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Konflikt zwischen Iran und den USAZu weit nach vorn gewagt

Kommentar von Bahman Nirumand

Radikale im Iran haben Rachegelüste geweckt, die sie nicht bedienen können. Die Militärmacht der USA ist größer.

Reste einer Rakete in Erbil Foto: Al-Baghdadi township via afp

E s scheint, als habe es bei dem iranischen Raketenangriff auf Militärstützpunkte im Irak tatsächlich keine Toten gegeben. Sollte Iran sich jetzt mit diesem Vergeltungsschlag begnügen, könnte die Welt erst einmal aufatmen. Iran hatte zunächst von 80 Toten gesprochen, am Mittwoch bekräftigte US-Präsident Trump dann öffentlich, dass keine Personen zu Schaden gekommen seien.

Die Frage, ob sich Teheran mit diesem Angriff begnügen wird, bleibt indes unbeantwortet. Irans Revolutionsführer, der in der Islamischen Republik bei wichtigen Entscheidungen das letzte Wort hat, erklärte Stunden nach dem Angriff, es habe sich um eine „erste Ohrfeige“ gehandelt. Die Tötung General So­lei­manis sei ein „zu wichtiges Ereignis gewesen, die Rache dafür sieht anders aus“. Es gelte, „der verderblichen Präsenz der Amerikaner in der Region ein Ende“ zu setzen.

Ganz anders klingt eine Stellungnahme des als gemäßigt geltenden Außenministers Sarif. Iran habe zur eigenen Verteidigung „verhältnismäßig“ reagiert und damit die Sache abgeschlossen, twitterte er. „Wir streben keine Eskalation an, aber wir werden uns gegen jede Aggression verteidigen.“

Rachegelüste, die nicht leicht zu bremsen sind

Mit der Mobilisierung von Millionen, die mit erhobenen Fäusten auf Irans Straßen tagelang „Tod den USA!“ und „Tod Israel!“ skandierten, haben die Radikalen Rachegelüste geweckt, die nicht leicht zu bremsen sein werden. Aber das Regime kann die selbst erzeugten Erwartungen nicht erfüllen. Chamenei und die Revolutionsgarden wissen wohl, wie gering Irans Militärmacht im Vergleich zu der der USA ist und dass sie bei weiteren Attacken eine beträchtliche Zerstörung ihres Landes riskieren würden. Sie haben sich verbal zu weit nach vorn gewagt und müssen jetzt leiser treten. Zwar hat Trump am Mittwochnachmittag keine neuen Militärschläge angekündigt, wohl aber weitere Wirtschaftssanktionen, die das Regime empfindlich schwächen könnten.

Von den Massen, die an den Trauerfeiern teilnahmen, dürfen sich die Vertreter des Regimes nicht blenden lassen. Zwar haben Mil­lio­nen sich in diesen bedrohlichen Tagen hinter die Staatsführung gestellt. Doch es sind zum Teil dieselben, die im November zu Hunderttausenden gegen das Regime auf die Straße gegangen sind. Ihre Probleme sind nach wie vor nicht gelöst. Ihre Teilnahme an den Trauermärschen erfolgte nicht aus Solidarität mit den klerikalen Machthabern, sondern aus Protest gegen die Arroganz einer Großmacht, die sich erlaubt, das Völkerrecht zu umgehen, wann immer es ihren Interessen dient.

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19 Kommentare

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  • Die USA haben jemanden getötet, der wahrscheinlich mit vielen in hohen Positionen befreundet war. Dadurch haben sie den Konflikt persönlich gemacht. Und noch das Gesicht von Trump als Feindbild geliefert.

    Besser kann man einen endlosen Konflikt kaum schüren.

  • Ich wage zu bezweifeln, dass der General Soleimani wirklich so beliebt war. Vielleicht bei den Revolutionsgarden die er befehligte, aber sonnst?



    Jemand der sich dank bewaffneter Truppen zum 2'ten Mann im Staate hochgearbeitet hat, wird auch sehr viele Feinde im eigenen Lager haben. Er, der Treiber Iranisch-Religiöser Expansionsgelüste in den Nachbarländer, war der Hauptgrund für den Unfrieden in der Region.



    Würde mich nicht wundern, wenn die Amis einen Tipp aus den Regierungskreisen im Iran bekommen hätten, 'Passt mal auf, der Kerl landet dann und dann an diesem Flughafen im Irak.'

    • @chinamen:

      Sie machen wilde Spekulationen, um Ihr eigenes Weltbild zu retten. Aber Militärs können durchaus beliebt beim Volk sein. Ich erinnere an Rommel, Eisenhower oder bis kürzlich General Petraeus. Und selbst für oppositionelle Iraner dürfte das willkürliche Hinmorden ihrer Staatsspitzen durch eine fremde Macht eine unhaltbare Provokation sein.

