Geldwünsche der Krankenkassen: Alle sollten zahlen
Die Coronakrise legt die Schwächen des Nebeneinanders von privater und gesetzlicher Krankenversicherung offen.
D er Verband der gesetzlichen Krankenkassen fordert einen höheren Bundesanteil aus Steuermitteln. Der Grund: Die Krankenkassen befürchten wegen Covid-19 einen Absturz ihrer Beitragseinnahmen. Zum einen liegt das an der zu befürchtenden Insolvenzwelle: Die Unternehmen können ihren Arbeitgeberanteil nicht mehr zahlen oder weigern sich schlicht. Zum anderen trifft die Kassen der Anstieg der Arbeitslosenzahlen und vor allem an Kurzarbeit hart – denn weil Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld niedriger sind als der Lohn, sinken auch die Beitragseinnahmen. Gleichzeitig steigen wegen der Pandemie die Ausgaben. Zwar fallen andere Kosten weg – viele Versicherte scheuen derzeit Arztbesuche, Operationen werden verschoben –, doch unterm Strich dürften die Kassen über Monate hinaus mehr Geld ausgeben müssen.
Die Forderung der Krankenkassen ist richtig. Die Bekämpfung der Pandemie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht nur den Versicherten aufgebürdet werden darf. Durch einen höheren Zuschuss des Staats können steigende Beiträge vermieden werden. Mehr Steuergeld bedeutet zugleich, dass auch die Gutverdienenden und Beamten, die meist privat versichert und damit nicht Teil des Solidarsystems sind, die Lasten mittragen.
Corona ist aber auch ein Anlass, das absurde und sozial ungerechte Nebeneinander von gesetzlichen und privaten Versicherungen, das aus dem 19. Jahrhundert stammt, zu hinterfragen. Aufseiten der gesetzlichen Kassen sind die Beiträge an das Einkommen gekoppelt, die Privaten ziehen für den Beitrag die Lebensumstände heran.
Einen überzeugenden Grund, warum eigentlich Mieteinnahmen, Gewinne oder Zinserträge ausgespart werden, gibt es nicht. Für eine Bürgerversicherung – von der auch kleine Selbstständige profitieren würden – gibt es zwar keine Mehrheiten: Union und FDP sind dagegen, und die Grünen sichern den Privaten trotz ihrer Reformkonzepte Bestandsschutz zu, um ihre Beamtenklientel nicht zu vergraulen. Aber die Krise hat etwas Gutes: Sie legt die Schwächen des bisherigen Systems offen.
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