in die Schuhe des anderen zu stellen und zu fragen: "Welche Sicherheitsinteressen hätte ich, wäre ich Regierungschef der (im Original der Sowjetunion".



    Dann versucht man, allen Sicherheitsinteressen zu entsprechen.



    Dadurch kann dann der Andere sich entspannen, was die Falken im Regime schwächt und die Reformer stärke.

  • Um zu rekapitulieren. Ein Angriff Israels tötete 14 Menschen und zerstörte Irans Botschaft.



    Iran sendet als Konteraktion Drohnen und Raketen, die alle abgefangen werden konnten.



    Israel antwortet und das selbe passiert im Iran.



    Der Iran macht dann aber keine Stimmung und meint alles wäre sicher, man wäre quit und solle die Sache deeskalieren.



    Iran ist bei leibe kein Paragon menschlicher Tugend, aber es erscheint klar, dass diese auch nicht an einen Krieg interessiert sind.



    Leider ist dies keine Garantie bei Netanjahu.

    • @Jessica Blucher:

      Iran hat da seit Jahren einen Countdown Zähler zur Vernichtung Israels laufen, wie das ohne Krieg/Stellvertreterkrieg laufen sollte, wäre erklärungsbedürftig.



      Netanjahu ist auch kein Diktator



      .... und ja, der Iran macht permanent Stimmung im Land, die aber immer weniger bei der breiten Masse verfängt.

  • Hat man schon jemals eine Diktatur durch Sanktionen von außen zu Fall gebracht? Was glaubt man also hier mit zusätzlichen Sanktionen bewirken zu können, zumal sich Länder wie Russland, China und vermutlich auch Indien ohnehin nicht daran halten werden?



    Es ist aber schön, daß die humanitäre Katastrophe in Gaza offenbar erledigt ist. Diesen Eindruck müsste man zumindest bekommen, wenn man sieht, wie sich die deutschen Medien plötzlich auf den Iran konzentrieren.



    Es ist auch bemerkenswert, wie für Politiker und Medien immer ein "Think Tank" mit wohlklingendem Namen und dezidiert pro-israelischer Haltung zur Verfügung steht, der harte Maßnahmen gegen den Iran fordert. Hier ist es das "Mideast Freedom Forum Berlin", in Washington ist es u.a. die "Foundation for Defense of Democracies". Warum wird nie darüber berichtet, wer eigentlich hinter diesen "Think Tanks" steht, wenn diese so zitiert werden, als handele es sich dabei um neutrale Forschungsinstitute?

    • @Irgendein_Leser:

      Kann ihnen nur voll und ganz zustimmen. Die Informationslage bezüglich Gaza oder auch das Westjordanland in den letzten Tagen hier in Deutschland war so gut wie gar nicht vorhanden. Man musste auf ausländische Medien zugreifen, die komischerweise noch eine Menge berichten konnten, um etwas zu erfahren. Noch nicht mal im Nachhinein wird etwas berichtet.



      Und auch mich macht es wütend wenn nicht darauf hingewiesen wird wer hinter solchen Think Tanks steht, auch bei Einzelpersonen häufig keine Aufklärung betrieben wird. Zudem wurde bereits Anfang des Krieges gemeldet (auch hier in der taz) das Reporter die direkt aus Israel berichten, die Berichte erst dem Militär vorlegen müssen, nur wurde nie spezifiziert was genau dort gemacht wird und inwieweit zensiert wird. Das keine Informationen in den Berichten sein dürfen, die das Militär gefährden können ist mir klar, aber geht die Zensur noch weiter?

    • @Irgendein_Leser:

      Ich bin beileibe nicht zimperlich bezüglich der Gaza Lage. Allerdings kann die Iran Situation sehr schnell eskalieren, bishin zu einem, im Extremfall Weltkrieg.



      Es ist nachvollziehbar dass nun viele Menschen ihre Aufmerksamkeit auf den Iran richten.

  • Vor allem die Politik gegenüber dieser israelischen Regierung muss sich gerade ändern.



    Oder besser formuliert: Jedes Land, was seine Bevölkerung nach "Religion" oder "Ethnie" teilt, ob Iran, Saudi-Arabien oder eben Israel, sollte prüfend angesehen werden.

  • Also sich jetzt darüber aufzuregen, das wir Handel mit einem Land machen, das Menschenrechte nicht beachtet, ist etwas hohl. Ob das nun eine reine Erfindung der SPD ist: keine Ahnung, aber wenn man sich die Geschichte des westlichen und deutschen Handels anschaut, ist das wohl absolut nichts neues, sondern eher die Regel. China, Katar, Saudi Arabien und Aserbaidschan sind nur Beispiele der letzten Jahre, die Geschichte mit diversen Regimen in Afrika und Südamerika ist auch nicht gerade von "westlichen Werten" geprägt. Diese "künstliche" Aufregung wegen dem Iran, wirkt doch nur scheinheilig, wenn für die Wirtschaft schon immer Moral, Wertvorstellungen, Menschenrechte, Völkerrecht und internationale Gesetze über den Haufen geschmissen wurden.



