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AfD und FamilienunternehmerDie Brandmauer steht wieder

Der Verband der Familienunternehmer erntete heftige Kritik und Austritte wegen seiner Abkehr vom Kontaktverbot zur AfD. Jetzt rudert er zurück.

Rudert zurück: Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands der Familien-unternehmer Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

Der Verband der Familienunternehmer rudert nach heftiger Kritik zurück: „Wir wollen als Verband auch künftig wieder für das wahrgenommen werden, für das wir stehen: Demokratie, Marktwirtschaft, Wirtschaftswende und Reformen“, teilte Verbandschefin Marie-Christine Ostermann am Sonntag auf der Website der Organisation mit. Man distanziere sich von Extremisten und lasse sich auch nicht von ihnen einnehmen.

Ostermann selbst hatte vor einigen Tagen Zweifel an dieser Position geweckt, als sie in einem Interview gesagt hatte, dass der Verband seine bisherige Brandmauer-Strategie gegen die AfD aufgegeben habe. Im Kern geht es um die Interpretation, was die Brandmauer zur AfD überhaupt ist bzw. was sie bezwecken soll“, sagte die Lobbyistin dem Handelsblatt. So sei das „Kontaktverbot“ zu AfD-Bundestagsabgeordneten mit dem jüngsten Parlamentarischen Abend Anfang Oktober aufgehoben worden. Bereits im Frühjahr sei im Verband beschlossen worden, „dass wir mit einzelnen AfD-Fachpolitikern ins Gespräch kommen“, erzählte Ostermann weiter.

Nun will Ostermann sich missverstanden fühlen. „Wir haben Abgeordnete der AfD zum Parlamentarischen Abend eingeladen, damit sie auch von uns hören, dass ihr Programm wirtschaftsfeindlich ist und dem Standort Deutschland schadet“, teilt sie mit. Leider sei öffentlich – auch durch Äußerungen der AfD – der falsche Eindruck entstanden, „dass wir die Partei stärken wollten".

Tatsächlich hatte sich in der vergangenen Woche massiv Kritik aufgebaut gegen den Kuschelkurs in Richtung AfD. Vor allem dürften dem Verband, in dem eigenen Angaben zufolge 6.500 Firmen organisiert sind, die Reaktionen aus der Wirtschaft wehgetan haben. Zahlreiche Unternehmen wie die Drogeriemarktkette Rossmann traten aus. Die Deutsche Bank teilte mit, dem Verband für Veranstaltungen keine Räumlichkeiten mehr in Berlin zur Verfügung stellen zu wollen.

Und nicht nur Unternehmen gingen auf Distanz: Das sei „ein Vorschlaghammer, um die Brandmauer einzureißen“, warnte zuletzt etwa der Soziologe Oliver Nachtwey. Die AfD stehe Migration und ausländischen Arbeitskräften „feindlich gegenüber“, sagte der "Wirtschaftsweise" Achim Truger dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Das sei das Gegenteil von dem, was die Unternehmen angesichts des Fachkräftemangels bräuchten.

Der „Irrweg der Präsidentin"

Aus der Politik kam Zuspruch für die neu errichtete Brandmauer: Es sei Es sei "ein ermutigendes Zeichen, dass die Mitgliedsunternehmen den Irrweg der Präsidentin gestoppt haben", sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD). Und der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels Dennis Radtke konstatierte: „Drohender Mitglieder- und Einnahmeverlust scheint bei Unternehmern zu wirken."

Der Deutsche Bauernverband sieht allerdings auch nach der Kehrtwende der Familienunternehmer-Lobby keinen Grund, sein eigenes Verhalten gegenüber der AfD zu verändern. „Wir halten an der bisherigen Linie fest und beschränken den Umgang auf das protokollarisch gebotene Mindestmaß", teilte ein Sprecher der Organisation der taz mit. Das bedeutet: Der Bauernverband hatte bei seinem „Agrarpolitischen Jahresauftakt" 2023 und 2024 neben Politikern anderer Parteien auch einen Vertreter der AfD aufs Podium eingeladen. 2024 nahm die Partei die Einladung allerdings nicht an. (mit epd, afp)

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1 Kommentar

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  • Vermutlich handelt es sich nur um einen taktischen Rückzug um beim nächsten Versuch besser vorbereitet zu sein. Das Signal in Richtung AfD wurde gesendet, dort ist es sicher auch verstanden worden.



    Positives kann man dem Ganzen durchaus abgewinnen, den jetzt ist deutlich geworden, welche Unternehmen klare Kante gezeigt haben und welche durch "Rumeiern" oder Zustimmung aufgefallen sind. Für mich zumindest ist klar geworden, welche Drogeriekette ich zukünftig meiden werde.



    Darüberhinaus hat dürfte es bei manchen dazu geführt haben, sich mit den Mitgliedern und Positionen dieser fragwürdigen Lobbygruppe zu beschäftigen.