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Razzia nach taz-VeröffentlichungDie Soko Linx gegen Henry A.

Ein Leipziger hat Vorwürfe des Geheimnisverrats gegen einen Soko-Ermittler erhoben. Nun wurde er durchsucht. Bloß ein Zufall?

Für die Auflösung der Soko Linx: Protest in Leipzig Connewitz im September Foto: Golejewski/Adora Press

LEIPZIG/BERLIN taz | Am Dienstagnachmittag rückte mal wieder die Soko Linx in Leipzig-Connewitz an. Zwei Personen durchsuchte sie dort, rund sieben Stunden war sie in einer Wohnung im Stadtteil Connewitz. Diese Razzia traf nach taz-Informationen den 33-jährigen Henry A. – mal wieder. Das wirft Fragen auf.

Denn Henry A. ist schon länger im Visier der Soko Linx des LKA Sachsen, die Straftaten der linken Szene aufklären soll. Schon vor Jahren wurde dem Mitarbeiter der Leipziger Stadtverwaltung vorgeworfen, mit anderen linken Fußballfans Angriffe auf Rechtsextreme verübt zu haben – das Verfahren wurde ergebnislos eingestellt. Der jüngste Vorwurf: ein Angriff mit Chemie Leipzig-Fans auf rechte Anhänger des FC Lokomotive Leipzig. Im April dieses Jahres war Henry A. deshalb erneut durchsucht worden. Auch hier haben sich die Vorwürfe bisher nicht erhärtet.

Dafür aber ermittelt im Fall Henry A. inzwischen die Staatsanwaltschaft Chemnitz auch gegen die Soko Linx und konkret gegen den dortigen Ermittler Patrick H. Ihm wird Verrat von Dienstgeheimnissen vorgeworfen. So waren umgehend nach der Durchsuchung von Henry A. im April im rechten Compact-Magazin Ermittlungsinterna aufgetaucht. Laut Staatsanwaltschaft steht Patrick H. im Verdacht, Dateien aus einem beschlagnahmten Handy von A. verschickt zu haben.

Zuletzt übermittelte der Anwalt von Henry A. der Staatsanwaltschaft einen Schriftsatz mit konkreten Indizien gegen Patrick H. Vor zwei Wochen berichtete dann auch die taz über die Vorwürfe gegen die Soko Linx und Patrick H., kurz darauf auch der Spiegel. Und just jetzt erfolgte die erneute Hausdurchsuchung gegen Henry A. Ein Zufall?

Der Vorwurf dieses Mal: Drogenhandel

Laut des LKA Sachsen geht es diesmal um Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Nach taz-Informationen lesen die Beamten aus einem Chat auf dem im April beschlagnahmten Handy von Henry A. den Verdacht eines Drogengeschäfts heraus.

Der 33-Jährige widerspricht dem. „Ich habe mit Drogenhandel nichts zu tun und die Polizei hat bei der Durchsuchung bei mir auch nichts gefunden.“ Henry A. vermutet einen anderen Grund hinter dem Einsatz: „Das war eine Revanche, weil wir Ermittlungen gegen die Soko Linx losgetreten haben. Und das geht gar nicht.“ Henry A. beklagte schon zuletzt eine „Kampagne“ der Ermittler gegen sich. Mit der Razzia am Dienstag würde nun erneut „eine Grenze überschritten“.

Im LKA Sachsen wird der Vorwurf der Retourkutsche zurückgewiesen. Das sei haltlos, sagte ein Sprecher. Man gehe schlicht Verdachtspunkten von Straftaten nach. Die Frage aber bleibt: Warum erfolgte die Durchsuchung gerade jetzt?

Auch die sächsische Linke glaubt nicht an Zufall. „Alle wissen, dass der angegebene Grund für die Durchsuchung nur ein Vorwand ist“, erklärte deren Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz. „Der Verstoß gegen fundamentale Rechtsstaatsprinzipien hat in Sachsen Methode.“

Ihre Leipziger Parteikollegin Juliane Nagel kündigte an, bei der sächsischen Regierung eine Anfrage zu stellen, ob die Durchsuchung „eine Revanche für die kritische Thematisierung von Datenweitergaben aus der Soko Linx an rechte Medien“ sei. Nagel sprach von einer „versuchten politisch motivierten Zerstörung eines Menschen und seiner Familie“.

