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Abgeordneter zur Corona-Aufarbeitung„Denen muss man ein Ventil geben“

Aus Sorge um die Unzufriedenen will Helge Limburg die Pandemiebekämpfung politisch aufarbeiten. In seiner Partei ist der Grüne damit eine Ausnahme.

Die Maßnahmen an Schulen während der Coronazeit waren und sind umstritten Foto: Ralph Lueger/imago
Tobias Schulze
Interview von Tobias Schulze

taz: Herr Limburg, ein Online-Portal mit Nähe zur Querdenker-Szene hat am Wochenende interne Protokolle des Robert-Koch-Instituts veröffentlicht. Haben Sie die 1.000 Seiten aus der Corona-Zeit schon durchgelesen?

Helge Limburg: Nein, nur Ausschnitte. Ich finde auch unseriös, wie aus einzelnen Sätzen dieser Protokolle große Verschwörungserzählungen gesponnen werden. Positiv finde ich aber, dass jetzt eine Debatte darüber läuft, ob wir die Zeit der Pandemie und der Bekämpfungsmaßnahmen nicht noch mal kritisch reflektieren sollten.

Bild: helge-limburg.de/Stefan Kaminski
Im Interview: Helge Limburg

Der 41-Jährige ist seit 2021 Bundestagsabgeordneter und sitzt für die Grünen im Rechtsausschuss. Zuvor saß der Jurist 13 Jahre lang im Landtag von Niedersachsen.

Welchen Zweck hätte das?

Die Grundrechtseinschränkungen während der Pandemie waren die massivsten in der Geschichte der Bundesrepublik. Mit etwas Abstand einen Blick zurückzuwerfen, ist das Mindeste, was der Rechtsstaat machen kann. War selbst mit dem begrenzten Wissen der damaligen Zeit jede Entscheidung richtig? Dabei geht es auch um eine Würdigung des Unrechts, das manchen Personen widerfahren ist. Und: Was können wir besser machen, wenn wir wieder in so eine Situation kommen sollten?

Zu diesen Fragen gibt es doch schon Studien und Kommissionen.

Ja, aber wichtig finde ich, dass die Aufarbeitung auch breit öffentlich kommuniziert. Nehmen wir mal die Warnungen von Verbänden der Kinder- und Jugendpsychologie vor den Schäden der Lockdowns: Warum sind die zu wenig in Entscheidungen eingeflossen? Das muss Teil einer öffentlich wahrnehmbaren Aufarbeitung sein.

Also in Form einer Enquetekommission des Bundestags, wie die FDP fordert?

Eine Enquete kann ein Mittel sein. Die Legislaturperiode ist aber schon weit fortgeschritten und ich weiß nicht, ob so eine Kommission in der verbleibenden Zeit noch seriös zum Ergebnis kommen würde. Es können auch andere Arten von Gremien eingesetzt werden. Wichtig ist eben die öffentliche Sichtbarkeit und eine Würdigung dessen, was auch an falschen Maßnahmen getroffen wurde.

Robert Habeck hat sich am Dienstag auch für Aufarbeitung ausgesprochen. Sonst hört man solche Forderungen von Grünen selten. Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen hält eine Enquetekommission für Wahlkampfspektakel.

Natürlich gibt es bei uns zur Frage der Aufarbeitung interne Diskussionen. Auch der Einwand, dass eine Kommission von rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Kreisen instrumentalisiert werden könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Es gibt aber auch jenseits solchen Gedankenguts viele Menschen, die noch immer massiv unzufrieden mit dem Krisenmanagement sind. Diesen demokratisch gesinnten Menschen muss man ein Ventil geben.

Die Grünen fuhren in der Pandemie selbst einen restriktiven Kurs. Vielleicht erklärt das, warum es in der Partei keine große Begeisterung für die öffentliche Aufarbeitung gibt.

Ich weiß, dass die Grünen in Teilen so wahrgenommen werden, als hätten wir immer die härtesten Maßnahmen befürwortet. Während der Corona-Zeit saßen wir aber, abgesehen von der Endphase, in der Opposition. Die Schuld vor allem auf uns zu schieben, halte ich für fehlgeleitet.

Haben Sie konkretere Beispiele für Fehler, mit denen sich eine Kommission beschäftigen sollte?

Wichtig ist, nicht jede Kritik mit dem Argument abzuwehren: Hinterher ist man immer schlauer. Es gab einige Maßnahmen, die schon nach damaligem Stand wissenschaftlich nicht angezeigt waren. Phasenweise wurden in Teilen des Landes Spielplätze abgesperrt. In München kam ein Mann in Gewahrsam, weil er im Freien ein Buch gelesen hat. Ich selber wurde mit meiner Kernfamilie vom Ordnungsamt aus einem Park vertrieben, weil wir für uns zu fünft eine Slackline aufgebaut haben. Ich finde es nachvollziehbar, dass solche Erfahrungen Menschen frustriert haben.

Wie erklären Sie es sich, dass die Politik manche Regeln beschlossen hat, die im Rückblick absurd wirken?

Nicht aus bösem Willen. Eher aus Unsicherheit und Angst, am Ende zu wenig getan zu haben. Was der Qualität der Entscheidungen ebenfalls geschadet hat, waren die politischen Entscheidungsprozesse: Die Parlamente wurden beiseitegeschoben. Stattdessen wurde die Ministerpräsidentenkonferenz, die im Grundgesetz überhaupt keine Legitimation hat, zum zentralen Entscheidungsgremium. Das darf sich in der Form nie wiederholen. Dazu kam auch noch die Art und Weise, wie wir als Gesellschaft miteinander debattiert haben.

Wie meinen Sie das?

Wir haben vieles schwarz-weiß diskutiert – angefangen mit der absolut unwissenschaftlichen Frage, welchem Virologen man jeweils folgt. Schlimm war auch, wie sich Ungeimpfte beschimpfen lassen mussten, selbst wenn sie sich an alle geltenden Regeln gehalten haben. Mich sprechen heute noch Betroffene an, die das als krasse Stigmatisierung empfanden. Umgekehrt gab es wüste Drohungen gegen Politiker und Wissenschaftler wie Christian Drosten. Auch diese Auswüchse sollten wir reflektieren, um als Gesellschaft wieder stärker zusammenzuwachsen.

Würde eine Debatte darüber aber wirklich der Polarisierung entgegenwirken – oder nicht viel eher alte Wunden neu aufreißen?

Die Gefahr besteht. Der Schaden ist aber noch größer, wenn wir aus Angst davor die Aufarbeitung nicht angehen. In den Zirkeln der Unzufriedenen laufen die Debatten ja trotzdem weiter, und dort steigt der Frust, wenn wir keinen gemeinsamen Diskursraum schaffen.

Wenn wir schon über Aufarbeitung sprechen: Haben Sie als Politiker in der Pandemie Entscheidungen getroffen, die Sie ganz persönlich bereuen?

Ja. Ich saß damals noch im Landtag von Niedersachsen. Wir bekamen eine Petition von Eltern, deren Kinder in einem Heim für Menschen mit Behinderung untergebracht waren und für die ein komplettes Besuchsverbot galt. Darunter haben sie natürlich massiv gelitten. Intern im Ausschuss haben wir zwar diskutiert, ob sich da nicht irgendein Weg finden lässt. Aber durchgesetzt hat sich die Haltung: Nein, das Verbot ist absolut notwendig. Heute ärgere ich mich darüber, dass ich mich nicht vehementer für diese Familien eingesetzt habe. Diese Petition geht mir immer noch nahe.

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22 Kommentare

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  • @ Suryo "und trotzdem ruft [in Spanien] niemand nach einer gesellschaftlichehn Aufarbeitung."



    OOOOh doch: Beispielsweise hat die rechtsradikale Regierung der Region Madrid tausende alte Menschen in den Pflegeheimen sterben lassen, weil sie ihnen den Transfer ins Krankenhaus verweigerte. Nur wenige kamen, zu spät, dann doch noch ins Krankenhaus. Argument der Regierungschefin ? Die infizierten Alten wären ohnehin gestorben, egal ob im Heim oder im Krankenhaus. So geht faschistisch. Und die Debatte läuft ...

