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Die TheseSpaltung der Gesellschaft? Quatsch!

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Das Geplapper von der „Spaltung der Gesellschaft“ erklärt gar nichts. Wer davon spricht, will nicht über Interessenunterschiede oder Macht reden.

Menschen in einer Einkaufsstraße in Frankfurt am Main Foto: Michael Probst/ap

B itte spreche niemand mehr von der „Spaltung der Gesellschaft“. Man hört davon derzeit rund um die Uhr. Keine andere Wendung wird, als sei sie ein Geschütz, um Offenkundiges zu markieren, so oft in Stellung gebracht. Ich nenne sie hier nur SdG, das verschwendet weniger Platz.

Eine simple Google-Suche besagt: SdG bringt es auf 8,6 Millionen Ergebnisse. Es wird etwa der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz angezeigt, er hält die SdG im Zusammenhang mit der „Ungleichheit“ für besonders auffällig. Aber die ökonomischen Wissensdisziplinen sind nicht die einzigen Bereiche, in denen diese Chiffre wie aus einem Zauberkasten hervorgekramt wird. Die digitale SdG hat die Bertelsmann Stiftung im Blick, in der Frankfurter Rundschau hingegen wird die Coronaberichterstattung mit der Warnung vor der SdG aufgepeppt.

Der TV-Sender Sat.1 fragt aktuell: „2G: Spaltung der Gesellschaft oder Notbremse in der Pandemie?“ Ebenfalls sehr gern taucht die SdG auf in den kultur- und politikreligiösen Sendungen von Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur, sehr oft im Expert*innengespräch. Gefühlt jeden Tag und stündlich warnt irgendeine berufene (oder unberufene: in Form von Hörer*innenbeiträgen) Person vor ihr.

Aber die SdG erklärt nichts, gar nichts, niemals. Denn davon abgesehen, dass „Gesellschaft“ kein Subjekt ist, kein Mensch, sondern ein gedachtes Ganzes, die Kategorie schlechthin in der Soziologie, kann niemand Gesellschaft ermessen. Es gibt keine Beobachtungsposition, keinen Hochsitz im Wald beim Ausspähen von Getier und Geschehen, von der aus auch nur irgendeiner von uns einen Überblick zum oder gar vom Ganzen, Gesellschaftlichen hat.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Maßgrößen existieren nicht, niemand könnte sagen, beispielsweise und nur fiktiv: 31,3 Prozent aller Irgendwermenschen möchten dies & das und handeln so oder so. Denn das große Gewusel namens Gesellschaft ist ein Objekt, das stets beobachtbar wirkt – und doch nie sein kann. Trotzdem rattert die Diskursmaschine weiter (aus Büchern und Aufsätzen, Texten wie diesem hier natürlich auch), lebt eine ganze Deutungs­industrie von der nur eingebildeten Kraft, so etwas wie Gesellschaft vollumfänglich erklären zu können.

Schlager der Plapperei

Dabei sind Gesellschaftsdiagnosen immer nur von Wert, werden sie in Smalltalk-Gewittern in der Bahn, im Kol­le­g*in­nen­kreis oder auf Partys geäußert. „Finden Sie nicht auch, dass wir in einer erschöpften Gesellschaft leben?“ Oder, um mal ein paar magische Worte, allesamt Schlager der Plapperei, zusammenzupappen: „Die spätkapitalistische Gesellschaft findet wirklich nicht mehr aus dem Burn-out heraus, uns droht eine depressive Zeit.“ Der Top-Hit unserer Zeit bleibt indes die Rede von der „Spaltung der Gesellschaft“, um diese opulente Formel dann doch noch mal auszuschreiben.

Meist folgen auf den Befund noch gute oder weniger gute Ratschläge: „Wir brauchen mehr Entschleunigung“ oder „Wir brauchen bessere Kommunikation“. Was aber nicht gesagt wird, wenn die SdG zur Sprache kommt, ist das soziologisch Banalste: Dass Menschen verschieden sind, dass sie divers ticken und im Übrigen auch sehr gern irrtumsanfällig, erratisch sind. Sie haben nämlich Interessen, eigene. Die zu ermitteln wäre wichtig, sie zur Kenntnis zu nehmen oder nehmen zu müssen, darauf käme es an.

