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Abzocke bei der UntervermietungZimmer ja, atmen nein

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Der Wohnungsmarkt ist eine Katastrophe. Immer mehr Leute geben die überteuerten Preise an ihre Untermieter weiter und verlangen auch sonst Unmenschliches.

Insbesondere junge Menschen suchen oft monate-, manchmal jahrelang vergeblich nach einer Wohnung oder einem WG-Zimmer Foto: Rupert Oberhäuser/imago

W ohnungsangebote zur Untermiete sehen heute so aus: 38 qm für 1.100 Euro. 90 qm für 2.300 Euro monatlich. 77 qm für 1.800 Euro. Mal sind sie auf vier Wochen befristet, mal auf wenige Monate. Wer jetzt argumentiert, das sei in Metropolen wie Berlin, Hamburg, München, Leipzig mittlerweile normal, dem seien noch „Angebote“ wie diese ans Herz gelegt: WG-Zimmer, 15 qm, 500 Euro. Aber nur für eine Person, die „pendelt und das Zimmer nur an ein paar Tagen pro Woche nutzt“.

Oder so was hier: 20 qm, Hinterhaus, schlicht eingerichtet, 640 Euro monatlich plus 3 Monatsmieten Kaution. Man sollte älter als 35 sein und nicht im Homeoffice arbeiten.

Es ist noch nicht so lange her, da wurden solche Offerten als unverschämt gebrandmarkt, vor zehn Jahren kostete ein WG-Zimmer in Berlin die Hälfte. Der Wohnungsmarkt ist völlig aus den Fugen geraten. Das ist allgemein bekannt, die Gründe sind es ebenso: Es mangelt an Wohnraum, gebaut wird viel zu wenig und zu teuer. Insbesondere junge Menschen suchen monate-, manchmal jahrelang vergeblich nach einer Wohnung oder einem WG-Zimmer.

Und jene Älteren, denen die Wohnung – nach Auszug der Kinder, nach einem Todesfall oder aus was für Gründen auch immer – zu groß geworden ist, können ihre Wohnung, in der sie schon lange und daher preisgünstiger leben, nicht gegen eine kleinere tauschen, weil diese inzwischen teurer ist als die große. Daher ist es lobenswert, dass sie untervermieten und damit Menschen in Not helfen. Und klar will jemand, der einen Teil seiner Wohnung zur Verfügung stellt, dafür Geld bekommen.

Nach außen gibt man den Gutmenschen

Ich weiß, wovon ich rede, ich habe jahrelang ein Zimmer untervermietet, an Bekannte, an Fremde, an Geflüchtete. Aber die akute Wohnungsnot auszunutzen, indem man eine überaus teure Miete verlangt, ist unethisch. Manche zocken ihre Un­ter­mie­te­r:in­nen regelrecht ab, weil sie sich fast die gesamte Miete bezahlen lassen. Das ist nicht nur menschlich mies, sondern zudem komplett verlogen: Nach außen gibt man den Gutmenschen, im Grunde aber macht man Reibach – auf dem Rücken unsichtbarer Wohnungsloser.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Gleichzeitig gibt es Menschen, die gezwungen sind, durch Untervermietung ihr knappes Budget aufzubessern. Weil sie auf dem entgrenzten Wohnungsmarkt selbst nur eine viel zu teure Wohnung ergattern konnten. Aber auch sie sollten sich menschlich verhalten und nicht wie gierige Eigentümer:innen. Oder wie soll man es nennen, wenn von einer Studentin, die neu in der Stadt ist, verlangt wird, am Wochenende das Zimmer zu räumen, weil man seine Ruhe haben will?

Welche Kompromisse würdet Ihr eingehen?

Das Bedürfnis nach Ruhe in den eigenen vier Wänden ist absolut verständlich, das sollten Mie­te­r:in­nen akzeptieren. Aber: Wer sich als Teil­zeit­ver­mie­te­r:in auf Mietgäste einlässt, muss Kompromisse eingehen. Auch davon kann ich ein Lied singen, manchmal musste ich mehrfach deutlich sagen, was nicht geht.

