piwik no script img

Altersarmut in DeutschlandLinke fordert höheres Rentenniveau

Jeder Vierte erhält nach 45 Arbeitsjahren weniger als 1.300 Euro Rente, teilt das Arbeitsministerium mit. Linke für Kehrtwende in der Rentenpolitik.

Renten: Im Westen höher als im Osten, bei Männern höher als bei Frauen Foto: Felix Kästle/dpa

Berlin dpa | Mehr als jede und jeder Vierte mit mindestens 45 Jahren in der Rentenversicherung erhält in Deutschland unter 1.300 Euro Rente im Monat. Im Schnitt bekommen die mehr als 5,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner mit mindestens 45 Versicherungsjahren 1.668 Euro Rente ausgezahlt. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Frage des Linken-Abgeordneten Dietmar Bartsch hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.

Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede und ein Ost-West-Gefälle. Im Westen liegt die durchschnittliche Rente nach 45 Jahren bei 1.729, im Osten bei 1.527 Euro. Am meisten ist es mit 1.787 Euro in Hamburg, Schlusslicht ist Thüringen mit 1.491 Euro.

Männer bekommen im Schnitt mehr als Frauen

Männer mit mindestens 45 Versicherungsjahren bekommen im bundesweiten Schnitt 1.778 Euro. Bei den Frauen liegt die ausgezahlte Rente im Schnitt bei 1.449 Euro.

Bartsch sagte der dpa: „Wenn jeder vierte Rentner nach 45 Jahren Arbeit mit weniger als 1.300 Euro Rente auskommen muss, ist das ein Armutszeugnis für die Politik, einer offensichtlich verkehrten Rentenpolitik.“ Die durchschnittliche Rente zeige, „wie unzureichend die gesetzliche Rente das finanzielle Auskommen im Alter sichert“.

Von Kleinstrenten bis zu hohen Beträgen

Die Regierung weist allerdings darauf hin, dass die Zahlen die finanzielle Situation der Betroffenen nicht komplett darstellten. So verteile sich die Höhe von Kleinstrenten bis hin zu hohen Rentenbeträgen.

Nach Angaben des Ministeriums liegt dies auch an der Zusammensetzung der angefragten Zeiten: „Vergleichsweise geringe Renten können auch bei 45 Versicherungsjahren auftreten, da hierzu nicht nur Beitragszeiten, sondern auch beitragsfreie Zeiten zählen.“ Aufgezählt werden unter anderem Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung oder der Arbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeld. Teilzeit könne auch eine Rolle spielen.

„Niedrige Rente sagt wenig über Lebensstandard“

Darüber hinaus weist die Regierung auf den Unterschied zwischen Rente und Einkommen insgesamt hin: „Eine niedrige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sagt aber grundsätzlich wenig über den Lebensstandard im Alter aus, da weitere Einkünfte und das Haushaltseinkommen insgesamt relevant sind.“

Zum Beispiel haben Frauen nur eine geringe Rente, wenn sie jahrelang als Ehepartnerin ohne eigenes Erwerbseinkommen geblieben sind – auch wenn sie beispielsweise mit dem Partner über ein auskömmliches gemeinsames Haushaltseinkommen verfügen.

Bartsch fordert Kurswechsel

Bartsch bekräftigte Linke-Forderungen nach einer Kehrtwende in der Rentenpolitik. Während das Rentenniveau in anderen europäischen Ländern über 80 Prozent liege, müssten Rentnerinnen und Rentner in Deutschland millionenfach mit Minirenten auskommen, sagte der Politiker. „Die von der Bundesregierung versprochene „Stabilisierung“ des Rentenniveaus ist in Wahrheit keine gute Nachricht, sondern vor dem Hintergrund der Realität eine Drohung, dass alles bleiben soll, wie es ist.“ Bartsch forderte, dass alle Erwerbstätigen in die Rentenkasse einzahlen sollten, nicht nur abhängig Beschäftigte.

Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) hatte Ende Juni den Entwurf für ihr erstes Rentengesetz vorgelegt. Das Rentenniveau soll bei 48 Prozent stabilisiert bleiben. Die Rentnerinnen und Rentner können deshalb trotz Älterwerdens der Gesellschaft auf steigende Renten hoffen.

Das Rentenniveau gibt das Verhältnis der Renten zu den Löhnen an – ist dieses stabil, hinken die Renten den Löhnen nicht hinterher. Während die Arbeitgeber die damit verbundenen Milliardenkosten kritisieren, fordern die Gewerkschaften ein deutlich höheres Rentenniveau.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

39 Kommentare

 / 
  • Die Rente ist zu niedrig. Sie ist viel zu niedrig. Die Menschen, die als anhängig-beschaftigte den Wohlstand erzeugen, geraten im Alter schnell unter Druck, ganz besonders, wenn sie Mieter sind und in einer Großstadt leben. Natürlich gibt es Menschen, die geerbt haben, aber wie viele sind das denn?

  • Der M*st mit den ausgeuferten 'Minijobs'. Der Arbeitgeber spart sich die Abgaben, und zahlen tun es die anderen Arbeitnehmers/Rentners später mit, wenn da kein Geld geklebt wurde.

  • Typische Forderung in diesem Land ist, Lösungen schnell zu fordern, wenn das Problem unübersehbar geworden ist. Jetzt geht's letztlich vor allem über die Köpfe hinweg und zulasten der jungen Generation. Also Junge doppelt gearscht! Vorschläge liegen auf dem Tisch (siehe Wirtschaftsweisen), Ausgleich zwischen hohen und niedrigen Renten innerhalb der aktuellen Rentnergeneration, denn die haben es verbockt.



    Junge und aktuell alle Steuerbürger sind zu entlasten. Schlimm genug, dass aus Steuermitteln schon viele Mrd im Jahr in das System fließen und dann woanders fehlen.

    • @Tom Farmer:

      Das haben wir jetzt davon, wenn die " kleinen Leute " Parteien wählen die nicht ihre Interessen vertreten, dann müssen wir mit unseren Steuern aushelfen. Aber die Leutz begreifen es einfach nicht.

      • @Alex_der_Wunderer:

        Nein, keine Partei hat die Vorschläge der Wirtschaftsweisen thematisiert oder ernsthaft eruiert. Also konmte man auch gar nicht an der richtigen Stelle das Kreuz machen bei der Wahl. Auch nicht die FAZ oder TAZ oder sonstwer. Und genau das ist ein Problem!

  • Wir hatten in der Vergangenheit etliche Rentenreformen. Zum Beispiel wurden eine Schulausbildung und eine Hochschuleausbildung nur noch eingeschränkt rentenwirksam berücksichtigt. Im Osten waren die Gehälter geringer. - 1300 EUR Rente klingen gut - habe ich nicht. trotz Hochschulausbildung und zeitweise adäquater Tätigkeit,dabei letztlich im Osten kein Fußfassen. Jetzt werden es 1.140,00 bei Renteneintritt im Regelalter, also jenseits der 65.

  • Da sollte sich die " politische Mitte " der Wähler, einmal herzlich bei ihren Politikern der " politischen Mitte " bedanken. Selber Schuld - möchte man da doch mal liebevoll meinen 😂🤣😅🤣

  • Gerechter wäre ein Rentensystem, das auf mehreren Säulen basiert wie in der Schweiz. Eine staatliche Grundrente, die einen auskömmlichen Mindestsatz und sinnvollen Höchstsatz bietet. Beitragsfinanziert. Dann eine zweite Säule, die aus Betriebsrente uä berechnet obendrauf kommt, und eine weitere Säule, die privat finanziert wird, zb über Aktienkauf. Auf Säule 2 und 3 muss je nach Höhe Steuer gezahlt werden, auf 1 nicht. Wäre gerechter. Ich kenne viele, die auf viele Beitragsjahre kommen und trotzdem bei 900€ landen. Ist dann sehr bitter.

    • @Karla Columna:

      Darum braucht es ersteinmal eine Entlohnung, die sich auch unter der Bezugnahme der zur Verfügung gestellten Lebenszeit der Arbeitnehmer orientiert, neben Qualifikation ein Aspekt dem nicht genügend Rechnung getragen wird. Denn die zur Verfügung gestellte Lebenzeit sollte doch bei allen Menschen gleich hoch bewertet werden. Bei ausreichenden Gehältern wäre auch eine private Altersvorsorge für viele Arbeitnehmer leichter zu finanzieren.

  • Und warum ist in Deutschland das Rentenniveau so niedrig im Vergleich zu anderen Laendern? Wo landet denn das ganze Geld? Leider wird diese Frage nie beantwortet, auch wenn sie sich mittlerweile nicht nur auf die Rente bezieht.

  • Es führt bei der Debatte in die Irre nur auf die Auszahlungshöhe der gesetzlichen Renten zu schauen ohne Vermögen und andere Formen der Altersvorsorge zu berücksichtigen. Tut man dies, hat die aktuelle Rentnergeneration ein größeres verfügbares Haushaltseinkommen als die arbeitende Bevölkerung und der Ost/West Unterschied vergrößert sich nochmals dramatisch. Leider gibt es keine Möglichkeit mehr eine strukturelle Reform zu machen, da die Boomer mit ihren Interessenvertretern scheinbar bereit sind, auf dem Rücken der Jugend ihre fiktiven Anwartschaften bis zur Implosion des Systems zu verteidigen. Bis 2035 werden absehbar die Sozialbeiträge für Rente und Pflege exorbitant steigen müssen und die Arbeitgeber haben schon angekündigt da nicht mehr 50/50 mitgehen zu wollen. Es wäre Zeit für eine offene Debatte. Weg mit all der sinnlosen Bürokratie und Einführung einer sozialistischen Einheitsrente auf Grundsicherungsniveau für Alle, auch die Pensionäre, wäre eine Möglichkeit das System zukunftsfähig zu machen.

  • Was die Linken da wieder fordern !

    Also bitte !



    Sie wollen bloß dieses Schreckensszenario erreichen, dass es hier allen gut geht und dass die Schere nicht weiter auseinander geht !!!



    Was fällt ihnen ein?



    Eins sag ich ihnen: Mit der C*U niemals !!! Nie !!!!



    Nur wer arbeitet soll auch Essen! Ja!

    Und hoffen sie mal nicht auf die SPD! Die sieht das genauso. Aber die dürfen das nicht offen sagen. Aus parteihistorischen Gründen. Wissen sie, die waren ja mal sozialdemokratisch. Also, sagt man jedenfalls. Aber war wohl vor meiner Zeit...

    Nur wer arbeitet soll auch Essen: Aber wir machen mal eine Ausnahme. Wir sind ja nicht so. Reiche und Erben und so ... die dürfen auch mal satt werden. Ausnahmsweise !

  • „Bartsch forderte, dass alle Erwerbstätigen in die Rentenkasse einzahlen sollten, nicht nur abhängig Beschäftigte.“ Das mag einen Nutzen haben, wenn wir die Pensionen mit den ganzen „Zusatzbenefits“ abschaffen. Also auch Beamte zu regulären Rentnern werden, für sie in die Rentenkasse eingezahlt wird und der gleiche Deckel gilt, wie für normale Rentner auch. Bei „Selbstständigen“ bringt das hingegen erstmal weniger. Die Rente wird massiv aus der Steuerkasse subventioniert (rund 114 Milliarden Euro pro Jahr). Also zahlt auch ein Selbstständiger indirekt in etwa ein Viertel seines Steueraufkommens in die Rentenkasse ein - und bekommt dafür nichts zurück (0,0 Rentenpunkte). Er bringt der Rentenkasse also Geld, ohne einen Kostenposten darzustellen. Wenn er jetzt noch zusätzlich Rentenbeiträge einzahlt kommt das der Rentenkasse zwar erstmal zugute, er sammelt dann aber auch Rentenpunkte. Er wird also bei Rentenbeginn zum Kostenposten, der dann mit noch mehr Steuergeld ausgeglichen werden muss. Ich kann aber natürlich dennoch verstehen wie verlockend die populistische Forderung klingt, wenn man wie Bartsch nur vom Morgen bis zum Mittag denkt.

    • @Vae Victis:

      Genau erkannt, und die Beamtenpensionen würden dann auch noch zusätzlich aus der Rentenkasse finanziert werden - lachst dich echt schlappi 🤣😂😅🤣

      • @Alex_der_Wunderer:

        Ja, ja, witzig Alex. Ist ja nicht so als wären die Pensionen kostenlos. Wenn man die Pensionäre auf einen Schlag zu Rentnern machen und deren Bezüge auf das Niveau der Rentner anpassen würde, müsste man natürlich die aktuelle Subventionierung der Rentenkasse in Höhe von gut 113 Milliarden Euro im Jahr aus Steuergeldern auf 156 Milliarden Euro erhöhen. Allerdings würde man gleichzeitig knapp 86 Milliarden Euro an Steuergeldern für die Pensionen im Jahr einsparen. Damit kämen wir also auf eine Einsparung von fast 43 Milliarden Euro an Steuergeld im Jahr. Das könnten wir wiederum der Rentenkasse zugute kommen lassen und auf ALLE Rentner verteilen. Das an dich gerichtete Hand gegen die Stirn Klatsch Emoji erspar ich mir aber mal.

        • @Vae Victis:

          Ich empfehle einmal Art. 33 GG in der Beamtenversogung zu studieren. Wegen dieser eigenständigen Sicherung sind die Beamten nicht in die gesetzlichen Pflichversicherungssysteme einbezogen. In der amtlichen Begründung des Bundesbeamtengesetzes von 1951 [ BT-Drs. 28/46 heißt es zu den Einkommen und Altersversorgung der Beamten : " Die Höhe der Besoldung ist gerade mit Rücksicht auf die Versorgung niedrig gehalten. "



          Bedeutet - bei ihren Vorschlag die Beamten in die Rentenkasse mit einzubinden, eine Erhöhung der Besoldung in der aktiven Dienstzeit. Ob da ihre 43 Milliarden reichen würden ?

      • @Alex_der_Wunderer:

        Die durchschnittliche Pensionshöhe ist aber doppelt so hoch wie bei den gesetzlichen Rentnern. Werden die genauso behandelt wie alle Rentner und entsprechend gedeckelt, ist da ein Rieseneinsparungspotential. Es sollte sowieso eine Einheitsrente geben für Alle.

        • @Šarru-kīnu:

          Fehlt nur noch das Sie die Beamten aus der PKV nehmen wollen...

          • @Alex_der_Wunderer:

            Dass ausgerechnet Beamte als Angestellte des Staates nicht Teil der Solidargemeinschaft in der GKV sind, sondern sich über die PKV dem entziehen, sollte sowieso schleunigst geändert werden. Davon ab gehört dieses System der „zwei Klassen Medizin“ generell abgeschafft und alle PKV und GKV sollten durch eine Bürgerversicherung ersetzt werden. (Von mir aus mit freiwilligen Zusatzleistungen/Abdeckung, die dann aber auch jeder - inkl. Beamte - aus der eigenen Tasche bezahlen müsste.) Aber das ist ein anderes, wenn auch ebenfalls sehr wichtiges, Thema.

            • @Vae Victis:

              ...aber ihre Bekleidung und Lebenspartner dürfen die Bürger noch selber wählen, oder haben Sie da auch schon so tolle Vorschläge parat ?

  • Hm, der Forderung nach ein höheren Rentenniveau ist zu 100% zuzustimmen. Was mir, wie leider zu oft bei linken Forderung fehlt, ist ein durchdachtes Konzept, wie man die berechtigte Forderung dauerhaft umsetzen kann. Woher soll das Geld dauerhaft kommen? Und bitte nicht der Klassiker, von den Reichen. Selbst wenn man den "Reichen" mit einer Vermögenssteuer ein paar Milliarden abnimmt, reicht das ja nicht zur dauerhaften Gegenfinanzierung.

    • @Müller Christian:

      Die Renten einfach nach dem Erhöhungsschlüssel wie für die Abgeordneten Diäten, jährlich anzugleichen, wäre doch Vernünftig.

  • Bärbel Bas SPD hat mit ihrer Forderung, dass alle Erwerbstätigen, also auch Politiker, Beamte und Selbstständige in die Rentenkasse einzahlen sollen den Nerv der Zeit getroffen. Nicht nur die Rente ist marode, allein die zukünftigen Forderungen für Pensionen von Beamten betragen 2 Billionen € haben die Kraft zukünftig den ganzen Bundeshalt zu sprengen. Hohe Pensionen und geringe Renten in Deutschland sind ungerecht. Eine grundlegende Rentenreform muss in der nächsten Legislaturperiode kommen. Ansonsten haben wir bald nur noch Rentner, deren Rente nicht zum Leben reicht, also nur nur Armutsrenten im reichen Deutschland geht aber gar nicht.

    • @KLaus Hartmann:

      Was haben Beamte, Selbstständige und Privatiere mit der Rentenversicherung zutun, außer das sie eh schon durch ihre Steuern ordentlich die Renten mit finanzieren ?

  • Thüringen das niedrigste Rentenniveau, Hamburg das höchste - Hamburg, klar, im Handel ist gut Verdienen, aaaber Thüringen? Thüringen hatte als einziges bislang eine linke Landesregierung nötig. Könnte das mit Ausbeutung zu tun haben? Ist der Ausbeutungsgrad thüringischer ArbeitnehmerInnen so hoch, dass sich das auf das Rentenniveau auswirkt und diesbezügliche Hoffnung von Teilen der Bevölkerung daher bisweilen weiter links liegt?

    Gibt es überhaupt entsprechende Ausbeutungsforschung? Das könnte ein sehr umfassenderer interdisziplinärer Forschungsbereich von Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sein.

  • Heute hörte ich im bayerischen Rundfunk, dass die Renten in Bayern niedriger seien als im westdeutschen Mittel und das, obwohl die Einkommen relativ hoch seien. Besonders betroffen seien Frauen:



    www.br.de/nachrich...wenig-geld,UqneTFj



    An der Spitze liegen Hamburg, NRW und Baden-Württemberg. Eigentlich ist das alles kein Wunder, denn die aktuellen bayerischen Renten werden noch von der Zeit, als Bayern ein Agrarland war und Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich erhielt (bis ca. zur Wiedervereinigung), nach unten gezogen, während die Länder Hamburg, NRW, Baden-Württemberg und Hessen damals der eigentliche Motor der deutschen Wirtschaft waren.



    Dass der gesamte Osten hinterherhinkt, ist etwas, was in den nächsten Jahrzehnten unbedingt verbessert werden muss, aber dazu muss man die Wirtschaft dort besser aufstellen. In einigen Regionen (z. B. Dresden) ist das bereits gelungen.

    • @Aurego:

      Die gesetzliche Rente wird aus dem Lebenseinkommen einer Person berechnet - also nicht nur aus dem Einkommen der letzten Berufs- bzw. Beitragsjahre.

      Angesichts dieser Tatsache ist es doch kein Wunder, dass sich das früher vergleichsweise niedrigere bayerische Durchschnittseinkommen zu Zeiten des Agrarlandes bei den heutigen Rentnern rentenmindernd auswirkt.

  • Die Linke kann meinetwegen auch die Anhebung des Rentenniveaus auf 95% fordern, mir völlig egal. Sie soll halt sagen, wie das Ganze NACHHALTIG finanziert werden kann. Denn hierbei geht es um so große Beträge, da reicht eine „Reichensteuer“ o.ä. nicht aus. Also bitte, Herr Bartsch: Nicht einfach nur fordern, sondern vielleicht auch erläutern. Dann könnte man das alles auch ernst nehmen…

  • "Dank" der früheren riester'schen Rentenreformen ist die "Generation X" die erste, die richtig herbe Einschnitte bei der gesetzlichen Rente hinnehmen muss. Die derzeit in Rente gehende Generation der Babyboomer kommt übergangsweise noch vergleichsweise glimpflich davon.