SdG – das ist die Formel des explorierten Nichts und Alles, und vermag nicht damit umzugehen, wenn Menschen einfach ihre (gemeinsame) Kraft einsetzen, um etwas gegen andere durchzusetzen. Wie etwa, klassisch aus der Arbeiter*innenbewegung, mit einem Streik: Lohnabhängig Beschäftigte wollen etwas durchsetzen und ihr Arbeitgeber muss sich dem stellen, ob mit dem Streik nun eine Spaltung des Betriebes attestiert werden muss oder nicht. Ein Streik, bei dem es ums Eingemachte, mithin um Geld und Zeit, geht, ist immer eine spalterische Angelegenheit – und das ist auch richtig so.

Das aber ist dann kein Partygeplauder mehr, in der kommunikative und kritisch gesinnte Besorgnis der wohlfeilsten Sorte geäußert wird, sondern eben eine Interessenkollision, die entweder in einen Kompromiss mündet, in der Zerschlagung der Aktion (mit womöglich krassen Folgen für die Rädelsführer*innen) oder im Erfolg dessen, was eben ein Streik vermag: eine Lohnerhöhung, die Gründung eines Betriebsrats oder kürzere Arbeitszeiten.

Antipolitische Wendung

Entsprechend charakterisieren Klimastreiks ebenfalls keine SdG, sondern den Aufbruch der jugendlichen Generationen gegen die Folgen der Klimakrise. Doch, so oder so: Eine SdG ist das alles nicht, sondern ein Zeichengewitter an neuer gesellschaftlicher Bewegung.

Mit anderen Worten: Da „Gesellschaft“ ein hochkompliziertes Gebilde ist, da sie eben keine „Gemeinschaft“ ist, kein familiäres Konstrukt, sondern arbeitsteilig, kommunikativ verwirrend uneinheitlich, multikulturell und multischichtenartig strukturiert, ist die Rede von ihrer Spaltung antipolitisch. Wer von SdG spricht, will über Interessengegensätze, möchte über Macht nicht reden.

Ein demokratischer Staat kann, ja darf sich in puncto Corona nicht auf hochempfindsame Überlegungen und zeitlästige Dauergrübeleien verlegen, wie man die aktuell explodierenden Inzidenzziffern möglichst ohne SdG moderiert. Sein Job ist nicht der einer Moderation, sondern der einer ethischen Güterabwägung – und bei dieser darf in der Tat von einer „Tyrannei der Ungeimpften“ gesprochen werden. Diese blockieren mit ihren Impfunwilligkeiten Versorgungspotenziale in Krankenhäusern. Wichtige, lebenserhaltende Operationen können nicht ausgeführt werden, weil die Bettenkapazitäten von den Impfunwilligen in Beschlag genommen werden.

Das Geschwätz von Spaltung behindert gute Coronapolitik

Und die Politik, die neue Regierung? Verhält sich wie auf einer Party, auf der sich alle einig sind, dass man eine SdG doch auf keinen Fall riskieren wolle. Und genau das ist falsch, weil Rücksicht genommen wird, hinter der sich Entscheidungsschwäche verbirgt. Wenn schon keine Impfpflicht durchgesetzt werden kann – obwohl diese so populär wie ein Tempolimit auf Autobahnen von 130 ist –, dann doch bitte ernsthafte 2G-Lösungen. Wer dem nicht folgt, kann nicht in Restaurants innen Platz nehmen, für den sind Partys und andere öffentliche Geselligkeiten unmöglich.

Das Geschwätz von SdG hat verhindert, dass man Tacheles redet. Wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der sich vom dissidenten Impf­skep­ti­ke­r*in­nen­chor nicht einschüchtern lässt. SdG – das ist die Ausrede an sich, demokratische Entscheidungen zu unterlaufen, wenigstens atmosphärisch.

