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Affäre um Preppergruppe NordkreuzNeue Ungereimtheiten von Caffier

Auf öffentlichen Druck hin gibt der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern zu, einem Nordkreuz-Mann eine Waffe abgekauft zu haben.

Pistole auf dem Tisch in einem Innenschießstand Foto: Kike Arnaiz/imago

Berlin taz | Hat der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern eine Waffe von einem Ex-Mitglied der Preppergruppe Nordkreuz gekauft? Und hat er auf dessen Schießplatz trainiert? Diese Fragen wollte Lorenz Caffier (CDU) seit Monaten nicht beantworten. Sein Ministerium hatte nur mitgeteilt, dass er keine Dienstwaffe erworben habe. Am Donnerstag sagte Caffier nun auf die Frage der taz in einer Pressekonferenz in Schwerin: Das betreffe sein Privatleben, deshalb äußere er sich nicht dazu. Und er ergänzte, dass er auch als Privatmann nicht antworten wolle: „Privatbereich bleibt Privatbereich. Auch in Zukunft.“

Diese Äußerung hat heftige Kritik hervorgerufen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion Mecklenburg-Vorpommern, Peter Ritter, forderte, dass der Innenminister hier eine Antwort schuldig sei, denn mögliche Verbindungen zu Nordkreuz seien nicht privat: „Waffenkarte auf den Tisch! Sofort!“

Offenbar auf den öffentlichen Druck hin hat Caffier seine Meinung geändert und am Freitagnachmittag dem Spiegel gegenüber den Waffenkauf zugegeben. Er habe Anfang 2018 eine Kurzwaffe bei Frank T. gekauft, die er als Jäger benutze, sagte er. Damals habe es keine Verdachtsmomente zu dessen Firma gegeben. Er bedauere, dass er sich nicht vorher erklärt habe.

In dem Interview behauptet Caffier, in Mecklenburg-Vorpommern seien die ersten Unterlagen zum Nordkreuz-Komplex erst Anfang 2019 angekommen. Das stimmt aber offenbar nicht. Von der Existenz des Nordkreuz-Chats wurde das LKA Mecklenburg-Vorpommern bereits im Juli 2017 informiert. Der Caffier unterstehende Landesverfassungsschutz hat bereits im März 2018 Ermittlungsunterlagen des Bundeskriminalamts zu dem Fall er-halten. So steht es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag vom Februar 2020.

In einer der BKA-Befragungen sagte ein Nordkreuz-Mitglied den Ermittlern: „Der ehemalige Nutzer „baltic shooter“ hat sich aus der Gruppe abgemeldet, wenn ich ihn erreichen möchte, schaue ich auf seiner Hompage nach.“ Baltic Shooter“ ist die Firma von Frank T. in Güstrow. Der Zeuge erwähnt auch ein weiteres Nordkreuz-Mitglied, die den dortigen Schießplatz verwalte. Das Protokoll der Befragung liegt der taz vor.

Spätestens im März präzise Erkenntnisse

Es gab also spätestens im März 2018 bei den Behörden in Mecklenburg-Vorpommern sehr präzise Erkenntnisse, dass Frank T. und seine Firma mit Nordkreuz verbandelt waren.

Caffier ist Vizeregierungschef einer rot-schwarzen Koalition in seinem Bundesland. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat sich bislang nie an prominenter Stelle zur Nordkreuz-Causa und deren Aufarbeitung geäußert. Bis zum Freitagabend war kein Statement von ihr zu bekommen, ob sie die Angelegenheit ebenso für eine Privatsache von Caffier hält. Sie sei in Terminen, teilte ihr Sprecher mit. Auch die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ließ auf taz-Anfrage von ihrem Sprecher ausrichten, sie äußere sich heute nicht dazu.

Zu einem anderen Fall im Zusammenhang mit dem Hannibal-Netzwerk hatte sie im vergangenen Jahr deutliche Worte gefunden. Es ging damals um CDU-Lokalpolitiker aus Sachsen-Anhalt, die Mitglied im mutmaßlich rechtsextremen Verein Uniter waren, der wie Nordkreuz Teil des Hannibal-Netzwerkes ist. Kramp-Karrenbauer sagte damals: „Jeder sollte sich bewusst sein, dass man sich mit einer Mitgliedschaft in Uniter und mit dem Tragen von Uniter-Symbolik selbst dem Verdacht aussetzt, in der Nähe rechtsextremer Netzwerke und Chats zu stehen.“

Auch auf Bundesebene ließen Ver­tre­te­r*in­nen der Opposition Caffiers Ausflucht ins Private nicht gelten. Der innenpolitische Sprecher der FDP im Bundestag Konstantin Kuhle twitterte in Richtung Caffier, dass es keine Privatsache sei, „ob Sie als Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern eine Waffe bei einem Mitglied der Gruppe Nordkreuz erworben haben, gegen die der Generalbundesanwalt wegen Terrorverdachts ermittelt. Das muss aufgeklärt werden!“

Caffier war Schirmherr

Ähnlich äußerte sich die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Irene Mihalic: „Caffier muss alles haarklein offenlegen, um zur Aufklärung beizutragen“, sagte sie dem RND. Dabei sei auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) „gefordert, dafür zu sorgen, dass er der Öffentlichkeit und dem Parlament Rede und Antwort steht“. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag Niema Movassat twitterte, der Fall Caffier mache Angst: „Menschen, die Drohungen von Nazis bekommen, müssen darauf Vertrauen, dass Regierungsmitglieder nicht mit Nazis paktieren.“ Ein Rücktritt Caffiers sei unumgäglich.

Mehrere Mitglieder der Nordkreuz-Gruppe aus Mecklenburg-Vorpommern sind als rechtsextrem eingestuft. Gegen zwei von ihnen ermittelt der Generalbundesanwalt wegen Terrorverdachts. Der Admin der Gruppe, der Ex-SEK-Polizist Marko G., wurde Ende 2019 wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Teil der Nordkreuz Gruppe war auch der Schießplatzbetreiber und Waffenhändler Frank T. aus Güstrow. Dort schossen bis zum Sommer 2019 Po­li­zis­t*in­nen aus Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern. T. organisierte zusammen mit dem Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern jahrelange einen „Special Forces Workshop“, bei dem Caffier Schirmherr war. Recherchen der taz haben gezeigt, dass Marko G. höchstwahrscheinlich über T.s Schießplatz illegal an Munition von Behörden aus ganz Deutschland kam. Auf Frank T. bezog sich die Frage an Caffier, die er lange nicht beantworten wollte.

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17 Kommentare

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  • und die SPD? Nur untergetaucht. peinlich.

  • Es gibt nur ein Ausweg: Rücktritt. Und war so schnell wie möglich. Dieser Mann ist nicht vertrauenswürdig.

  • Wer (den und Andere) da wohl immer wieder wählt und sich wiederkehrend veräppeln lässt?

  • Innenminister Caffier ein Freund halbseidener Geschäfte?



    "(...) Caffier kaufte 2007 von der Gemeinde Benz auf Usedom direkt am Nepperminer See für 2700 Euro 54 Quadratmeter Land mit einem Bauverbot wegen des dortigen nach § 30 BNatSchG gesetzlich geschützten Schilfgürtels. Der Verkauf wurde vom CDU-Bürgermeister von Benz durchgeführt, dessen Frau das Nachbargrundstück kaufte; auch zwei weitere Grundstücke wurden damals dort verkauft. Monate vor dem Kauf wurde illegal Boden über die Grundstücksgrenze hinaus in den See hinein gekippt. Caffier kaufte anschließend weitere 113 Quadratmeter frühere Wasserfläche aus Bundeseigentum. Im August 2019 scheiterte Caffier mit einer Unterlassungsklage vor dem Landgericht Stralsund gegen den SPD-Kreistagabgeordneten Günther Jikeli, dem Caffier verbieten lassen wollte, Caffiers Haus als rechtswidrig und illegal zu bezeichnen. (...)" (Quelle: de.m.wikipedia.org/wiki/Lorenz_Caffier )

  • Rücktritt, sofort! Was muss in diesem Land noch passieren, damit mal politische Konsequenzen folgen? Und nehmt den Scheuerten gleich mit!

