Promis für die Linkspartei: Zeichen eines Neuanfangs
Gute Nachrichten für die Linke: Die Grüne Cansin Köktürk wechselt in die Partei, der Sozialpolitiker Ulrich Schneider nähert sich wieder an.
Entwickelt wurde die Kampagne mit Vertretern von Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und der Linkspartei. Ihre Partei brauche starke Bündnispartner, um in Zeiten sozialer Spaltung eine laute Stimme zu sein, erklärten die Linken-Vorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler dazu.
Auf ihrem Parteitag, der am Freitag in Augsburg beginnt, möchte die Linkspartei Aufbruchstimmung verbreiten. Von nun an wird nach vorne geschaut, lautet die Botschaft.
Die Querelen mit dem Wagenknecht-Lager sind seit deren Austritt aus der Partei im Oktober endgültig vorbei. Die Fraktion im Bundestag ist durch diesen Abgang seit dieser Woche Geschichte. Tatsächlich stürzt der Abschied von Wagenknecht die Partei bisher nicht in eine Krise, ganz im Gegenteil. Viele empfinden ihn als befreiend, weil dadurch das Profil der Partei wieder klarer wird. Das strahlt auch auf das Umfeld der Partei aus.
„Die Grünen haben ihre Werte verraten“
Zwei bis drei Mal so viele Neueintritte wie Abgänge könne die Linkspartei seit der überfälligen Trennung von Wagenknecht und Co verbuchen, rechnete Janine Wissler am Montag in Berlin vor. Eine genaue Zahl will sie auf dem Parteitag bekannt geben.
Ein prominenter Neueintritt wurde bereits am Donnerstag bekannt: die Sozialarbeiterin und Buchautorin Cansin Köktürk aus Bochum wechselt von den Grünen zur Linkspartei. Die 30-Jährige war Heimleiterin in einer Notunterkunft für Geflüchtete, obdachlose und suchterkrankte Menschen und 2020 den Grünen beigetreten. In den vergangenen Monaten machte sie als scharfe Kritikerin der Ampel medial auf sich aufmerksam.
„Ich gehöre keiner Partei mehr an, die einer menschenverachtenden Asylreform zustimmt und Lützerath mitträgt“, schrieb Köktürk am Donnerstag auf X (ehemals Twitter). „Ich gehöre ab nun an einer Partei an, die bei der Menschenwürde keine Kompromisse macht.“
Die Grünen hätten ihre Werte verraten, sagte sie dem Spiegel in einem Interview, das am gleichen Tag erschien. „Bei Menschenrechten wie beim Asylkompromiss oder auch bei der Kindergrundsicherung sollte es keine Kompromisse geben.“ Sie habe sich entschieden, in die Linkspartei einzutreten, weil diese „am klarsten für radikalen und zugleich sozialen Klimaschutz sowie für die Bekämpfung von Armut durch Umverteilung nach unten“ stehe. Zudem stelle sie sich dem Rechtsruck bei der Migrationsfrage unmissverständlich entgegen, sagte sie.
Ebenfalls auf X verkündete die Campaignerin und Politikwissenschaftlerin Liza Pflaum am Donnerstag, dass sie in die Linke eingetreten sei. „Nie zuvor war ich so fassungslos über die politische Lage“, schieb die Mitbegründerin der Bewegung „Seebrücke“ zur Begründung.
Neues Parteilogo
Den Neuanfang der Linkspartei untermalen soll auch ein neues Logo, das auf dem Parteitag vorgestellt werden soll. Es ist die erste Logo-Reform seit Gründung der Linkspartei vor 15 Jahren, als sie aus der Vereinigung von Linkspartei PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) und der WASG (Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit) hervorging. Die Farbe Rot soll weiter den Auftritt der Linken prägen und die Hauptfarbe bleiben, soll aber durch andere Farben ergänzt werden.
„Unser Rot sagt Achtung und verneigt sich vor denen, die in der Vergangenheit für die Menschenwürde und Gerechtigkeit gekämpft haben“, sagte Parteichef Janine Wissler der taz. Rot sei „weltweit die Farbe der sozialistischen Bewegungen“ und bleibe daher die Farbe der Linkspartei.
Das kräftige Schwarz wird dafür weitgehend aus dem neuen Corporate Design verbannt, das die Agentur Brüder Creative Cooperative entworfen hat. Der kleine Keil auf dem i im Wort Linke bleibt dafür erhalten, allerdings dezent jetzt in Weiß oder Rot wie die Schrift. Er zitiert den berühmten roten Keil des russischen Avantgarde-Künstlers Eliezer „El“ Lissitzky aus dem Jahr 1919, einen Wegbereiter des Konstruktivismus. Anders als bisher weist der Winkel aber nun von links unten nach rechts oben.
Das neue Erscheinungsbild sei „auch eine Weichenstellung für die kommende Europawahl und die Wahlen in Ost-Deutschland“, sagt Parteichef Schirdewan. Mit anderen Worten: Es soll wieder aufwärts gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“
Rechtsruck in den Niederlanden
„Wilders drückt der Regierung spürbar seinen Stempel auf“
Koalitionsverhandlungen in Potsdam
Bündnis fossiles Brandenburg
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig