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Sondervermögen KlimaschutzBerlins CDU will davonschweben

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner will, dass eine Magnetschwebebahn durch die Innenstadt düst. Das Geld soll aus dem Sondervermögen Klimaschutz kommen.

Déjà-vu M-Bahn: Schon zur Wendezeit hatte sich Berlin an der Magnetbahn-Technologie versucht Foto: Smiley.toerist/wikimedia/CC BY-SA 4.0

Berlin taz | Das „Sondervermögen Klimaschutz“ ist nach wie vor nicht in trockenen Tüchern. Der Fantasie der schwarz-roten Koalition, was man mit der gewaltigen Summe von fünf Milliarden Euro alles anstellen könnte, tut das keinen Abbruch. Neu auf dem Wunschzettel ist seit dem Wochenende eine Idee von CDU-Fraktionschef Dirk Stettner: Er will mit dem Geld unter anderem den Bau einer Magnetschwebebahn in der Innenstadt finanzieren.

Stettner schwebt eine fünf bis sieben Kilometer lange Pilottrasse vor, aufgeständert, hoch über den Straßen Berlins. Wo genau diese verlaufen könnte, wolle er nicht vorwegnehmen. Das müssten dann Ex­per­t:in­nen klären, sagt Stettner auf Nachfrage. Sicher sei, dass Berlin davon profitieren würde.

Eine Magnetschwebebahn-Strecke sei zudem „mindestens so schnell“ errichtet wie eine neue Straßenbahntrasse, „wenn nicht sogar schneller“, glaubt Stettner. „Die Anbieter sagen, sie bauen das in 2 Jahren.“ Und „relativ preiswert“ sei das Projekt obendrein, jedenfalls „deutlich preiswerter als der Neubau einer U-Bahn im Innenstadtbereich“. Der CDU-Politiker geht von 85 Millionen Euro Gesamtkosten aus.

Zum Vergleich: Die U5-Verlängerung über den Alexanderplatz hinaus schlug mit rund 265 Millionen Euro zu Buche – pro Kilometer. Zwar pflegt die Koalition weiter ihr Faible für U-Bahn-Verlängerungen und neue Linien. Auch der CDU-Fraktionschef will in den kommenden Haushaltsjahren massiv in den Ausbau investieren, für Machbarkeitsstudien, Nutzen-Kosten-Analysen, Planungen. Zusätzlich will Stettner aber eben auch „optimistisch“ groß und weiter denken: „Und wenn die Magnetschwebebahn sinnvoll angelegt ist, dann ist es ein Thema für das Sondervermögen.“

BUND spricht von „Irrsinn“

Dass das in der vergangenen Woche ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Bundesregierung 2021 Gelder aus dem Corona-Sondervermögen nicht hätte umschichten dürfen für Klimazwecke, Auswirkungen auf den sondervermögenden Berliner Milliardentraum haben könnte, hält Stettner für unwahrscheinlich. Er nehme das locker: „Wir sehen hier keine Beeinflussung unseres Sondervermögens.“ Womit auch der Weg frei wäre für die Magnetschwebebahn.

Dabei wären die von Stettner genannten 85 Millionen Euro für bis zu sieben Kilometer ein Schnäppchen. Der Magnetschwebetechnologie-Anbieter Max Bögl hat für sein „zukunftsweisendes Nahverkehrssystem“ Anfang 2021 immerhin 30 bis 50 Millionen Euro pro Kilometer aufgerufen.

Beim Umweltverband BUND ist man auf Nachfrage konsterniert. „Ich dachte zuerst, das ist Satire“, sagt Landesgeschäftsführer Tilmann Heuser zur taz. Er könne sich kaum vorstellen, dass dieser „Irrsinn“ von den Umwelt- und Ver­kehrs­po­li­ti­ke­r:in­nen der Union mitgetragen werde. „Wenn doch, dann sollte die CDU sofort aufhören, das Wort Klimaschutz in den Mund zu nehmen.“

Die vorgeschlagene Finanzierung der Bahn über das Sondervermögen sei „eine Verhöhnung aller Berlinerinnen und Berliner, die sich für den Klimaschutz engagieren“. Die Mittel aus dem Sondervermögen Klimaschutz müssten auch für Klimaschutz eingesetzt werden, für die Wärmewende, für die energetische Sanierungen von Gebäuden, für das Einsparen von CO2.

