Amnesty-Jahresbericht über Hinrichtungen: Wenige Länder töten wieder mehr

Enthaupten, erhängen, erschießen, vergiften: Amnesty stellt Bericht zu Hinrichtungen 2021 vor. Besonders Iran und Saudi-Arabien sind im Fokus.

Galgen aus Holz

Demonstration für die Abschaffung der Todesstrafe im Iran 2021

BERLIN taz | Nur noch 18 Länder der Welt haben im vergangenen Jahr Menschen hingerichtet – genauso wenige wie im Vorjahr, ein Tiefstand, seit die Menschenrechtsorganisation Amnesty International damit begonnen hat, gerichtlich angeordnete Exekutionen Jahr für Jahr zu dokumentieren.

Dennoch ist die Zahl der Hinrichtungen gestiegen, wie aus dem an diesem Dienstag vorgestellten Jahresbericht 2021 hervorgeht, und zwar von 483 dokumentierten staatlichen Tötungen 2020 auf 579 im vergangenen Jahr. Insbesondere im Iran (246 im Vorjahr, 314 im Jahr 2021) und Saudi-Arabien (von 27 auf 65) stieg die Zahl der Hinrichtungen deutlich an.

Dabei kann Amnesty auch dieses Jahr das Land mit der vermutlich weltweit größten Zahl an Hinrichtungen gar nicht exakt dokumentieren: In China werden Todesurteile und vollzogene Exekutionen als Staatsgeheimnis behandelt, es gibt weder offizielle noch sonst irgendwie nachprüfbare Angaben. Da Amnesty von Tausenden Hinrichtungen im bevölkerungsreichsten Land der Erde ausgeht, sind die im Jahresbericht genannten Zahlen stets nur ein Bruchteil des tatsächlichen Geschehens.

Vier Hinrichtungsarten stellt Amnesty fest: Während nur Saudi-Arabien noch die Enthauptung praktiziert, werden Menschen in Belarus, China, Jemen, Nordkorea und Somalia erschossen, in Ägypten, Bang­ladesch, Botsuana, Irak, Iran, Japan, Südsudan und den Vereinigten Arabischen Emiraten erhängt und in China, den USA und Vietnam kommt die Giftspritze zum Einsatz.

Aber auch positive Entwicklungen auf dem Weg zu einer weltweiten Ächtung der Todesstrafe kann Amnesty verzeichnen: Mit Virginia etwa hat im vergangenen Jahr der 23. US-Bundesstaat – und der erste Südstaat – die Todesstrafe abgeschafft, auf US-Bundesebene gibt es seit Juli 2021 ein Moratorium. Das Parlament von Sierra Leone verabschiedete einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Todesstrafe, in Kasachstan erhielt ein entsprechender Entwurf schon Gesetzeskraft. In Ghana, der Zentralafrikanischen Republik, in Papua-Neuguinea und Malaysia sind ähnliche Prozesse im Gange.

Dennoch warnt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland: „Nach dem niedrigsten Stand von Hinrichtungen im Coronajahr 2020 wurden 2021 wieder deutlich mehr Menschen durch Staaten hingerichtet. Verantwortlich dafür ist weiter die kleine Gruppe unbelehrbarer Staaten, die an diesen grausamen und unmenschlichen Tötungen festhält, unter anderem Iran und Saudi-Arabien, die staatliche Exekutionen im letzten Jahr stark ausgeweitet haben.“

Auch in den ersten Monaten des Jahres 2022 habe sich dieser Trend fortgesetzt: Saudi-Arabien etwa ließ im März an einem einzigen Tag 81 Menschen hinrichten. Das Engagement gegen die Todesstrafe dürfe nicht nachlassen, bis sie endgültig der Vergangenheit angehöre.

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