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Pressefreiheit bei der AfDFreie Berichterstattung unerwünscht

Die AfD schließt unliebsame Medienvertreter aus und zeigt damit, wie ernst sie Pressefreiheit nimmt. Mit rechtextremen Medien spricht sie dagegen gern.

Die AfD fühlt sich von der Presse wenig beachtet, will gleichzeitig aber nicht mit ihr sprechen Foto: Revierfoto/imago

Der Anblick beim Parteitag der AfD Sachsen ist ein Sinnbild für den Umgang der extrem rechten Partei mit der Presse: Jour­na­lis­t*in­nen müssen am Katzentisch sitzen, Dutzende Meter hinter einem Absperrband, rundherum viel Sicherheitsabstand in einer riesigen, ansonsten leer wirkenden Halle. Der Vorsitzende der sächsischen Landespressekonferenz Kai Kollenberg hat das Bild getwittert, weil die AfD Sachsen im Vorfeld unter anderem mit Platzmangel den Ausschluss eines unliebsamen Jour­na­lis­ten begründet hatte. Das Bild zeigt: Die AfD hat gelogen.

Ausgeschlossen hat die AfD Tobias Wolf, einen Korrespondenten der sächsischen Freien Presse, der schon länger über die AfD berichtet. Wolf recherchierte 2019, dass die damalige Leiterin des Bundestagsbüros des AfD-Chefs Tino Chrupalla offenbar Verbindungen zur Identitären Bewegung hatte, und schreibt der Partei eine Mitverantwortung für rechtsextremen Terror zu. Bereits 2017 wurde Wolf per Antrag von einem Parteitag ausgeschlossen und dazu gezwungen, den Saal unter dem Applaus der AfD-Mitglieder zu verlassen. Danach entschuldigte sich der damalige sächsische AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer persönlich beim Journalisten und gelobte Besserung. Die AfD müsse noch dazulernen, so Wurlitzer damals.

Mittlerweile ist Wurlitzer ausgetreten und die AfD Sachsen schließt Wolf explizit und ungeniert aus. Die Freie Presse könne jemanden anderes schicken, hieß es aus der AfD. Das lehnte die Redaktion jedoch ab: „Das widerspricht der in dieser Demokratie festgeschriebenen Freiheit der Presse“, sagte Chefredakteur Torsten Kleditzsch.

Auch die sächsische Landespresse­konferenz kritisierte die versuchte Einflussnahme: „Die sächsische AfD möchte wie jede andere Partei behandelt werden. Dieses Vorgehen gegen die Pressefreiheit zeigt aber, dass sie nicht wie jede andere Partei ist.“ Der Deutsche Journalistenverband mahnte: Der „dezidierte Angriff auf die freie Berichterstattung“ zeige, „wie wenig die AfD mit demokratischen Grundprinzipien anzufangen weiß.“

Jenseits der Bubble

Hinzu kommt: Die AfD stellte unbelegte Behauptungen von angeblichen „engen Verknüpfungen zur gewalttätigen Antifa“ Wolfs auf, welche dieser vehement bestreitet. Eine taz-Anfrage zu Belegen für ihre Darstellung beantwortete die AfD Sachsen nicht. Ebenso wenig, warum zunächst von Platzmangel die Rede war, wieso Jour­na­lis­t*in­nen nur in einem abgesperrten Bereich arbeiten durften und ob die Partei künftig weiter Presse ausschließen wolle.

Eine indirekte Antwort gab die Parteichefin Alice Weidel vergangenes Wochenende beim Landesparteitag in Baden-Württemberg. Just während die Jour­na­lis­t*in­nen draußen warten mussten, weil die AfD-Mitglieder über den kompletten Ausschluss der Presse abstimmten, behauptete Weidel gegenüber den Reporter*innen, dass es keine unabhängigen Medien mehr gebe.Die Presse wurde am Ende nicht ausgeschlossen, aber Weidels Kampfansage bleibt: Die „Journaille“ sei „grün-links besetzt“. Darum müsse die AfD „alternative Medienkanäle“ gründen. Sie schloss auch nicht aus, sich bei Medienhäusern einzukaufen. Ihre Kritik, von etablierten Medien zu wenig berücksichtigt zu werden, äußerte sie paradoxerweise gegenüber der dpa und dem SWR.

Dass es oftmals eher andersherum läuft, zeigte nicht erst der Umgang mit Wolf. Er ist nicht der erste Journalist, den die AfD ausgeschlossen hat, 2018 organisierte die Partei ganze Parteitage ohne Medienöffentlichkeit. Auch im Zusammenwirken mit Pegida bereitet die AfD seit 2014 mit „Lügenpresse“-Narrativen den Boden für zunehmende medienfeindliche Proteste und Übergriffe auch durch die verschwörungsideologische Querdenken-Bewegung. Mittlerweile ist Deutschland im Pressefreiheits-Ranking von Reporter ohne Grenzen abgerutscht, was auch mit der Gewalt bei den Demonstrationen begründet wird.

Die nun wieder verschärfte Gangart gegenüber der Presse ist wohl auch Konsequenz daraus, dass Medien vorsichtiger geworden sind, wem sie eine Bühne bieten

Dabei war bislang vielfache Auffassung in der AfD, dass man insbesondere die Reichweite der Öffentlich-Rechtlichen brauche, um jenseits der eigenen Bubble durchzudringen. AfD-Linie im Bundestagswahlkampf war, freundlich zu sein. Sogar der Begriff „Lügenpresse“ landete auf dem Index.

Drohungen und Konsequenzen

Die nun offenbar wieder verschärfte Gangart ist wohl auch Konsequenz daraus, dass Medien vorsichtiger geworden sind, wem sie eine Bühne bieten. Weitgehend widerspruchslos wie einst der Thüringer AfD-Chef Höcke bei Günther Jauch kommt außer bei Bild TV selten noch ein AfD-Politiker davon. Die Sommerinterview-Reihe des RBB wurde nach einem allzu seichten Interview mit dem Rechtsextremisten Andre­as Kalbitz sogar eingestellt.

Höcke brach sogar selbst ein ZDF-Interview unter Drohungen ab, weil ihm die Fragen nicht passten. Weidel rannte schäumend aus einer Talkshow und war zuletzt sprachlos, als sie vor laufender ARD-Kamera mit dem Infostand der rechtsextremen Zeitschrift Zuerst auf dem AfD-Parteitag samt Werbung für einen Waffen-SS-Kalender konfrontiert wurde. Weidel bestritt, das Magazin zu kennen, obwohl sie der Zeitung mehrfach Interviews gegeben hat.

Auch weil die mediale Normalisierung der AfD so ausbleibt und sie bei Wahlen weiter verliert, setzt die Partei verstärkt auf Medien aus dem rechten Umfeld. Höcke bewarb kürzlich das offiziell in der Schweiz sitzende Webradio Kontrafunk, dessen Adresse laut einer Recherche von Blick aber nur zu leerstehenden Büros führt, die unter anderem dem rechten Schweizer Verschwörungsideologen Andreas Thiel gehören sollen. Als Kontrafunk-Gründer zeichnet sich Burkhard Müller-Ullrich verantwortlich – ein ehemaliger SWR-Redakteur, der mittlerweile auch für das rechte Portal Achse des Guten schreibt und der rechtsradikalen Jungen Freiheit Interviews gibt.

Kontrafunk verfügte nach eigenen Angaben über ein Startkapital von 1,2 Millionen Euro und will wohl so etwas wie ein rechtsradikaler Deutschlandfunk sein. Es läuft Jazz und Klassik zwischen den Wortbeiträgen, in denen die üblichen Verdächtigen aus der rechten Bubble wahlweise Endzeitdiskurse herbeireden oder gegen Minderheiten agitieren. Höcke bewirbt Kontrafunk auf seinem Telegram-Kanal als „Radio des bürgerlichen Widerstands“ und merkt genüsslich an, dass der Sender aufgrund seines Schweizer Sitzes nicht dem Medienstaatsvertrag unterliege, durch die angeblich „der bundesdeutsche Journalismus gegängelt“ werde. Die in Deutschland geltenden Qualitätsauflagen sollen auch Desinformationen eindämmen.

Ein spezielles Verhältnis

Höckes Avancen an das rechte Vorfeld schließen aber auch weitere neue rechtsextreme Medien ein: So verbreitete er zuletzt auch Beiträge des österreichischen Compact-Pendants Auf1-TV, das kürzlich ankündigte, fest nach Deutschland expandieren zu wollen.