    • @chinamen:

      "Würde mich nicht wundern, wenn die Amis einen Tipp aus den Regierungskreisen im Iran bekommen hätten, 'Passt mal auf, der Kerl landet dann und dann an diesem Flughafen im Irak.'"

      Falsch. Der war halboffiziell da, um unter Vermittlung des Irak mit dem Erzfeind und US-Verbündeten über Frieden zu verhandeln. Das passt natürlich nicht so gut, wenn man Öl haben und Waffen verkaufen will.

      twitter.com/Mustaf...213822979882143744

      • 9G
        97287 (Profil gelöscht)
        @Hannes Hegel:

        Wer bitte braucht im Westen Iranisches Öl? Hier ging es eher um späte Rache und Expansionsgelüste. Der Irak- Iranische Krieg liegt ja noch nicht solange zurück und die Iraner waren ja fast schon mal in Basra. Das Märchen vom Öl geistert schon seit Jahren durch die Welt. Mit den Kosten des Krieges gegen Saddam und den Kosten der Hilfe und Stationierung hätten sicherlich 10 % der weltweiten Ölförderung bezahlt werden können. Vor allem da Venezuela ja auch nicht mehr groß fördert. Nein es wird schon noch andere Gründe geben, vor allem wenn man bedenkt, dass Baschar al Assad immer noch lebt.

        • @97287 (Profil gelöscht):

          Es geht nicht darum, wer das Öl bekommt, sondern in welcher Währung dies gehandelt wird. Russland, Venezuela, Iran und Lybien unter Gaddafi hatten sich vom Petrodollar abgewendet und damit dessen Status als Weltleitwährung gefährdet. Wie die dünnhäutige Reaktion des Hegemons zeigt ist dies seine Achillesferse.

      • @Hannes Hegel:

        Wenn das wirklich eine Friedensmission war, dann wirft das ein ganz übles Bild auf die Amis. Ein früherer Chef von mir hätte da ganz richtig gesagt 'It's a dirty business'.

        • @chinamen:

          Gott ist das unwahrscheinlich. Die Geostrategie der USA hat ja oft Rücksicht genommen.

        • @chinamen:

          Nach allem, was heute bekannt ist, war er in der Tat auf einer Mission zur möglichen Deeskalation. Es darf vermutet werden, dass die USA kein Interesse daran haben. So, wie die USA kein Interesse daran haben, dass es zwischen der EU, insbesondere D und Russland, partnerschaftlich zugeht.

  • Ich mag eigentlich keine Kriegsvergleiche; aber dennoch: ich erinnere mich recht gut daran, wie sich die Nato Anfang der 90er an dem kleinen Serbien fast die Zähne ausgebissen hätten.



    Und die alliierten Bombenangriffe auf das dritte Reich haben nur im Nachhinein das angestrebte Change-Regime tragen, aber kaum voran treiben können...



    Von da her wäre ich nicht zu optimistisch, eine westliche Überlegenheit gegen den Iran zu fabulieren.



    Reagens Einmarsch in Grenada war der letzte militärische Erfolg.



    Aber da der Irak für den Westen scheinbar keine Lehre zu sein scheint...

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @Vidocq:

      Ganz heißes Pflaster.

      Das Einzige was die westlichen Angriffe sowohl im Kosovo als auch im Irak/Afghanistan-Krieg zurückgehalten hat, war die eigene politisch beeinflusste Strategie mit einem Minimum an eigenen Opfern auszukommen. Quasi eine Schonung der eigenen Ressourcen.

      An dieser Strategie etwas zu ändern geht relativ schnell. Unterschätzt nicht die Möglichkeiten der Medien bzw. Staatenlenker, wenn es darum geht Informationen zu bewerten. Siehe Trump oder BILD.

  • 8G
    88059 (Profil gelöscht)

    Absolut richtige Analyse. Wann hätte sich eine überlegene Macht je einer unterlegenen gegenüber geschlagen gegeben, zumal die USA?

    Sicher nicht in Vietnam, auch nicht in Afghanistan da nicht im Irak - und im Iran sicher auch nicht. Gerade jetzt, wo das Land geradezu kriegsgeil ist und die Welt geschlossen hinter dem besonnenen und absolut unumstrittenen Strategen im Weißen Haus steht.

    Der Iran kann da nur verlieren...