    'Over 4,000 Covid victims at Madrid care homes ‘could have been saved' GUARDIAN: www.theguardian.co...ld-have-been-saved

    • @lesnmachtdumm:

      Das hatte ich schon vor zwei Tagen auch geschrieben, aber mein Kommentar wurde leider nicht freigeschaltet.

      Tatsache ist aber, dass sich dieser Ansatz völlig von dem unterscheidet, was man hier unter „Aufarbeitung“ versteht. Wer denkt denn in Deutschland noch an all die Toten?



      Wer denkt noch daran, dass Sachsen zwei Jahre hintereinander die höchsten Todesraten hatte?



      Wird das eigentlich in Dresden im Landtag aufgearbeitet? Fragt man sich in Sachsen, warum das so war und was man von zB Schleswig-Holstein lernen könnte? Das wären doch auch mal sehr interessante Fragen.

      Stattdessen soll es in Deutschland darum gehen, den Querdenkern, den Maskenverweigerern und Impfleugnern einen Olivenzweig hinzustrecken. Nach dem Motto „Okay, da hattet ihr vielleicht recht.“



      Hatten sie aber nicht. Denn insgesamt waren nun mal in erster Linie diese Leute für sehr viel Krankheit und Tod verantwortlich. Davon redet fast keiner mehr.

  • "Während der Corona-Zeit saßen wir aber, abgesehen von der Endphase, in der Opposition." Äh ? In BaWü zettbee stellten Grüns den Ministerpräsidenten ebenso wie den Gesundheitsminister. Die meiner Ansicht nach vieles richtig gemacht, und doch auch in mit und bei vielem gemauschelt haben. Wieso wurden beständig die Vergleichzahlen "Im Krankenhaus: geimpft vs.ungeimpft" ins Netz gestellt, und eines schönen Tages plötzlich nicht mehr ? Weil die Zahlen kein Argument fürs Impfen mehr hergaben ? Oder wieso sonst ? Da gabs genug Grünes in mehreren Bundesländern, was ebenso aufzuarbeiten wäre. Ein Viernheimer etwa rutschte mit der Straßenbahn im selben Verkehrsverbund durch drei Bundesländer, ... und in jedem galten andere Vorschriften sogar an den jeweiligen Straßenbahnhaltestellen (wie auch in den div. Fußgängerzonen). Auf Haltepunkten und in Bahnhöfen der DB galten zugleich wiederum andere, nämlich Bundes-Vorschriften ... Chaos pur, und von Anbeginn der Epidemie dreimal grün (mit)regiert: Rh-Pf, BaWü, Hessen. Remember, Helge ??? Nur in deim Heimatland hatteter Glück: Vorher regiert, nachher regiert, zum Corona-Ausbruch nich.

  • Das mit der Covid19-Pandemie war, übrigens ähnlich wie die deutsche Wiedervereinigung, ein absolutes Novum. Deshalb gab es für die erforderlichen Maßnahmen und Prozesse keine vorab festgelegten Regeln, die man aus früheren Erfahrungen hätte ableiten können.



    Dass man seitens der damals Verantwortlichen öffentlich Aufarbeitung und Kommunikation der Ergebnisse befürwortet, ist ein gute Zeichen, dass unsere Demokratie stark ist und funktioniert. Nur autoritäre Staaten dulden keine öffentliche Debatten über ihre Anordnungen, auch nicht nachträglich.



    Wenn Querdenker und Schwurbler nun versuchen, ihr politisches Süppchen auf dem Feuer einer von ihnen selbst geschürten Aufregung zu kochen, so ist eine öffentliche Debatte und Komminikation der beste Weg, ihnen diese Suppe gründlich zu versalzen. Denn nichts ist für Verschwörungsmythen so schlecht wie wissenschaftlich belegbare Fakten und ein transparenter Umgang mit Fehlern.