Teilweise verschmilzt die Partei auch gerade mit den sogenannten „Alternativmedien“: Für Auf1 interviewte AfD-Mitglied Marie-Thérèse Kaiser beim Parteitag den Vorsitzenden Chrupalla gleich selbst. Und der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Hannes Gnauck prahlt regelmäßig damit, Teile seiner Diäten direkt dem „neurechten“ Kampagnen-Netzwerk „Ein Prozent“ oder dem „Filmkunstkollektiv“ des Identitären Simon Kaupert zu spenden.

AfD-Parteichef Chrupalla hat seinerseits ein spezielles Verhältnis zur etablierten Presse. Nachdem 2019 mehrere Berichte über internen Streit in dessen Kreisverband Görlitz erschienen waren, verpasste Chrupalla seinem Kreisverband per Rundbrief einen Maulkorb oder wie er es in dem Schreiben nannte: einen „Leitfaden“ im Umgang mit Medien. Niemand außer Vorstände und Abgeordnete sollte mehr mit der Presse reden. Die Sprache des Briefes lässt tief blicken: Chrupalla nennt Medienberichte darin „Feindpropaganda“. Ebenso wollte er eine „schwarze Liste für unseriöse Pressevertreter“ einführen und rief dazu auf, Daten zu sammeln: „Hintergrundinformationen über als Journalisten getarnte Zersetzungsagenten sind natürlich immer willkommen.“

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11 Kommentare

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  • Es überrascht mich immer wieder auf's Neue, mit welchen plumpen, sprich leicht zu durchschauenden Lügen und Widersprüchen die Rechtspopulisten rund um den Globus bei ihren Anhängern durchkommen.

    Einerseits klagt die AfD selbst Zensur an, schließt dann aber Journalisten aus oder verweist sie auf den Katzentisch wegen angeblichen Platzmangels.

    Wer solche dummdreist lügenden Organisationen aus Protest wählt, kann sich auch aus Protest ins Bein schießen. Unter'm Strich kommt das auf dasselbe hinaus!

  • Hmm.. Von den etablierten Parteien ist mir auch zu Ohren gekommen, dass gewissse Pressekonferenzen nur mit geladenen Pressevertretern abgehalten werden.



    Und dass auch schon mal ungeliebte Journlisten keine Akkreditierung zu Veranstantungen der Wirtschaftseliten bekommen.



    Und das bei gewissen regelmäßigen Presseveranstantungen z.B. der Bundespressekonferenz garkeine Medienvertreter bzw. Journalisten zugelassen sind sondern nur Vereinsmitglieder (die vllt auch Journalisten sind - aber entscheidend ist, dass sie Mitglieder des Vereins "Bundespressekonferenz" sind)

    Also was ist jetzt so ungewöhnlich daran, dass die AfD nicht alle Journalisten zulässt ?

    Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig.

    • @Bolzkopf:

      "dass gewissse Pressekonferenzen nur mit geladenen Pressevertretern abgehalten werden."



      Ist das Kriterium für so eine Einladung dort auch Hofberichterstattung? Schließen andere Parteien ebenfalls Pressevertererinnen von Parteitagen aus weil diese kritisch berichten?



      "ungeliebte Journlisten keine Akkreditierung zu Veranstantungen der Wirtschaftseliten bekommen."



      Nun gelten in der Privatwirtschaft aber eben auch andere Regeln und Anforderungen an Transparenz und Rechenschaft, ansonsten würden die Bosse und Wirtschaftseliten ja auch demokratisch gewählt.



      "z.B. der Bundespressekonferenz garkeine Medienvertreter bzw. Journalisten zugelassen sind sondern nur Vereinsmitglieder"



      Irgendwie muss das ja organisiert werden und ein unabhängiger Verein dürfte dafür besser geeignet sein als staatliche Stellen. Die Mitgliedschaft und die damit verbundenen Beiträge (36€ pa) sichern diese Unabhängigkeit. Kriterien wie 'Feindpropaganda' und 'schwarze Listen' sind aber für einen Beitritt nicht vorgesehen.



      Was also ist damit gewonnen mit höchst verdrehten Argumenten zu argumentieren, dass die AfD nur täte was alle anderen auch tun und damit die evidenten Unterschiede zwischen demokratischen Minimalstandards und dem faschistoiden Gebaren dieser Partei zu verwischen?

      • @Ingo Bernable:

        Ich bin dankbar, dass sie all meine Beispiele bestätigen.

        Eine Rechtfertigung lässt sich immer finden.

        Aber der Punkt ist nicht die AfD sondern der, dass man schon lange Journalisten nach Gutdünken zuläßt oder auch nicht.

        Das betrifft nicht nur die BPK sondern auch die Ausstellung von Presseausweisen und der Zugang zu Pressekonferenzen allgemein.

        Oder meinen Sie, ein Youtuber, Instgramer oder Influencer ganz allgemein mit ... sagen wir mal ... 100000 Followern würden keinen wichtigen journalistischen Beitrag leisten ?



        Selbst wenn das ihr Haupterwerb ist ?



        Solche Auflagen müssen sie mit einem Käseblättchen erstmal erreichen!

        Ich würde sagen: Deutschland ist ganz zurecht im Ranking abgeruscht.

        Die Gründe haben aber mit der Nichtzulassung von Journalisten nichts zu tun:

        " ... eine Gesetzgebung, die Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen gefährdet, abnehmende Medienvielfalt sowie allen voran Gewalt bei Demonstrationen..."

        www.reporter-ohne-...ste/rangliste-2022

        • @Bolzkopf:

          In der Konsequenz würde das darauf hinauslaufen überall eine radikale Offenheit zu fordern. Auch der Blogger mit nur drei oder noch gar keinen Lesern müsste überall uneingeschränkten Zugang haben. Die Möglichkeit Informationen einer Teilöffentlichkeit oder nur einem bestimmten Kreis oder Personen zugänglich zu machen dürfte es nicht mehr geben, was auch Recherchemethoden wie etwa Hintergrundgespräche umfassen dürfte. So idealistsich der Gedanke vollkommener Transparenz und Information auch sein mag, hätte ich doch meine Zweifel ob ein solcher Ansatz tatsächlich zu einer Verbesserung führen würde oder nicht viel eher dazu, dass noch viel weniger Informationen fließen.



          "Eine Rechtfertigung lässt sich immer finden."



          Aber nicht jede Rechtfertigung ist auch gleichermaßen gerechtfertigt. Und ihnen ist ja auch schon aufgefallen, dass die völlig berechtigte Kritik von RSF eben nicht etwa auf die Akkreditierungspraxis der Bundespressekonferenz zielt.

          • @Ingo Bernable:

            Was ist denn die Idee einer Pressekonferenz oder überhaupt journalistischer Arbeit ?



            - Sachverhalte verständlich aufbereiten



            - Informationen einsammeln und präsentieren für Menschen die selbst nicht vor Ort sein können.

            Journalisten sind also die Vertreter der Menschen.

            Und selbstverständlich müssen alle Menschen unmittelbaren Zugang zu den Informationsquellen haben.

            Erst falls sie selbst keine Zeit haben oder nicht das Geld haben anzureisen, kann man sie an die Medien verweisen.

          • @Ingo Bernable:

            Warum schrieb ich wohl expressis verbis "...Die Gründe haben aber mit der Nichtzulassung von Journalisten nichts zu tun:..." ?

  • Zum Artikel würde ich mir irgendwie ein Aussagekräftigeres Bild wünschen — oder ist es Absicht, dass es dem Inhalt des Artikels glatt widerspricht, um damit die Widersprüche zwischen realer AfD und ihrer Selbstdarstellung zu zeigen?

  • Ja, die Analyse ist hier vergleichsweise einfach. Nur: 16 Jahre lang haben die Medien Merkel kaum konstruktiv und kenntnisreich kritisiert. Die Auswirkungen sehen wir jetzt, sie sind zigmal schlimmer als das, was die AfD verursacht, ohne das verharmlosen zu wollen. "Billige Arbeitskräfte und billige Energie, maximale Gewinne für die Industrie". Spätestens nach der Krimannexion - keineswegs Putins erstes Verbrechen - hätte eine dramatische Wende hergehört. Die hätte wesentlich besser gewirkt als die Sanktiönchen. Zig Milliarden weniger in Putins Kriegskasse und die Welt sähe heute anders aus, AfD hin oder zurück.

  • "Die AfD schließt unliebsame Medienvertreter aus und zeigt damit, wie ernst sie Pressefreiheit nimmt. Mit rechtextremen Medien spricht sie dagegen gern."



    Ganz ehrlich, warum ist das noch ne Schlagzeile wert? Das ist ja nun wirklich nix neues...

    • @Encantado:

      Weil es immer noch ein Skandal ist.