piwik no script img

Großbritanniens Premier Boris JohnsonDer verkannte Reformer

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Das Zerrbild Boris Johnsons als rechter Autokrat geht an der Realität vorbei. Sein Projekt für Großbritannien: die Erneuerung in der Klimakrise.

Seine Agenda ist progressiv: Boris Johnson bei einem Besuch des Nissan-Werks in Sunderland im Juli Foto: Jeff J Mitchell/Wire/dpa

D ie Nissan-Autowerke in Sunderland sind ein Seismograph der politischen Ökonomie Großbritanniens. Ihre Eröffnung durch Margaret Thatcher 1986 markierte den Beginn einer industriellen Renaissance zum Tiefpunkt der Deindustrialisierung des englischen Nordens. Sunderland wurde zur produktivsten Autofabrik Europas, Nissan stand für Großbritanniens Bindung an Europa – und dann besiegelte Sunderlands massives Brexit-Votum am 23. Juni 2016 den Sieg der Brexiteers.

Heute ist Großbritannien aus der EU ausgeschieden und Nissan ist noch da. Mehr noch: es wird investiert. In Sunderland baut das japanische Unternehmen seine erste britische Gigafabrik für E-Autos. Großbritannien will bis 2030 aus dem Verbrennermotor aussteigen, fünf Jahre vor der EU, und Nissan will dabei vorne sein.

Eingefädelt hat diesen Deal, die wichtigste Investition in Großbritannien seit dem Brexit, Wirtschaftsminister Kwesi Kwarteng. Der Sohn einer Familie aus Ghana ist der erste schwarze Minister des Landes und hat davor mit seinem Buch Ghosts of Empire eine Gegenrede sowohl zur imperialen Nostalgie mancher Rechter als auch zur Identitätspolitik der Linken geschrieben.

Wenn Johnson ein politisches Projekt benennt, ist es das Levelling Up, das Angleichen der Lebensverhältnisse

So gut wie nichts davon ist in aktuellen Bilanzen der Regierung Boris Johnson zu lesen. Zwei Jahre nach seinem Aufstieg zum Premierminister sieht die Welt den Chefbrexiteer zumeist weiter als Möchtegern-Churchill, Insel-Orban, Trump-Verschnitt und Hasardeur. Ein geradezu hysterisches Abarbeiten an einer selbstgeschaffenen Karikatur verstellt allzu oft den Blick auf die Realität.

Falsche Vorahnungen

Der Person Boris Johnson sagen selbst seine Fans viel Negatives nach: sprunghaft, selbstbezogen, abfällig gegenüber Kritikern, treulos im Privaten wie im Politischen. Aber die politischen Vorwürfe seiner Gegner – ein autoritär-populistischer Rechtsruck – sind zum größten Teil imaginär. Nichts, was da ständig prophezeit wurde, ist eingetreten: nicht die Zerschlagung der BBC, nicht die Privatisierung des Gesundheitswesens, auch nicht die Schließung der Grenzen gegen Migranten und Flüchtlinge.

In allen Fällen blieb es bei Rhetorik. Die Realität: Großbritannien nimmt mehr Flüchtlinge auf als seit Jahrzehnten, über 17.000 Bootsflüchtlinge aus Frankreich seit 2020, dazu jetzt Zehntausende Hongkong-Chinesen. Das ist humanitäre Verantwortung, wie sie bereits in 1960er Jahren die Eltern der Innenministerin Priti Patel als indischstämmige Flüchtlinge aus Uganda nach Großbritannien brachte und in den 1930ern den Vater des Außenministers Dominic Raab als jüdischen Flüchtling aus der Tschechoslowakei.

Patel und Raab gehören zum diversesten Kabinett der britischen Geschichte. Menschen mit Migrationshintergrund besetzen fast alle Spitzenämter, etwa Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid. Boris Johnsons Großbritannien ist von der Engstirnigkeit der Thatcher-Ära Welten entfernt. Es nimmt seine Vielfalt als Selbstverständlichkeit an und sucht seinen Platz in der Welt als Vorreiter. Nicht von ungefähr hat Johnson seinem Land Klimaziele verordnet, die über die der EU und der USA hinausgehen.

