Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Merkel nennt Notbremse „überfällig“
Bundeskabinett beschließt bundesweite Coronaregeln. US-Behörden warnen vor dem Vakzin von Johnson & Johnson. Dessen Auslieferung an Europa verzögert sich.
Auslieferung von J&J-Vakzin verschoben
Wegen möglicher schwerer Nebenwirkungen verschiebt der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson die Auslieferung seines Corona-Impfstoffs in Europa. „Wir haben die Entscheidung getroffen, die Markteinführung unseres Impfstoffs in Europa aufzuschieben“, erklärte der Konzern am Dienstag.
Zuvor hatten die US-Gesundheitsbehörden eine Pause bei den Impfungen mit dem J&J-Vakzin empfohlen, nachdem vereinzelte Fälle von seltenen Blutgerinnseln gemeldet worden waren. (rtr)
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US-Behörden: J&J-Impfungen stoppen
Die US-Gesundheitsbehörden raten zu einer sofortigen Aussetzung von Corona-Impfungen mit dem Mittel von Johnson & Johnson (J&J). Die Arzneimittelbehörde FDA und das Seuchenzentrum CDC verwiesen am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung auf das Auftreten einer seltenen Thromboseart in sechs Fällen. Der Impfstoff sei in den USA bislang mehr als 6,8 Millionen Mal verabreicht worden.
J&J erklärte in einer ersten Stellungnahme, die Fälle seien bekannt. Ein klarer kausaler Zusammenhang sei bislang nicht nachgewiesen worden. Die Aktie des US-Pharmaunternehmens gab im vorbörslichen Handel 2,1 Prozent nach. Zuerst hatte die „New York Times“ von der Empfehlung berichtet. In Deutschland wird dieser Impfstoff bisher nicht eingesetzt. (rtr)
Merkel nennt Bundes-Notbremse „überfällig“
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die bundesweite Regelung der Corona-Notbremse mit dem starken Anstieg der Covid-Intensivpatient:innen gerechtfertigt. „Die bundeseinheitlich geltende Notbremse ist überfällig. Denn die Lage ist ernst“, sagte Merkel am Dienstag in Berlin nach der Verabschiedung des neuen Infektionsschutzgesetzes durch das Kabinett. Ärzt:innen und Pfleger:innen bräuchten die Hilfe der Politik.
„Wir dürfen sie nicht im Stich lassen, wir müssen ihnen helfen“, fügte die Kanzlerin mit Blick auf die steigende Zahl an Intensivpatienten in Krankenhäusern hinzu. „Wir setzen die Notbremse bundesweit um“, betonte die Kanzlerin. Ab jetzt seien zusätzliche Coronamaßnahmen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 nicht mehr Auslegungssache, sondern sie griffen automatisch. Merkel appellierte an die Bundestagsfraktionen, nun einen schnellen Beschluss zu ermöglichen. Die bisherigen Bund-Länder-Beratungen reichten nicht mehr aus. „Die Pandemiebekämpfung muss stringenter werden“, rechtfertigte Merkel die zusätzliche Bundeskompetenz. (rtr)
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Berlin erlaubt Geimpften mehr Freiheit
Menschen, die gegen Corona geimpft sind, bekommen in Berlin etwas mehr Freiheiten. Sie werden künftig wie Menschen mit einem negativen Test behandelt, wie die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag nach der Senatssitzung erfuhr.
Betroffene dürfen demzufolge ohne vorherigen Coronatest auch abseits des Lebensmittelhandels Einkaufen gehen oder ein Museum besuchen. (dpa)
Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen
Die Menschen in weiten Teilen Deutschlands müssen sich auf Ausgangsbeschränkungen und geschlossene Läden nach bundesweit verbindlichen Vorgaben einstellen. Eine entsprechende Änderung des Infektionsschutzgesetzes hat das Bundeskabinett am Dienstag in Berlin beschlossen, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr.
So soll von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr der Aufenthalt außerhalb einer Wohnung oder eines dazugehörigen Gartens im Grundsatz nicht erlaubt sein. Dies soll nicht gelten, wenn der Aufenthalt etwa der Versorgung von Tieren oder der Berufsausübung dient. Gelten sollen diese und andere Beschränkungen, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die 7-Tage-Inzidenz über 100 liegt. Das bedeutet, dass binnen einer Woche mehr als 100 Neuinfizierte auf 100.000 Einwohner:innen kommen.
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In einem neuen Paragrafen 28b des Infektionsschutzgesetzes soll ferner festgelegt werden, dass private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum dann nur gestattet sind, wenn an ihnen höchstens die Angehörigen eines Haushalts und eine weitere Person einschließlich dazugehörender Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres teilnehmen. Bei Todesfällen sollen bis zu 15 Personen zusammenkommen dürfen.
Unter anderem dürfen bei einer höheren Inzidenz zudem die meisten Läden und die Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie die Gastronomie nicht öffnen. Ausgenommen werden sollen der Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte. Hier sollen Abstands- und Hygienekonzepte gelten.
Die Ausübung von Sport soll nur in Form von kontaktloser Ausübung von Individualsportarten erlaubt sein. Sie sollen allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands ausgeübt werden dürfen. Ausnahmen gibt es auch weiter für den Wettkampf- und Trainingsbetrieb der Berufssportler und der Leistungssportler der Bundes- und Landeskader, aber weiter nur ohne Zuschauer.
Geöffnet werden dürfen demnach Speisesäle in medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen, gastronomische Angebote in Beherbergungsbetrieben, die ausschließlich der Bewirtung zulässig beherbergter Personen dienen, Angebote für obdachlose Menschen, die Bewirtung von Fernbusfahrerinnen und Fernbusfahrern sowie Fernfahrerinnen und Fernfahrern und nicht-öffentliche Kantinen. Auch die Auslieferung von Speisen und Getränken sowie deren Verkauf zum Mitnehmen soll weiter erlaubt sein.
Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sollen bei entsprechenden Inzidenzen in einer Region aber untersagt sein. Geöffnet werden dürften laut dem Beschluss Dienstleistungen, die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe – jeweils mit Maske.
An Schulen soll Präsenzunterricht nur mit zwei Coronatests pro Woche gestattet werden. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die 7-Tage-Inzidenz 200, soll Präsenzunterricht untersagt werden.
Stundenlang war unter Hochdruck über die Regelungen verhandelt worden. Nach dpa-Informationen sollen in der Vorlage Fraktions- und Länderwünsche von der Bundesregierung in wichtigen Punkten berücksichtigt worden sein. Nach dem geplanten Kabinettsbeschluss soll das Gesetz möglichst in einem beschleunigten Verfahren vom Bundestag beschlossen werden und den Bundesrat passieren.
Neben der Novelle des Infektionsschutzgesetzes hat das Kabinett auch eine Pflicht für Angebote von Coronatests in Unternehmen auf den Weg gebracht. Der Entwurf einer geänderten Arbeitsschutzverordnung sieht vor, dass die Unternehmen ihren Beschäftigten in der Regel einmal in der Woche Tests zur Verfügung stellen.
Die schärferen Lockdown- und Testregeln sollen die Zahl der Infizierten, Covid-19-Kranken und Todesfälle drücken, bis auch durch fortschreitende Impfungen das Infektionsgeschehen im Griff gehalten werden kann. (dpa)
Neuinfektionen und Todeszahlen steigen weiter
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 10.810 Neuinfektionen mit dem Coronavirus gemeldet. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 294 neue Todesfälle verzeichnet. Das geht aus Zahlen des RKI von Dienstagmorgen hervor. Vor einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 6.885 Neuinfektionen und 90 neue Todesfälle verzeichnet. Zudem könnten die Zahlen der Vorwoche wegen der Schulferien noch nicht vergleichbar mit früheren Werten sein. RKI-Präsident Lothar Wieler rechnete ab Mitte dieser Woche wieder mit verlässlicheren Daten zur Pandemie.
Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen lag laut RKI am Dienstagmorgen bundesweit bei 140,9. Am Vortag gab das RKI diese Sieben-Tage-Inzidenz mit 129,2 an, vor einer Woche lag sie bei 123.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Montag bei 1,09 (Vortag: 1,08). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 109 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert sei weiter gestiegen, schreibt das RKI. Die in den Tagen nach Ostern beobachtete Absenkung des Werts könnte an der vorübergehend geringeren Testzahl gelegen haben. Auch der R-Wert kann laut RKI erst in einigen Tagen wieder aussagekräftig bewertet werden. (dpa)
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Ärzt:innen: Bald über 6.000 Intensivbehandelte
Angesichts stark steigender Neuinfektionszahlen rechnen die Krankenhäuser in Deutschland bereits für Ende April mit 6.000 und mehr Corona-Intensivpatient:innen. Es sei davon auszugehen, dass deutschlandweit täglich zwischen 50 und 100 neue Patient:innen aufgenommen werden müssen, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Gernot Marx, der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag). Noch im April könne ein Höchststand aller drei Pandemiewellen erreicht werden. „Die Situation ist wirklich sehr, sehr angespannt“, sagte der Aachener Medizinprofessor.
Von allen Klinikstandorten werde berichtet, dass in der dritten Welle deutlich jüngere Intensivpatient:innen aufgenommen werden, erklärte Marx: „Wir sehen inzwischen sehr viele 40- bis 50-Jährige mit sehr schweren Corona-Verläufen auf den Intensivstationen.“ In der ersten und zweiten Welle seien unter 50-Jährige noch eine seltene Ausnahme gewesen. Der Intensivmediziner-Präsident appellierte eindringlich an die Politik, so schnell wie möglich einen strengen Lockdown einzuleiten. Bis die geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes umgesetzt seien und sich auf den Intensivstationen ein Effekt bemerkbar mache, würden 12 bis 14 Tage vergehen.
