Heimliche Wohnungsdurchsuchungen: Finger weg!

Die Pläne von Innenministerin Faeser bedeuten einen Tabubruch. Die eigenen vier Wände sind ein Ort geschützter Privatheit – und das muss so bleiben.

Die eigene Wohnung soll ein Ort geschützter Privatheit bleiben Foto: Westend61/imago

Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach Hause: Der Sessel scheint nicht genau da zu stehen, wo er immer steht. Und die Zahnbürste liegt links vom Zahnputzbecher statt wie üblich rechts davon. War da etwa jemand in der Wohnung? Bisher konnte man ausschließen, dass die Polizei heimlich die Wohnung durchsucht hat, denn das darf sie bisher nicht.

Die Hausdurchsuchung ist eine offene Maßnahme. Und wenn der Wohnungsinhaber zufällig abwesend ist, muss zumindest ein Angehöriger, Freund oder Nachbar hinzugezogen werden – dies gilt schon seit Jahrzehnten. Doch SPD-Innenministerin Nancy Faeser will sie nun aufweichen. Zur Abwehr von internationalen terroristischen Anschlägen soll das BKA Wohnungen auch heimlich durchsuchen können. Und es soll einbrechen können, um Spähsoftware – so genannte Staatstrojaner – auf Computern oder Smartphones installieren zu können.

Auch wenn die Maßnahme (zunächst) auf potenzielle internationale Terroristen beschränkt ist – in der Praxis vor allem also auf Islamisten –, so handelt es sich doch um einen Tabubruch. Angesichts der Vielzahl der Polizeigesetze hat ohnehin kaum jemand einen Überblick, welche Sicherheitsbehörde unter welchen Voraussetzungen welche Befugnisse hat. Da ist ein echtes Tabu wie das Verbot der heimlichen Wohnungsdurchsuchung besonders wichtig. Die eigenen vier Wände sollen so weit wie möglich ein Ort geschützter Privatheit bleiben.

Der Nutzen, den sich die Polizei von heimlichen Durchsuchungen und heimlichen Ausspähungen der Computer verspricht, lässt sich meist nicht realisieren. Die umstrittensten Polizeimethoden sind oft diejenigen, die auch am seltensten angewandt werden. Über den Einsatz von Staatstrojanern wurde viel und kontrovers diskutiert: Lange Zeit hatte die Polizei aber nur die theo­retische Befugnis und konnte sie technisch mangels geeigneter Software gar nicht umsetzen. Deshalb gilt auch bei den aktuellen Vorschlägen von Nancy Faeser: Finger weg! Der polizeiliche Nutzen ist die Verunsicherung der ­Bürger nicht wert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben