Coronaregeln im Herbst: Diskussion zur falschen Zeit

Gleich alle boostern oder lieber warten bis zum Herbst? Die Debatte steht aktuell nicht an – und zeugt einmal mehr von chaotischer Kommunikation.

Grüne Arbeitshandschuhe ziehen eine Spritze auf

Wann ist der richtige Zeitpunkt, zu boostern? Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die politische Diskussion rund um die Regeln für den Coronaherbst schafft mal wieder eines: das Vertrauen in die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen zu schwächen. Insbesondere die Frage nach der vierten Impfung: Die Äußerungen dazu von Gesundheitsminister Karl Lauterbach nennt der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Andrew Ullmann, ein „Drängeln“, das „fehl am Platz ist.“

Mehrfach hatte Lauterbach gefordert, dass es „Antworten“ zum zweiten Booster auch für jüngere Menschen geben müsse. Damit setzt er die Ständige Impfkommission unter Druck, die bislang eine vierte Corona-Impfung nur über 70-Jährige sowie einigen Risikogruppen empfiehlt. Lauterbach ruderte inzwischen zurück und sagte, dass es bei jüngeren Menschen durchaus sinnvoll sei, zunächst auf den auf die Omikron-Variante angepassten Impfstoff zu warten. Den soll es im Herbst geben.

Doch warum „drängelt“ Lauterbach jetzt bei der Impffrage? Weil die Impfkampagne Hauptbestandteil seines Coronaplans für den Herbst ist? Der Aufruf kann in ein paar Monaten wichtig sein. Gerade aber kommt die Diskussion zur falschen Zeit.

Kein Wunder, dass die stärkste Kritik am Entwurf des neuen Infektionsschutzgesetzes den „Impfanreiz“ betrifft. In Innenräumen können die Länder Maskenpflicht verhängen – ausgenommen sein sollen Menschen, deren Impfung oder Infektion nicht länger als drei Monate zurückliegt. Diese Regelung scheint ein Kompromiss zwischen Lauterbach und dem FDP-Politiker und Bundesjustizminister Marco Buschmann zu sein, der sich gegen 2G oder 3G-Regelungen aussprach. Sie führte zu massiven Irritationen: Will Lauterbach, dass man sich alle drei Monate impfen lässt? Diesen Eindruck bestritt der Minister vehement. Es sei aber der Zeitraum, in denen Geimpfte besser vor einer Infektion geschützt seien.

Dass die Erklärung notwendig ist, zeugt erneut von chaotischer Kommunikation. Dabei bleibt die Ausgangslage, dass die Stiko sich bislang nicht zu einer vierten Impfung für Jüngere geäußert hat. Es bleibt auch dabei, dass der Booster für die Omikron-Variante noch nicht vorhanden ist. Klüger wäre es also, aktuell das zu bewerben, was es gibt und dessen Effektivität Ex­per­t*in­nen immer wieder betonen: die Maske.

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Schreibt seit 2017 für die taz und arbeitet seit 2020 als Redakteurin bei der taz. Studierte Kommunikationswissenschaften, Germanistik, Anglistik sowie Kulturjournalismus in Berlin und Essen.

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