Die Idee: Großbritannien soll die Innovation für die kommende globale ökologische Transformation beisteuern, ermöglicht von den weltbesten Universitäten und dem wichtigsten globalen Finanzplatz. Die britische Corona-Impfstoffentwicklung dient als Vorbild, gemäß Johnsons Selbstbild als Problemlöser. Als er vor zwei Jahren Premier wurde, versprach Johnson, endlich den Brexit zu vollziehen – das hat er. Ansonsten versprach er mehr Polizisten und mehr Pflegekräfte, also einen besseren Staat statt Staatsabbau.

Kabinett mit breiter Diversität

Er betreibt Wirtschaftslenkung: Infrastrukturgroßprojekte, Förderprogramme abgehängter Regionen, ökologischer Umbau, alles unterfüttert mit der höchsten Steigerung der Staatsausgaben seit dem Zweiten Weltkrieg, mehr als jede Labour-Regierung vor ihm. Sein schärfster Gegner ist heute die konservative Rechte, die sich in diesem Johnson nicht wiederfindet.

Das alles entspringt weniger politischem Tiefgang als einem Talent, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Für Johnson war schon der Brexit kein ideologisches Projekt, sondern politisches Gespür: Er erkannte, dass die EU britischen Politikern als Ausrede für eigenes Versagen dient, und er bot an, diese Ausrede aus der Welt zu schaffen. Er erkannte eine Stimmung und machte daraus ein Projekt. Wenn eine neue Stimmung aufkreuzt, wie jetzt in der Klimakrise, erneuert er seinen Fokus, aber sein Macher-Optimismus bleibt konstant.

Wenn Johnson ein politisches Projekt benennt, ist es das „Levelling Up“, also das Angleichen der Lebensverhältnisse, damit alle Briten mit den gleichen Chancen aufwachsen. Das entspricht Johnsons politischer Heimat: nicht der rechte Flügel seiner Konservativen in der Nachfolge Margaret Thatchers, sondern der linke Flügel des großen Thatcher-Rivalen Michael Heseltine, der in den 1980er Jahren neben die Kräfte des Marktes einen aktiven Staat stellte. Heseltines Erbe übernahm später Tony Blair und schließlich Boris Johnson.

Man kann an der Kohärenz des Johnson-Aktivismus zweifeln, und er muss sich erst noch in der Praxis bewähren. Corona hat bislang alles verdrängt. Ein Haufen halbgarer Aktionspläne harrt der Umsetzung, während wichtige Grundfragen unbeantwortet sind: das Machtgefälle zwischen Zentralregierung und Kommunen, das Auseinanderdriften der Nationen des Vereinigten Königreichs, das Verschieben brennender sozialer Fragen wie der der Altenpflege.

Verwaltungsprofis raufen sich die Haare im bizarren Johnson-Reich, ein undurchsichtiges Labyrinth, in dem alles auf Grundsatzentscheidungen des Premiers wartet – bei einem Premier ohne feste Grundsätze. Aber Boris Johnsons politische Agenda ist progressiv. Es würde Großbritannien gut tun, wenn er sie umsetzt. Und solange er damit Wahlen gewinnt, wird er ihr treu bleiben müssen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

37 Kommentare

 / 
  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    China ist ein großer potenzieller Markt und Investor -- und wird aber - in diesem Fall zu Recht - von vielen UK - Abgeordneten mit ernstem Misstrauen behandelt.

    Das auszubalancieren, um das Selbstbildnis vom globalen UK ohne EU zu demonstrieren, ist schwierig. Noch dazu bewegt sich die USA weg von Freihandelsabkommen hin zu Protektionismus und Kooperation gegenüber China.

    Dies hat den Fokus des UK auf den Beitritt zum CPTPP (Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, usw.) verlagert, aber die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen sind äußerst gering.

    Das globale UK kann den verlorenen EU-Handel nicht ersetzen.



    ===



    ===



    Die Regierung hat dies im Fall Nissan stillschweigend akzeptiert, will es aber nicht eingestehen. Noch weniger will es die Wirtschaft, den Niedergang offen erklären und beide Seiten schliessen offene Gespräche aus.