Für Heuser steht fest: „Auf keinen Fall darf dieses Geld verwendet werden für irgendwelche Großprojekte aus Beton, die gar keinen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten.“

Kritik auch von den Grünen

Ähnlich sehen das die Grünen. Das innerstädtische „Transport System Bögl“ sei noch in der Zulassungsphase, es gebe keine Referenzbauten „und auch keine validen Aussagen zu Kosten“, sagt Oda Hassepaß, die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, zur taz. „Zum jetzigen Zeitpunkt auf dieses bisher nicht erprobte System setzen zu wollen und dafür auch noch Mittel aus dem Klima-Sondervermögen einzusetzen, wäre geradezu fahrlässig.“

Aus Sicht von Hassepaß hebe die CDU mit dem „neuen windigen Vorschlag“ jetzt endgültig ab. Stettner zeige „auf ferne Luftschlösser, um naheliegende Lösungen wie den Ausbau der Tram oder der Radwege zu verhindern“. Das, sagt Hassepaß, sei nur „damit zu erklären, dass stur auf Politik für Autos gesetzt wird, statt wie in anderen Metropolen, auf Hitzeschutz, Lebensqualität und Sicherheit“.

Nun macht die CDU in regelmäßigen Abständen wilde Mobilitätsvorschläge, die meist darauf hinauslaufen, dass entweder unter der Straße oder weit über der Straße gebaut werden soll, der motorisierte Individualverkehr also idealerweise nicht tangiert wird.

So hatte die CDU Spandau 2020 eine Seilbahn von Kladow quer über den Wannsee und damit mitten durch das Weltkulturerbe der preußischen Schlösserlandschaft gefordert. Von der Idee hat man seither nichts mehr gehört. Gleichwohl findet sich im Koalitionsvertrag mit der SPD das Vorhaben, die Erschließung von Quartieren mit Seilbahnen zu „prüfen“.

Das vergessene Leuchtturmprojekt zum BER

Auch die Vision einer Magnetschwebebahn ist schon etwas angegraut. Ebenfalls 2020 hatte die Landes-CDU in einem Verkehrskonzept erklärt, dafür sorgen zu wollen, „dass das umweltfreundliche und leise Verkehrssystem bei Erweiterungen des ÖPNV-Netzes zum Zuge kommt – beispielsweise bei der weiteren Erschließung des BER“. Von einem „Leuchtturm für Berlin“, hatte damals CDU-Chef Kai Wegner gesprochen.

Tatsächlich war das Interesse an dem Leuchtturm gering. Zuletzt hatte selbst CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner wiederbelebten Überlegungen für eine Schwebebahn zum Hauptstadtflughafen eine deutliche Absage erteilt.

BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser geht davon aus, dass auch Stettners innenstädtische Magnetschwebebahnpläne alsbald in der Schublade verschwinden. Heuser sagt: „Das ist ja pure Zeitverschwendung, sich überhaupt damit zu beschäftigen.“

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14 Kommentare

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  • Tolle Ideen von der guten alten CDU: Erst Olympia jetzt Magnetbahn. Noch was: Einen Cargolifter auf dem Tempelhofer Feld? Das wäre doch mal Zukunft. .... Huch, gabs alles schon mal und hat nicht funktioniert. Egal, CDU ! (und viel Geld)

  • Ich kann hierzu nur das aktuelle Stück der Stachelschweine empfehlen, ist zwar die Giffey in der Hauptrolle aber im style ja recht ähnlich wie Frau Schreiner.



    Ob Marsrakete oder Schwebebahn, drei Tage Bauzeit oder zwei Jahre, finanzierung über Länderfinanzausgleich oder Klimafonds



    Spielt ja auch keine Rolle.



    Hauptsache Berlin ist Schwebebahn.