  • Dass es im Iran innen keinen Druck gibt, wie es in der Kommentarspalte anklingt. bezweifle ich, im taz Text selber lese ich Anderes vom Autor fundiert argumentiert. Die Mobilmachungs-, Rüstungsetats, Einsätze der Revolutionsgarden im Ausland verschlingen Unsummen. Die USA haben Endlos Kriege auf ihre Fahne geschrieben, innenpolitisch Druck im Sinne von Zusammenhalt gegeneinander stehende Interessen überbrückend, militaristisch mit einem Rüstungsetat 700 Milliarden $/anno solange es nur geht, ohne Exit Programm zu erzwingen. Das Gleiche praktiziert der Iran nach Zerschlagung des Irak durch die Koalition Williger der USA 2003 ebenfalls ohne Exit Programm.

    Trump hat ein Problem, er will sein Wahlversprechen 2016 einlösen, US Boys Coming Home in Splendid Isolation zu schicken. Er weiss nur nicht, wie das gegen das Pentagon, den Kongress geschehen könnte, also hofft er, der Irak schmeißt die US Boys and Friends samt Bundeswehr dann endlich aus dem Land, wenn die USA, unabgestimmt mit Verbündeten, voran Irak Regierung, Parlament operativ gegen Revolutionsgarden des Iran agieren, wie geschehen.

  • Das sehe ich völlig anders. Das militärische Potential der USA ist in diesem Konflikt nachrangig, Trump hat heute gekniffen, weil er genau weiß, dass er nichts zu gewinnen hat und dass ihm die gesamte Region um die Ohren fliegt wenn er jetzt nicht bremst. Der Iran hingegen ist ziemlich stabil, inneren Druck gibt es nicht, "Moderate" und "Hardliner" sind sich einig wie lange nicht mehr. Auf jeden Schlag setzt man einen Gegenschlag, mehr ist nicht nötig und das ist eine klare, durchhaltbare Strategie,mit der man die Schuld für weitere Eskalationen dem Gegner zuschieben kann.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    die welt ist geteilt - in böse und böse.



    da fällt daumendrücken wirklich schwer.



    wer am häufigsten böse und terrorist sagt, ist letztlich immer selbst gemeint.

  • Wer versteht schon Hip Hop.

  • Genau so ist das, kluger Kommentar.

    • @Tom Farmer:

      Ja, die USA spielen ein großes Klavier. Nicht jedes Klavier klingt wie ein Flügel, aber die Ablehnung, die die USA jetzt schon in ihrem Image erfahren, ist so hoch, daß sogar McDonald's in die Pleite steuert. Mehr Tasten als ein Flügel hat ein Klavier auch nicht. Der Flügel klingt natürlich lauter. Die amerikanische Rüstung ist teuer. Die Soldaten sind wertvoll. Waffen sind nicht dazu da, irgendwo einen projezierten Krieg zu führen. Da steht keine persische Armee in Mexiko oder Kanada und will morgen früh das Land überfallen. Was wollen die Amerikaner da? Ohne sie waren die Perser ungefähr 5000 Jahre ein friedliches Volk. Selbst der Schah half mit dem persischen Korridor Freund Stalin zu unterstützen. In Persien wohnen immer noch die gleichen Perser. Das Britische Museum in London zeigt die Perser als Hochkonjunktur. Das Gesicht der amerikanischen Ölinteressen, Pompeo, hätte gerne die Quellen in Erbil und Kirkuk für sich. Dafür macht aus US-Sicht sogar ein Kurdistan Sinn. Es geht um Öl, um Öl und um Öl.



      Alles andere ist inszeniertes Theater, auch der böse, böse Iran. Was tut man nicht alles für das Geld, dürfen sich die Amerikaner sagen. Hätten wir auf der Erde nur Windkraft- und Solaranlagen. Die USA säßen friedlich im Sessel, vielleicht ginge es dann wieder um Wasser und wer die Nahrung kontrolliert. Mehr Umweltschutz und weniger Verschwendung könnten auch das besiegen. Die Freunde Stalins träfen sich dann vielleicht tatsächlich nur zum Golfen mit anschließendem Buffet. Sobald, Öl, Getreide und Reis sich nicht mehr lohnen wird Gold so knapp wie Kupfer ist, wird der Krieg vielleicht aufhören. Die Amerikaner haben verdient nicht mehr von der Kundschaft in Eppsteins Adressbuch ausgeplündert zu werden. Wer mit Waffen Geld verdienen will, soll eine Schießbude aufmachen. Mir fällt auch nichts ein, was die Bundeswehr nicht zum halben Preis bei wenigstens gleicher Qualität nicht auch in Korea bekommt. Hier nennt man das Interessen. Doch wer soll Deutschland überfallen?

      • 7G
        74450 (Profil gelöscht)
        @Nik...:

        "Was wollen die Amerikaner da? Ohne sie waren die Perser ungefähr 5000 Jahre ein friedliches Volk."

        Wirklich? Das waren ganauso Imperialist*innen wie die USA heute. ;)

        de.wikipedia.org/wiki/Perserkriege