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Trump, Venezuela und GrönlandWeihnachtliche Allmachtsfantasien

Tanja Tricarico

Kommentar von

Tanja Tricarico

Trump wünscht sich Grönland und einen Machtwechsel in Venezuela. Ob er all das kriegt, hängt davon ab, ob demokratische Staaten Widerstand leisten.

Grönland, Venezuela: Pünktlich zum Fest der Liebe liegt Trumps Wunschliste auf dem Tisch Foto: Alex Brandon/ap/dpa

E ine Überraschung ist das neueste Trump’sche Gepolter wahrlich nicht, sondern eher der nächste Moment der radikalen Ehrlichkeit. Da sind zum einen die Begehrlichkeiten des US-Präsidenten nach Grönland, der weltgrößten Insel mitten in der Arktis. Aus sicherheitspolitischen Gründen meldet Trump Gebietsansprüche an. „Wir müssen es haben“, lässt Trump verlauten. Und aus Haben-Wollen soll ein Wir-werden-es-Bekommen werden.

Der ehrenamtlich tätige Sondergesandte Jeff Landry, Gouverneur von Louisiana, soll sich kümmern und die Insel zum Teil der Vereinigten Staaten machen. Egal, dass Grönland eigentlich autonom und politisch selbstverwaltet ist und Bestandteil des Königreichs Dänemark. Um zu zeigen, dass Trump es ernst meint, zieht er die Dealstrategie, sprich die wirtschaftliche Druckschraube, mächtig an. Prompt setzten die USA Pachtverträge für fünf große Offshore-Windprojekte vor der US-amerikanischen Ostküste aus. Zwei davon laufen über dänisch kontrollierte Unternehmen.

6.500 Kilometer entfernt liegt der zweite Schauplatz der Trump’schen Allmachtsfantasien. Vor der Küste Venezuelas werden seit September sogenannte Drogenboote attackiert. Die USA beschlagnahmen Öltanker, haben ein Großaufgebot an Militär in der Karibik stationiert. Die Trump-Regierung fordert den Rückzug des venezolanischen Präsidenten Maduro, einen Regimewechsel – und setzt offenbar auf die Ölvorkommen des Landes. Schließlich besitzt Venezuela eine der größten Ölreserven der Welt.

Hinzu kommen Seltene Erden. Rohstoffe, die die USA benötigen für die heimischen Tech-Größen. Es geht ums Geld, um die Neuordnung der Welt, um internationale Machtansprüche. Und darum, sich entsprechend unabhängig zu machen von China und Russland.

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Donalds Wunschliste

Pünktlich zum Fest der Liebe liegt also Trumps Wunschliste auf dem Tisch. Für Moskau und Peking sind die Trump’schen Ansprüche ein Grund zur Freude, bestätigen sie doch die eigenen Anstrengungen, die Welt unter den Großmächten aufzuteilen. Und Europa? Dänemark bestellt erst mal den US-Botschafter ein.

So macht man das eigentlich, wenn diplomatische Regeln gelten. Die EU sagt Grönland und Dänemark Solidarität zu, besteht auf einer Weltordnung, gegründet auf dem Völkerrecht. Dieses Konzept geht nur auf, wenn die Mächtigen sich daran halten. Leider hat Europa derzeit wenig zu melden, verhakt sich in internen Streitereien.

Ob aus den US-Wünschen Gaben der Superlative werden, hängt 2026 vom Zusammenhalt und Widerstand demokratischer Staaten ab – und davon, wie ernst die US-Machtbestrebungen genommen werden. Denn ein Irrläufer sind sie nicht.

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Tanja Tricarico
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Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Leitet derzeit das Politik-Team der wochentaz. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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10 Kommentare

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  • Puh, wie viele Monate noch? Und wann sind die Midterms, damit unsere amerikanischen Genies ihr Obergenie mal wieder in die Schranken weisen können (wenn sie es denn tun)?

  • Die USA sind genau so entstanden: Raub von Ländereien, Vertreibung der Ureinwohner oder deren Vernichtung, dazu Ausbeutung der Bodenschätze. Hat doch funktioniert - warum nicht auch jetzt??

    • @Perkele:

      Das gilt für viele Kontinente und Länder - z.B. Australien, Neuseeland, Mittel- und Südamerika, die Araber in ihrer "Blütezeit". Auch die Zulu (größte Ethnie in Südafrika), waren einst ein kleines Bantu-Volk, unterwarfen nach und nach andere Stämme und wuchsen auf über 250.000 an.

  • Die dumme Gefahr!