    • @Olli P.:

      Schön wär‘s. Leider ergibt die Forschung eher, dass eindeutige Fakten den Verschwörungstheoretiker nicht etwa zweifeln, sondern ihn noch viel fester glauben lassen.

  • Ich weiß nicht, was dieses Nachkarten bewirken soll.



    Die nächste Krise kommt bestimmt und sie ist anders. Auch da wird wieder gelten: Sicherheit first, Freiheit second. Auch wenn es nur die Illusion von Sicherheit ist.



    Lernen aus Krisen konnten wir noch nie. Was hätten wir aus Corona nicht alles lernen können! Das die Welt nicht untergeht, wenn nicht alle jederzeit überall hinfliegen kann, sondern damit der Treibhausgasausstoss zurückgeht beispielsweise? Auch das Schrumpfen der Wirtschaft ist kein Grund zur Panik, sondern ein Zeichen der Hoffnung. Bedarfsdeckung statt Profitgier. Werbeverbot. Bedürfnisse müssen nicht künstlich geschaffen werden.

  • „ Schlimm war auch, wie sich Ungeimpfte beschimpfen lassen mussten, selbst wenn sie sich an alle geltenden Regeln gehalten haben.“

    Das hört man immer wieder. Ich kenne keine konkreten Beispiele. Impfleugner zu kritisieren, ist keine Beschimpfung. Tatsache ist: die Gegenden mit den wenigsten Geimpften haben die höchsten Todesraten. Siehe Sachsen. Das ist einfach eine Tatsache. Impfleugner sind dafür verantwortlich, ob sie das nun als Stigmatisierung empfinden oder nicht. Es ist so und lässt sich nicht ändern.

    „ Umgekehrt gab es wüste Drohungen gegen Politiker und Wissenschaftler wie Christian Drosten.“

    Es gab massenhaft Morddrohungen. In Deutschland wurde ein Tankstellenangestellter von einem



    Querdenker ermordet, in Österreich eine Ärztin in den Suizid getrieben; es gab massenhaft Sachbeschädigungen und Drohungen durch Querdenker.

    „Auch diese Auswüchse sollten wir reflektieren“

    Und exakt das werden Querdenker niemals tun. Wir reden hier nicht Menschen, die mit „Aufarbeitung“ eine ernsthafte, auch selbstkritische Reflektion meinen, sondern die darunter Rache und Bestätigung verstehen.

    • @Suryo:

      "Wir reden hier nicht Menschen, die mit „Aufarbeitung“ eine ernsthafte, auch selbstkritische Reflektion meinen, sondern die darunter Rache und Bestätigung verstehen."

      Danke. Auf den Punkt gebracht. Eine Aufarbeitung die nur die Politik, nicht aber die Gesellschaft mit meint, ist gar keine, sondern lediglich ein Tribunal, welches einem riesigem Abwehrmechanismus dient nur um sich selber nicht als Egoist zu sehen.

  • Ich hatte Corona ganz zu beginn, ich war sehr vorsichtig hab es trotzdem bekommen. Ich habe mit den Folgen bis heute zu kämpfen, bin mehrfach geimpft. Bin trotzdem für eine Aufarbeitung ganz einfach weil das eine riesen Sache war und man sehen muss wie Entscheidungen gefällt wurden, wie besser entschieden werden kann in der Zukunft, etc. Es geht nicht darum irgendwelche Leute glücklich zu machen die sich gemobbt fühlen sondern einen besseren Staat zu schaffen.

  • "Eher aus Unsicherheit und Angst, am Ende zu wenig getan zu haben." Das dürfte der entscheidende Punkt sein, der aber auch am Selbstverständnis des Staates und der Verantwortlichen damals hängt.



    Man hat eben nur im Auge gehabt, dass man "gegen Corona" genug getan haben muss - um welchen Preis auch immer. Dass Kinder krank werden, Alte einsam sterben - war außerhalb des Radars. Was aus meiner Sicht auch mit der damaligen Strategie zusammehängt, die große Panik vor Corona zu schüren und nichts anderes zählte mehr. "Bergamo, New York - bald haben auch wir diese Bilder....." genauso im heute Journal gehört.