Die Ermittlungen gegen Patrick H. und die Soko Linx wegen Verrats von Dienstgeheimnissen dauern derweil laut der Staatsanwaltschaft Chemnitz an.

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17 Kommentare

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  • Wenn es nicht so schlimm für Henry wäre, ich würde es als lächerlich bezeichnen, was die Polizei dort abzieht. Hat die Polizei intern kein eigenes Dezernat, dass sich um die öffentliche Wahrnehmung ihrer Behörde sorgt, um solche Abstrusitäten noch vor Ermittlungen gegen sie zu unterbinden? Meine Frage ist vll naiv, aber ich sorge mich um die Polizei mehr, als offenbar diese um sich selbst.

  • taz-Zitat: "(...) Henry A. vermutet einen anderen Grund hinter dem Einsatz: „Das war eine Revanche, weil wir Ermittlungen gegen die Soko Linx losgetreten haben. Und das geht gar nicht.“ Henry A. beklagte schon zuletzt eine „Kampagne“ der Ermittler gegen sich. Mit der Razzia am Dienstag würde nun erneut „eine Grenze überschritten“. (...)"

    Hier ist § 344 StGB Verfolgung Unschuldiger zu prüfen.

    • @Thomas Brunst:

      Das ist ja nun auch leider kein Einzelfall und angesichts der Häufung muss man sich sicher fragen ob der bzw die anordnenden Richter im Wust der Vorgänge nicht auch schonmal das Stullenpapier unterschrieben haben ...

    • @Thomas Brunst:

      Tja wer soll das Anstoßen? Die Polizei? LoL. Der Staatsanwalt? LoL. Verfasusngssschutz? LoL. Polizeipräsident? LoL.



      Da hängt eine Krähe mit der anderen zusammen.



      Dazu der rechte Korpsgeist dazu in #sucksen, und schwups wird da gar nichts passieren.



      Vielleicht kann ja mal der Generalbundesanwalt wegen der Bildung einer rechtsextremistischen Gruppierung in #sucksen aktiv werden. Aber ok, der untersteht auch einem Bundesinnenministerium und wird als selbsternannter (Zitat Generalbundesanwalt.de:) "Anwaltes des Bundes" natürlich auch nicht aktiv werden!



      Wann bekommen wir endlich eine unabhängige Behörde?

  • rechte Unterwanderung ist jetzt echt nicht neu und wurde, welch Zufall aktuell auch von BND und MAD (nein nicht die Satirezeitschrift) bestätigt.



    Die zeitlichen Zufälle, schon bei NSU sehr auffällig. In jedem Falle Glück gehabt. Es sollte wohl nur eine Warnung (Einschüchterung) 1. Grades sein, sonst wäre ganz sicher etwas gefunden worden - und wenn es zufälligerweise, wer auch immer, mitgebracht hätte. Oder sind es ehem. Stasimitarbeiter? Die Methode würde passen. Heute aber einfach zu plump, oder?



    Oder sollte ich mir nur weniger Krimiserien ohne Rauschmittel reinziehen, dann wird schon alles wieder Gut. Vermehrt Schönes!

  • @FAIRCHILD670

    Sowas ist ja auch n i e vorgekommen. N i e , Herr Wachtmeister!

  • Na das nenne ich mal eine arg tendenziöse Berichterstattung. Böse Behörden, armer Henry A. Zufall? Was dran an den Vorwürfen? Eigentlich ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte und die Linken das sagen. Zumal ja auch noch rechts im Spiel ist, und natürlich die bösen Behörden. Sorry, aber mit ernstzunehmendem Journalismus hat das hier nicht im Ansatz zu tun.

    • @Fairchild670:

      Was ist daran tendenziös? Es kann ja wohl nicht angehen, dass Kripo-Ermittler einem rechtsradikalen Magazin Ermittlungsinterna zuspielen. Und wenn das aufgedeckt wird schüchtern sie durch haltlose Hausdurchsuchungen (nichts gefunden) ein. Das sind ja fast Gestapo-Methoden. Diese ganzen rechtsradikalen müssen raus aus den Staatsorganen und dieser Patrick H. darf keinen Zugang mehr zu den Ermittlungen haben. Jedem Jurist und Demokraten kräuseln sich die Fussnägel wenn klar wird wie die Exekutive hier vorgeht.

      • @WasistnurlosindiesemLand:

        Als tendenziös empfinde ich die Art, wie die erneute Durchsuchung von Henry A. und die Ermittlungen gegen Patrick H. in Verbindung gebracht werden. Der Schluss, den Sie daraus ziehen (haltlos, Einschüchterung), bestätigt mich letztendlich.

        Ich will zwei Dinge klar stellen. Sollten sich die Vorwürfe gegen Patrick H. als wahr heraus stellen, ist das natürlich ein Skandal. Außerdem behaupte ich nicht, alles sei Zufall. Ich weiß es schlicht nicht. Ich finde einfach, dass der Autor sich hier sehr weit aus dem Fenster lehnt.

    • @Fairchild670:

      Genau deswegen lese ich die taz.



      Damit habe ich einen Ausgleich zu den tendenziösen Berichten anderer Blätter des politischen Spektrums.

    • @Fairchild670:

      Zu den seit mittlerweile 8 Jahre andauernden Ermittlungen gegen Henry A. gibt es eine mehrteilige Dokumentation auf der Internetseite der Leipziger Zeitung - www.l-iz.de - einfach mal nachlesen, was diesem Mann seit Jahren passiert und zugemutet wird und dies immer im Zusammenhang mit einem ermittelnden Beamten in verschiedenen Kommissionen.



      Danach kann noch einmal beurteilt werden, ob die taz hier tendenziös berichtet.

      • @a.nitzsche:

        "Danach kann noch einmal beurteilt werden, ob die taz hier tendenziös berichtet."

        Allerhöchstens ließe sich damit begründen, warum die taz hier tendenziös berichtet.

    • @Fairchild670:

      Prozess eingestellt, bei der Hausdurchsuchung nichts gefunden. Soll die taz sich da jetzt was ausdenken, damit Sie zufrieden sind?

      • @Maike Lala:

        Sie verstehen mich falsch. Ich bin unzufrieden, gerade weil die taz sich hier etwas ausdenkt, bzw. ungefiltert wiedergibt, was sich jemand anders ausgedacht hat.

        Durchaus möglich, dass an Henry A.'s Vorwürfen was dran ist - und wenn ja, muss es Konsequenzen geben. Aber aktuell steht hier, wie ich sehe, Aussage gegen Aussage. Und ich stelle mich weder auf die eine noch auf die andere Seite.

    • @Fairchild670:

      Ich kann hier nichts tendenziöses finden. Beide Seiten wurden gehört und werden angemessen zitiert. Der Verfasser enthält sich seiner Meinung und pointiert lediglich offene Fragestellungen. Über Stil und Ductus kann man endlos streiten - tendenziös ist es sicher nicht.

      • @Bolzkopf:

        "Beide Seiten wurden gehört und werden angemessen zitiert."

        Henry A. und zwei Unterstützerinnen kommen in drei Absätzen ausführlich zu Wort, das LKA Sachsen nur indirekt in einem - und schauen Sie noch einmal nach, wie der endet. Zumindest bei Frau Köditz stellt sich auch die Frage nach der Relevanz ihrer Stimme.

        "Der Verfasser enthält sich seiner Meinung und pointiert lediglich offene Fragestellungen."

        Zugegeben, der Autor ist clever genug, dass diese Interpretation möglich ist. Ich teile Ihren Eindruck aber nicht. Das LKA Sachsen wird mehrfach hinterfragt, Henry A. nicht einmal.

  • Und dann sich im EU Parlament über Polen aufregen. Schaut euch an was passiert wenn eine Landesregierung zu weit nach rechts abdriftet. Wird dringend Zeit im Landesinneren wieder einen klaren Demokratischen Kis einzuschlagen.