    Vollzeitarbeit im Niedriglohnsektor über Jahrzehnte hinweg lohnt sich schon lange nicht mehr: Die frühere "Rente nach Mindesteinkommen" wurde durch den früheren Bundesarbeits- und Sozialminister Walter Riester ersatzlos abgeschafft.

    Das, was heute vom Gesetzgeber bzw. der gesetzlichen Rentenversicherung als "Grundrente" verkauft wird, ist demgegenüber ein Witz - denn diese ist so niedrig, dass für viele Betroffene ohne finanziell gut abgesicherten Ehe-/Lebenspartner der mit Scham behaftete Gang zum Sozialamt zur Regel wird. Obendrein steht der vom Sozialamt gewährte Freibetrag für Grundrentenbezieher bei der "Grundsicherung im Alter" in keinem vernünftigen Verhältnis zu jahrzehntelanger Vollzeit-Niedriglohnarbeit - weshalb sich heutzutage viele Niedriglohnbezieher während ihres Erwerbslebens für die Kombination "Teilzeit + Wohngeld (WoGG)" mit weitaus besserer Work-Life-Balance entscheiden.

    • @Jessica:

      Das liegt nicht so sehr an den riester'schen Rentenreformen, sondern eher an der geringen Geburtenrate seit den 70er Jahren.

      • @Aurego:

        Na ja, auch daran, dass sich Regierungen über die letzten Jahrzehnte immer wieder aus der Rentenkasse bedient haben.

      • @Aurego:

        Leider falsch : Die Sozialklassen werden seit der deutschen Einheit systematisch „geplündert“, Mittel werden zweckentfremdet. Es ist einer der größten Skandale in der Geschichte der BRD, er verläuft aber seltsam still, wie ein langsam wachsender Krebs. Das alles wurde auch hier in der TAZ noch und nöcher umfangreich dokumentiert der berühmte demographische Faktor, der für alles herhalten muß wenn Dinge nicht nicht funktionieren, ist die Allzeitformel, eine Beschwörung. Komischerweise wird nie über die Pensionen geredet, deren Kürzungen oder Einschränkungen gilt als sakrosankt. Diese „Welle“ kommt auch noch, die Lobby der Beamten ist aber schlichtweg zu mächtig. Der Aufstieg der Afd hat mit den kommenden sozialen Kämpfen zu tun. Kapitalbesitzer können die niedrigen Renten kompensieren, die anderen gehen arbeiten als Mini-Jobber oder sammeln Flaschen. Die Grünen sind auch aus diesen Gründen erstmal marginalisiert weil sie das Thema nichtmal ansatzweise bearbeiten. Die SPD wird wenn sie nicht an diesem Thema radikal ansetzt den Weg der FDP gehen. Dann kann die CDU gemeinsam mit der AFD die Republik neu organisieren. Sie arbeiten jetzt schon dran.

        • @Hildebrand Felixflash:

          Och ja, die ewige Mär des „die Rentenkasse wird geplündert“. Seit 1957 haben wir eine auf Umlage basierte Rente. (Mit Rücklagen von maximal eineinhalb Monatsausgaben.) Aber schauen wir doch mal was zu den „versicherungsfremden Leistungen“ zählt, mit denen sich aus der Rentenkasse bedient wird:



          Das wäre erstmal natürlich die Rentenzuschüsse für die Rentner in den neuen Bundesländern. Aber auch die „Rente ab 63“ gehört dazu, die Mütterrente, Rentenansprüche für Pflegezeit, sowie Erwerbminderungsrenten. Alle(!) versicherungsfremden Leistungen, mit denen die Rentenkasse geplündert wird, sind also auch „Renten“. Kein Straßenbau, kein Aufbau Ost, keine Kitas, keine Sozialwohnungen, nix. Gleichzeitig subventioniert der Staat die Rentenkasse mittlerweile mit über hundert Milliarden Euro im Jahr aus Steuermitteln um diese „versicherungsfremden Leistungen“ auszugleichen. Die Mär der angeblich geplünderten „Rentenkasse“ ist also ein Nullsummenspiel.

      • @Aurego:

        Das mag sein.