Politisch zu sprechen, darauf käme es an: Dass in den Schulen wahrlich nicht überall Corona gemanagt wird, dass dies besonders die Schü­le­r*in­nen ohne bildungsaffinen Hintergrund trifft. Dass Pflege- und Krankenhauspersonal einer Impfpflicht unterworfen sein sollte. Und dass, wer in U- und S-Bahnen oder in Zügen keine Maske trägt, nicht mitgenommen werden kann.

Das ist zwar im Einzelfall fies und blöd, aber der Preis, den Antiimpfungsmenschen zu zahlen haben. Worauf es ankommt, ist nämlich weniger das Individualistische, das Unbehagen am Camouflierten, Gesichtsbedeckten – sondern Solidarität.

Wie das zweckmäßig organisiert wird, und zwar durchaus zum Verdruss vieler, ist in Spanien, Portugal, Israel oder in Italien zu bestaunen. Ein seriöses Coronaregime, das etwa auf Dis­kurs­teil­neh­me­r*in­nen wie etwa die Schriftstellerin Juli Zeh vielleicht freiheitseinschränkend wirkt, aber auf sie kommt es nicht an.

Freiheit ist hier nur das Prinzip: sich und andere vor der Erkrankung an Corona zu bewahren. Dass das zu einer Spaltung der Gesellschaft führen kann: Na und?

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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26 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Vielleicht sollte man erst mal definieren, was unterschiedliche Menschen unter Spaltung der Gesellschaft verstehen.

    In den letzten Jahren wird immer wieder behauptet, dass es etwas nicht gäbe, ohne es genau zu definieren.

    Wenn es keinen Sexismus gegen Männer gibt, könnten einige Frauen glauben, dass anzügliche Kommentare oder Begrabschen von Männern okay sei.



    Wenn es keinen Rassismus gegen Weiße gibt, darf man die ja ausschließen oder durch herabsetzende Bemerkungen über ihre Haut, Kultur, Geschichte mobben.

    Unter Spaltung der Gesellschaft verstehe ich die Ermutigung, bestimmte Gruppen als negativ zu betrachten. Typisch: Das Bild des faulen, dummen, bildungsfernen, verantwortungslosen Langzeitarbeitslosen, das seit Jahren in verschiedenen Medien immer wieder vermittelt wird und bei einigen Menschen zu Empathielosigkeit Langzeitarbeislosen gegenüber führen könnte.



    Und solche Bilder werden ja durchaus von diversen Medien über verschiedene Gruppen vermittelt.



    Statt Menschen sieht man eine Reihe Stereotype oder komplizierte Tabus vor sich, so dass einige vorsichtshalber den Kontakt zu anderen minimieren.



    Das könnte man schon als spalterisch empfinden.

  • Ampelkoalition lässt epidemischer Lage nationaler Tragweite 25.11.2021 mit Zustimmung geschäftsführenden CDU Gesundheitsminister Jens Spahn auslaufen, obgleich die Spaltung nie so dramatisch mit Händern zu greifen ist, koppelt sich, entgegen WHO Vorhalt von pandemischer Lage globaler Lage ab, gleichzeitig stellt Jan Feddersen zum Ampel Geleit seine These zur Debatte "Es Gibt keine Spaltung der Gesellschaft", online setzt taz noch auf Krawall gebürstet eins drauf "Quatsch" heißt es da, nicht fragend, sondern apothetisch, obgleich US Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, Armutsforscher Christoph Butterwege u. a. Analysen diese Spaltung Arm und Reich, ungleiche Vermögensverteilung, zunehmende Scheere bei Einkommensverhältnissen, Menschen mit und ohne Papiere, 84 Millionen Geflüchtete inner-, außerhalb ihrer Ländern UNHCR Bericht 2021, 240 Millionen Arbeitsmigranten*nnen ohne gesicherten Status in Aufnahmeländern, erschwerter Zugang zu Ausbildung Studium, Wohnen, Gesundheit, Betrieben mit 3 Kategorien Mitarbeitern*nnen, Stamm- mit betrieblicher Altersversorgung, Mitbestimmung, Leih- , prekär Beschäftigte ohne diese Optionen noch Streikrecht bleiben, belegen, während Spahn Spaltung der Gesellschaft nicht analysiert sondern als Ergebnis von Corona Impflpflicht an die Wand malt als ob es keine gebe, welch ein Trugschluss zu fremdem Zweck? Woher kommt diese journalistische Verwahrlosung im Gebrauch der Sprache, das Wort "Gespaltene Gesellschaft" in Acht und Bann zu setzen?, mit rechts-schwarz versiffter Jörg Meuthen AfD Anleihe öffentlich-rechtliche ARD, ZDF; Dlf als grün-links-versifft im Gebrauch Wortes "Gespaltene Gesellschaft", vorzuführen, Schriftstellerin Judith Zeh als Person irrelevant nennt? Ist das jornalistische Burn Out? Erinnert, das an Andersen Märchen "Des Kaisers neue Kleider", vom Kaiser, der nackt unters Volk tritt, zuvor das Wort "nackt" bei Androhung drastischer Strafe verbietet, worauf das Volk nun an raunt, schaut des Kaisers neue Kleider?

