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Neue Sitzordnung im BundestagDie Union muss weiter nach rechts

Mit den Stimmen der Ampel ändert der Bundestag die Sitzordnung im Plenarsaal. CDU und CSU müssen künftig neben der AfD sitzen – und sind sauer.

Künftig wird die FDP nicht mehr in unmittelbarer Nähe der Rechts­populisten sitzen müssen Foto: Jens Schicke/imago

Berlin taz | Die Drucksache 20/268, die am Donnerstagnachmittag auf der Tagesordnung des Bundestags steht, hat den schlichten Titel „Änderung der Sitzordnung im Plenarsaal des Bundestags“. Nach dem Antrag, den die Ampelfraktionen eingebracht haben, sollen Union und FDP die Plätze tauschen. Künftig würden also die Abgeordneten von CDU und CSU neben der AfD sitzen und die FDP gemeinsam mit SPD und Grünen in der Mitte. Seit bekannt geworden ist, dass die FDP dies mithilfe ihrer Koalitionspartner plant, ist die Aufregung in der Union groß.

CDU und CSU empfänden das Verhalten der Koalitionsparteien als „Ausdruck von Respektlosigkeit“, ruft Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, in den Saal. Er kritisiert, dass der Antrag keinerlei Begründung vorsehe. Und dass die Koalition ursprünglich vorgesehen habe, ihn noch nicht einmal im Plenum zu diskutieren. Das Ganze habe „klar durchsichtig parteipolitische Gründe“.

Schon am Vortag hatte Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus dies scharf kritisiert. „Wie klein ist das denn?“, fragte er Richtung FDP. Die neue Koalition könne ihren Respekt vor der demokratischen Opposition „auch dadurch zeigen, dass Sie die 70 Jahre alte Sitzordnung in diesem Parlament respektieren“.

Johannes Vogel, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, dagegen betont, dass seine Partei schon 2017 beim Wiedereinzug in den Bundestag den Platz in der Mitte gefordert habe. Das aber sei an der Union gescheitert. Das Links-rechts-Schema der Politik sei nicht perfekt, sagt Vogel. „Aber das Links-rechts-Schema ist das, wonach das Plenum sortiert ist, es gibt nur eine Ausnahme: dass die Freien Demokraten nicht in der Mitte sitzen.“

Sogar Franz Josef Strauß wird ins Feld geführt

Vogel betont auch, dass die CDU 2018 in Hessen und die CSU in Bayern die Sitzordnung so geändert hätten, dass die FDP gegen ihren Willen als Puffer zur AfD fungieren musste. Und hätte nicht schon Franz Josef Strauß gesagt, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe? „Franz Josef Strauß“, sagt Vogel, „soll seinen Willen bekommen.“

Irene Mihalic, Vogels Kollegin von den Grünen, verwies darauf, dass die Sitzordnungen in den Landtagen ganz unterschiedlich seien. Und betonte, man werde sich solidarisch mit dem Koalitionspartner verhalten. Ähnlich äußerte sich die SPD. Jan Korte von der Linkspartei attestierte der Union „Weinerlichkeit“. Und die Gleichsetzung von AfD und Linken, die gerade erst Brinkhaus wieder einmal vorgetragen habe, sei „typisch rechts“. Deshalb würde es schon passen, dass die Union neben der AfD sitzen solle.

Für die Union ist der Antrag nicht nur deshalb misslich, weil niemand neben pöbelnden AfD-Abgeordneten sitzen will. Die Sorge ist groß, dass die FDP als bürgerliche Kraft in der Koalition ihr den Platz in der politischen Mitte streitig machen und dauerhaft besetzen könnte. Dass sie ihn bereits jetzt optisch für die FDP räumen soll, ist an Symbolik kaum zu überbieten.

Das gilt auch für die andere Seite, das Heranrutschen an die AfD. Die Union steht nach ihrem Absturz bei der Bundestagswahl unter Beobachtung, ob sie in der Opposition der Versuchung widersteht, weiter nach rechts zu rücken. Das gilt umso mehr, weil in der CDU künftig Friedrich Merz, wirtschaftsliberal und konservativ, als Parteichef den Ton angeben könnte.

Der Antrag wird mit den Stimmen der Ampel und der Linksfraktion angenommen. Die Union votiert dagegen, die AfD enthält sich. Nach der Weihnachtspause soll der Bundestag in der Woche ab dem 10. Januar zu seiner nächsten Sitzung zusammenkommen. Bleiben den Bundestag-Handwerker:innen also drei Wochen, um die Sitze umzuschrauben.

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22 Kommentare

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  • Wenn man sich bei Übertragungen von öffentlichen BT-Sitzungen die pöbelnden AfD-Abgeordneten ansieht, kann man die Union gut verstehen. Dennoch passt die Sitzordnung besser.

  • Vielleicht einfach nach Wahlen das ganze von links nach rechts auslosen? Klingt für mich fairer.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    wenn es in zwei jahren zum misstrauensvotum kommt, können sich afd und union eng absprechen

  • Es ist ein nach außen hin schlechtes peinliches Bild, dass alle Parteien links der AfD da bieten und für AfDler ein Anlaß gibt über den Bundestag herzuziehen.

    Stattdessen hätte alles so bleiben sollen wie es ist. Stattdessen hätte man die Geschäftsordnung verschärfen sollen um gegen Störer aus der AfD wirkungsvoll vorgehen zu können.

  • „Ausdruck von Respektlosigkeit“ wollen CDU/CSU-Abgeordnete in der neuen Änderung der Sitzordnung sehen: Nun gut, dann wird klar, dass sie die FDP in der letzten Legislaturperiode mit ebendieser Respektlosigkeit traktiert haben. Die FDP sollte sich das besonders gut merken und denen "noch eins mehr mitgeben"... Die Gelegenheiten bieten sich.

