Raketenangriff auf US-Stützpunkt: Angst vor Eskalation wächst

Die EU und die Türkei bitten um Deeskalation im Konflikt zwischen dem Iran und den USA. Beide behalten sich neue Angriffe vor. Viele Airlines meiden den Luftraum.

Mann schwenkt eine Fahne, auf der Straße kleine Feuer

Besorgnis auch im Irak: Demonstration gegen den iranischen Raketenangriff in Bagdad Foto: ap

Brüssel dpa/ap/afp/taz | Nach dem iranischen Vergeltungsangriff auf US-Soldaten im Irak wächst die Angst vor einem neuen Krieg im Nahen Osten. PolitikerInnen unterschiedlichster Couleur warnten vor einer weiteren Eskalation. Der Iran hatte keinen Zweifel gelassen, dass es eine Vergeltungsaktion für die gezielte, von Trump angeordnete Tötung seines Generals Qasim Soleimani war.

„Der Gebrauch von Waffen muss jetzt aufhören, um Raum für Dialog zu schaffen“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch nach einer Sondersitzung der EU-Kommission. Alle seien dazu aufgerufen, Gespräche wieder aufleben zu lassen. „Und davon kann es nicht genug geben.“ Die EU könne dabei auf ihre ganz eigene Weise beitragen. Man habe bewährte Beziehungen zu vielen Akteuren in der Region und darüber hinaus, um zur Deeskalation beizutragen. „Die aktuelle Krise betrifft nicht nur die Region, sondern uns alle.“

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu will am Donnerstag in den Irak reisen und sich um Deeskalation bemühen. Das teilte sein Ministerium mit. Çavuşoğlu habe zudem bereits mit seinem iranischen Kollegen Dschawad Sarif telefoniert.

Auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte vor einer weiteren Eskalation – verbunden allerdings mit einer klaren Drohung Richtung Iran. „Wer versucht, uns anzugreifen, wird den vernichtendsten Schlag verkraften (müssen)“, sagte Netanjahu am Dienstag bei einer Rede in Jerusalem. Der Regierungschef lobte erneut das Vorgehen der USA und erklärte, Israel stehe an der Seite der Vereinigten Staaten.

Iran droht weiter

Der Oberste Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chameinei, bezeichnete die Angriffe auf den Luftwaffenstützpunkt Ain al-Assad und eine Basis der internationalen Koalition gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat im nordirakischen Erbil als „Schlag ins Gesicht“ der Amerikaner. Doch „diese militärischen Aktionen sind nicht ausreichend (für Rache). Wichtig ist, dass die korrupte Präsenz Amerikas in der Region zu einem Ende kommt.“

Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif twitterte, Teheran habe „angemessene Maßnahmen zur Selbstverteidigung“ ergriffen „und beendet“. Teheran wolle keine weitere Eskalation, würde sich aber gegen weitere Aggression verteidigen.

US-Präsident Donald Trump hatte nach dem nächtlichen Raketenangriff zunächst gelassen reagiert und eine Ansprache im Lauf des Mittwochs angekündigt.

Airlines meiden die Region am Golf

Unmittelbare Konsequenzen zog die zivile Luftfahrt: Viele Fluggesellschaften, darunter die Lufthansa, setzten ihre Flüge in der Region aus. Die US-Luftfahrbehörde FAA hatte alle amerikanischen Fluggesellschaften und Piloten angewiesen, nicht mehr in den irakischen und iranischen Luftraum und auch nicht über bestimmten Regionen am Persischen Golf zu fliegen.

Aber auch nichtamerikanische Airlines meiden das Gebiet. So stoppte die französische Fluggesellschaft Air France als „Vorsichtsmaßnahme“ bis auf Weiteres Überflüge über dem Iran und Irak, ebenso die Schwestergesellschaft KLM aus den Niederlanden. Die polnische LOT leitet bereits seit dem Wochenende ihre Flüge um. Emirates aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Flydubai erklärten am Mittwoch, sie hätten ihre Flüge nach Bagdad aus „operationellen Gründen“ gestrichen.

Auch Qantas aus Australien, Singapore Airlines, Malaysia Airlines und die indischen Airlines Air India und Air India Express teilten mit, sie hätten ihre Flüge über der Golfregion bis auf Weiteres umgeleitet.

Für zusätzliche Nervosität sorgte der Absturz einer ukrainischen Passagiermaschine kurz nach dem Start in Teheran, bei dem alle 176 Insassen ums Leben kamen. Ukrainische und iranische Stellen gingen aber von einem technischen Versagen und nicht von militärischer Gewalt als Absturzursache aus.

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