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Vereinfachungen für private SolaranlagenSolarindustrie wieder aufbauen!

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Immer mehr Menschen wollen eine Solaranlage, das zeigt die Nachfrage. Dumm nur, dass die gut funktionierende heimische Solarindustrie zerstört wurde.

Wohnhaus mit Photovolatikanlage und Solarthermie für Heizung und warmes Wasser Foto: U.J. Alexander/imago

P hotovoltaikanlagen auf dem Dach oder am Balkongeländer sind eine feine Sache: Sie sind ein Beitrag zum Klimaschutz, auf Dauer gesehen kostensparend und gewährleisten eine gewisse Autarkie. Wer seinen Strom selbst produziert, wird ihn wahrscheinlich wertschätzen und nicht verschwenden. Immer mehr Menschen wollen eine Solaranlage, das zeigt die hohe Nachfrage. Und viele wollen sie zwar im Prinzip, schrecken aber vor dem vielen Papierkram zurück, der damit verbunden ist.

Deshalb ist es gut, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die häusliche Stromerzeugung entbürokratisieren will. Jeder Antrag, der nicht ausgefüllt werden muss, jede Genehmigung, die entfällt, jedes Steuerformular, das überflüssig wird, bringt die Energiewende ein Stückchen weiter voran.

Mit der Entbürokratisierung alleine ist es allerdings nicht getan. Ei­gen­tü­me­r:in­nen von Solaranlagen müssen ihren nicht zum eigenen Verbrauch produzierten Strom auch zu einem guten Preis ins Netz speisen können. Habeck muss mit der Reform dafür sorgen, dass privates Stromproduzieren wirklich einfach und lukrativ und so zu einem Massenphänomen wird. Wenn das gelingt, ist viel gewonnen.

SPD und FDP könnten allerdings dafür sorgen, dass bei einem weiteren, vielversprechenden Vorhaben ein Gang zurückgeschaltet wird: dem Wiederaufbau der heimischen Solarindustrie, für die eine massive staatliche Subventionierung erforderlich ist. Denn nicht nur Formulare und Anträge verleiden Interessierten die hausgemachte Energieproduktion, auch die langen Warte- und Lieferzeiten für die Anlagen.

Die Nachfrage ist höher als die Kapazitäten von Herstellern und Lieferanten. In der Regierungszeit von Angela Merkel wurde die gut funktionierende heimische Solarindustrie zerstört. Diesen Fehler zu korrigieren wird sehr teuer – wäre aber gut investiertes Geld. Angesichts der enormen Strommengen, die in Zukunft gebraucht werden, ist es fatal, die Produktion und Weiterentwicklung dieser Technik weiterhin außereuropäischen Akteuren zu überlassen und auf Importe zu setzen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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18 Kommentare

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  • Ich kann nur hoffen das die Menschen wieder Verhältnismäßigkeit lernen. Ein Balkonkraftwerk ist toll, aber kein Ablasshandel für SUV

  • Die Solarindiustrie wurde nicht zerstört, sondern die ausländische Konkurrenz war einfach günstiger. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Es wird also kaum zur Entlastung betragen, heimische roduktionsstandorte zu errichten, wenn die Kunden angesichts des Preisunterschieds dann lieber ein paar Monate länger warten.

    • @DiMa:

      Das ist nicht richtig, deutsche Betriebe hatten Patente, die Entwicklung war u.a. dank Förderungen, die die Grünen und die SPD durchgesetzt hatten, weit fortgeschritten und hoch entwickelt.

      Diese Förderung wurde unter der Merkel CDU/CSU abrupt beendet, weil sie zu 100 Prozent auf die teure Kernkraft umgeschwänkt ist, um dann kurze Zeit später, nach Fokushima, zu 100 Prozent auf putins Gas umzuschwenken und den Kernkraft-Ausstig zu beschließen, der heute umgesetzt wird.

      Die Solarpatente wurden in diesen Umbrüchen und Insolvenzen der Solarfirmen dann u.a. von chinesischen Firmen aufgekauft bzw. übernommen.

      Die Energiemisere ist also vollständig und mutwillig von der CDU/CSU verursacht worden und zu verantworten. Wissenschaftserkenntnisse zu CO2 und Klimaveränderungen lagen zu der Zeit



      längst vor und waren bekannt.

      M.E. war die neoliberale Atom-, Energie-Lobby mit ihrem billigen russischem Gas und den Abhängigkeiten von Russland in der CDU/CSU so stark, dass sie sogar eine gut funktionierende fortschrittliche Solarindustrie im Land leichtfertig durch ihre erratische Politik quasi "abgeschafft" haben.

      • @Privatkundig:

        Die von Ihnen angesprochene Förderung war keine Standortförderung sondern eine Branchenförderung. Deutschland hat der Solarindustrie insgesamt zur Marktreife verholfen. Ungeachtet dessen waren die Produktionskosten dann im Ausland halt sehr viel niedriger.

        Die Förderung war zum Schutz einer nationalen Industrie vollkommen untauglich.

  • Solarindustrie wieder aufbauen!



    Dem stimme ich voll zu!



    Die rot-grüne Bundesregierung hatte durch eine attraktive Einspeisevergütung den deutschen regenerativen Herstellern die passende Startunterstützung gegeben. Wie weit wären wir wohl heute, wenn Schwarz-gelb die Einspeisevergütung nicht umgehend extrem reduziert hätten?



    Merkels Regierungskonsultationen, der Ausbau der deutschen Autoindustrie in China und das Zurückfahren der deutschen Unterstützung für die Solarindustrie war schon eine "interessante zeitliche Abfolge".



    Die Behauptung, in den Kommentarspalten,China sei " eben einfach billiger " ist natürlich ein Witz.



    China betreibt seit Jahrzehnten eine intensive Subventionspolitik. Die ist sehr erfolgreich.



    Da könnte Deutschland viel lernen.



    Wer unabhängiger von China werden will, muss entsprechend agieren. Das gilt insbesondere für Zukunftstechnologien und nicht nur im Autobereich.



    Leider stehen viele deutsche Firmen nicht mehr zu Ihrer Verantwortung zur eigenen Volkswirtschaft.



    Die geplante Voraussetzung von Tarifbindung der Firmen bei öffentlichen Bauten ist hier eine gute Stellschraube.



    Die "Geiz ist geil" Mentalität im privaten Verbrauch und in der Wirtschaft hat abgewirtschaftet.



    So wie man/frau lieber Bioeier kauft, weil es besser für Tier und Umwelt ist, sollte der Konsum wieder mehr regionale und europäische Produkte in den Blick nehmen.



    Eine erfreuliche Entwicklung ist gerade bei der Kleidungsproduktion in Portugal zu sehen.



    Wer möchte, dass unsere Sozialsysteme erhalten bleiben, vielleicht sogar weiter verbessert werden, muss den Einkauf entsprechend anpassen.



    Dass in Europa produzierte Produkte durch geringere Lieferstrecken ganz nebenbei auch weniger CO2 emmitieren, sollte klar sein.



    Wer etwas für die Unabhängigkeit von Frauen, auch alleinerziehenden, machen möchte, gehe einfach mal wieder im Einzelhandel einkaufen.



    Hier arbeiten diese Gruppen.



    Gerade merken wir die Zerstörungsmacht der Verbraucher.



    Wir können aber auch Anders!

    • @Philippo1000:

      Solarzellen ist keine "Zukunftstechnologie", wenn man damit technisch komplex meint. Ich wüsste nicht, warum man hier Steuergeld verwenden soll. Da gibt es sinnvoller Sachen, die man fördern kann.

  • Man könnte ja damit anfangen, den schon bstehenden Anlagn zu gestatten ihre Maximalleistung auch einzuspeisen. Wir sind noch immer auf maximal 70% beschränkt, was im Sommer eine unglaubliche Verschwendung ist. Angeblich liegt es daran, dass die überlasteten Elektriker sich nicht mit der Umstellung der Altanlagen beschäftigen sollen.



    Es handelt sich um einen Klick in der Steuersoftware!



    Kann vermutlich sogar für alle Kunden gleichzeitig umgestellt werden.

    • @Herma Huhn:

      Im Regelfall ist aber der Wechselrichter begrenzt, so dass es hier nicht um so viel geht. Meine Anlage hat 10kwp und einen 8kw Wechselrichter. Der 10 kw Wechselrichter hätte höhere Verluste gehabt, so dass es für die wenigen Stunden im Sommer, in denen die Anlage über 8kw hinauskommt, besser ist, diese zu begrenzen. Also geht es bei mit um 1 kw. Da immer etwas Hausverbrauch da ist, ca. 0,1-0,2 kw, ist es noch weniger. Da die Spitzenleistung dann erreicht wird, wen eher zuviel Solarstrom da ist, spielt das in der Praxis fast keine Rolle.

  • Well,unter besseren Bedingungen hätte sie vermutlich eine Zeitlang mehr durchgestanden bis schlussendlich die Skalierungs- und Kostenvorteile Chinas ihr dann doch den Garaus gemacht hätten.

  • Die Forderung nach erneuter Subvention der Solarzellenproduktion sehe ich sehr kritisch:



    - Die heimische Solarindustrie wurde ja nur mittelbar durch die Politik „zerstört“. Praktisch konnten die Betriebe nicht zu konkurrenzfähigen Preisen produzieren. Wenn die Politik nun über eine Umlage subventioniert oder per Strafzölle die Import-Panels teuer gemacht hätte, wäre der Solarstrom heute deutlich teurer.



    - Solarzellen sind heute keine High-Tech mehr, es geht um billige Massenproduktion. Ich zweifle, dass der Standort Deutschland da langfristig mitmischen kann. Und dauerhafte Subvention müssen ja finanziert werden (siehe oben).



