Angriffe auf israelische Fans: Sie dachten, sie führen zum Fußball
Anhänger von Maccabi Tel Aviv wurden durch Amsterdam gejagt. Judenhasser sehen den Sport als ihr Kampffeld.
I n diesem Kommentar geht es um die unglaublichen Ausschreitungen, denen Fans von Maccabi Tel Aviv am Donnerstagabend in Amsterdam ausgesetzt waren. Und dennoch beginne ich mit einer bescheidenen Bitte an die lieben Medienkollegen. Es waren keine „propalästinensischen Demonstranten“, wie allenthalben zu lesen ist, die nach einem Fußballspiel Jagd auf Israelis und auf niederländische Juden gemacht haben. Mit einem Kampf für eine gute Zukunft einer künftigen Republik Palästina hat das nichts zu tun.
Es sind schlicht antisemitische Angriffe, es ist Judenhass.
Etliche Augenzeugen sprechen von einer Wiederauflage der Novemberpogrome, die sich zum 86. Mal jähren. Die Historikerin und Antisemitismusbeauftragte des US-Außenministeriums, Deborah Lipstadt, sieht Angriffe, „die auf schreckliche Weise an ein klassisches Pogrom erinnern“. Auch die vielen via Social Media verfügbaren Videos legen diesen traurigen Schluss nahe.
Ein Denkfehler
Gegen Ajax Amsterdam, ein Klub, der stolz ist auf sein jüdisches Image, trat Maccabi Tel Aviv in der Europa League an, und der traditionsreiche niederländische Verein gewann souverän 5:0. Nichts, was die mitgereisten israelischen Fans wirklich geschockt hätte.
Schon vor dem Spiel waren sie allerdings Attacken ausgesetzt. Nicht von Ajax-Fans, sondern von solchen Leuten, die als „propalästinensische Demonstranten“ gelten. Aus diesem Milieu war sogar eine Kundgebung unmittelbar vor der Johan-Cruyff-Arena angemeldet worden, die die Behörden verlegten.
Von solchen Aktivisten ist zu hören, Maccabi-Fans hätten angefangen. Videos belegen etwa „Fuck you, Palestine“-Rufe. Nicht schön, gewiss, aber solche verbalen Attacken gehören zum üblichen Fanscharmützel vor großen Partien. Die Fans hatten halt gedacht, sie reisten zu einem Fußballspiel. Ein Denkfehler.
Die brutalen Angriffe, die folgten, hatten mit üblichen Fußballauseinandersetzungen nichts zu tun. Die Polizei griff ein, auch wenn viele Israelis sie oft vermissten. Der niederländische Rechtsaußenpolitiker Geert Wilders verstieg sich zu der Behauptung, die Niederlande seien zum „Gaza Europas“ geworden. Das ist in jeder Hinsicht falsch, aber Wilders’ antimuslimische Hetze darf ja nicht als Grund genommen werden, israelische Fußballfans anzugreifen.
Und wie reagierte Israels – bekanntlich rechte – Regierung? Sie handelte nach dem, was tatsächlich Staatsräson ist. Sie organisierte Hilfe, richtete eine Hotline ein, schickte zwei Flugzeuge, um die Fans nach Hause zu holen. Kurz: Sie tat das, was ein ganz wesentlicher Grund ist, warum es Israel geben muss. Sie präsentierte den jüdischen Staat als Heimstatt für bedrohte Juden in aller Welt.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, dass es am Freitagabend zu Ausschreitungen gekommen wäre. Richtig ist, dass es am Donnerstagabend, 7.11.24, zu der Gewalt kam. Wir bitten, dies zu entschuldigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung