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Anti-israelische Studen­t*in­nen­pro­tes­teKeine Toleranz den Intoleranten

Kommentar von Susanne Knaul

Die New Yorker Polizei räumt bei den anti-israelische Stu­den­t*in­nen­pro­tes­ten in New York die Hamilton Hall der Columbia Universität – völlig zu Recht.

New Yorker Polizisten verschaffen sich Zugang zur besetzten Hamilton Hall an der Columbia Universität Foto: AP

W er sich eine „Intifada-Revolution“ wünscht, die „Zionisten“ vertreiben will, die „hier keinen Platz haben“, oder sich gar mit der Hamas solidarisiert, ist entweder sehr ignorant oder legt es auf eine Konfrontation an. Mit einem friedlichen Protest haben die StudentInnenproteste an der Columbia-Universität in New York jedenfalls nichts zu tun.

Auf das gewaltsame Eindringen in das traditionsreiche Universitätsgebäude Hamilton Hall musste unweigerlich eine Räumung folgen. Die Entscheidung der Universitätsleitung in Manhattan, wie auch andernorts, klare Sanktionen gegen die antiisraelischen Proteste zu verhängen, war völlig richtig. Selbst auf die Gefahr hin, der Beschneidung der Meinungsfreiheit beschuldigt zu werden. Wer Andersdenkenden das Wort verweigert, kann nicht erwarten, selbst gehört zu werden.

Die StudentInnen an der Columbia-Universität gehören zu den privilegiertesten landesweit. Rund 50.000 Euro umgerechnet kostet das Studium pro Jahr. Man sollte gewisse Grundkenntnisse zum Nahostkonflikt und den jüngsten Entwicklungen voraussetzen können.

Ob sie aber wirklich wissen, was sie da rufen mit Slogans, wie „Wir sind alle Hamas“ oder „Zionisten haben kein Recht zu leben“, ist allerdings zu bezweifeln. Die ein oder andere Lektion ist hier ganz offensichtlich ignoriert worden, nämlich was am 7. Oktober genau passierte, vom Holocaust gar nicht zu reden.

Die Elitestudenten fordern Gewalt und Vertreibung

Dass Israel weit davon entfernt ist, perfekt zu sein, gehört unbedingt auch zum nachzuholenden Pensum. Die in Teilen rechtsradikale Regierung muss weg, die gewalttätigen SiedlerInnen im Westjordanland gehören verfolgt und bestraft, und die Forderung nach einem Waffenstillstand ist so legitim, wie die nach einer sofortigen Befreiung der noch immer in den Händen der Islamisten ausharrenden Geiseln.

Die Forderung nach noch mehr Gewalt, nach Intifada-Revolution und Vertreibung der Israelis hat hingegen weder an den Universitäten in New York und Pittsburgh noch sonst irgendwo etwas zu suchen.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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26 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Und dazu gereicht jeder Tag, an dem die Bilder der Ausschreitungen in den Medien sind, Trump und den Republikanern zum Vorteil.



    Linke Medien entblöden sich nicht, darauf hinzuweisen, dass Studierende *immer* recht hätten, denn sie wären ja definitionsgemäß progressiv.



    Man könnte verzweifeln.

  • Das Schlimme an der Angelegenheit ist, dass diese jungen Leute, die Kinder der US-Elite und die anderer Länder, deren Eltern es sich leisten können, sich die Ausbildung ihres Nachwuchses pro Jahr 50 - 60.000 Dollar kosten zu lassen, in wenigen Jahren die zukünftige Elite stellen werden und das Gift ihrer Weltanschauung mit in ihre machtvollen Positionen bringen werden.

    Das verheißt nichts Gutes, nicht für die USA, nicht für den Nahen Osten, nicht für die Welt.

  • Wer sich ein Studium für 50.000 im Jahr leisten kann, gehört zu einer Blase von abgehoben-privilegierten Menschen, die mit der Lebenswirklichkeit der normalen Bürger wenig in Berührung kommen dürften. Da wundert es auch wenig, wenn sich dann in so einer Echokammer extremistische Bewegungen bilden.

  • Es ist... komplizierter.

    Sicher, unter den Protestierenden sind solche, die Israel lieber heute als morgen vernichtet sehen würden. Aber es sind auch solche, die das Massaker der IDF in Gaza unerträglich finden und sich mehr Druck ihrer Regierung auf Israel wünschen, das zu stoppen. Und dann gibt es auch sowas [1].

    Ich meine, es ist nicht hilfreich, derzeit alles unter einem Kamm zu scheren.

    Eine gemessenere Polizeiaktion (nur so viel Gewalt wie nötig, um Gewalt zu unterbinden) hätte der Sache -- für alle Seiten! -- besser getan.

    [1] www.theguardian.co...-violence-protests

    • @tomás zerolo:

      "Aber es sind auch solche, die das Massaker der IDF in Gaza unerträglich finden und sich mehr Druck ihrer Regierung auf Israel wünschen, das zu stoppen."



      Vermutlich, ja.



      Was ich dabei allerdings immer vermisse, ist so etwas wie einen tragfähigen Lösungsvorschlag. Wenn Israel nun sofort alle Kampfhandlungen einstellen und sich (wieder) aus dem Gazastreifen zurückziehen würde - was passiert dann? Es ist recht weltfremd anzunehmen, dass dann alles gut und Friede Freude Eierkuchen sein würde.

    • @tomás zerolo:

      So kompliziert ist es gar nicht. Wer sich mit Menschen solidarisiert, die "Wir alle sind Hamas" rufen, sollte sich nicht unbedingt wundern, wenn man ihn oder sie dann auch als zur Hamas gehörig oder dessen Unterstützer. Genauso kann man bei "Zionisten haben kein Recht zu leben" erst einmal das Zutagetreten einer tief menschenfeindlichen Gesinnung feststellen.

      Wie sonst, außer durch die eigenen Äußerungen und Taten soll man denn sonst erkennen können, wen man da vor sich hat?

      Kritik an Israel kann man ja auch üben, ohne sich zu solchen Äußerungen hinreißen zu lassen - oder Menschen offen zu unterstützen, die das tun.

    • @tomás zerolo:

      Tjaa. Immer drauf achten mit wem man unterwegs ist. Und klar distanzieren.

  • „Wir sind alle Hamas“

    Jo, das seid ihr, gaaaanz gefääährliche Hamas seid ihr. Und jetzt ab ins Bett und ab Morgen gibt's weniger Süßkram für euch...

    • @Nafets Rehcsif:

      Verzeihung, aber bitte erstzen Sie einmal mental



      die Keffiyeh mit roten MAGA-Mützen "We are Hamas" mit "We Are KKK" "Go Back to Poland" mit "Go Back to Africa".



      Würden Sie diesen Leuten dann auch nur die Süßigkeiten weg nehmen?

  • Zur Ergänzung möchte ich ein paar der (Understatement!) widerlichen Sprüche anmerken, die in Washington vorkamen:



    "Go back to Poland"



    "Go back to the Gas Chambers"



    Wenn das nicht antisemitisch ist dann weiß ich es nicht.

    Auch Bürgermeister Eric Adams hat sich zu der Situation geäußert und auch angemerkt dass zumindest ein Teil der Personen "outside Agitators" waren, also gar keine Studierenden.



    Auch Lisa Fithian wurde von ihm namentlich genannt und auch auf Filmaufnahmen an der Columbia University festgehalten.



    Sie ist eine sogenannte "Protestberaterin" und berät seit knapp 50 Jahren demonstrierende darin wie so etwas zu organisieren ist und Gebäude zu besetzen sind...für ca. 300$ im Jahr.

    • @Waagschale:

      Das ist ja nun wirklich widerwärtig. 😳

    • @Waagschale:

      Sorry, mir ist das ein Fehler unterlaufen:



      für 300$ am TAG, nicht im Jahr.

  • Die Bilder, die Berichte aus dem Gaza, teils leider auch aus dem Westjordanland brachten doch erst diese Bewegung hervor. Und es sind und waren schreckliche Bilder von dort. Und es läuft eine Klage in Den Haag. Fairerhalber sollte man das alles, zumindest erwähnen.

    • @Ernie:

      "Die Bilder, die Berichte aus dem Gaza, teils leider auch aus dem Westjordanland brachten doch erst diese Bewegung hervor."



      Ja, schon komisch, dass diese bewegten Menschen sich von den Schockbildern des Terrorangriffs am 7. Oktober scheinbar nicht so sehr bewegt fühlen.



      Sollte man auch erwähnen.

  • Kurz und gut!

  • Der Kommentar von Susanne Knaul ist kurz, präzise und vollkommen zutreffend.

  • Gute, klare Worte.

  • Danke für dieses sehr klare Statement, das ich so unterschreiben kann.



    Was die politische Entwicklung in Israel betrifft, die leider, wie in vielen anderen Demokratien, nach rechts driftet, wäre es an uns, auch vor der eigenen Haustür zu kehren .



    So wie linke Studenten in den USA Trump verhindern sollten, sollten wir hierzulande der "afd" begegnen.



    Ein Anfang wurde gemacht.



    Wer zu Hause den Rechtsextremismus in Schach hält, darf das auch bei befreundeten Ländern erwarten.



    Ansonsten ist wohl etwas Zurückhaltung angebracht.



    Das Schönste wäre natürlich, wenn die derzeitigen Verhandlungen erfolgreich wären und die tiefen Wunden heilen könnten.

  • Nu jaaa



    vielleicht noch n bisschen gegen-lesen. Scheinen nicht alle(s) Hamas-Anhänger/innen zu sein .... Und "antisemitische" Jüdinnen sind halt schon n recht schräges Denk-Konstrukt. Nachzulesen: www.theguardian.co...rators-latest-news

    • @lesnmachtdumm:

      Kritische Distanz und Reflektion des eigenen Verhaltens setze ich bei solchen Protestlern eigentlich durchaus voraus.

      Und selbst wenn das Anliegen eigentlich m.E. ein legitimer Protest sein sollte, spätestens wenn vom Mitprotestierenden Sätze fallen, wie die im Artikel oder manchen Kommentaren zitierten, muss ich mir die Frage gefallen lassen, wen ich da eigentlich durch meine Anwesenheit unterstütze.

      Eines der größten Probleme linker Solidarität ist die blinde Solidarität mit rot (bzw. in diesem Fall vielmehr rotschwarzweißgrün) lackierten Faschisten.

      Denkkonstrukte sind des öfteren schräg. Zum Beispiel auch die Denke, dass eine palästinensische Widerstandsbewegung ja per se nicht faschistisch sein könne, weil der Faschismus per Definition nur in der Unterdrückerrolle vorkommen könne.

  • Lassen wir mal das leicht überhebliche „wissen nicht, was sie tun“ und gehen stattdessen davon aus, dass sie wissen, was ihre Slogans bedeuten. Was bedeutet das dann für den Umgang mit ihnen?

    Vielleicht brauchte es auch da ein EXIT — auch für die, die sich als Links ansehen, während sie der judenhassenden, Frauen unterdrückenden und queerhassenden Hamas nach dem Wort reden.

  • Der Hauppunkt der Demonstranten ist die Forderung nach sofortigem Stopp der Waffenlieferung der US-Regierung an die rechtsextreme israelische Regierung und ein sofortiger Waffenstoillstand. Besetzungen von Unis als Protesform dagegen gab es auch während des Vietnamkriegs. Wäre damals also nach Meinung der Autorin eine Räumung auch richtig gewesen?

  • Alles so unverständlich. Könnte man mal über die Hintergründe dieser Bewegung reden? Wer organisiert und finanziert?

  • "Ob sie aber wirklich wissen, was sie da rufen mit Slogans, wie „Wir sind alle Hamas“ oder „Zionisten haben kein Recht zu leben“, ist allerdings zu bezweifeln. Die ein oder andere Lektion ist hier ganz offensichtlich ignoriert worden, nämlich was am 7. Oktober genau passierte, vom Holocaust gar nicht zu reden."

    Befürchte einige davon werden sehr gut wissen was sie da rufen.



    Bildung schützt vor Doofheit und Boshaftigkeit leider nur begrenzt. Es ist mMn kritisch die Gut Gebildeten und Wohlhabenden mit Verweis auf Jugendsünden aus der Schußlinie zu nehmen, hier täte eine schonungslosere Selbstkritik der dominanten Klassen mMn gut.

    • @Berglandraupe:

      Mit dominanter Klasse, meinen Sie die intellektuelle Speerspitze wie Butler, Fraser, Khalil oder Gessen? Und dazu Vertreter der politischen Klasse wie Albanese, Lazzarini und Guterres?