Antifa-Sticker in Hamburger Schule: Schulleitung wehrt sich gegen die AfD
Nach der Entfernung der Antifa-Sticker in der Hamburger Ida Ehre Schule stellt sich die Schulleitung hinter ihre Lehrkraft und ihre Schüler*innen.
Dass antifaschistische Äußerungen „in eine linksextreme Ecke gedrängt werden, halten wir für sehr bedenklich und auch nicht mit unserer Verfassung vereinbar“, heißt es in einer Erklärung der Landesvorsitzenden Anna Gallina und der Sprecherin der Grünen Jugend, Emilia Fester. Lehrer*innen seien durch das Schulgesetz und die Verfassung darauf festgelegt, für Menschenrechte und Demokratie einzustehen und gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und diskriminierende Positionen aufzutreten.
Die Kritik der AfD an der Schule, antifaschistische Gruppen zu protegieren, hatten verschiedene Medien aufgegriffen. „Wir sind entsetzt über den Umgang von Teilen der Presse mit den erhobenen Vorwürfen“, heißt es in einer Erklärung der Schulleitung. Ohne das die Schule Zeit bekommen hätte „faktenbasiert zu antworten“ hätte einzelne Medien „die Sichtweise“ und „Wortwahl der AfD“ übernommen.
Ausgelöst hatte die Auseinandersetzung eine Kleine Anfrage der Hamburger AfD-Abgeordneten Alexander Wolf und Detlef Ehlebracht. Die Antwort des Senat hätte – so Wolf – offenbart, „wie Linksextremisten an einer Schule ungehindert ihre Ideologie verbreiten und Schüler für ihre gewaltorientierte Organisation rekrutieren“ könnten. Wolf, Alter Herr der rechtsextremen Burschenschaft Danubia, wetterte gleich weiter über ein „links eingestelltes Lehrerkollegium“ und ein „linksextremes Netzwerk“.
SchülerInnen des Hamburger Gymnasiums Allee
Der „entscheide Hinweis“ sei über der „AfD-Portal ‚Neutrale Schule Hamburg‘“ gekommen, schreibt die AfD. Seit September vergangenen Jahres betreibt die Fraktion das Portal, auf dem „Verdachtsfälle“ von Verstößen gegen das Neutralitätsgebot an Schulen gemeldet werden können.
Dort wurde unter anderem eine „Antifa-Area“ mit Aufklebern auf einer Pinnwand in einer zwölften Klasse gemeldet, ein „A.C.A.B.“-Schriftzug (All Cops Are Bastards) im Treppenhaus sowie ein Foto von einer Gruppe mit einem Transparent „Politische Aufklärung statt rechte Petze – und erst recht keine Hetze! AAO“.
Im der ausführlichen Stellungnahme legt die Schule nun dar, das die „monierte Aufklebersammlung“ im Rahmen eines Projekts des „Oberstufenprofils ‚Sich Einmischen – Kunst als kulturelle Kompetenz‘“ im Kontext der Europawahl gesammelt und hinterfragt werden sollte. Sexistische oder anderswertig diffamierende Bilde oder Texte seien untersagt gewesen. Die Wand sei mit den SchülerInnen besprochen worden.
Rückendeckung für Lehrer und Schüler*innen
„Der Lehrkraft ist nichts vorzuwerfen“, schreibt die Schulleitung. Die beanstandeten Aufkleber seien in einer „nicht öffentlich einsehbaren“ Sitzecke angebracht gewesen, die Schulleitung trüge die Verantwortung für ihre Entfernung. Das Foto der Gruppe AAO (Antifa Altona Ost) hätten die erwachsenen Schüler für den Wettbewerb „protest.suchtmotiv.de“ aufgenommen, der auch von der Stadt Hamburg ausgeschrieben worden ist. Die Raumnutzung sei abgesprochen gewesen.
In der Stellungnahme hält die Schulleitung „Teilen der Presse“ vor, für die „‚schnelle‘ Aufmerksamkeit“ einige „Halbwahrheiten“ verbreitet zu haben. „Unsere Schüler*innen“ wurden „in der Presse kriminalisiert und unsere Kolleg*innen entweder als naiv oder linksextrem bezeichnet“.
Man sei auch als „Schulleitung stolz, Teil einer politischen, antifaschistischen Schulgemeinschaft zu sein, die alles daran setzt, dazu beizutragen, Schüler*innen zu befähigen, die Geschicke der Welt als mündige Bürger*innen im Rahmen einer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung zu einem Besseren zu entwickeln“.
Solidarität von Schulen und Verbänden
Inzwischen haben sich zahlreiche Schulen und Verbände mit der Schule solidarisiert. So erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Erziehungsgewerkschaft GEW, Frederik Dehnert: „Antifaschistisches Engagement an Schulen ist gemäß Bildungsauftrag legitim und wird von der GEW ausdrücklich begrüßt.“ Dabei müssten „sowohl Kontroversität gelten als auch Überwältigung vermieden werden“.
Auch Hamburger SchülerInnen stellten sich auf die Seite der Ida Ehre Schule. In einer Solidaritätserklärung von SchülerInnen des Gymnasiums Allee heißt es: „Sich gegen Rassismus und soziale Missstände auszusprechen, ist kein Linksextremismus und erst recht kein Verbrechen, sondern gerade bei der heutigen politischen Lage, in der eindeutig völkischnationalistische Parteien wie die AfD im Bundestag sitzen, wichtiger denn je.“
In einem offenen Brief halten LehrerInnen der Julius-Leber-Schule der AfD vor, Schulen mit dem Meldeportal bewusst einschüchtern zu wollen. Sie fordern die Schulbehörde auf, betroffene KollegInnen „zu schützen“.
An der Ida Ehre Schule hat die Behörde die Pinnwand schnell entfernen lassen. Eine Überreaktion? „Das möchte ich so nicht bewerten“, sagt Peter Albrecht, Pressesprecher der Schulbehörde. Nach der ersten Faktenlage habe man richtig gehandelt.
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