    Um das Feuer des Niedergangs zu bekämpfen, kündigte Nissan UK im vergangenen Jahr Sanierungspläne an, die eine Reduzierung der Produktionskapazität um 20 Prozent auf 5,4 Millionen Einheiten pro Jahr beinhalten. Im Zuge der Kürzungen hat Nissan auch sein Werk in Indonesien geschlossen – und seine Produktionsstätte in Barcelona soll noch in diesem Jahr geschlossen werden, wobei sich die Marke stattdessen auf Thailand für den südostasiatischen Markt und Sunderland sich für den europäischen Markt konzentrieren will"".

    ==

    Klartext:



    Nissan UK steht auf wackeligen Füssen - weil der EU Markt weggebrochen ist - aber niemand will das eingestehen - weder Nissan und schon gar nicht die britische Regierung.

    ecipe.org/blog/unr...n-uk-trade-policy/

    Einschätzung von David Henig , ehemaliger UK Verhandler von Trade Deals für Grossbritannien:

    "" Uk braucht einen besseren HandeslDeal mit der EU - passiert das nicht wird Nissan nicht in England bleiben.""

    Realität schlägt Fiktion um Längen - immer.

  • Ohje, wie formuliere ich das nun möglichst einfach, ohne den Kommentator zu triggern.

    Vielleicht erstmal: Der Brexit oder ein genereller Austritt aus der EU, den Boris unbedingt durchgesetzt hat (nach Scheitern seiner weiblichen Amtskollegin) ist ein Faustschlag für die originelle Idee der EU. Man kann die Bürokratie und den Neoliberalismus der EU scharf verurteilen, doch die EU selbst ist ein Idee für gemeinsamen Frieden nach den Eskapaden im zweiten Weltkrieg. Auszutreten aus dem, ich nenne es mal "historischen Friedensbündnis" ist auch ein Austritt von Werten, wie Menschenrechte und Frieden.

    Da hilft es auch nicht zu kaschieren, dass Boris vor Jahren Fahrradschnellwege in London bauen ließ oder heute offenbar mehr Flüchtlinge holt als irgendein anderes Land in der EU. Sicherlich, die EU ist mittlerweile deutlich rechts eingestellt, doch nur eine gemeinsame EU kann wieder in die andere Richtung gehen. Und wenn Boris meint, er wäre ja gar nicht so ein schlechter Rechtsaußenpopulist, na dann soll er mal mit einem Wiedereintritt in die EU beweisen, dass er Frontex für Scheiße hält und ein bedingungsloses Bleiberecht für alle gelten soll. Sein wehleidiges Blicken auf vergangene Zeiten mit den unzähligen britischen Kolonien die er gerne wieder haben möchte, implizieren doch eine gewisse Macht, die er doch sinnvoll nutzen kann, um zwar nicht seine ehemaligen Kolonien wieder Stück für Stück zu integrieren, sondern die EU Stück für Stück zurechtzurücken.

    Aber für all das müsste er von der Idee "UK first" erstmal abrücken. Denn kein Land ist "first". Länder sind im 21. Jahrhundert gleichgestellt. Zumindest aus humanitärer Sicht.

  • Eine interessante Sicht der Dinge!

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Es ist nicht so dass Boris Johnson der Inkompetenz beschuldigt werden müsste. Nach Untersuchung seiner Lügen in den letzten 20 Jahren stellt man fest, das Inkompetenz bei Boris angeboren ist - es handelt sich also lediglich um eine Werkseinstellung.

    Sowohl in Bezug auf den Brexit als auch auf Covid scheint Boris einfach entschieden zu haben, dass es zu schwierig und zu langweilig ist, sich sinnvoll mit beiden Themen auseinanderzusetzen.

    So wurde die Covid-Politik an Einzelpersonen und Organisationen untervergeben, um so gut wie möglich damit fertig zu werden, während der Brexit an den bedauerlicherweise mit 500 % völlig überschätzten David Frost untervergeben wurde.

    Selten ist eine reiche, hoch entwickelte westliche Nation so schnell gefallen wie während seiner Amtszeit, wie Martin Fletcher diese Woche formulierte.

    Annette Ditterts Kritik, die jetzt auf Englisch veröffentlicht wurde, ist in ihrer forensischen Analyse der von ihm geleiteten „Politik der Lügen“ noch verletzender. Dies hat zwar wenig Einfluss auf seine Unterstützung in den Meinungsumfragen, aber es hat weiterhin einen großen Einfluss auf die Ereignisse, da die Realität härter urteilt als die Wähler. Den Preis, den die Realität für endloses Lügen fordert, wird gnadenlos sein.