Das Bundeskabinett berät am Dienstag über bundesweit einheitliche Coronaregeln. Dafür soll ein Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes auf den Weg gebracht werden. Die Bundesregierung wird demnach ermächtigt, bei hohen Infektionszahlen eine „Notbremse“ zu ziehen und deutlich striktere Kontaktbeschränkungen durchzusetzen. (epd)
Britische Coronavariante wohl nicht tödlicher
Die zunächst in Großbritannien entdeckte Corona-Variante B.1.1.7 ist aktuellen Studien zufolge ansteckender als die ursprüngliche Form, allerdings nicht tödlicher. Zu diesem Schluss kommen Forscher:innen in zwei separaten Studien, die am Dienstag in den Fachmagazinen „The Lancet Infectious Diseases“ und „The Lancet Public Health“ veröffentlicht wurden. Zuvor hatte es teilweise die Annahme gegeben, die Variante B.1.1.7 sei nicht nur leichter übertragbar als die in Wuhan entdeckte Wildform des Virus, sondern könne auch zu einer höheren Sterblichkeit unter den Patient:innen führen.
In ihrer Studie untersuchten Forscher:innen des University College London mit PCR-Tests die Viruslast von Infizierten und werteten die in diesem Zeitraum aufgetretenen schweren Verläufe und Todesfälle aus. Bei Infizierten mit der sogenannten britischen Variante stellten sie eine höhere Viruslast fest. Der Anteil der Patient:innen, die an Covid-19 starben, war jedoch bei der Variante nicht erhöht.
Die andere in „The Lancet“ veröffentlichte Studie wertete Symptome von Covid-Patient:innen aus, die diese über eine App des Gesundheitssystems meldeten. Mittels Gensequenzierung stellten sie zudem fest, an welcher Corona-Variante die Betroffenen erkrankt waren. Auch diese Studie stellte keine signifikanten Unterschiede bei der Schwere der Erkrankung sowie bei nachweisbaren Langzeitwirkungen einer Infektion fest. Die Forscher:innen wiesen jedoch für die britische Variante eine deutliche Erhöhung des R-Wertes nach, der die Entwicklung der Pandemie beschreibt. Das spricht ebenfalls für eine erhöhte Übertragbarkeit der Variante.
Da die Studien beide im vergangenen Winter in London und Südengland durchgeführt wurden, wo sich die Variante B.1.1.7 zu dieser Zeit rapide ausbreitete, hatten die Forscher:innen eine gute Vergleichbarkeit beider Varianten. Allerdings räumen die Wissenschaftler:innen ein, dass zusätzliche Studien nötig seien, um die Erkenntnisse weiter zu bestätigen. (dpa)
Scholz: Notbremse bald beschlossen
Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) zufolge kommt die Coronanotbremse am Dienstag ins Kabinett, so dass einheitliche Regelungen oberhalb einer Inzidenz von 100 in ganz Deutschland möglich werden. Dies sei sorgfältig vorbereitet worden, sagt Scholz im „Deutschlandfunk“. Er sei daher fest davon überzeugt, dass dies im Kabinett verabschiedet werde.
Auch Ausgangsbeschränkungen würden dann einheitlich geregelt. „Das ist das, was jetzt notwendig ist: Regelungen, die im ganzen Bundesgebiet überschaubar, nachvollziehbar für jeden einheitlich gelten.“
Streit um Schnelltests in Unternehmen
Olaf Scholz stellt Unternehmen für regelmäßige Coronatests keine Kompensation in Aussicht. Da sei nun eine nationale Kraftanstrengung der Firmen nötig. „Da müssen alle mitmachen“, sagt der SPD-Kanzlerkandidat im „Deutschlandfunk“. Die Verpflichtung, Mitarbeiter:innen in Büros und Fabriken regelmäßige Tests anzubieten, sei richtig. Die angestrebte Marke, dass dies mindestens 90 Prozent machten, sei bisher nicht erreicht worden. „Den Übrigen helfen wir jetzt mit einer Verordnung.“ Es werde dabei eine Dokumentationspflicht für bestellte Tests geben. Die Verordnung gelte nicht nur für private Firmen, sondern auch den öffentlichen Dienst.
Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verteidigte das Vorhaben, Arbeitgeber zu einem Schnelltest-Angebot für Präsenzbeschäftigte zu verpflichten. Der Schritt sei nötig, weil die Pandemiezahlen besorgniserregend seien, sagte Heil im ARD-Morgenmagazin. Zwar hätten schon 60 Prozent der Beschäftigten ein Testangebot. „Aber das reicht nicht.“ Das Angebot müsse flächendeckend sein. „Das ist Aufwand, aber das ist nicht unverhältnismäßig.“ Umfragen zeigten, dass 84 Prozent der Beschäftigten ein solches Angebot wahrnehmen wollten. (rtr)
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