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Corona und BeziehungenDas Habibitus-Dating-Portal

Cruising am Geldautomaten oder in der Kirche wäre hot, ist zurzeit aber unsafe. Dann doch lieber klassisches Matchmaking für den Knuffelkontakt.

Ein Safer Space für's Dating in Coronazeiten Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Z ärtlichkeit in Zeiten von Corona: An dieser Stelle wurde bereits drüber geschrieben. Mein Kollege Peter Weissenburger etwa beschrieb schon im März, was die Reduzierung von physischem Kontakt gerade für queere und nichtmonogame Menschen bedeutet. Erst kürzlich lieferte die Kolumnistin Anna Dushime Einblicke in den Recall-Prozess für ihren Lockdown-Light-Fling.

Das Thema diskutieren sogar Regierungen – in Belgien dürfen sich Leute bis zu zwei „Knuffelkontakte“ außerhalb ihres Haushalts suchen. Und doch bleiben Fragen offen, wie: Wo lernt man inmitten einer Pandemie überhaupt in einem sicheren Setting potenzielle Dates kennen?

Orte der Begegnung funktionieren kaum noch. Klar wäre Cruising in der Kirche oder am Geldautomaten hot, aber safe ist das nicht. Selbst als Bars noch geöffnet hatten, war ich nicht offen für neue Kontakte. Woher soll ich wissen, welchen Rattenschwanz der Infektionskette eine Person hinter sich herzieht? Da lass ich mich von keinem noch so struppigen Vokuhila blenden.

Auf Raves war ich gar nicht erst. Es ist wie bei Geschlechtskrankheiten: Am Ende trägt man selbst die Verantwortung, sich zu schützen – man kann nicht davon ausgehen, dass alle sich regelmäßig testen lassen oder ehrlich kommunizieren, dass sie ansteckend sind. Bei Tinder & Co ist es nicht besser. Wenn ich einen Online-Scam suche, beantworte ich lieber die E-Mail dieser Pariser Witwe, die mit mir ihre fünf Millionen Dollar Erbe teilen möchte.

Habibitus-Matchmaker:in

Aber meine Freund:innen lasse ich nicht leer ausgehen. Kurzerhand werde ich Match­maker:in. Anhand von Sternzeichen, sexuellen Vorlieben, Beziehungstypen, Essgewohnheiten, Drogenkonsum und Humor suche ich für meine Single-Friends einen Knuffelkontakt aus meinem Bekanntenkreis. Im ersten Schritt kreiere ich ein Vision Board mit meinen Klient… äh … Freund:innen.

„Dies ist ein Safer Space“, erkläre ich, wir sitzen mit viel Abstand auf einer Parkbank. „Wen von unseren gemeinsamen Bekannten hast du schon immer gegeiert?“ Sie lächelt schüchtern. Irgendwann mache ich Vorschläge und wir diskutieren angeregt. Ich mache mir Notizen. Wir haben ein potenzielles Match.

„Ich finde, du und T. ihr solltet auf ein Date“, schreibe ich der anderen Freundin. Die Zeiten der Dürre könnten bald auch für sie enden. Zehn Minuten Instagram-Recherche vergehen, sie schickt ein Flammen-Emoji. Zufrieden erstelle ich einen Gruppenchat. Gruppenname: Ausgestreckter Zeigefinger-Emoji, O.K.-Emoji (mit der Hand, die ein Loch bildet).

„Ihr solltet euch treffen“, schreibe ich und verlasse die Gruppe. In einer Welt ohne Corona hätte ich mir an dieser Stelle einen rosa Juicy-Couture-Anzug angezogen und den beiden bei ihrem ersten Date Safer-Sex-Tools gebracht, wie die Cool Mom in „Mean Girls“.

Aber es dürfen sich nur zwei Haushalte treffen, also öffne ich mein Fenster und rauche zufrieden meine Feierabendkippe.

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Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
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25 Kommentare

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  • Ich möchte diesem Text ein herzlich-unqualifiziertes "Habibistuss" entgegenschmettern.

  • Cruising... Raves... klingt geil! Leider bin ich nicht dazu befugt, dies in Anspruch zu nehmen, schon bevor Corona ausgebrochen ist. Naja.

  • "Wenn ich einen Online-Scam suche, beantworte ich lieber die E-Mail dieser Pariser Witwe, die mit mir ihre fünf Millionen Dollar Erbe teilen möchte."