    (Fletcher = editor der times)



    (Dittert = deutsche Korespondentin der ARD in London)

  • War Patel nicht diejenige die sich als Polizisten verkleidete um Flüchtlinge ab zu schieben?

  • Sollte dieser Artikel Satire sein?

    Wirklich niemand, der hier lebt, erkennt das GB wieder, welches in diesem Beitrag dargestellt wird. Andere KommentatorInnen haben das bereits angesprochen; saemtliche Unwahrheiten des Autors zu widerlegen, wuerde Seiten fuellen. In den 16 Jahren, die ich jetzt auf der Insel lebe, ist Boris Johnson das Schlimmste, was diesem Land passiert ist. Gesinnungslos, inkompetent, ohne politisches Rueckgrat und Verantwortungsgefuehl. "Progressiv" ist das letzte Wort, welches mensch mit diesem Mann in Verbindung bringen sollte.



    Der Autor kann ja anderer Meinung sein, sollte dann aber bitte vorher die Fakten recherchieren. Oder das Ganze von Anfang an als "opinion piece" deklarieren, und damit vielleicht eine sachliche Diskussion anstossen. In seiner jetzigen Form ist dieser Beitrag jedoch nichts weiter als konservative Propaganda.



    Et tu, taz?

    • @wahlschottin:

      Es ist ein Kommentar und als solcher gekennzeichnet.

      Johnson's Freedom Day scheint übrigens auch taktisch klug gewählt, da die Fallzahlen jetzt durch den Ferienbeginn zunächst sogar ohnehin absinken (weniger Reihentests in den Schulen).

      Dass es nochmal eine wirklich gefährliche Situation im Gesundheitssystem in England gibt, denke ich auch nicht. BoJo wird vermutlich mit seiner Taktik durchkommen und dafür gefeiert werden.

      Dann sind nachher die meisten, die sich warum auch immer nicht impfen lassen wollten oder konnten und zusätzlich auch nicht schon eine natürliche Infektion durchgemacht haben, durch Infektion immunisiert (oder tot, aber vermutlich sind nicht mehr viele aus den vulnerablen Gruppen ungeimpft).

      Das wird das Virus nicht stoppen, aber England ist dann das erste Land, das die Pandemie beendet hat, da das Virus dann endemisch ist, also kaum noch Individuen existieren, deren Immunsystem noch nie etwas davon mitbekommen hat.

      Dass das ohnehin so kommt, bezweifelt spätestens seit Delta ohnehin kein seriöser Wissenschaftler mehr.

      Daher kann ich nur an jeden appellieren: Lasst euch impfen, wenn noch nicht geschehen. Ein schwerer Verlauf kann jedem passieren. Der Piks und seine Nebenwirkungen sind dagegen sehr überschaubar.

  • Fazinierende Betrachtung in diesem Artikel über den in der EU geschmähten Premier.

    Wenn er damit das VK an den eigenen Haaren vor dem Versinken zu retten in der Lage ist.

    Sein Ruhm wäre groß. GB könnte der EU dann vieles zeigen.

  • Vielleicht sollte der Johnson, Dominic sich mal auf den Pfad der journalistischen Tugend, genannt "Reportage" begeben. Oder nachlesen, was jüngst James Meek in LRB über den von Johnson, Boris als "Saudi Arabia of wind" propagierten Offshore-Windpark herausgefunden hat:



    www.lrb.co.uk/the-...ds-the-welding-rod

    • @Lt. Slothrop:

      Dear Lt. Slothrop, ich fand, Johnson kommt in Meeks Reportage einigermassen gut weg. Wenn man Johnson mit seinem Vorgänger vergleicht, der bei der kriminellen Greensill Bank anheuerte, was ist an Johnson dann schlechter? Der Windrad-Herrstellter Enercon in Aurich muss sich verkleinern, Geld verdienen ist schwer.