    • @Dr. McSchreck:

      Und woher wussten Sie damals, dass wir solche Bilder NICHT haben würden?

      Übrigens waren die Intensivstationen vor allem in Sachsen tatsächlich zeitweise knapp. Schon alles vergessen?

      Wie viele Tote sind ein krankes Kind wert?

  • "Ich selber wurde mit meiner Kernfamilie vom Ordnungsamt aus einem Park vertrieben, weil wir für uns zu fünft eine Slackline aufgebaut haben."

    Na und? Zum damaligen Zeitpunkt war es nun mal so, dass man nicht wusste, wie hoch das Risiko einer Infektion im Freien war. Es hatte nun einmal durchaus nachgewiesene Infektionen im Freien gegeben. Und wo eine fünfköpfige Gruppe im Park auftaucht, tauchen früher oder später die nächsten auf, gleiches Recht für alle usw. - solange, bis da eine Menschenmenge ist.

    Hinterher ist man tatsächlich immer schlauer - und noch eine wahre Maxime: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

  • Seit Palmer mal wieder ein Politiker der Grünen, bei dem ich den Daumen nach oben halte.

  • Ich bin geimpft nur das vorweg.

    Und trotzdem ist eine Aufarbeitung und Offenlegung der Prozesse im Zuge der Coronamaßnahmen notwendig.

    1. Gerade weil wir in einer Demokratie leben und nicht in einem Willkürstaat!



    2. Weil die Grundrechtseinschnitte (wie im Interview angesprichen) so gravierend waren.

    Die Begründung, lieber nichts zu machen, weil die falschen daraus Nutzen schlagen könnten, ist nicht genügend. Entscheider haben sich vor dem Souverän zu rechtfertigen!

    • @insLot:

      Es gab doch genug Gerichtsverfahren.

  • Jedes Ergebnis einer Aufarbeitung, dass die Querdenker und Impfleugner nicht bestätigt, werden die sowieso nicht zur Kenntnis nehmen. Alles andere werden sie so hinbiegen, dass sie sich bestätigt fühlen, und noch rasender nach Vergeltung und Strafe für das ihnen angeblich angetane Leid rufen.

    Die einzige Art der Aufarbeitung sollte meiner Meinung nach in einem Gremium stattfinden, dessen primäre Aufgabe es ist, Deutschland für die nächste Pandemie zu rüsten. Man muss aus der letzten Pandemie lernen, was man nie wieder tun oder lassen sollte. Zum Beispiel, dass es ein zentrales Impfregister geben muss, dass Impftermine wie in Spanien automatisch per Handy verschickt werden sollten oder dass der Staat Masken vorrätig halten muss, oder dass jede Schule immer in der Lage sein muss, von heute auf morgen auf virtuellen Unterricht umzusteigen. Es muss um ganz konkrete Dinge gehen. Um Praktisches.

    Was es nicht geben sollte: irgendwelche typisch deutschen, philosophischen und rein abstrakten Klagen und Debatten. Die spalten am Ende nur weiter und bringen sonst gar nichts.

    • @Suryo:

      Naja, ich fände einen gesellschaftlichen Diskurs angebracht. Natürlich geht es auch viel um praktisches, aber es geht auch um Themen wie zum Beispiel welche Einschränkungen akzeptabel sind und bei welchen Bedingungen. Was ist die Gesellschaft bereit zu akzeptieren wie setzt sie ihre Prioritäten. Für mich persönlich war es zum Beispiel sinnvoll ältere zu schützen, vor allem da viele alleinerziehende und Eltern auf die Großeltern angewiesen sind.

      Wie Sie sagen, die eine Gruppe ist eh verloren. Aber ein gesellschaftlicher Diskurs fließt auch immer irgendwie in die politische Diskussion mit ein.