    - Deutschland ist nicht wirklich ein Solarland. In unseren Breitengraden können wir nur die Hälfte aus einer Solarzelle rausholen, was in anderen Ländern (15. bis 30. Breitengrad) möglich ist. Zudem benötigen wir in Zukunft mehr Strom im Winter, wenn die Heizungen auf Strombetrieb (z.B: Wärmepumpe) sukzessive umgestellt werden – also genau dann, wenn die Solarzellen nichts liefern. Wir haben hier schließlich Winter, weil die Sonne nicht scheint. Daher sollten wir uns hier auf Windkraft konzentrieren.

    • @Dumbo:

      Der Mix macht es. Es gibt genug Standorte für WAs auf dem Acker, aber in der Stadt kann man dir Dächer eher mit PVs pflastern. Ein Balkonmodul kann sich auch ein Mieter anbringen, eine WA passt da nicht hin.



      Was die Chinesen heute anbieten, ist das, was Deutschland damals erforscht und gebaut hat. Der Vorsprung liegt in der Wissenschaft, während China nur billig kopiert. Diese zeitliche Lücke muss man halten, dann macht man Gewinne.

    • @Dumbo:

      Die PV-Ausbeute hierzulande mag nicht so hoch sein, wie in südlichen Ländern, sie ist aber immer noch vergleichsweise hoch. Die Energie für die Produktion holen die Module schnell wieder raus.



      Auch wenn es ein staatenübergreifendes Stromnetz gibt, macht es Sinn, sich bezüglich der Art der Energiequellen breit aufzustellen. Ein Minderertrag einer Energiequelle könnte so bereits innerhalb eines Staates abgefedert werden. Was es braucht, ist eine auf erneuerbare Energien angepasste Infrastruktur (Netz und Speicher). Da mangelt es. Desweiteren müsste mehr Strom eingespart werden. Dies kann auch durch Abbau und Umbau von verschwenderischer und fossiler Industrie erfolgen - bspw. Rückbau von Rüstungs-, Auto- und Flugzeugindustrie ...

  • An den rumgemerkelt habenden 4 Legislaturen wird Deutschland noch lang zu kauen haben. Was da alles auf die lange Bank ... oder aktiv kaputtgemacht ... oder schlicht nicht begriffen (?) ... Wenn da jetz beim Umsteuern heftigst das Boot wackelt, von Bundesregierung bis Bildzeitung, sollte mensch manchem manches nachsehen. Es geht jetz nicht anders als: schnell.

  • "Dumm nur, dass die gut funktionierende heimische Solarindustrie zerstört wurde." Danke, dass dies mal in der Zeitung so klar formuliert wird.

  • "Immer mehr Menschen wollen eine Solaranlage, das zeigt die Nachfrage. Dumm nur, dass die gut funktionierende heimische Solarindustrie zerstört wurde."

    Warum sollte man teure einheimische Solaranlagen kaufen wenn es billigere aus China gibt?

    • @Rudolf Fissner:

      Warum kauft man teure deutsche Autos, wenn es billige aus Korea, China, Italien gibt?

  • Nein, "zerstört" wurde die Solarindustrie nicht, auch von Merkel nicht. Die gingen schlicht bankrott, weil die Chinesen eben günstiger waren. Und Spezies wie Solarworld gaben der Solarproduktion dann den Rest. Es ist eben auch so passiert, wie es nicht ausgeschlossen ist, dass die Milliarden für Intel ebenso in den Sand gesetzt sind. Was den Ausbau bremste, waren nicht die fehlenden Module, die gab's, auch aus China, was fehlte war ein auskömmlicher Preis für die Einspeisung. Der fehlt auch heute. Nur auf Eigenverbrauch zu setzen, ist langfristig such nur eine Bremse. Denn entweder verbrauche ich wenn die Sonne scheint oder ich muss speichern. Dann sieht die Rechnung aber schon anders aus. Und zur Einspeisung bedarf es Messstellenzähler und Abrechnung. Auch das will bezahlt sein.

    • @uffbasse:

      Das könnte auch Herr Rösler geschrieben haben.

      Man hat in der Ära Merkel die Weichen weiterhin auf Fossil und Atom stehen lassen. Nach Fukushima hatte dann auch Merkel ein Einsehen und strich zumindest das Atom.

      In jedem Fall war die Politik unter Merkel eine, die lediglich vorgab, Transformation zu wollen, aber faktisch im wesentlichen Hürden errichtete, um den Konzernen keine kleinteiligere Konkurrenz erwachsen zu lassen.

      Einspeisevergütung, Steuergesetzgebung, Regulierung der Anschlüsse… da gibt es viel zu finden, was verhindern sollte, statt zu fördern.

      Insofern ist m.E. die Diagnose richtig, dass die deutsche Solarindustrie aktiv gehemmt und somit gekillt wurde.