Manche Neu­ver­mie­te­r:in­nen übertreiben es allerdings mit den Benimmregeln: Da wird nicht nur Veganismus gefordert, sondern dass man zusätzlich zur Miete für Essen bezahlen soll, das man gemeinsam einzunehmen hat. In anderen Wohnungen darf kein Besuch empfangen und nicht gekocht werden, weil die Bude sonst nach Essen riecht.

Seit dem Krieg im Nahen Osten sollte ein junger Mann schriftlich versichern, dass er sich für das Existenzrecht Israels ausspricht. Was kommt noch? Dürfen Un­ter­mie­te­r:in­nen nicht mal mehr atmen? Liebe Neuvermieter:innen, vielleicht fragt ihr euch mal, welche Kompromisse ihr selbst eingehen würdet?

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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24 Kommentare

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  • Es mangelt an Wohnraum, gebaut wird viel zu wenig und zu teuer.

    Stimmt! Aber anstatt sich darum zu kümmern, prüft man lieber Enteignung von Wohnraum, was zwar so teuer wie bauen Dir, aber keinen Quadratmeter neuen Wohnraum schafft.

  • Gier und Geiz, wohin man schaut. Moral ist vorbei.



    Aber was erwartet man sich in einer Welt, in der bekannte Firmen mit "GEIZ IST GEIL" werben?

  • „Ferienwohnungen“ erhöhen den Druck in Berlin sicher auch nicht unwesentlich. Wohnungen zu besitzen, die im wesentlichen regelmäßig leer stehen, sollte schwerer sein.

    Ich war ziemlich überrascht, wie viele Menschen ich im Laufe der letzten Jahre begegnete, die sich den Luxus einer solchen Zweitwohnung in der Hauptstadt leisten.

  • worüber regt sich die autorin hier auf? über den verfall der moral?



    ein system, das krisen produziert, um daraus kapital zu akkumulieren, schlägt sich eben auf alle in ihm verankerten akteure nieder.



    ein ebenso leichtes wie heuchlerisches sich ohne fundamentale systemkritik darüber zu echauffieren. hauptsache man/frau steht auf der richtigen seite der moral.



    der untergang selbsiger beginnt übrigens nicht mit dem zeigen des fingers, sondern mit dem fehlen analytischer arbeit. leider sind aber alle intellektuellen tot. in real oder mit dem mund...

  • Natürlich ist das schlimm und so weiter, aber an der Stelle mit dem veganismus bin ich dann doch gestolpert.



    Wo ist da der Unterschied dazu, dass man rauchfrei vermietet, frage ich mich.

    Wir vermieten von unserem Haus (zu "normalen" Konditionen) regelmäßig an Studenten ein großes Zimmer, unsere Stadt hat eine Außenstelle der FH Köln und es kommen immer Austauschstudenten für ein halbes Jahr.



    Wir sind Vegetarier.



    Wenn jemand Leberwurst auf seine Stulle schmieren möchte, kann er oder sie das tun, aber eine Bratwurst kann man bei uns nicht braten, weil wir den Geruch nicht haben möchten.



    Wo genau ist jetzt der Unterschied zum Rauchen?

    Summa summarum, ich finde in diesem sehr an der Oberfläche kratzenden Artikel werden -eben ohne sinnvolle Analyse der Ursachen für das Unwesen- einfach Dinge über einen Kamm geschert, die so nicht zusammengehören. Natürlich kann ich bei einem fairen Untermietverhältnis Bedingungen stellen.



    Wozu bei uns übrigens auch gehört, dass hier nicht regelmäßig Fremde aus Dating-Apps auftauchen.



    Ich finde das normal und verwahre mich dagegen, dass wir in einen Topf geworfen werden mit ungebürlichem und geldgierigen Verhalten.

    • @Tripler Tobias:

      Die Autorin weist doch auch darauf hin, dass sie selbst als Vermieterin ebenfalls Regeln aufgestellt hat.



      Und zu verlangen, dass ein Mensch in der Wohnung keine Wurst brät, ist halt doch was anderes als nur an Veganer zu vermieten.