  • Ich bin ja doch ein wenig entsetzt über diesen Artikel. Aber selbstverständlich sind die Tories gerade dabei, den NHS zu privatisieren, zunächst in England, aber sie streben es auch in Schottland an. Boris' Rechtsruck äußert sich zuallererst in seiner kompromisslosen Art, die Reichen noch reicher zu machen, und die Armen mit "mehr Union-Flaggen" abzuspeisen. Wer einen Beweis seiner (durch Frisur und Gemurmel schlecht getarnte) "klassischen" Rechtslastigkeit braucht, der oder die sei an Johnsons weigerung erinnert, die in die Schranken zu weisen, die Sportler, die als Protest gegen Rassismus vor einem Wettkampf auf ein Knie gegangen sind, ausgebuht haben. ( www.theguardian.co...nd-taking-the-knee ). Gegen die unsäglichen rassistischen Ausschreitungen englischer Fans nach dem EM-Endspiel hat er sich erst sehr spät und erst nach Aufforderung ausgesprochen. Und sein Plan, das schottische Regionalparlament wieder abzuschaffen, ist in meinen augen auch rechte "Empire"-politik!

  • Der Artikel von Dominic Johnson stand ja mal ganz oben - als erster - auf der taz-website; dann war er auf einmal dort ganz verschwunden!



    "Nanu?!", dachte ich: Ist der Redaktion doch peinlich geworden, was in concreto aus dem kritischen Anspruch dieser Zeitung geworden ist?!



    Jetzt kann man den Artikel wieder sofort finden, und das finde ich auch gut so: Ein laut sprechendes Dokument dessen, was sich nicht mehr übersehen lässt!

  • Ich denke das Jonsohn in diesem Text voreilig freigesprochen wird.

    Seine regierung hat (für eine Westliche Demokratie) massive einschränkungen des Demonstrationsrechts beschlossen, was zumindest einen Hauch von Autokratie hat, wenn das innenministerium entscheidet welche demos stadtfinden dürfen.

    Jonsohns hilfe für benachteiligte regionen hängt primär von der Regierungspartei der region ab (oder davon ob seine Minister dort gewählt wurden).

    Und die behauptung, Jonsohn habe den Brexit zuende gebracht, ist nahezu lächerlich, wenn es permanente probleme mit dem NI Protokoll gibt, welches er laut eigener aussage gar nicht unterzeichnen wollte.

  • Dem Verfasser dieses Artikels ist der Name Claire O'Neill ganz offensichtlich unbekannt. Johnson als Verfechter des Klimaschutz hinzustellen grenzt an freche Lüge. Dass es in GB eine relativ solide Klimaschutzpolitik gibt, geschieht TROTZ Johnson, nicht wegen ihm.

  • Boris wird oft missverstanden. Ich kenne das von mir selber. Passiert mir auch immer wieder. Johnson hat übrigens einen IQ, der so hoch ist, das man ihn gar nicht messen kann. Ein britischer Freund, Filmemacher, hat mir das gerade erklärt. Boris' früherer bester Freund Cummings ist auch sehr neidisch auf ihn.



    Deshalb distanziere ich mich auch von den Auslassungen einer gewissen A.L. Kennnedy, die folgendes behauptet hat: "Aber man schaue sich unser Innenministerium an, unsere Regierung, ihre Handlanger bei der Taz - sorry, bei der BBC - man schaue sich die kümmerlichen Reste unserer Infrastruktur an. Das alles gehört zu den....30 Prozent: Brexit, Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Transphobie, Islamophobie, Europhobie, Leugnung des Klimawandels, Covid-Leugnung, Realitätsverleugnung. Wenn man erst mal an eins davon glaubt, dann glaubt man bald alles davon."



    (SZ, 16. Juli 2021)

  • Ach was! Na & dann!



    &



    Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkt an:

    “ "Als das Impfen noch geholfen hat." "Dominic, der Boris bricht. Fisch mit Gräten mag er nicht. (frei nach Brüder Grimm)



    And now for something completely different: Britische Automobilindustrie.“

    kurz - The Eton-Oxbridge-Guy - war so frei => Was ihm was wert =>



    “ Was er wirklich werden wolle, das habe er ihr bereits als kleiner Junge erklärt. Er werde „der König der Welt“.