        Fakt ist, dass sich für Menschen ab der "Generation X"(einschließlich "Millenials" und "Generation Z") jahrzehntelange Vollzeitarbeit im Niedriglohnsektor im Hinblick auf die später zu erwartende gesetzliche Rente nicht lohnt (siehe meinen ersten Beitrag in diesem Thread).

        Und woher sollen gerade Niedriglohnbezieher das Geld (Eigenanteil) für zusätzliche staatlich geförderte oder private Altersvorsorge nehmen?

        • @Jessica:

          Mal ehrlich: Hat sich "jahrzehntelange Vollzeitarbeit im Niedriglohnsektor im Hinblick auf die später zu erwartende gesetzliche Rente" jemals gelohnt?

          • @Aurego:

            Als es früher die "Rente nach Mindesteinkommen" gab, schon noch. Diese war zwar nicht üppig - aber ausreichend, um den meisten Betroffenen den für Viele schambehafteten Gang zum Sozialamt zu ersparen.

            Gerade deshalb ermöglichte die "Rente nach Mindesteinkommen" aufgrund ihrer damaligen Höhe den ergänzenden Bezug von Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz/WoGG. Dieses setzt nämlich - anders als die "Grundsicherung im Alter" nach dem SGB XII - ein eigenes Mindesteinkommen durch Rente, Arbeit etc. in Höhe von mindestens 80 % des Grundsicherungsbedarfes voraus und beinhaltet dafür vergleichsweise höhere Einkommens- und Vermögensfreibeträge.

            Im Gegenzug können sich Wohngeldbezieher (WoGG) allerdings nicht vom Rundfunkbeitrag befreien lassen, Bezieher der "Grundsicherung im Alter" (SGB XII) hingegen immer. Weshalb in Grenzfällen sehr genau geprüft werden muss, welche ergänzende Sozialleistung den individuell größeren Vorteil bringt.

            • @Jessica:

              Ich glaube, da irren Sie sich. Derartige Armut ist in Deutschland nichts Neues. Es gibt diese Armut seit der (selbstverschuldeten) Katastrophe des 2. Weltkriegs. Zeitweise hatten wir eine relativ hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland. Der Unterschied ist höchstens, dass sich damals die (etwas zahlreicheren) Kinder noch besser um ihre Eltern kümmern konnten (oft wohnten sie im selben Haus oder in derselben Wohnung) und die Wohnkosten niedriger waren, die Einkommen jedoch auch. Allerdings hatten wir auch höhere Spitzensteuersätze und die Vermögensteuer wurde noch erhoben. Das macht insofern etwas aus, als dass Gutverdiener ihr freies Geld, das dank niedrigerer Steuern vermehrt vorhanden ist, heute in Assets wie Immobilien stecken, was diese verteuert, wodurch auch die Mieten langfristig auf einem höheren Niveau ankommen. Welche Auswirkungen das besonders in Großstädten hat, haben wir während der Nullzinsphase gesehen und sehen es immer noch.

  • Gute Idee, endlich alle Beamten, Politiker und Selbstständige gleichermaßen besteuern!



    Dann geht das Ganze endlich wieder einen Schritt in Richtung "Solidargemeinschaft" statt "Ellbogenzustand"!

    • @realnessuno:

      Es geht nicht um Einkommenssteuersätze, sondern um Rente. Und Rentenbeiträge sind keine Steuern.



      Beamte/Politiker zahlen nur indirekt über ihre Steuern in die Rentenkasse ein (Subventionierung der Rentenkasse aus Steuermitteln ca. 113 Milliarden Euro im Jahr). Erhalten aber (kostenlos aus Steuergeldern) Pension bzw. ein Ruhegehalt. Selbstständige zahlen ebenfalls indirekt bereits über ihre Steuern in die Rentenkasse ein, bekommen dafür aber nichts zurück. Sie sind somit quasi Nettozahler. Wenn man sie zur Einzahlung in das marode Rentensystem zwingt erhalten sie Rentenpunkte. Damit verschiebt man das Problem erstmal, intensiviert es dafür aber auch, da später dann noch mehr Subventionen für die steigenden Kosten notwendig werden. Bei Beamten/Politikern könnte man sparen. Bei Selbstständigen nicht.