      Vllt könnten auch verschiedene Konzepte für verschiedene Fälle erarbeitet werden die ebenfalls in eine Diskussion führen, dann wären die Menschen nächstes Mal vllt weniger überrascht und vorbereitet.

      Wegen den paar verwirrten würde ich nicht auf eine sinnvolle Diskussion verzichten wollen.

      • @Hitchhiker:

        Ich finde das alles wieder mal sehr deutsch.

        In Spanien gab es einen echten, knallharten Lockdown. Zwei Monate durfte man die Wohnung nicht verlassen. Auch die Kinder nicht. Auch sonst gab es Maßnahmen, wie es sie in Deutschland in dieser Härte nie gab.

        Dennoch ruft dort niemand nach einer gesellschaftlichen Aufarbeitung. Aber es gibt dort auch so gut wie keine Querdenker und Impfleugner sind eine bizarre, winzige Minderheit.

        Mir kommt es so vor, als ob die Rufe nach „Aufarbeitung“ hierzulande letztlich primär aus der querdenkerischen Ecke kommen. Die erhoffen sich, dass irgendwie ein riesiger Skandal enthüllt wird, den sie ja sowieso schon für gegeben halten. Die glauben, dass eine Aufarbeitung ergeben wird, dass irgendwer aus böser Absicht und wider besseres Wissen eine widerrechtliche Einschränkung der Grundrechte veranlasst hat, dass all das eine einzige bösartige Verschwörung gewesen sei. Und sie werden kein anderes Ergebnis akzeptieren.

        Dahingegen sehe ich bei den meisten anderen Menschen, mithin der Mehrheit, kein besonders heftiges Bedürfnis nach Aufarbeitung. Die meisten sind froh, dass es vorbei ist, fanden das alles damals nicht schön, aber empfinden es eben auch nicht als anhaltendes, massives Trauma, das irgendeiner Art von Heilung bedürfe.

        • @Suryo:

          Ich fand die lockdowns auch nachvollziehbar und wenn ich mit Menschen gesprochen haben, hätten sie die Entscheidungen von Politiker nicht treffen wollen. Es war halt einfach nicht klar wie sich das entwickelt.

          Das da kein riesen Skandal rauskommt ist klar. Mir ist eine Aufarbeitung auch nicht so wichtig. Eigentlich habe ich bis zu diesem Artikel auch nicht mehr dran gedacht.

          Es lief aber auch einiges schief, bei dem man nächstes mal besser vorbereitet sein könnte und da wäre eine Aufarbeitung vllt gar nicht schlecht.

          Die wird aber eh nicht kommen, die Politiker sind froh das es vorbei ist.

          Und die "Extremisten" überzeugen sie eh nicht. Die schreien auch nächstes Mal wieder, sind Faktenresistent und haben die alleinige Wahrheit. Deswegen gings mit primär auch um die Prävention/ Vorbereitung auf die Zukunft.

          Von Aufarbeitungswünschen in meinem sozialen nahfeld habe ich auch nichts mitbekommen, aber ich fand überraschend wie schnell sich alles wieder normalisiert hat und wie diese Zeit in Vergessenheit geraten ist. Was ich aber gut finde.

          • @Hitchhiker:

            Ja, Sie haben recht.

            Ich persönlich hätte mir allerdings schon gewünscht, dass man bestimmte Dinge bzw. Verhaltensweisen beibehalten hätte. Zum Beispiel irritiert es mich jetzt, wenn Leute „ungeniert“ in einer Straßenbahn husten und schniefen, anstatt sich eine Maske aufzusetzen. Eigentlich sollten doch alle gelernt haben, was Aerosole sind. Auch neun Tage Erkältung sind schließlich nicht schön, warum ist es gesellschaftlich immer noch akzeptiert, andere anzustecken?

  • Leider haben zu viele einflussreiche Leute in Politik, Wissenschaft und Journalismus erheblich mehr "Dreck am Stecken" als Herr Limburg. Daher habe ich wenig Hoffnung auf eine sinnvolle Aufarbeitung.

  • Sehr gutes und wichtiges Interview. Danke! :-)