      Genauso wie ein Vermieter einer rauchfreien Wohnung nicht nur an Nichtraucher vermieten sollte, sondern an alle, die bereit sind, ihre Sucht außerhalb der Wohnung zu befriedigen. (rechtlich haltbar ist meines Wissens aber die Rauchfreiheit der Wohnung auch nur unter sehr eingeschränkten Bedinungen.)

  • "...ein junger Mann schriftlich versichern, dass er sich für das Existenzrecht Israels ausspricht. Was kommt noch? Dürfen Un­ter­mie­te­r:in­nen nicht mal mehr atmen?"

    Verzicht auf "Israelkritik" ist quasi gleich Erstickungstod? Okaaaaay...

    Jetzt Mal ernsthaft: wenn ich untervermiete, dann lebe ich mit diesem Menschen ja in einer Behausung. Da will ich keine Raucher_in und auch keine Antisemit_in, fertig

    • @Wurstprofessor:

      ernsthaft finde ich durchaus ihre scharfe beobachtung.



      es fragt sich in der tat, was in diesem fall das unbewusste ausmacht, das in dem so genannten “zwischen den zeilen” hier hochgespült wird.



      ihre gleichstellung ist jedoch nicht ganz exakt, es müsste heißen: nichteingeständnis von israels existenzrecht ist gleich vor dem erstickungstod… im grunde das gleiche, aber nicht ganz.

  • Interessant, dass trotz solcher absurden Auswüchse (das hat ja mit "wohnen" nichts mehr zu tun) der Zuzug nach Berlin anhält.

  • "Aber auch sie sollten sich menschlich verhalten und nicht wie gierige Eigentümer:innen"



    Eigentümer sind gierig?



    Genau solche Zuschreiben sind es, die nicht wenige Eigentümer davon abhalten, unterzuvermieten.



    Man ist dann nicht nur Eigentümer, sondern sogar Vermieter. Doppelt kapitalistenböse quasi.

    "akute Wohnungsnot auszunutzen, indem man eine überaus teure Miete verlangt, ist unethisch"



    Ethik ist nur eine Dimension, die unser Handeln bestimmt.



    Wenn etwas nur funktioniert, wenn sich alle Teilnehmer "ethisch" verhalten, dann scheitert es.



    Es wäre schön, wenn es anders wäre. Ist es aber nicht.



    Und selbst wenn alle VermieterInnen ethisch wären: Es wäre dennoch zu wenig Wohnraum vorhanden.

    Es gibt nur ein Mittel gegen zu wenig Wohnraum:



    Mehr Wohnraum.

    Und wenn die Wohnungsneubauzahlen auf historischen Tiefständen liegen, dann läuft da irgendwas falsch.

    Und dass der Staat da nicht die Lösung sein kein, sieht man an den permanent gerissenen Neubauzielen. Für dieses Versagen gab es aber natürlich immer gute Ausreden, äh, ich meine Gründe...

    • @Desdur Nahe:

      Ein immer wiederkehrender Kommentar, dass Kritik an Vermieter:innen/Eigentümer:innen für Wohnungsnot sorgt, weil man diesen damit das Vermieten verleidet...



      Ebenso sorgte der Mietendeckel und jegliche Regulierungsmaßnahme oder Verbesserung des Mieterschutzes für Abschreckung, was die Wohnungsnot weit mehr vergrößert als horrende Mieten und freidrehende Investoren....



      Jaja.

  • Angebot und Nachfrage auf engstem Raum. Wie will der Staat da eingreifen ohne selbst übergriffig zu werden. Ich kenne von früher Kloputzpläne aus WGs. So nach dem Motto "jeder ist mal dran". Wurde ich zum Kloputzen gezwungen? Ja. War das okay? Ja.

  • "Es ist noch nicht so lange her, da wurden solche Offerten als unverschämt gebrandmarkt, vor zehn Jahren kostete ein WG-Zimmer in Berlin die Hälfte. "

    -----------

    Vor 15 Jahren hat man auch noch Prämien bekommen, wenn man sich bereit erklärt hat in Berlin einen Mietvertrag zu unterschreiben. Die Zeiten haben sich geändert, "nun sind sie halt da". 2,1 Mio. "Zuwanderer" brauchen eben Wohnraum. Und da stehen die Metropolen klar im Fokus und auf den jeweiligen Wunschzetteln.