    Mit trump ist wohl derzeit einer der dümmsten Menschen, die jemals US Präsident geworden sind, an der Macht.



    Sein "Haben!Haben! Haben! ist infantil.



    Allerdings haben ihn die Amerikaner gewählt, obwohl sie bereits wussten, was sie sich und der Welt damit antun.



    Das ist schon mehr als verwunderlich.



    Strategisch betrachtet greift hier "ein Verbündeter" nach einem Landesteil eines Verbündeten.



    Da kann die NATO, als "Verteidigungsbündnis" getrost wieder infrage gestellt werden.



    Die an dieser Stelle öfter kritisierte militärische Unabhängigkeit, sollte nun offensichtlich werden.



    Es ist eben nicht nur Putin, der unsere Demokratien bedroht, sondern auch trump.



    Das, was Putin nach 4Jahren Krieg einfordert, nämlich Gebiete in eigenes Staatsgebiet umzuwandeln, möchte trump ohne größeren Aufwand erledigen.



    Die Lage ist gefährlich.



    Ein aufgeblasener Merz, der vor trump Bücklinge macht und nach Osten gewandt, von der "größten konventionellen Armee Europas", schwadroniert, ist da wenig hilfreich.



    Man sollte schon was in der Hand haben, bevor man die Klappe aufreißt.



    Trump hat leider so Einiges in der Hand.



    Es ist mir völlig unklar, wie wir dieser Aggression begegnen können.

    • @Philippo1000:

      Das ist sehr gut geschrieben.



      Wie wir der Aggression begegnen könnten? Mit Umsicht und vor allem mit Standfestigkeit. Hierunter hat "Kaboom" die richtige Forderung formuliert: wieso stellt nur Dänemark den US botschafter ein? Warum nicht die gesamte EU? Wieso reagieren wir stattdessen gar nicht oder pflaumenweich?

  • Das Problem ist die Schwäche der EU. Statt der Einbestellung des US-Botschafters durch Dänemark hätten alle EU-Länder die jeweiligen US-Botschafter einbestellen müssen.

  • Ein Manöver, um das heimische MAGA-Publikum von den Epstein-Files ablenken soll. Eine bewusste Demütigung Europas, dessen ängstliches Schweigen von der Impotenz des Alten Kontinents und von dessen provinzieller Kirchturmpolitik zeugt. Zusammen mit der Ankündigung des Baus von Superschlachtschiffen - einer golden Flotte - ein überdeutliches Zeichen, dass Trumps Ziel der große Show-down mit China ist und auch die Trump'sche Russlandpolitik allein diesem Ziel dient. Die Welt sollte sich besser das Lachen über den Irren im Weißen Haus verkneifen, denn was hier passiert ist bitterernst!

    • @NormalNull:

      "Die Welt sollte sich besser das Lachen über den Irren im Weißen Haus verkneifen, denn was hier passiert ist bitterernst!"



      In der Tat Cäsarensart:



      Da der Dealmaker POTUS als selbsternannter "Very Stable Genius" Geopolitik mit Repression und Androhung beginnt und dann auch Waffen einsetzt, braucht es Gegenwehr und nicht Hinterzimmer-Diplomatie. Er testet nicht Grenzen aus, er überschreitet regelmäßig Rote Linien.



      US-Altlasten:



      taz.de 2008



      "Im grönländischen Inlandeis oder vor der Küste Nordwestgrönlands liegt eine Atombombe. Sie trägt die Nummer 78252 und hing ganz unten im linken Bombenschacht eines Atombombers vom Typ B 52. Der am 21. Januar 1968 nahe der grönländischen US-Basis Thule abstürzte.



      Die vier Atombomben an Bord waren glücklicherweise nicht scharf. Beim Aufschlag explodierte allerdings der in ihnen enthaltene konventionelle Sprengstoff, was dazu führte, dass die Bombenteile sich teilweise tief ins Eis einschmolzen. Mit Hilfe grönländischer und dänischer Arbeiter wurde umgehend eine umfassende Suche gestartet. Nach dreimonatiger intensiver Aufräumarbeit meldeten die US-Behörden Vollzug: Man habe ..."



      Titel:



      "Wie die USA Grönland belogen



      Die verschwundene Atombombe"



      Irre!

    • @NormalNull:

      Dieser "Irre" wurde von den US-Bürgern, in Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte, in demokratischen Wahlen gewählt.



      Zwei Mal.

      Was dir als irre erscheint, ist für US-Amerikaner völlig logisch.

  • Ich habe auch eine Wunschliste, was Herrn Trump (und Herrn Putin) angeht. Aber die würde hier nicht gedruckt werden.