    &! Dazu Dominic Johnson Beifall zollt:



    ” Verwaltungsprofis raufen sich die Haare im bizarren Johnson-Reich, ein undurchsichtiges Labyrinth, in dem alles auf Grundsatzentscheidungen des Premiers wartet – bei einem Premier ohne feste Grundsätze. Aber Boris Johnsons politische Agenda ist progressiv. Es würde Großbritannien gut tun, wenn er sie umsetzt. Und solange er damit Wahlen gewinnt, wird er ihr treu bleiben müssen.“



    Ja - So sind die wahren Könige!



     

     

     

  • Schaut sich eigentlich irgendjemand bei der taz an was Dominic Johnson so zum Thema Großbritannien verzapft bevor es veröffentlicht wird? Der heutige Artikel liest sich als sei er vom Marketing Department der Konservativen diktiert. Ist es Heimweh, das dem guten DJ den Blick derart verstellt?

    Mit der Realität vor Ort hat das Ganze auf jeden Fall recht wenig zu tun. Ja, es gibt große Worte zum Klimaschutz und zur Förderung abgehängter Regionen, aber es ist wie immer bei Boris, viel Schaumschlägerei, aber kaum wirkliche Umsetzung in messbare Aktionen. Die erhöhten Staatsausgaben sind natürlich in erster Linie Pandemie-bedingt und kurzfristige Hilfe für sozial Schwache wird bereits wieder gekürzt. Gleichzeitig wird Boris Johnson seinem Ruf als „Britain Trump“ voll gerecht und präsentiert „alternative facts“ wann immer opportun (dazu der ausgezeichnete Artikel von Annette Dittert, der Leiterin des Londoner ARD-Studios: www.blaetter.de/au...politik-der-luege). Der Rechtsruck ist alles andere als imaginär, da braucht man nur auf die Einschränkung des Demonstrationsrechts und die von Boris Johnson mit zynischem Eifer betriebenen Kulturkämpfe zu schauen. Und nicht zu vergessen, Geflüchtete dürfen sich auf das „hostile environment“ freuen, das Innenministerin Priti Patel so warmherzig vorantreibt.

    Anders als Dominik Johnson muss ich (seit drei Jahrzehnten in GB) mit diesem Regime zurechtkommen. Hoffnungsfroh stimmt einen das nicht.

  • Als ein an einer seit 12 Jahren an einer britischen Universität tätiger Deutscher kann ich nur sagen: diese Analyse geht so weit an der Realität in GB vorbei wie der Elfmeter von Herrn Southgate bei der WM 1990. Die manipulativen Praktiken der Eton-Oxbridge Elite scheinen dem Autor wohl komplett absorbiert zu haben. Weder sind Leute vom Schlag Patel in keiner Weise Ausdruck für die Anerkennung von Minoritäten (die gegenwärtige Regierung hat eine Vielzahl fremdenfeindlicher Gesetze und Regelung durchgesetzt, nun eben auch gegen EU Bürger) noch sind diese cleveren Verträge mit Australien oder sonstigen Drittstaaten in irgendeiner Weise vorteilhaft für die Menschen in GB ausser eben jenen Herrschaftsgruppen, denen der PM sich verpflichtet fühlt. Auf ganzer Linie ignoriert der Autor die Berichterstattung im Guardian über die unendliche Reihe an Skandalen von eben jenen immer wieder recyclten Ministern (Javid als Schatzkanzler rein, Hancock als Gesundheitsminister raus, Javid als Gesundheitsminister rein, ...). Der PM zieht Minister vor, die keinerlei Sachkenntnis besitzen und mindenstens jeweils zwei Großprojekte an die Wand gefahren haben (Hancock, Truss) oder durch Korruption aufgefallen sind (Patel, Hancock). Der PM setzt hier die Standards und erodiert die Institutionen der Demokratie. Und um dies geht es ihm auch. Verträge sind für den Papierkorb, Versprechen für die Ahnungslosen, öffentliche Gelder für die Buddies, immer und immer wieder. Hier folgt er strikt der trumpschen Linie. Die Atmosphäre in GB ist zunehmend toxisch und die Beschäftigen im NHS, an den Schulen und Universitäten oder im Strafvollzug werden zunehmend frustriert von einer Regierung, die keinerlei moralische Hemmnisse mehr kennt. Wie eine Analyse der hier vorgelegten Art möglich ist entzieht sich meinem Vorstellungsvermögen. Bitte, bitte TAZ such Euch eine kompetente Korrespondentin.

    • @Roland Kroeger:

      Zumindest einen kompetenten Korrespondenten hat die taz doch mit Daniel Zylbersztain-Lewandowski.

    • @Roland Kroeger:

      Herr Southgate hat 1990 keinen Elfmeter geschossen. Sie meinten vermutlich bei der EM 1996 ;)

      Ansonsten: Vielen Dank für die Einblicke.

    • @Roland Kroeger:

      Liggers. Wo Johnson draufsteht - is auch Johnson drin. Vorname egal •

      kurz - Losgerissene Kanone!



      Das Linke Portal - krängt rechtslastig!



      & Däh!



      Schlagseite - Wiedermal - Normal.

      • @Lowandorder:

        Können Sie bitte mal die Tastatur Ihres PC so einstellen, dass ein Leser oder eine Leserin auch versteht was Sie schreiben wollen?

        • @Rainer Konietzka:

          Sorry - schreib aufm iPhone - 🥳 -

  • Ich lebe in Großbritannien und kann diesem Bild der Johnson-Regierung nicht zustimmen. In den letzten Wochen wurde ein Gesetz verabschiedet, das praktisch allen Teilnehmer*innen an friedlichen Straßenprotesten dem Risiko, kriminell verfolgt zu werden ausliefert (falls sich jemand wegen Lärm beschwert). Das Wahlrecht wird auf Leute mit Pass oder Führerschein beschränkt, was bis zu 2 Millionen Wählern de facto das Wahlrecht entziehen wird (Leute, die sich keinen Pass oder Führerschein leisten können). Das neue Asylgesetz schafft praktisch das Recht auf Asyl ab. Ein neuer Gesetzesvorschlag würde die Pressefreiheit einschränken. Wenn as nicht autoritär ist, weiss ich nicht, was der Begriff autoritär bedeutet!

  • Liest sich wie im Telegraph.

  • Dieser Artikel ist ein echter Dominic Johnson. Dafür liebe ich die taz: Artikel eines in Deutschland lebenden Briten über GB, der zumindest (bisweilen hartnäckig) versucht, den Kontinentaleuropäern mal eine andere Sichtweise darzulegen. Immer wieder überraschende Sichtweisen Danke dafür!!



    Gott ist mein Zeuge, ich bin wirklich kein Fan von PM BoJo (wenn auch von DoJo ;-) und schon gar nicht von Maggie Thatcher - trotzdem kann glaube ich unsereiner manchmal nicht so um die Ecke denken: wir können es einfach nicht, wie die Kommentare wieder zeigen.

    Falls ein/e Verantwortliche/r der taz das hier liest (Jan Feddersen?): bitte, bitte, bitte setzt mal den in Deutschland lebenden Briten Dominic Johnson mit dem in London lebenden Europäer Daniel Zylbersztajn-Lewandowski auf eine Bühne und lasst sie sich über ihre jeweilige Sichtweise austauschen! Gerne auf der nächsten Geno-Versammlung mit Aufzeichnung und / oder Stream ins Indernet!!!

    • @Grenzgänger:

      Mit anderen Worten, Dominic, geh mal nach drüben. Zu Daniel. Super Vorschlag. Dessen genaue Beobachtungen und Berichte z.B. aus Nordengland haben mich beeindruckt. Ist aber gar nicht so einfach mit Corona-UK (130.000 Tote, Inzidenz gerade sehr hoch). Musste erstmal in Quarantäne, was sich die Hotels fürstlich bezahlen lassen.

      • @Ataraxia:

        nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht: ich schätze die Berichte von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski ausserordentlich, ja, ich bin sogar ein richtiger Fan seiner Reports. Dennoch fände ich eine Diskussion zwischen diesen beiden äusserst interessant. Das ginge ja auch digital ohne Quarantäne. So gross ist die Zeitverschiebung ja nicht...

  • Priti Patel ist ein schönes Beispiel dafür, dass Inhalte vielleicht wichtiger sind als äußere Daten wie Herkunft und Hautfarbe.