    Es ist ebenso scheinheilig von Iran die Einhaltung eines Atomabkommens zu erwarten, wenn der wichtigste Partner dieses Abkommens (die USA) ohne Grund das Abkommen einseitig aufgekündigt hat. Genauso ist es scheinheilig, das nur eine Seite des Konflikts Konsequenzen tragen soll, aber die Bombadierung von deren Botschaft noch nicht mal mit Worten verurteilt werden kann. Ich habe keine Sympathien für das iranische Regime aber der Westen hat hier doch schon lange an Glaubwürdigkeit verloren und an moralischer Überlegenheit. Glaubwürdigkeit, moralische Überlegenheit und Gerechtigkeit schafft man nur, wenn man nicht nur seine "Feinde" zur Verantwortung zieht wenn sie Gesetze brechen, sondern auch seine Freunde und wenn man anfängt Menschenrechte, Völkerrecht und internationale Gesetze über wirtschaftliche Interessen zu stellen. Und das dies passiert, erscheint doch immer utopischer angesichts immer knapper werdender Ressourcen.

  • Die Heinrich-Böll-Stiftung warnt also vor harten Iran-Sanktionen, weil man angeblich "dabei die Menschen aus dem Blick verlieren" würde.



    Aber will die iranische Bevölkerung denn etwa, dass das Regime durch wirtschaftlichen Handel mit der EU stabilisiert wird?

    Es sei daran erinnert, dass im Dezember 2022 ein Generalstreik im Iran stattfand. Zahllose Arbeiter traten in den Ausstand, iranische Ladenbesitzer schlossen ihre Geschäfte. Das alles mit dem Ziel, die eigene Wirtschaft zum Erliegen zu bringen und das Regime in die Knie zu zwingen.

    taz.de/Generalstreik-in-Iran/!5896727/

    Das Regime stand damals unter enormen Druck. Hätten die EU und die USA in der damaligen Situation den Generalstreik unterstützt und einen Handelsboykott gegen das Land verhängt, das Regime hätte durchaus implodieren können. Wäre das nicht sehr viel eher im Sinne der Mehrheit der Iraner gewesen?

    Irritierend auch wieder die "Ratschläge", die von der einflussreichen "Stiftung Wissenschaft und Politik" kommen. Frau Zamirirad hatte in der Süddeutschen Zeitung schon mal exiliranische Demokratieaktivisten als "radikalisierte Kräfte" beschimpft, um dann gönnerhaft hinzuzufügen, man solle sich nicht verleiten lassen, die iranische "Diaspora in Gänze als undemokratisch zu brandmarken". Solche Aussagen machte sie kurz nach Beginn der Mahsa-Amini-Proteste über Menschen, die hierzulande vom iranischen Geheimdienst bedroht und ausgespäht werden.

    Einer ihrer Kollegen bei der Stiftung schämt sich übrigens nicht zu behaupten, der Hamas-Sponsor Katar sei "ein attraktiver Partner für Deutschland" und es sei ein "schwerer Fehler deutscher Politik, nicht viel früher auf katarisches Gas zu setzen".

    www.swp-berlin.org/10.18449/2022S12/

    Die Nahost-"Expertise" der Stiftung scheint sehr einseitig in eine ganz bestimmte Richtung zu gehen. Da sie aber enormes Gewicht in Deutschland besitzt, sind die Weichen wohl schon dafür gestellt, dass es keine Zeitenwende in der deutschen Iran-Politik geben wird.

  • "Ein bisschen Menschenrechte und ganz viel Handel – jahrzehntelang war die deutsche Außenpolitik von diesem Geist beseelt, ..."



    In China hat Scholz gerade die stramme Fortsetzung dieses Prinzips demonstriert. Den Iran wirds freuen, kann er doch Hoffnung aus solcherlei werteorientierter, ähm, aus solch interessengeleiteter Politik generieren.

  • >ein klarer Vertragsbruch<

    Witzig. Kritik an den USA wegen der >einseitigen Vertragskündigung< oder ernsthaft die Meinung, dass der Iran sich an ein Abkommen halten muss, welches die Gegenseite nicht einhält?

    Es gibt Staaten, die Atomwaffen haben und solche, die keine haben. Die Ukraine hat keine Atomwaffen - die Folgen sind klar.

    Der Iran ist aus Sicht des Westens ein Schurkenstaat mit minderen Rechten. Er muss es sich aus Sicht des Westens gefallen lassen, dass seine Militärs von westlichen Staaten nach deren Belieben getötet werden.

