Tödlicher Angriff in Solingen: „Ein schreckliches Ereignis“

Bundeskanzler Scholz äußert sich zu der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest, die drei Todesopfer gefordert hat. Die Polizeigewerkschaft warnt vor Spekulationen.

Nach der Messerattacke stehen am Samstagmorgen Zelte von Polizei und Feuerwehr am Tatort vor der Bühne auf dem Solinger Fronhof Foto: Christoph Reichwein/dpa

DÜSSELDORF afp/rtr/taz | Nach dem Messerangriff mit mehreren Toten und Verletzten in Solingen fahndet die Polizei mit einem Großaufgebot nach dem Täter. Die Suche werde fortgesetzt, sagte eine Sprecherin der Düsseldorfer Polizei am Samstagmorgen. In einer Presseerklärung teilte die Polizei mit, dass durch den Anschlag „nach derzeitigem Stand“ drei Menschen getötet und acht verletzt wurden, „davon fünf schwer“. Der Solinger Bürgermeister sowie der Ministerpräsident und Innenminister von Nordrhein-Westfalen reagierten bestürzt auf die Gewalttat.

Inzwischen hat sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz zu Wort gemeldet. „Der Anschlag in Solingen ist ein schreckliches Ereignis, das mich sehr bestürzt. Ein Attentäter hat mehrere Menschen brutal getötet“, schreibt er im Kurznachrichtendienst X. Er habe mit Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach telefoniert. „Wir trauern um die Opfer und stehen an der Seite der Angehörigen.“ Den Verletzten wünscht der SPD-Politiker eine schnelle Genesung. „Der Täter muss rasch gefasst und mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden“, fordert Scholz.

Ein „bislang unbekannter Mann“ hatte am Freitagabend gegen 21.40 Uhr mehrere Menschen mit einem Messer attackiert. Aktuell fahnde die Polizei weiter mit einem Großaufgebot nach dem Täter und habe „eine Vielzahl an Kräften rund um die Solinger Innenstadt zusammengezogen, darunter auch Spezialeinheiten“, heißt es in der Pressemitteilung der Polizei. Um den Angreifer zu finden, würden „sowohl Opfer als auch Zeugen befragt“.

Der Angriff hatte sich auf einem Stadtfest zur 650-Jahre-Feier von Solingen mit dem Titel „Festival der Vielfalt“ ereignet. Die Tat werde als „Anschlag“ gewertet, so die Polizeisprecherin in Düsseldorf. Medienberichte, wonach sie als „Terroranschlag“ eingestuft werde, wies die Sprecherin zurück. Zu Medienberichten, der Angreifer habe Arabisch gesprochen, wollte sie sich nicht äußern.

Tatort weiträumig abgesperrt

„Der brutale Anschlag auf das Stadtfest in Solingen erschüttert uns zutiefst“ erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Samstagmorgen. „Wir trauern um die Menschen, die auf furchtbare Weise aus dem Leben gerissen wurden.“ Ihre Gedanken seien bei den Familien der Getöteten und den Schwerverletzten. Die Sicherheitsbehörden täten „alles, um den Täter zu fassen und die Hintergründe des Anschlags zu ermitteln“. Die Polizei NRW habe dabei jede Unterstützung des Bundes.

Die Polizei bat um Mithilfe der Bevölkerung. Auf ihrem Hinweisportal könnten Angaben zur Tat oder dem Täter gemacht und Bild- oder Videomaterial hochgeladen werden.

An der Suche nach dem mutmaßlichen Täter waren zahlreiche Beamte beteiligt. Die Solinger Polizei erhielt auch Verstärkung aus anderen Teilen Nordrhein-Westfalens, wie die Polizeisprecherin sagte. Der Tatort wurde demnach „weiträumig abgesperrt“. Dort waren schwer bewaffnete Polizisten sowie Beamte der Spurensicherung in weißen Schutzanzügen zu sehen, wie eine AFP-Fotografin berichtete.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor Spekulationen. „Ich appelliere an alle, besonders an die Nutzer in den sozialen Medien, darauf zu verzichten, Gerüchte zu verbreiten“, sagt der NRW-Chef der GdP, Michael Mertens, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Ich sehe mit Sorge, dass derzeit Spekulationen über die sozialen Netzwerke verbreitet werden.“ Es gebe bislang keine konkreten Erkenntnisse zum Täter, betonte Mertens weiter. „Die Personenbeschreibungen der Zeugen sind in Teilen widersprüchlich.“ Das sei nicht verwunderlich, da die Menschen unter dem Schock des Erlebten stünden. Die Polizei müsse jetzt ungestört ihre Arbeit machen können.