  • Ich sag's mal so: Waffengeschäfte mit Rechtsextremisten sind selbstverständlich auch in Mecklenburg-Vorpommern keine Privatsache - nicht einmal für einen CDU-Innenminister. Augen auf beim Waffenkauf!

  • Warum hat Innenminister Caffier diese Waffe in solch zwielichtigen Kreisen erworben und nicht - wie bei JägerInnen und SportschützInnen üblich - im zertifizierten Fachhandel, sprich Waffen-/ Jagdfachgeschäft? Diese Frage und die zweifelhafte Verbindung zum Verkäufer Frank T. muss lückenlos aufgeklärt werden.

    • @Thomas Brunst:

      Aus demselben Grund warum Gebrauchtwagen von Privat zu Privat gehandelt werden. Daran ist weder etwas dubios noch verboten.

    • 6G
      63817 (Profil gelöscht)
      @Thomas Brunst:

      Die Firma "Baltic Shooters" verfügt über alle entsprechenden Lizenzen. Es handelt sich - wie bei JägerInnen, SportschützInnen, WaffensammlerInnen und anderen BerechtigtInnen üblich - um einen klassischen Fall von "zertifizierter Fachhandel".

      • @63817 (Profil gelöscht):

        @Paul: Nur noch eine Ergänzung: ....'zertifizierter Fachhandel' ... Und Drehscheibe für die Nordkreuz Gruppe.

  • > Ein Rücktritt Caffiers sei unumgäglich.

    Korrekt. Danke für's hartnäckige Dranbleiben und immer wieder Nachfragen.

  • Der MP-Innenminister wirkt in den selben Kreisen und auf dem selben Schießstand, wo Tausende Schuss staatliche Munition an Rechtsterroristen "abgezweigt" wurde, um den Rechtsstaat zu bekämpfen. Und kauft dort 2018 von einem Rechtsextremen eine Kurzwaffe für "die Jagd", obwohl die Gruppe Nordkreuz schon seit spätestens 2017 als rechtsextrem bekannt ist. Wenn er dies nun nicht gewusst haben will als Innenminister, dann hat er nicht hingeschaut oder die Berichte seiner Behörde nicht gelesen. In jedem Fall ist er untragbar auf seiner Position.

  • Bei Caffier bleibt für mich der große Verdacht, dass er mit den braunen Kreuzlern des Nordens gemeinsame Sache machte oder sie mindestens stützt.

    Wenn ein Deutscher aus den großen Verbrechen der Nazis während deren Terrorherrschaft nichts gelernt hat, der ist entweder sehr dumm oder er hat irgendwelche Interessen an persönlichen Vorteilen durch die neuen Nazis. Ganz besonders gilt das für Politiker.

    Wenn eine angeblich konservative Partei solche Leute in ihren Reihen duldet und sie sogar in Führungsfunktionen erhebt, dann kann man von einer unerwünschten Gesinnung ausgehen!

  • Bin ich der Einzige, der jetzt Amthor wieder das Haupt erheben sieht?

  • Wer mit Nazis verkehrt ist ein Nazi.

  • RS
    Ria Sauter

    Sie haben die Nazis nach dem Krieg in ihre Reihen aufgenommen und ihnen Ministerposten verschafft.



    Hat sich anscheinend nichts Grundlegendes geändert an der Haltung zu den Braungesinnten.



    "Ein Land in dem wir gut und gerne leben"laut unserer Kanzlerin.

  • Die CDU sollte sich darüber im Klaren sein: Wer mit extremen Rechten kooperiert und paktiert, der muss wissen, dass er Antisemitismus aktive unterstützt und fördert. Je länger der CDU-Vorstand und die Bundeskanzlerin zu den rechten Umtrieben von CDU-Politikern in Ministerämtern schweigen und wegschauen, um so stärker setzt sich der Eindruck fest, dass die CDU 75 Jahre nach der Niederschlagung des Nationalsozialismus und der Befreiung von Auschwitz gezielt Antisemitismus fördert.