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Mordfantasien von US-RepublikanernDen Rücken aufschlitzen

Ein republikanischer US-Abgeordneter veröffentlicht Gewaltfantasien gegen die Linke Alexandria Ocasio-Cortez. Erst unter Druck löscht er das Video.

Sah sich als Manga-Schwertkämpfer gegen AOC und Joe Biden: Der Abgeordnete Paul Gosar Foto: ap

New York taz | In jedem Unternehmen der USA würde ein Beschäftigter, der per Video auf seinem Twitter-Account eine Kollegin umbringt und den Chef bedroht, fristlos entlassen. Nicht so im US-Kongress. Die Republikanische Partei ließ ihren Abgeordneten aus Arizona, Paul Gosar, gewähren, als er einen Trickfilm veröffentlichte, in dem er der linken Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez den Rücken aufschlitzt und den US-Präsidenten Joe Biden mit zwei Schwertern bedroht. Erst nachdem Hunderttausende Gosars Gewaltphantasien gesehen hatten, löschte er sie am Mittwoch von seinem Twitter-Konto.

„Gibt es hier Comic-Fans?“, hatte Gosar scheinheilig gefragt, als er sein japanischen Mangas nachempfundenes 90-Sekunden-Video am Montag sowohl auf seinem privaten als auch seinem politischen Twitter-Konto veröffentlichte. Es mischt Aufnahmen von Flüchtlingen, die durch den Rio Grande waten, während Worte wie „Verbrechen“, „Drogen“, „Mord“ und „Banden“ sowie Blutflecken ins Bild eingeblendet werden, mit Fantasiefiguren, die Gesichter von Kongressabgeordneten haben. Gosar selbst ist der Superheld in diesem Video. Nachdem er Ocasio-Cortez getötet hat, richtet er seine Waffen gegen Joe Biden.

Twitter warnte, dass das Video seine Regel der Gewaltfreiheit verletze. Das Unternehmen ließ es jedoch auf seiner Seite stehen und begründete das mit dem „öffentlichen Interesse“. Als immer mehr demokratische Abgeordnete eine Ethik-Untersuchung über Gosar und dessen Ausschluss aus dem Kongress verlangten, verlautete aus dem Büro des Republikaners: „Dies ist ein Comic. Entspannt euch alle“. Der republikanische Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, und andere führende Republikaner sagten nichts zu dem Vorgang.

Ocasio-Cortez, die schon mehrfach von RepublikanerInnen verbal attackiert worden war – unter anderem nannte sie der Abgeordnete Ted Yoho aus Florida auf einer Treppe des Kongress eine „Scheißschlampe“ – war unterwegs zur Klimakonferenz in Glasgow, als das Video erschien. Sie reagierte auf Twitter mit den Worten: „Ein gruseliger Kollege, mit dem ich zusammenarbeite, und der Geld für Neonazi-Gruppen sammelt, hat ein Fantasievideo geteilt, in dem er mich tötet.“

Verrohung trifft auch republikanische Abgeordnete

Sie wollen sehen, wie weit sie ohne Konsequenzen gehen können

Demokratin Cori Bush

Später fügte die New Yorker Abgeordnete, deren Vorfahren aus Puerto Rico stammen, hinzu: „Die weiße Vorherrschaft ist etwas für extrem zerbrechliche Menschen und traurige Männer wie ihn, deren Selbstverständnis auf dem Mythos beruht, dass sie von Geburt an überlegen sind, weil sie tief in ihrem Inneren wissen, dass sie nicht einmal ein Gurkenglas öffnen oder ein ganzes Buch lesen können.“ Die afroamerikanische Abgeordnete der Demokraten, Cori Bush, fügte hinzu, dass „weiße Rassisten“ die Grenzen täglich weiter verschieben: „Sie wollen sehen, wie weit sie ohne Konsequenzen gehen können.“

Zumindest eine parlamentarische Rüge droht Gosar jetzt. Zehn demokratische Mitglieder des Repräsentantenhauses kündigten die Vorlage einer Resolution an, die sein Verhalten verurteilt. Sein Twitter-Post „überschreite die Grenze des Erlaubten“, hieß es in einer Erklärung vom Mittwoch, die unter Federführung der Co-Vorsitzenden der Frauenorganisation der Fraktion der Demokraten verfasst wurde. Dies sei ein „klarer Fall für eine Rüge“. Wie die Erstürmung des Kapitols am 6. Januar gezeigt habe, könnten böse und vulgäre Botschaften echte Gewalt schüren.

Gosar gehört zu einer Gruppe von mindestens sieben Trump-Getreuen im Repräsentantenhaus, die an den Vorbereitungen des Sturms auf den US-Kongress am 6. Januar beteiligt gewesen sein sollen. Das haben mehrere Kongress-Stürmer in Interviews mit dem Magazin Rolling Stone erklärt. Die Abgeordneten Matt Gaetz aus Florida und Lauren Boebert aus Colorado, die ebenfalls zu der Gruppe der Trump-Getreuen gehören, haben darüber gewitzelt, die Metalldetektoren am Kongresseingang zu sprengen, um ihre Waffen ins Repräsentantenhaus bringen zu können.

Die Verrohung trifft auch Abgeordnete aus den republikanischen Reihen. In diesen Tagen bekommt das Fred Upton aus Michigan zu spüren. Er ist einer der 13 Republikaner im Repräsentantenhaus, die in der vergangenen Woche für das Infrastrukturgesetz gestimmt haben. Upton erhält Todesdrohungen, seit seine Parteikollegin, die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene aus Georgia, die Telefonnummern der Republikaner, die „Bidens kommunistische Machtergreifung“ unterstützt haben, in sozialen Medien veröffentlicht hat. Bei einem TV-Interview spielte er eine ab, in der ein Anrufer ihn „Verräter“ und ein „Stück Scheiße“ nennt und ihm und seiner Familie den Tod wünscht.

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20 Kommentare

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  • Wenn man sich vorstellt, dass das mal die Partei Lincolns war...

  • Die Republikaner sind inzwischen im Kern eine Koalition anti-demokratischer Protofaschisten und einer "für meine Wiederwahl tue ich alles" Opportunisten. Richtige Konservative auf dem Boden der US Verfassung und UN Menschenrechtscharta sind eine Restminderheit.

  • Sagt viel über den Zustand der Republikaner aus und auch über erschütternde Denkmuster und Fantasien die weit in den konservativen Reihen reichen und dort auch scheinbar gehör finden.

    • @Nilsson Samuelsson:

      Also es mag ja sein, dass dieses Weltbild in den USA als konservativ bezeichnet wird (dort bezeichnen sich ja selbst KKK-Anhänger als konservativ). Hierzulande allerdings ist das IMHO am ehesten bei der NPD zu finden, also ganz schlicht rechtsradikal

    • @Nilsson Samuelsson:

      Denkmuster reaktionärer Amerikaner

  • Der Fall Paul Gosar sollte uns allen deutlich machen, dass in den USA immer unverhohlener von den Rechten und Rechtsradikalen mit einem Bürgerkriegsszenario gedroht wird. Genügend Waffen sind dort überall billig zu haben, und irrationaler Hass wird rund um die Uhr verbreitet: ein "heißer" Bürgerkrieg könnte urplötzlich die Folge sein - der Social-Media-Krieg hat schon seit langem die Lunten an die Pulverfässer gelegt. Der nächste große Wahlkampf um das Weiße Haus könnte manche motivieren, Feuer zu legen.



    In dieser Hinsicht gibt es keinen übertriebenen Pessimismus.

    • @denkmalmeckermalmensch:

      Ich bin mir da nicht sicher. In meiner Jugend gab es solche Leute auch. Es war weniger laut, aber nicht automatisch weniger verbreitet. Man hat sich einen gepflegteren Anschein gegeben. Heute kommt der Charakter halt direkter heraus. Prolls in Anzügen. Sorry an die echten Prolls, ich meine nicht Proleten im ursprünglichen Sinn.

  • Ist das noch das gesellschaftliche und politische Vorbild, als dass uns die USA immer verkauft wurden? Eine westliche Zivilisation im Niedergang … oder ist das jetzt zu pathetisch/dramatisch formuliert?



    Samuel P. Huntington („clash of civilisations“) hat es vorausgesehen … wenn vermutlich auch anders, als es sich jetzt vollzieht.

  • 9G
    90634 (Profil gelöscht)

    Das Video ist keinem japanischen Manga "nachempfunden". Es ist eine Szene aus dem Anime "Attack on Titan", in die dieser Typ oder einer seiner dämlichen Anhänger im typisch-billigen Meme-Stil die Gesichter der entsprechenden Personen eingefügt hat.

    Diese Art der Gewaltverherrlichung und Verunglimpfung von realen Personen ist leider in diesen Ecken des Internets nicht wirklich neu. Neu ist, dass dieser Sch*ß jetzt tatsächlich die Politik erreicht. Vielleicht schauen jetzt Urheber noch ein wenig genauer darauf, dass hasserfüllte Menschen aus ihrer Arbeit keine derartigen Abscheulichkeiten kreieren.

  • Wie krank ist das/der denn!

    • @Lowandorder:

      Fortgeschrittenes Stadium, hoffe noch heilbar.

      • @sachmah:

        "Fortgeschrittenes Stadium"



        HOPFEN & MALZ VERLOREN

  • Durch Trump sind auch die letzten Hemmungen gefallen. Statt Inhalte nur noch ideologischer Hass.

    • @Andreas J:

      Ocasio-Cortez hat mit einiger Wahrscheinlichkeit bei den Demokraten eine ziemliche Karriere vor sich. Nun gibts von Seiten der GOP die gleiche Schmierenkampagne, die schon bei Clinton so erfolgreich war.



      Im Post-Trump-Zeitalter allerdings auf dem zu erwartenden Niveau. Aber gut, Gosar kann nur dieses Niveau, dazu muss man sich nur ansehen, welche geistigen Ergüsse der Mann nach Charlottesville produziert hat

  • 3G
    33955 (Profil gelöscht)

    Loser mit inferiority complexes reagieren gewalttätig, gewalttätig gegen Menschen die intellektuell ihnen überlegen sind.

    • @33955 (Profil gelöscht):

      Nein. Gegen jeden der ihnen nicht passt. Das hat mit intellektueller Überlegenheit nichts zu tun.

      • 3G
        33955 (Profil gelöscht)
        @Encantado:

        Intellektualität= einsehen, wahrnehmen, verstehen- hat nicht zwangsläufig etwas mit Bildungsgrad. Der Begriff wurde mit der Zeit passend modifiziert.



        Genau wie "Anarchie"= "Höchstform der Organisation" und nicht die die heutzutage als Anarchos bezeichnet werden.

    • @33955 (Profil gelöscht):

      So ist es

  • Die GOP ist die Organisation, bei der am besten sichtbar ist, wie weit die Degeneration der USA fortgeschritten ist. Da Leute wie Gosar oder Taylor Greene mit ihren Positionen und ihrem Verhalten dort in ihren Wahlkreisen mehrheitsfähig sind, sollte man die Beziehungen zu den USA ganz grundsätzlich auf den Prüfstand stellen.

    • @Kaboom:

      Oh bitte, ernsthaft?

      "Degeneration der USA ... grundsätzlich auf den Prüfstand..."

      Ist das Satire?