    Warum auch nicht?



    www.ted.com/talks/...script?language=de

  • Hat die Kolumnistin Skandinavistik oder Anglistik studiert? In finde diesen Artikel, gespickt mit überflüssigen Anglizismen, sehr ärgerlich. Bemüht jugendlich.

    • @Streberin:

      Eben lost!

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Da antworte ich mit Rilke:



    "..



    Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.



    Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,



    wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben.."

    • @4813 (Profil gelöscht):

      lange Briefe schreiben -



      hätt jätt

  • Handgezählte 16 "Ichs". Nein, es geht nicht um Stil und auch nicht um die zwangsläufig aufkommenende Langeweile, es geht um die Art der Weltwahrnehmung der Autorin. Innenansichten, nichts als Innenansichten. Fast wünscht man sich mal eine Art Tagebuch eines netten jungen Nazis, der uns an den Schwierigkeiten teilhaben lässt, die er so mit den Kontaktbeschränkungen hat. Man kann sich vorstellen, dass sich das im Tonfall gar nicht so unterscheidet und das liegt daran, dass beiden vor allem Lamoryanz zugrunde liegt: sich beschweren als Weltanschauung und die diesbezügliche Bestätigung von Gleichgesinnten als Lebensgefühl.



    Und wieso übrigens soll "die Reduzierung von physischem Kontakt gerade für queere ... Menschen" anders sein? Und selbst wenn, würde daraus irgendetwas folgen? Eher nicht. Da ist man schon mal gleichberechtigt und dann ist es auch nicht recht. Nichtmonogame haben es gerade natürlich nicht leicht, nur betrifft dies ja auch Heteros. Nur dass deren Sexualverhalten genausowenig interessiert wie das von Queeren. Die ersatzbefriedigende Kuppelei der Autorin ist auch nicht interessant sondern nur entweder normal oder gerade jetzt eher fragwürdig, scheint auf jeden Fall aber einer gewussen Langeweile zu entspringen. Das Ganze bleibt jedenfalls ein um sich selber Kreisen, der Beitrag ein Nischenprodukt, aus der Nische, für die Nische. So wie sich der Spiegel lange einen Fleischhauer gehalten hat und jetzt einen Blome hält, so hält sich die Taz eine Yagoobifarah. Gut, man nennt es Kolumne, das Problem ist aber trotzdem, dass man so keine neuen Anregungen bekommt oder andere Sichtweisen kennenlernt, sondern nur Blasenwesen in ihrer Blase zuguckt und das ist änlich traurig wie Goldfische in einer Plastiktüte und wenn dann noch jemand "Piranha" darauf schreibt, dann ist es nur noch trauriger.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Gut gepfefferter Kommentar!

    • @Benedikt Bräutigam:

      "... sich beschweren als Weltanschauung und die diesbezügliche Bestätigung von Gleichgesinnten als Lebensgefühl."

      Chapeau. Glänzend auf den Punkt gebracht.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Exakt so ist es!

    • @Benedikt Bräutigam:

      „... sondern nur Blasenwesen in ihrer Blase zuguckt und das ist änlich traurig wie Goldfische in einer Plastiktüte und wenn dann noch jemand "Piranha" darauf schreibt, dann ist es nur noch trauriger.“

      Wie treffend!

    • @Benedikt Bräutigam:

      "......sondern nur Blasenwesen in ihrer Blase zuguckt und das ist änlich traurig wie Goldfische in einer Plastiktüte ......"

      Respekt:



      -Punkt und Nagel getroffen, einfach nur gut. DANKE

  • Statt Leute zu verkuppeln (ja, es gibt dafür schon sehr lange ein Wort, es wird keine neues benötigt), kann man die Zeit auch nutzen, über sich selbst nachzudenken. Es gibt nämlich auch ein Leben jenseits des Spasses.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      das ist lustig weil in dem Kommentar über Ihrem von @HARESU wird Habibitus vorgeworfen, sich zu viel mit sich selbst zu beschäftigen. Die klassischen Ausgrenzungsmechanismen (egal wie das "fremde" Subjekt sich verhält, es kann nicht richtig sein) going wild in diesem netten liberalen Forum..

      • @Lurkus:

        Wo gibt es denn hier ein fremdes Subjekt? Ich kann keins entdecken.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @Lurkus:

        man kann über sich selbst nachdenken ohne zu plappern

  • Wie wäre es mal mit Cybersex?

  • Bless you in the name J.Chr.

  • Bitte wieder mehr Beleidigungen.

  • Einfach nur lost

  • Hallo - heute mal ganz weltlich und terre à terre.



    Sollte ja auch mal gehen? Oder...