    Dass der Iran zur Aufrechterhaltung seines derzeitigen Gesellschaftsmodells - ob gut oder schlecht ist insoweit unwichtig - zur Abschreckung des feindlichen Westens Atomwaffen braucht, ist relativ offensichtlich.

    Der Verzicht auf Atomwaffen setzte die Einsicht der iranischen "Schurken" voraus, dass sie einsehen, dass sie die Schurken sind und dass die westlichen Staaten einschließlich Israel die "Guten" sind. Das ist vielleicht ein bisschen viel verlangt.

    Hätte der Iran Atomwaffen, gäbe es vielleicht einen Druck zur friedlichen Verständigung.

    • @testen:

      " .... Er muss es sich aus Sicht des Westens gefallen lassen, dass seine Militärs von westlichen Staaten nach deren Belieben getötet werden. ..... "



      Steile These!



      Informieren Sie sich mal, was diese "Militärs" so alles ausgefressen haben, das wäre genauso, als würden Sie die Bundeswehr mit der RAF gleichsetzen.

      • @Axel Schäfer:

        keine Ahnung was die ausgefressen haben. Das ändert aber auch nichts an der Tatsache, dass sie von Israelis und US-Amerikanern außerhalb eines erklärten Krieges getötet werden.

        Ich beurteile das nicht. Mag sein dass es gerecht ist - mag auch nicht sein.

        Nur die Sichtweise der betroffenen Iraner ist - aus meiner Sicht verständlich - eine andere. Die finden diese Tötungen verständlicherweise gar nicht schön und versuchen sich zu wehren.

  • Null Sympathie für die Mullahs und ihre repressive Innenpolitik.



    Und den Irak als Gegengewicht zu zerlegen war eine strategische Minus-Nummer von Bush.

    Doch hat der Iran doch noch sanft reagiert darauf, dass ja ständig Menschen getötet wurden, Wissenschaftler, Generäle, ja sogar der diplomatische Schutz in einem dritten Land verletzt wurde. Da leicht abschießbare Drohnen zu senden statt die Hisbollah zu bitten, war am unteren Rand der Reaktionsoptionen.



    Also sollte man das nicht so sehr betrachten wie die Untaten des Regimes im Inneren.

  • Nicht, dass mir das iranische Regime im mindesten sympathisch wäre.

    Bei diesem Artikel fehlt mir allerdings die Erwähnung des israelischen Angriffs auf die iranische Botschaft in Syrien. Was wollte Israel damit? Warum gerade jetzt?

    Derzeit benimmt sich (wenn überhaupt) Iran als die erwachsenere Seite [1]. Mensch könnte meinen, Israel suche geradezu die Eskalation.

    [1] Nein, ich will keine lauteren Motive unterstellen, nicht diesem Regime. Eher strategische. But there you go.

    • @tomás zerolo:

      Es sollen mehrere Terroranfuehrer in der Botschaft gewesen sein.

  • Ich unterstütze ja auch einen atomwaffenfreien Nahen Osten, aber dann wäre es nur konsequent auch Israel zur Aufgabe ihrer Atomwaffen zu zwingen.



    Noch nicht einmal zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags und zur Unterziehung ständiger Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde werden sie gedrängt.

    armscontrolcenter.org/countries/israel/

  • Ich würde eine etwas "grobere" Analyse anstellen.



    Ohne das radikale, Israel hassende Mullahregime würde der Frieden in der Region eine deutlichen Schritt nach vorne machen. Sowohl Hamas als auch die Hisbollah oder auch die Huthis hätten lange nicht die Waffen und Schlagkraft. Weder technisch noch seitens der Menge an Waffen. Ich kann kein anderes Land erkennen, der diese Lücke schließen könnte oder das anstrebt.



    Auch die weiteren Themen wo ich das Iran-Regime wahrnehme, also nach Innen Stichworte allgemeine Bürgerrechter und Frauenrechte oder nach außen, Drohnenlieferant an Obersympath Putin ist für Frieden auf der Welt gelinde gesagt kontraproduktiv. Dass in abgeschossenen Drohnen auch westliche Technik gefunden wird ist dabei extrem bitter.



    Dass wir hier im Westen offensichtlich viel zu lange beste Geschäfte mit den absolut Falschen gemacht haben und das Resultat recht negativ für viele ist, ist mehr als offensichtlich. Nicht erst seit dem Angriff auf Israel dieser Tage. Allein das so zu sehen ist eigentlich un-mög-lich, bzw. Selbstbetrug.



    Oder ganz kurz: Jede Idee, das Regime zu schwächen ist eine gute Idee. Je schneller, je besser, koste was es will.