    Von ihren politischen Positionen her könnte man die bei uns locker zur AfD stecken: Befürwortung der Todesstrafe bis 2016 (seither aber auch nicht als Gegnerin der Todesstrafe bekannt), Befürwortung von Wahlrechtsentzug für Gefängnisinsassen, gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, entgrenzende Lobbyarbeit für die Tabak- und Alkoholindustrie.

    Und was ihre Asylpolitik betrifft: Der englischsprachige Wikipedia-Eintrag spricht Bände...

  • Ja gut. Fällt wohl unter die Rubrik "britischer Humor war schon immer bisserl anders."

    So wie beim EM Finale. Erst scherzt der Boris, er habe "Verständnis für Buhrufe" beim Kniefall, die "leere Geste", die er "ausdrücklich nicht unterstützt", um dann nach den massiven rassistischen Ausfällen gegen schwarze Spieler zu vermelden "die Verantwortlichen sollten sich schämen".

    Ein lustiger Schlingel, der Boris.

  • Ja wie? Vorsicht gefragt - wa!

    Gab‘s nicht - gar nicht soo lange her!



    Schonnemal so einen viel belachten - Tweedlee und Tweedledum Beitrag!



    Aus dem Hause der Weltfirma der - Gebr. Johnson & Johnson & Cie.?



    MEGASTRUCTURE - RELOADED - 🤣

  • Hühnerkram.

  • Die Lobpreisung vom Herrn Johnson an Herrn Johnson ist mindestens genauso einseitig wie eine Verteufelung. Viele "Migrationsminister" sind nur deswegen im Amt, weil mehrere ihrer Vorgänger innerhalb weniger Monate zurücktreten mussten, z.B. der Gesundheitsminister, der selbst auch schon von einem Amt zurückgetreten ist. Die rassistischen Äußerungen von Herrn Johnson sprechen für sich und er begrenzt sich dabei nicht nur auf eine Minderheit. Das Kabinett ist in einem ständigen Wandel, so kann keine kontinuierliche Regierung funktionieren. Den Polizisten hat er gerade das Gehalt eingefroren. In Nordirland droht nach dem Dauerkonflikt und seiner Brexit-Sturheit ein Krieg. Die schnellen Impfungen gegen Covid 19 (aufgrund einer cleveren Beamtin) können nicht verdecken, dass Boris mehrfach und auf quasi allen anderen Ebenen in der Pandemie versagt hat, und schon wieder hat er eine vierte Welle quasi eingeladen mit dem Abbau aller Schutzmaßnahmen von einem Tag auf den anderen. Und beim Klima? Viele leere Versprechungen und eine massive Subventionierung von neuen Atomkraftwerken. Das kann sogar Laschet.

  • Quoth TFA:

    "Patel und Raab gehören zum diversesten Kabinett der britischen Geschichte[...] Boris Johnsons Großbritannien ist von der Engstirnigkeit der Thatcher-Ära Welten entfernt"

    Quoth Wikipedia [1]:

    "She is ideologically on the right wing of the Conservative Party and considers herself to be a Thatcherite"

    Ho hum.

    [1] en.wikipedia.org/wiki/Priti_Patel

    • @tomás zerolo:

      Die britische Gesellschaft war bisher auch eher gegen die Todesstrafe.

  • Der Artikel scheint aus einem Parallelunivsersum zu kommen.

    Dass die Brexit-Politik wirksame Politik gegen den Klimawandel zum Ziel hat, ist einfach nicht glaubwürdig angesichts des Einflusses des Tufton Street Network, das Desinformation und Deregulierung betreibt:

    bylinetimes.com/20...on-street-network/

    www.desmog.com/55-tufton-street/

    > Die Idee: Großbritannien soll die Innovation für die kommende globale ökologische Transformation beisteuern, ermöglicht von den weltbesten Universitäten und dem wichtigsten globalen Finanzplatz.

    Und dafür wurden gerade beim UKRI (was so in etwa einer Kombination von Fraunhofer und Max-Planck Gesellschaft entspricht) gerade zwei Milliarden gestrichen - zum Teil aus bereits bewilligten Projekten z.B. im Bereich Konfliktforschung.

    www.theguardian.co...earch-funds-pulled

    www.theguardian.co...s-say-sage-experts

    www.theguardian.co...s-say-sage-experts

  • Fehlt vielleicht ein Aspekt; Boris Johnson setzt um, was ihm nützt.