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Preisentwicklung in DeutschlandFatale Steuerpolitik

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Inflation ist mittlerweile auf einem stabilen Niveau. Weil die Mehrwertsteuer auf Energie wieder steigt, ist Entlastung dennoch nicht in Sicht.

Die Ampelkoalition hat Gutverdienende mit ihrer Einkommensteuerreform entlastet Foto: Alberto Pezzali/ap

J a, das ist zweifelsfrei eine gute Nachricht: Die Inflation in Deutschland ist im März weiter abgeflacht, sie lag bei 2,2 Prozent, nachdem sie im Februar bei 2,5 Prozent gelegen hat.

Es ist noch nicht lange her, da sorgten die monatlichen Meldungen über die Preissteigerungsrate für Angst und Schrecken. Im Herbst 2022 lag die Inflation bei fast 9 Prozent, die Kosten für Energie stiegen in jenem Jahr um fast 30 Prozent. Jetzt ist die Geldentwertung wieder auf ein mehr oder weniger übliches Maß gerutscht, vor allem weil die Energiekosten gefallen sind.

Doch an dieser Stelle kippt die gute Nachricht: Denn die Kosten für Gas und Fernwärme werden jetzt schlagartig um gut 11 Prozent steigen, weil die Bundesregierung die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung nicht verlängert und wieder 19 statt 7 Prozent fällig sind. Für Menschen mit wenig Geld ist diese Kostensteigerung hart.

Auch wenn die Zeiten explodierender Preise vorbei sind: Die finanziellen Probleme sind für viele Bür­ge­r:in­nen geblieben. Die hohe Inflation hat die Kosten für fast alle Dinge des täglichen Bedarfs in die Höhe getrieben, auch weil etliche Unternehmen die Preise viel stärker erhöht haben, als ihre eigenen Ausgaben gestiegen sind. Gerade Grundnahrungsmittel sind nach wie vor sehr teuer.

In der Gastronomie hat es ebenfalls enorme Preissprünge gegeben, auch angeschoben durch die zu Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent erhöhte Mehrwertsteuer. Etliche Menschen, die wenig verdienen und viel arbeiten, sind darauf angewiesen, auswärts zu essen.

Entlastung nur für Gutverdienende

Die Bundesregierung unternimmt nichts gegen die besonderen Belastungen derjenigen mit Einkommen unterhalb des Durchschnitts. Im Gegenteil, diese Menschen werden durch die jüngsten Mehrwertsteueranhebungen besonders belastet. Gleichzeitig hat die Ampel Gutverdienende mit ihrer Einkommensteuerreform entlastet, Finanzminister Christian Lindner will ihnen noch mehr geben.

Dass die FDP dieses Umverteilen von unten nach oben gut findet, wundert nicht. Aber dass SPD und Grüne sich dem nicht entgegenstellen, ist entsetzlich.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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22 Kommentare

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  • "Etliche Menschen, die wenig verdienen und viel arbeiten, sind darauf angewiesen, auswärts zu essen." Aus welcher Statistik leitet sich das ab? Abgesehen davon heisst auswärts essen ja nicht notwendig "Essen gehen".

  • Geringverdiener gehen auch bei 7 Prozent gewiss nicht dort auswärts essen, wo schon die Suppe zwischen 7 und 14 Euro kostet. Rechnetste das oder den Durchschnittdöner von nebenan in D-Mark, wird dir erst recht schwindlig. Gastronomisch ist der Zug schon längst abgefahren: das "untere" Drittel der Einkommensskalea ist: abgehängt. Nicht nur beim Megges.

  • Was die Autorin hier betreibt sind ganz klare fakenews. Die Regierung hat darauf hingewiesen, im November, dass alle entlastet werden und jeder mehr hat. Eindrücklich und ohne von ihrer Position abzurücken.

    Hinweise von Journalisten das die Mehrbelastungen zu einem minus in den unteren Einkommensbereichen führen, wurden wegewischt mit der Aussage, dass alle entlastet werden wie gesagt. (Aussagen von SPD und Grüne in regpks, Talkshows usw.)

    Das war dann übrigens für mich der Punkt der das Fass zum überlaufen gebracht hat, weil mich das so angewidert hat und ich das Vorgehen einfach respektlos, arrogant, Realitätsfremd und überheblich fand. Ich würde normal andere Worte verwenden aber ich glaube die kommen nicht durch ;)

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Die Steuererhöhung ist eine der unzähligen Fehlentscheidungen, mit denen die Ampel die Wärmewende nun endgültig gegen die Wand fährt.

    Anstatt Fernwärme als wichtigen Teil einer möglichen, zukünftigen Wärmewende auszunehmen, wird diese nun auch verteuert.



    Betroffen von dieser staatlichen Willkür sind MieterInnen, die keinen Einfluß auf die Wärmeversorgung ihrer Wohnung haben.



    Betroffen sind jedoch auch Stadtwerke, die ihre Netze nachhaltig und klimafreundlich auf Nah- und Fernwärme umgestellt haben.

    Weil Politik damit früher mal geworben hat!



    Deutlicher können sich Grüne, SPD und FDP nicht gegen den Klimavertrag von Paris wenden.

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Was schreiben Sie den da?

      Zur Erinnerung, es gab lediglich eine von Anfang an zeitlich befristete Senkung der Energiekosten zur Drosselung der hohen Inflation. Es gibt keinen Beschluss des Bundestages über eine Erhöhung und mit dem Klima steht das auch nicht im Kontext. Wo sollte da also eine Willkür liegen?

      • @DiMa:

        Danke für Ihren Beitrag. Wir haben ein Problem mit temporären Maßnahmen. Es wird eine zeitlich befristete Änderung beschlossen, und wenn die Zeit für die - dazugehörige - Rückkehr zum Status ante fällig ist, wird Zeter und Mordio geschrien.

        Deswegen gibt es heute noch den Soli. Er wurde gegen alle Ankündigungen nicht abgeschafft, weil Unverantwortliche "Geschenk für Reiche" schrieen. Versprochen gebrochen. Ich vergesse das nicht.

  • Die zeitlich befristete Absenkung war eine reine Inflationsbekämpfungsmaßnahme und die Inflation ist, wie dargestellt, gesunken.

    Die im Artikel kritisierte Erhöhung des Grundfreibetrages ist verfassungsrechtlich geboten und die Regierung hat insoweit überhaupt keinen Handlungsspielraum. Die Eingrenzung der Folgen der kalten Progession sind im Koalitionsvertrag vereinbart.

    Und ob Geringverdienende wirklich so häufig ein Restaurant besuchen; naja.

  • Generell ist es gut, wenn Einkommen bei denjenigen verbleibt, die es erarbeiten, statt in die Kassen des Staats zu fließen. Jede Steuererleichterung ist somit erstmal positiv zu sehen.

    • @Pfennig:

      Ach ist das so? Wer baut die Straßen für die Infrastruktur, welche Unternehmen benötigen. Wer baut die Spielplätze? wer pflegt Grünanlagen? Wer bezahlt sie Bildung für die Menschen auf die die Arbeitgeber angewiesen sind? Wer bezahlt das Gesundheitssystem? Wer bezahlt den Rechtsstaat? Die Aufzählung könnte unendlich weiter gehen und die Antwort wäre nie die Privatpersonen von ihrem ersparten.

      Deswegen sind Steuererleichterungen auch nicht erstmal positiv zu sehen. Es gibt Bereiche bei den manchen Erleichterungen mehr Sinn und in manchen weniger. Wobei dies zum Teil auch subjektiver Natur sein kann.

  • Dss Problem: Gibt es überhaupt eine Idee, ein Vorschlag, der niedrige Einkommen entlastet aber das nicht gleichzeitig auch den Effekt hat, dass die Gutverdienenden ebenfalls entlastet werden? Das macht die Diskussion eben so beliebig.



    Hier oben steht der (indirekte) Vorschlag, Gastronomie bei 7% MWST stehen zu lassen, da gering Verdiener auf Montage etc. oft auswärts essen müssen. Logo, dann gilt das aber auch für Nobelrestaurants. Hier könnte man dann aber auch sagen, wenn es denen gut geht haben deren Angestellte bessere Chancen, usw.



    Es hängt alles mit allem zusammen. Jeder Vorschlag hat auch nicht beabsichtigte Effekte für die, die ggf. gar nicht gemeint sind.



    Kurzum: Ich warte immer noch auf den großen sozialpolitischen Wurf. Bis dahin wird eben alles was aus Berlin kommt zum Thema, je nach Medium, unterschiedlich zerlegt und schlecht gemacht. Jeder auf seine Art.



    Das finde ich bedauerlich. Auch hier. Wieso nicht mal sagen wie es besser geht, anstatt wie es vordergründig nicht geht?

    • @Tom Farmer:

      Ich hab da eine. Progressivansteigende Sozialabgaben. Sie starten bei Null und der volle Satz wird erst, bei einem bestimmten bruttolohn fällig. Querfinanziert durch den Staat. Bis zu einem bestimmten nettolohn fließt eh alles wieder zurück durch Konsum. Und die Entlastung wäre wesentlich spürbarer als eine Senkung der Mehrwertsteuer oder so.

      • @Hitchhiker:

        Das wäre interesant, dann wäre der Mindestlohn ein Nettolohn. Das wäre gut. Man müsste nur trotzdem Ansprüche erwerben.

      • @Hitchhiker:

        Derlei Vorschläge sind längst geprüft und scheitern in Karlsruhe, da nicht verhältnismäßig. Etwa so, wie wenn der Bäcker erst die Steuererklärung sehen will und dann sagt was das Brot kostet. Der könnte das sogar, ein Staat darf so was nicht.

        • @Tom Farmer:

          Schade eigentlich. Den Zusammenhang mit dem Bäcker sehe ich zwar nicht, da der Staat den Arbeitnehmeranteil übernehmen könnte.

          Desweitern wird ja gerne in der Politik erzählt der Mindestlohn ist ja nur ein Anfang, da kommt man schnell raus.

          Es gibt ja auch eine Unterstützung, wenn der Lohn zu niedrig ist.

          Aber gut, da ich von der Thematik keine Ahnung habe, aber die Idee mochte, hab ich sie geäußert und sie scheint aus Verfassungsgründen nicht zu gehen.

  • Es ist der helle Wahnsinn, Steuersubventionen auf fossile Energiträger wie Erdgas zu fordern oder gutzuheissen. Hätte ich hier nicht erwartet.



    Was ist mit Mietern in ölbeheizten Häusren? Öl böse? Gas gut?

  • In allen Abschlüssen der letzten 10 Jahre wurde die soziale Komponente besonders berücksichtigt, sodass niedrigere Gehälter immer eine größere Steigerung erhielten, als höhere Lohnstufen. Infolge dessen ist der Abstand zwischen den Lohngruppen immer weiter geschrumpft. Im TVÖD verdient beispielsweise die Lohngruppe 15 (z.B. Direktor einer Behörde) in Stufe 1 ca. 5000€ brutto. Ein Hiwi ohne Abschluss (Lohngruppe 6, Stufe 1) verdient 2700€ brutto. Das macht im Monat für den Direktor 3000€ netto und für den Hiwi 1800€ netto. Dafür muss der Direktor aber auch sehr gut ausgebildet sein, langjährige Berufserfahrung und einen Hang zur Selbstzerstörung haben. Das Bürgergeld und etliche andere Leistungen wurden auch entsprechend sozial angeglichen.



    Insofern und ganz offen: Was spricht denn dagegen, dass arbeitende Menschen auch was von ihrem Gehalt haben? Wenn das nämlich nicht mehr so ist, dann kann auch keiner mehr die Steuern für das Bürgergeld erwirtschaften.. Und dann?



    Wobei.. Achja.. Der taz-Wunschtraum: Die Leute gehen ja freiwillig arbeiten, weil das so viel Spaß macht und sinnstiftend ist und so...

  • Warum sollten Menschen, die wenig verdienen und viel arbeiten, darauf angewiesen sein, auswärts - sprich in der Gastronomie - zu essen? Bei wem das Geld knapp ist, der nimmt sich von daheim was für zwei drei Euro mit, oder kauft im Supermarkt, und nicht in der Gastro für acht Euro nen Döner oder sowas. Unabhängig von der Höhe der Mehrwertsteuer ist das immer zu teuer.

    Zur Steuer auf Energie: der Energieverbrauch reicher Menschen ist deutlich höher als der Energieverbrauch armer Menschen. Zudem sollte ein finanzieller Druck vorhanden sein, Energie zu sparen (Klima, Finanzierung von Despoten/Kriegen). Von daher macht es Sinn, Energie hoch zu besteuern, und dafür z.B. Arbeit weniger zu besteuern, oder Zuschüsse an Ärmere auszuzahlen, Sozialleistungen zu erhöhen, Mindestlöhne erhöhen oder was auch immer. Sprich, Armut bekämpfen, und nicht mit dem Argument der vorhandenen Armut sinnvolle Maßnahmen verhindern.

    Natürlich haben es ärmer Menschen in der Regel nicht selber in der Hand, z.B. die Heizung zu sanieren oder zu dämmen. Wohnungen mit hohem Energieverbrauch haben dafür in der Regel eine niedrigere Kaltmiete. Verglichen wird vor Einzug in der Regel die Warmmiete. Sprich, wenn die Energiekosten steigen, sinkt die relative Kaltmiete bei unsanierten Wohnungen zumindest bei Neuvermietungen. Unabhängig von der absoluten Höhe der Warmmiete besteht also ab einem gewissen Punkt für den Vermieter ein Anreiz, zu modernisieren. Natürlich kommen dann noch viele individuelle Faktoren dazu, warum vielleicht nicht modernisiert wird. Dann muss diesen Mietern geholfen werden, und nicht generell Gas billiger gemacht werden.

  • Dem kann ich mir nur anschliessen.

  • Wie bitte?,,,,"Inflation stabil"?

    Ich sehe und sprüre davon nichts und viele die ich kenne auch nicht,wie kann das sein?

  • "Etliche Menschen, die wenig verdienen und viel arbeiten, sind darauf angewiesen, auswärts zu essen." - Ne steile These, da hätte ich gerne mal ne Erklärung.

    • @Samvim:

      Auswärts essen ist genau wie Handwerker rufen und mit dem Auto pendeln eine Folge der Gleichberechtigung: beide Partner arbeiten heute, daher müssen haushaltsnahe Leistungen eingekauft werden. Steuerpflichtig, natürlich.

      • @Gorres:

        Ich glaube, sich etwas zu essen machen kann jeder selbst.