Polizisten stehen am frühen Morgen an einer Absperrung in der Innenstadt von Solingen Foto: Christoph Reichwein/dpa

Reul noch in der Nacht vor Ort

Vor der Mitteilung der Polizei zur Zahl der Opfer hatte der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) auf der Facebook-Seite der Stadt erklärt, es gebe „neun Tote und Verletzte“ zu beklagen, mehrere kämpften noch „um ihr Leben“. „Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer“, schrieb Kurzbach. „Es zerreißt mir das Herz, dass es zu einem Attentat auf unsere Stadt kam.“

Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) reagierte bestürzt. „Ein Akt brutalster und sinnloser Gewalt hat unser Land ins Herz getroffen“, schrieb er im Onlinedienst X. „Ganz Nordrhein-Westfalen steht an der Seite der Menschen in Solingen, vor allem an der Seite der Opfer und ihrer Familien.“ Sein „großer Dank“ gelte „den vielen Rettungskräften und unserer Polizei, die in diesen Minuten um Menschenleben kämpfen“.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) besuchte noch in der Nacht den Tatort. Der Täter habe offenbar „aus dem Nichts“ wahllos auf Menschen eingestochen, sagte Reul im Nachrichtensender ntv. Über das Motiv oder den Tatverdächtigen könne er noch nichts sagen. Sichtlich bewegt sprach Reul von einem „sehr schlimmen Ereignis“.

Das Solinger Tageblatt berichtete, einer der Mitorganisatoren des Stadtfestes unter dem Titel „Festival der Vielfalt“ sei nach dem Angriff auf die Bühne gekommen, um das Stadtfest auf dem Fronhof, einem Marktplatz in der Innenstadt von Solingen, abzubrechen. Dabei habe er erklärt, dass der Rettungsdienst um das Leben von neun Menschen kämpfe. Die Besucher des Festes wurden aufgerufen, das Solinger Stadtzentrum zu verlassen.

Der WDR berichtete, die Polizei habe Großalarm ausgelöst. Es seien Hubschrauber in der Luft, es gebe „Absperrungen in der ganzen Stadt“ und die Lage sei unübersichtlich.

Auch Habeck und Lindner äußern sich zum Anschlag

Neben dem Bundeskanzler und der Bundesinnenministerin äußerten sich noch weitere Regierungsmitglieder zu dem Anschlag. „Schlimme, schlimmste Nachrichten aus Solingen“, schrieb Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf seinem Instagram-Account. „Gewalt gegen Menschen, die einfach nur glücklich feiern wollten, ist verdammenswert.“ Allen Angehörigen, die Menschen verloren haben, wünschte der Grünen-Politiker viel Kraft und Trost. „Den Verletzten wünsche ich gute Besserung und all jenen, die diese furchtbare Tat miterlebten, ebenfalls Kraft!“ Es sei gut, dass die Polizei jetzt alles daran setze, den Täter so schnell wie möglich zu finden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X: „In die Trauer um die Opfer des Anschlags in #Solingen mischen sich schnell Gefühle von Ohnmacht und Wut. Auch bei mir“, schreibt der FDP-Politiker. „Aber das dürfen wir nicht zulassen. Wir sind nicht machtlos und wir brauchen kühle Konsequenz von Polizei und Rechtsstaat.“

Der Anschlag sorgt auch im Ausland für Bestürzung. „Ich bin zutiefst schockiert über diesen furchtbaren Angriff auf unschuldige Bürgerinnen und Bürger beim Stadtfest in Solingen“, schreibt die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, im Kurznachrichtendienst X. Hass und Gewalt dürften keinen Platz in der Gesellschaft haben. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien. Ich wünsche den Verletzten baldige Genesung“, so die aus Malta stammende konservative Politikerin.

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