    • @SeppW:

      Zur Ursache der aktuellen Wohnraumsituation bzw. der Preise empfehle ich dringend, diese Dokuserie zu schauen. Dann wird klar, dass nicht die "Zuwanderer" daran schuld sind sondern, wie auch @SCHANA schreibt, "die Gier der Investoren" UND die Politik!



      www.arte.tv/de/vid...-024312/capital-b/

    • @SeppW:

      Ja die Zeiten haben sich geändert. Wobei dies kein Argument ist, sondern ein Allgemeinplatz. Und bitte ersparen Sie den Lesern ihre Zeitenwende / Schuld-Verschwörungsschwurbelei Kombination. Nein die Zuwanderer sind nicht schuld dass der Wohnraum in den Metropolen so teuer ist. Dafür ist der noeliberale Mark verantwortlich, die Gier der Investoren und so mancher Häuslersverkäufer*innen, der Ausverkauf der landeseigenen Immobilien ... und noch vieles mehr. Fragen sie mal das Mantra der CDU, FDP und AFD: Der Markt wird's schon regeln. Geregelt hat sich nur die Umverteilung nach oben.

      • @Schana:

        In Berlin sind die Zuwanderer der objektive Grund.

        Ob aus Schwaben, Hamburg oder sonstwoher.

        Das muss man ganz klar sagen, da hilft kein Leugnen.

        Vor 15 Jahren gab es genug Wohnungen.

        Der Bevölkerungszuwachs in Berlin liegt nicht an der hohen Berliner Reproduktionsrate.

        Und der schlimmste Häusleverkäufer in Berlin war ein rot-roter Senat.

    • @SeppW:

      Bevor Sie sich in schlecht verbrämter Xenophobie ergehen:



      es ist der Wunsch und Programm der Linken, Grünen und SPD, dass alle möglichst in Städten leben, verdichtet und dass Neubau wegen der Flächenversiegelung nicht stattfindet (und wenn nur teuer aufgrund hoher Auflagen). Der Wohnungsmangel in Ballungszentren ist das, was dabei herauskommt.

    • @SeppW:

      Vor 15 Jahren hat man Prämien bekommen?



      Was Fanta-sieren Sie denn da?

      • @Tripler Tobias:

        Das gab es damals in Berlin wirklich.

        Wenn Sie eine unbeliebte Wohnung genommen haben, haben Sie zwei oder drei Monate lang keine Nettokaltmiete zahlen müssen.

        Oder einen Zuschuss für irgendwas bekoommen.

        Für unrenovierte Wohnungen galt das Gleiche.

      • @Tripler Tobias:

        Es gab ein Begrüßungsgeld für Studenten die ihren Wohnsitz nach Berlin verlegt haben. Das gab es so in vielen Unistädten und sollte die Studenten motivieren den Hauptwohnsitz zu verlegen.

    • @SeppW:

      ... es hat sicherlich nichts mit verfehlter Wohnungspolitik zu tun oder mit der Vermieterlobby, die durch Wohnungsbau ihre Renditen gefährdet sehen ;-)

    • @SeppW:

      Auch ohne "Zuwanderer" ist der Wohnungsmarkt eine absolute Katastrophe. Schieben Sie diesen also bitte nicht die Hauptschuld zu.

    • @SeppW:

      die Zuwanderer von denen Sie reden kommen auch aus Köln, Hamburg, Villingen-Schweningen und Erfurt.



      Die internationalen Zuwanderer sind übrigens vorrangig Leute, die mit einem gut dotierten Arbeitsvertrag hierherkommen.



      Flüchtlinge, auf die sie vermutlich hetzerisch anspielen, können sich solche Unterkünfte überhaupt nicht leisten

      • @Ringsle:

        Können wir bitte mal rhetorisch etwas abrüsten? Es ist nicht gleich „hetzerisch“ wenn auf die Millionen von Menschen hingewiesen wird welche in den letzten Jahren hierzulande ankamen.