  • 2018 versuchte Söder im Bayern-Wahlkampf, die AfD rechts zu überholen. Von daher passt das schon...

  • Ich hätte die AfD in die Mitte gesetzt. Erstens stimmt das Links-Rechts-Schema sowieso nicht mehr (sind die Grünen links?). Zweitens wäre die AfD dann im Schwitzkasten. Und drittens würde die alte Ordnung aufgelockert - und das wäre doch gut: Neue Gedanken braucht das Land.

  • Hihiiii

  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Kindergarten?

  • Man bekommt was man verdient.

    • @t-mos:

      Hi hi! Das stimmt.

  • Oh, die armen CSU'ler.

    Da müsste doch unser Alpen-Trump Söder direkt was dazu sagen.

  • Da kommt zusammen was zusammen gehört.

    • @Firlefonz:

      Na dann sollte es ja okay sein, wenn die CDU zusammen mit der AfD gemeinsame Sache macht.



      SPD/Grüne machen es ja auch mit den Linken...

      • @Hennes:

        Zu viel Verfassungsschutz-Dokumente gelesen?

        Niemand in der Politikwissenschaft nimmt die Hufeisentheorie aka "LINKE und AfD sind gleich weit weg von der Mitte/ gleich gefährlich" ernst.

  • Und hätte nicht schon Franz Josef Strauß gesagt, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe?



    Endlich auch wiedder im Bundestag eindeutig zu erkennen. Franz-Josef wird es freuen!

  • Wunderbar - You made my day - 😂🤣 -

    “ Aber ist das, wonach das Plenum sortiert ist, es gibt nur eine Ausnahme: dass die Freien Demokraten nicht in der Mitte sitzen.“



    Sogar Franz Josef Strauß wird ins Feld geführt



    Vogel betont auch, dass die CDU 2018 in Hessen und die CSU in Bayern die Sitzordnung so geändert hätten, dass die FDP gegen ihren Willen als Puffer zur AfD fungieren musste. Und hätte nicht schon Franz Josef Strauß gesagt, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe? „Franz Josef Strauß“, sagt Vogel, „soll seinen Willen bekommen.“

    kurz - Keine eine eine Frage!



    Ein Fall für uns le petit cheflereporter Peter Unfried - uns Superhyperpiper van de Fjutscher2 - Stürmt herbei 🧹 =>



    “ “das Links-rechts-Schema“ - ????



    Die rinkslechts-Verwechslung! - oller 🤬



    ©Kerle Kerle mei Perle: Superperformer



    Mußte doch verstehn - is hück der Normer!“

    kurz - Christian Superperformer - weiß ne rechte Wand!



    Entschwand! & Ja! So kann es gehn!



    “Hast du schon je was schöner -



    Zusammenbrechen sehn!“



    Nix paschd da schöner as De Höhner -



    Die Karawane zieht weiter, dä Sultan hät Doosch 1997 - so heiter -



    m.youtube.com/watch?v=3ZrVVtJRoJk



    “ Han evver, han evver, han evver nur Kabänes!



    Han evver, han evver, han evver nur Kabänes!



    Wolle mr, wolle mr, wolle mr, wolle mr nit!



    Wolle mr, wolle mr, wolle mr, wolle mr nit!



    Un Sultan wat jips?



    Jommer in en andere Kaschämm!



    Schämm!



    Jommer in en andere Kaschämm!“



    Normal.



    &



    Alexis Sorbas - sach an - Sirtaki rubato -



    m.youtube.com/watch?v=YZVcAQsLrbw



    & Däh => Sitzordnung finalisiert!;))) =>



    “Hey Boss! Hast du jemals erlebt -



    Daß etwas so bildschön zusammenkracht!“

    Nö. Wohl wahr - 🥳 -

    Ende des Vorstehenden

    • @Lowandorder:

      Ganz am Ende.



      Fast zärtlich versteckt.



      “Hey Boss! Hast du jemals erlebt ....



      Et jibt sie noch...



      Die wollen in Berlin wieder mehr Seilbahnen bauen.



      Ick seh mir schon, weg von olle Marzahn, übers Wasser gleiten und rufen, oh, wie ist das schön!

  • Kindergarten!

    Sollen sie doch die CSU neben die AfD platzieren. Dann können sie ihren Abstand wahren, auf den sie so außerordentlichen Wert legen. Immerhin gab es ja schon Wahlkampfzeiten in Bayern, in denen fleißig mit der AfD geliebäugelt wurde, der auf dem Rücken von Flüchtlingen auszutragen versucht wurde.

    Dann hat die CDU die Kuh vom Eis...

  • Wenn die CDU das Ahlener Programm aus der Versenkung holt, dürfen deren MdB links von den Linken platz nehmen.

    „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.

    Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“



    – CDU: Ahlener Programm 1947

    • @guzman:

      Im Falle von reaktionären Fraktionen oft wohl eher vulgäres und ständeromantisches antimarkwirtschaftliches Gedankengut, als ein genuiner Antikapitalismus, ist überhaupt nichts neues. Vielmehr sogar scheinen darüber fruchtbare Berührungs- und Anknüpfungspunkte zwischen reaktionären Marxist*innen und autoritären Rechten zu bestehen, die in jüngster Vergangenheit immer mehr an Bedeutung gewinnen.

    • @guzman:

      Nun ja, da wollen die ja auch nicht sitzen ... also besser das Ahlener Programm in der Versenkung lassen.



      Oder besser: die Linken sollten es sich als Parteiprogramm aneignen ... hilft vielleicht, die Flügelkämpfe zwischen Wagenknechtianern und dem Rest der Partei zu überwinden.