Sparen mit dem Bundesfinanzministerium: Neoliberaler Wind
Eine hohe Ministerialbeamtin gibt exklusive Steuerspartipps. Das passt zum Geist des Hauses: Reiche werden systematisch geschont.
E igentlich könnte Finanzminister Christian Lindner stolz sein auf Ministerialrätin Gerda Hofmann. Schließlich macht die höchste Staatsbeamtin für die Bereiche Erbschaftsteuer, Grundsteuer und Vermögensteuer genau das, wofür Lindner und seine FDP stehen: Reichen dabei helfen, noch reicher zu werden. Wie das ZDF berichtete, gab sie bei einer exklusiven Veranstaltung Superreichen und ihren Berater*innen Tipps, Steuern zu sparen. Es könne ja nicht sein, dass plötzlich die Einnahmen des Staates „sprudeln“, wird sie zitiert.
Die Veröffentlichung des Falls Hofmann kommt just in dem Moment, in dem sich Deutschland in der größten Haushaltskrise der Nachkriegszeit befindet. Allein für nächstes Jahr fehlen dem Bund nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Lindners Angaben zufolge 17 Milliarden Euro. Das ist Geld, das dringend für die ökologische Transformation benötigt wird und das die FDP nun gern bei sozialen Projekten wie der Kindergrundsicherung einsparen würde. Und gleichzeitig sollen zum Jahreswechsel Kinder- und Grundfreibetrag steigen. Das ist ein milliardenschweres Steuergeschenk, von dem besonders Besserverdienende profitieren.
Zugegeben: Es ist nicht das erste Mal, dass Mitarbeitende des Finanzministeriums eine zwielichtige Rolle spielten. Der jetzt aufgedeckte Fall erinnert stark an jenen des einstigen Finanzrichters und Ministerialreferenten Arnold Ramackers. Dieser verzögerte und verhinderte Bemühungen, die Cum-Ex-Geschäfte wirksam zu unterbinden – und stand zeitweilig auf der Gehaltsliste des Bankenverbandes. Damals war mit Peer Steinbrück ein Sozialdemokrat Finanzminister.
Die Einstellung im Ministerium muss sich also grundsätzlich ändern. Zu lange wehte dort ein neoliberaler Wind. Zudem sollten Kapitalerträge genauso stark wie Löhne und Gehälter besteuert und die Vermögensteuer endlich wieder erhoben werden. Steuern sind für den Erhalt des Gemeinwesens und die öffentliche Infrastruktur notwendig. Und dafür müssen Superreiche endlich wieder ihren gerechten Anteil leisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Etgar Keret über Boykotte und Literatur
„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen