Brandanschlag von Solingen: Rechtsextremes Tatmotiv vermutet
Bei dem Brandanschlag in Solingen starben 2024 vier Menschen. Auf einer Festplatte beim Angeklagten wurden nun rechtsextreme Inhalte gefunden.
Im März 2024 legte ein 39-Jähriger im Hausflur eines Mehrfamilienhauses im Solinger Stadtteil Höhscheid Feuer. Eine türkisch-bulgarische Familie kam dabei ums Leben: die Eltern sowie ihre zweijährige und ihre drei Monate alte Tochter. Der mutmaßliche Täter, ein Solinger, steht seit vergangenem Januar wegen vierfachen Mordes und versuchten Mordes an bis zu 21 Menschen vor dem Wuppertaler Landgericht.
Schon kurz nach der Brandstiftung erklärte die Staatsanwaltschaft Wuppertal: „Anhaltspunkte, die auf ein fremdenfeindliches Motiv deuten, liegen nicht vor.“ Auch die Polizei sprach kurz danach davon, dass der Fall weitgehend aufgeklärt sei, und zeigte sich erleichtert. Doch die Aussage eines Polizisten, der am vergangenen Montag als Zeuge vor Gericht war, wirft neue Fragen auf. War der Brandanschlag rechtsextremistisch motiviert?
Auf einer Festplatte, die in der Wohnung des Angeklagten gefunden wurde, seien rechtsextreme Inhalte entdeckt worden. Darunter 166 Bilder, unter anderem von der NSU-Terroristin Beate Zschäpe, NS-verharmlosende Darstellungen, Hitlerbilder und menschenverachtende Kommentare über Jüd:innen und Schwarze Menschen. Laut dem Polizisten bestehe die Möglichkeit, dass die Dateien der Partnerin des Angeklagten zuzuordnen sind. Diese beschreibt ihren Lebensgefährten als „alles andere als rechts“ und schließt ein rassistisches Tatmotiv aus.
Eigentlich war zur Gerichtsverhandlung am kommenden Freitag bereits ein Urteil erwartet worden. Doch geplant sind nun neue Termine: Dass der Polizist als Zeuge geladen wurde, lag daran, dass die Nebenklagevertreterin Seda Başay-Yıldız mehrfach auf die in der Wohnung des Täters gefundenen USB-Festplatten hingewiesen hatte, die bislang nicht gesichtet worden waren. In einem Haus, in dem überwiegend Migrant*innen wohnen, müsse man genauer hinschauen, so Başay-Yıldız.
Kritik an Ermittlungsbehörden
Sie kritisiert das Vorgehen der Ermittlungsbehörden: „Es ist absolut nicht nachvollziehbar, dass sich die Staatsanwaltschaft so wenig mit dem möglichen Tatmotiv beschäftigt hat.“ Zudem seien von insgesamt 1.200 gesichteten Dokumenten nur 51 der Partnerin des Angeklagten zuzuordnen, der Großteil jedoch nicht. „Wieder einmal übernehmen Anwältinnen Aufgaben, die eigentlich die Staatsanwaltschaft erledigen müsste“, so Başay-Yıldız.
Der Angeklagte hatte bereits im November 2022 an derselben Stelle sowie in einem anderen Haus Brände gelegt. Die Verteidigung führte als möglichen Grund für die Brandstiftung von 2022 an, dass der Täter „einen Streit mit seiner früheren Vermieterin“ gehabt habe. Başay-Yıldız weist jedoch darauf hin, dass diese Vermieterin nicht im selben Gebäude wohnt. Zudem soll der Täter den Brand am 9. November 2022 gelegt haben – ausgerechnet am Jahrestag der Reichspogromnacht von 1938, sagt die Anwältin.
Anfang Februar gestand der Beschuldigte die Brandstiftung. Ihm sei klar geworden, wie viel Leid er damit angerichtet habe. Am kommenden Freitag soll ein Psychiater sein Gutachten vorstellen. Das Urteil wird für Ende März erwartet.
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