Rechter TV-Sender expandiert: Desinformation aus Österreich

Der rechtsextreme TV-Sender AUF1 will nach Deutschland expandieren. Experten warnen vor Verschwörungstheorien und Propaganda.

Frau mit Schild aus dem Rücken. Aufschrift: Krank melden. Arbeit niederlegen. System stoppen.

Dank Pandemie konnten rechtsextreme Medien ihre Reichweite deutlich erhöhen Foto: dpa

So schließt sich ein Kreis: „AUF1 setzt zwar auf Video, wirkt aber vom Inhalt und den Narrativen her wie ein ­österreichisches Pendant zum Compact-Magazin“, schrieb Belltower.News, ein Portal der Amadeu-Antonio-Stiftung, Ende vergangenen Jahres über den damals erst wenige Monate alten „neuen Stern am ‚Alternativmedien‘-­Himmel“.

Jetzt kündigte der Sender AUF1 an, seine Expansion nach Deutschland voranzutreiben. Eine feste Redaktion in Berlin soll demnach aufgebaut werden. Als „Deutschland-Korrespondent“ wurde Martin Müller-Mertens berufen, der langjährige TV-Chef des rechtsextremen Compact-Magazins.

Ob und wie sich diese Ausdehnung in eigenen Sendeformaten für Deutschland abbildet, wie sie der Querdenker-nahe österreichische Sender Servus TV bereits hat, ist noch unklar. In Österreich selbst hatte die Medienbehörde die Programme des Senders zu Beginn des Jahres wegen möglicher Verstöße unter die Lupe genommen.

Sicher ist, dass auch AUF1 die Verbreitung seiner Botschaften in Deutschland vorantreiben will. Der sogenannte „Impfbus“ von AUF1– ein blauer Kastenwagen mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang!“ – ist nach Angaben des Mediums in diesen Wochen „in Berlin und Norddeutschland“ unterwegs, um „mit der Wahrheit zu impfen“.

Aus Berlin will Müller-Mertens, wie er in einem kurzen Videointerview mit dem rechtsradikalen Senderchef Stefan Magnet kundtat, nicht nur aus dem Bundestag berichten. Er will vor allem den „Druck der Straße“ abbilden, „denen eine Stimme geben, die von den etablierten Medien weggeschnitten werden“. Auf dem Telegram-Kanal von AUF1 mit seinen mehr als 205.000 Abonnenten – vor einem Jahr lag die Zahl bei weniger als der Hälfte – werden die Stichworte dafür regelmäßig genannt, vom „Asyl-Tsunami“ bis zur „Coronaplandemie“ oder wahlweise der „Coronadiktatur“.

Einfluss dank Pandemie

Der Rechtsextremismusexperte der österreichischen Zeitung Der Standard, Markus Sulzbacher, sagt der taz, AUF1 sei „Teil eines rechten Propagandaclusters aus Oberösterreich“, zu dem auch Report 24 und Wochenblick zählten: „Alle drei Medien kommen als vermeintliche Nachrichtenseiten daher und verbreiten exzessiv Desinformation und Verschwörungsmythen.“

Die Onlinereichweite ist gewaltig, und zielgruppengerecht berichtete AUF1 bereits vom vergangenen AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa. Seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine kommt verstärkt die Übernahme russischer Propagandanarrative hinzu.

Die Sozialpsychologin Pia Lamberty, die seit Jahren zu Verschwörungsideologien forscht, beobachtet, dass in der Coronapandemie viele Parallelmedien aus dem rechtsextremen Spektrum ihren Einfluss steigern konnten. Schon vor der Bundestagswahl im September 2021 hatte AUF1 laut einer Analyse ihres CeMAS-Instituts auf Platz neun der meistgeteilten „Alternativmedien“ auf Telegram gelegen.

Verschwörungen zu Pandemie, Ukrainekrieg, Klimawandel oder gegen „Genderismus“ – Lamberty sagt der taz: „Das alles zusammen ist eine toxische Mischung – gerade dann, wenn man bedenkt, wie angespannt die gesellschaftliche Lage ist und auch noch sein wird.“

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