  • Mich stört der unsachliche Diskurs beim Thema Magnetschwebebahn. Das werfe ich Grünen ebenso vor wie der Union.

    Zunächst einmal muss ich feststellen, dass Magnetschwebebahnen nach fast allen objektiven Gesichtspunkten allen herkömmlichen Fortbewegungsmitteln (ausgenommen Fahrrad und zu Fuß) überlegen sind, also tatsächlich Teil progressiver Politik sein sollten.



    Um nur mal zwei Beispiele zu nennen: Magnetschwebebahnen sind deutlich leiser als alles, was wir heute kennen und emittieren nahezu keinen Feinstaub.

    Die grundsätzliche Kritik von Umweltverbänden (allen voran der BUND) und Grünen an der Technik an und für sich war immer falsch ist es auch heute noch. Diese sollten ihre Argumente überdenken.

    Auf der anderen Seite sind die konkreten Bauprojekte, häufig aus der Hand der Union, fast immer absurd. Der Transrapid in München war von der Ursprungsidee her genauso ein Schwachsinn, wie jetzt in Berlin eine sehr kurze Inselbahn zu errichten.

    Eine der wenigen Ausnahmen war die Magnetbahn Hamburg-Berlin, die leider im Jahr 2000 von Rot-Grün gekippt wurde.

    Auch nutzen Konservative gerne diese Technologien, um den notwenigen Ausbau des ÖPNV an anderer Stelle auszubremsen, oder den Verkehrsraum des Autos zu schützen.

    Weiter ist es auch Quatsch, einfach 80 Mio. planlos zu reservieren.

    Aber: Damit diese Technologie überhaupt mal ihre Stärken zeigen kann, bin ich dafür, dass endlich mal eine Anwendungsstrecke in Berlin realisiert wird.

    Eine Bemerkung noch zu den Kosten: Auch wenn die Kosten, wie eigentlich immer in der Politik, zunächst zu niedrig angegeben werden, und das hier wahrscheinlich auch nicht anders sein wird, habt ihr in diesem Artikel einen fatalen Fehler gemacht: Die 30-50 Mio. des Herstellers gelten pro doppelspurigem Kilometer. Es ergibt bei einer 5-7 Kilometer langen Strecke wenig Sinn, diese doppelspurig zu bauen. Für eine einzelne Spur halbieren sich diese Werte also in etwa und dann kommt man schon auf ca. 80 Millionen für die gesamte Strecke.

    • @TorbenU:

      Welche Stärken sollen das denn auf einer solchen Winzstrecke schon sein? Es gibt keine.

      Die eigentliche Stärke von Maglev ist, dass man sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen kann. Damit man dies aber auch nutzen kann, braucht man eine Langstreckenverbindung mit möglichst wenig Stopps dazwischen, z.B. sowas wie Berlin - München. Und dann hat man immer noch das Problem, dass ein Maglev-Zug wohl kaum im Hauptbahnhof einfahren wird, sondern irgendwo in der Peripherie.

      Dann aber kommt ein anderes Problem ins Spiel, nämlich die böse Physik, genauer der Luftwiderstand und die damit verbundene quadratische Abhängigkeit. Die weitere Beschleunigung eines Maglevs wird einfach ab einer gewissen Geschwindigkeit unwirtschaftlich. Man könnte es tun, aber die Fahrpreise würde kaum jemand mehr bezahlen.

      Das ist auch der Grund, warum normale Hochgeschwindigkeitszüge selten mehr als 300 km/h fahren, obwohl sie es könnten - es lohnt sich einfach nicht.

      Und ohnehin waren Züge wie der TGV und Shinkansen der Tod von Maglev, ganz einfach weil man damit Geschwindigkeiten auf dem etablierten System Schiene erreichte, die Maglev uninteressant machten.

    • @TorbenU:

      Politiker und ihre sinnlosen Spielzeuge eben... was soll man dazu noch sagen?

      Auf so einer kurzen Strecke macht eine Magnetschwebebahn keinen Sinn. Alles, was diese leisten kann, kann auch eine Straßenbahn genauso gut und vor allem deutlich günstiger. Und das mit dem Vorteil, dass es keine Insellösung ist, sondern bereits hunderte Kilometer von Schienen, die so das bestehende Netz erweitern.

      Es gibt damit keinen Grund, so etwas zu bauen.

    • @TorbenU:

      Es gibt für Maglev doch bereits eine Anwendungsstrecke, und zwar in Shanghai den Transrapid.

      Und die Chinesen waren von der unterirdischen Leistung des Teils und schlechten Bequemlichkeit so enttäuscht, dass sie keine weiteren Maglevs mehr bauten.

      • @Herbert Eisenbeiß:

        Leider muss ich annehmen, dass Sie meinen Kommentar gar nicht oder nicht vollständig gelesen haben. Andernfalls hätten Sie erkannt, dass ich a) Aus verkehrspolitischer Sicht eine kurze Inselbahn mitten in Berlin auch für Unsinn halte und ich b) zwei Stärken von Magnetschwebebahnen schon explizit genannt habe. Ich kann jedoch gerne die Liste fortsetzen: Wesentlich geringere Lärmemissionen, (fast) kein Feinstaub, geringerer Verschleiß, geringerer Wartungsaufwand, dadurch geringere Betriebskosten, flexiblere Trassierung möglich (z.B. höhere Steigungen und Querneigungen), höhere Beschleunigungsfähigkeit, nativ fahrerloser Betrieb (ja, das ist auch mit anderen Systemen möglich, dennoch geht das hier halt auch), geringere Lasten für die Infrastruktur, da das Gewicht der Fahrzeuge gleichmäßiger auf die Strecke übertragen wird, dadurch deutlich längere Lebensdauer (also weniger Baustellen), usw..



        Ich könnte noch mehr auflisten, höre jetzt jedoch hier auf.



        Die höhere Höchstgeschwindigkeit ist für mich, eben aus den von ihnen genannten Punkten, nicht der zentrale Vorteil der Technologie.



        Weiter sind ihre Aussagen zu China falsch. Einerseits hat China weitere Magnetbahn-Strecken gebaut, bloß nicht basierend auf der Transrapid-Technologie. Andererseits haben sie die Transrapid-Technologie dort sogar weiterentwickelt, woraus u.a. 2021 der "CRRC 600" als neues Fahrzeug hervorgegangen ist.



        Auch lässt sich ihre Aussage, dass kein Hochgeschwindigkeitszug aus wirtschaftlichen Gründen schneller als 300 km/h fährt, nicht auf den Transrapid übertragen. Bei der klassischen Technik nimmt der Verschleiß dort so enorm zu, dass es sich nicht mehr lohnt, die Geschwindigkeit zu erhöhen; bei der Magnetbahntechnik gibt es kaum Verschleiß.

        Auch haben sie offensichtlich nicht verstanden, dass es sich bei der hier diskutierten Technik (dem Transportsystem Bögl oder kurz TSB) um eine vom Transrapid stark verschiedene handelt. Dementsprechend gibt es noch keine Anwendungsstrecke dieser Technologie.

  • Jetzt haben wir gerade die Flughafen-Schande überstanden, da grübelt der Senat schon nach, wie man Berlin mit einem neuen, verkehrstechnisch diesmal auch sinnlosen Megaprojekt, endlich wieder dem Gespött der Nation preisgeben kann.

    Fehlt dann bloß noch Edmund Stoiber, der uns erklärt, wie man mit dieser Magnetschwebebahn zum Airport kommt…

    Aber bei der Baugeschwindigkeit werden wir alle das glücklicherweise nicht mehr erleben.

  • Platz schaffen für Autos ist die Ubahn oder die Schwebebahn. Hauptsache der Autoverkehr wird nicht beeinträchtigt.

  • Für den der es nicht kennt: youtu.be/ZDOI0cq6G...i=RUTd1PnEP0FOpp5y

  • Hört noch wer "Monorail!" in seinem Kopf?



    Wenn ein Cartoon aus den 90ern schlauer is als CDU Politiker

  • Klingt nach Geldwäsche, das Ganze.