  • Viel zu intelekktuell gedacht. Der technische Vorgang, einen "Keil" in eine Gesellschaft zu treiben, um sie in Gute oder Böse, Freund oder Feind, Arm oder Reich, zu teilen, scheint dank moderner Kommunkation und Social Media heutztage fast ein Kinderspiel zu sein. Glücklicherweise ist Herr Trump ein recht unfähiges menschliches Wesen - es hatte die Mittel und Möglichkeiten dazu in der Hand. Unglücklicherweise hatten andere "Spalter" mehr Erfolg - und herrschen jetzt als Diktatoren.



    Analysieren Sie doch mal den Aufstieg der Herren Putin, Erdogan, etc. und Sie finden den gemeinsamen Nenner, daß es für alle kinderleicht war, eine Gesellschaft zu spalten - und sich mithilfe des einen Teils und auf Kosten der Anderen ihre Diktatur einzurichten.



    Kohl, Schröder, Merkel haben tiefe Keile in diese Gesellschaft getrieben - es bildeten sich sofort zwei Lager - eines Pro - eines Kontra. Auch die Verzögerungstaktik in der Pandemiebekämpfung hat diese Gesellschaft gespalten - die Pro (inzwischen "Geimpfte") und die Kontra (Querdenker, Impfverweigerer oder "Ungeimpfte").



    Die "Spaltung" hat in den Köpfen der Menschen schon längst stattgefunden. Die "Reizwörter" sind bekannt: gefährliche Teroristen, verrückte Islamisten, faule Arbeitslose, kriminelle Migranten, dumme Ungeimpfte, unverdient Reiche, etc. ... und an irgendeinem unschönen Tag kommt irgendeiner auf die Idee, diese angestauten Spaltungen zu "zünden" und "reinen Tisch" zu machen! Dann aber Gute Nacht allerseits.



    Also bitte nie, nie, nie so tun, als sei diese Gesellschaft nicht schon längst "gespalten" - denn kaum einer ist unter uns, für den es kein "rotes Tuch" gäbe.

  • Impfpflicht subito!



    Zur emotionalen Entlastung der Verweigerer und damit zur Verringerung der SdG.

    Freiwillig werden sich die Impfgegner nicht einmal mehr mit Globuli impfen lassen (zumindest die allermeisten von ihnen).

    Sie haben sich in den letzten 20 Monaten durch einen gewagten Salto vom Globus auf ihre selbst gedrechselte Scheibe "gerettet" (niemand hat sie dahin geworfen oder gar "abgespalten"). Von dieser Scheibe (bzw. Parallelwelt) kommen sie jetzt nicht mehr runter. Das wäre für sie zu demütigend.

    Aber eine von "der gestrengen Obrigkeit" angeordnete Impflicht würde den größten Teil der Impfzögerer und -verweigerer emotional unheimlich entlasten:

    Dann könnten sie am Stammtisch drüber schimpfen. Letztendlich würden sie aber still und leise zur Impfung schleichen.

    Genau so leise wie sie zu Hause immer schon den Überweisungsträger fürs Knöllchen ausgefüllt haben, über das sie Stammtisch lauthals geschimpft hatten.

    Und in weniger als 5 Jahren würde sich keiner von ihnen mehr daran erinnern (wollen), , bei den Verweigerern dabei gewesen zu sein.

  • 4G
    45246 (Profil gelöscht)

    Würden Sie ggfs. widersprüchliche offizielle Informationen (Maske: nein, Maske: unbedingt, Ende der epidemischen Notlage bei rasant steigenden Inzidenzen, usw. usf.) und - gelinde gesagt - ungeschickte Maßnahmen zur Verbesserung der Lage als einen Beitrag zur Erklärung akzeptieren können?

    Oder einen Vertrauensverlust in die Fähigkeit unserer Regierung, geeignete Maßnahmen zur Krisenbewältigung zu implementieren?

    Mein Vertrauensvorschuß ist schon lange aufgebraucht. Ich habe aber nicht die Konsequenz gezogen, Querdenkerin zu werden, sondern schlage mich durch Informationsdickicht.

  • Ich hätte nie gedacht, dass so viele Menschen in unserer Gesellschaft, auch in meinem Umfeld, dafür anfällig sind, in einen umfänglichen Verschwörungsglauben abzudriften und sich als die "Aufgewachten" zu sehen. Das ist eine im wahrsten Sinne des Wortes "wahnsinnige" Spaltung, befeuert durch die Corona-Pandemie, aber schon vorher vorhanden und mit offenem Ausgang, wo die Reise hingeht.

  • Bürger haben zu einem Thema unterschiedliche Meinungen. Dieses schlichte Faktum wird hierzulande - wo man gerne schon bei der kleinsten Kleinigkeit Schnappatmung bekommt - zu "Spaltung der Gesellschaft" aufgeblasen.



    Achja: Freiheit bedeutet NICHT (auch wenn mancher das nicht gern hört), dass Meinungen und Handlungen keine Konsequenzen haben.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Immer wieder auf die SdG hinzuweisen ist absolut notwendig und auch die Namen zu nennen, die das zu verantworten haben.



    Wenn es dem Herrn Journalisten nicht passt, dann ist das halt so.

    Allein die Tatsache, dass es in diesem Land Menschen gibt, die zur Tafel bzw. Arche gehen müssen ist ein Skandal und defakto eine SdG!



    Von der ungleichen Verteilung des Geldes ganz zu schweigen.



    Das kann man gar nicht oft genug erwähnen. Ich könnte eine Liste mit wenigstens 20 Punkten liefern, die in meinen Augen skandalös sind!

  • Hmm, wenn bevor man "Spaltung der Gesellschaft" abschafft sollte man zunächst die Soziologie abschaffen. Wenn es den keinen Hochsitz geben sollte, dann brauchen wir auch niemanden, der sich da hinein setzen wollen würde.

    Woher kommt eigentlich die Erwartungshaltung, dass "Die Gesellschaft" eine homogene Masse sein muss? "Die Gesellschaft" ist doch lediglich ein zufällig zusammen gesammelter Haufen.

    • 4G
      45246 (Profil gelöscht)
      @DiMa:

      Betrachtet man in den Sozialwissenschaften jetzt die Gesellschaft als zufällig zusammengesammelten Haufen?

      Ich habe - lang, lang ist's her - von Dingen wie Enkulturation gehört, einem Prozeß, in dem Heranwachsenden die Kultur der umgebenden Gesellschaft nahegebracht wird.

      Ist das bedeutungslos geworden?



      Danke.

      • 4G
        45246 (Profil gelöscht)
        @45246 (Profil gelöscht):

        Noch ein Satz zur Verdeutlichung:

        in meinem Verständnis muß eine Gesellschaft nicht gleich sein, um als "nicht gespalten" zu gelten. D. h. es können auch ungerechte und ungleiche Verhältnisse in einer Gesellschaft herrschen, zu der sich aber trotzdem die meisten ihrer Mitglieder bekennen.

  • Ich weiß nicht, ob ich jeden Satz unterschreiben würde, aber wie Herr Feddersen gegen eine in ihrer konsenssüchtigen Schleimigkeit nicht zu ertragende Worthülse anstänkert, das hat mir sehr gefallen. Danke.

  • 4G
    45246 (Profil gelöscht)

    Nein, Tomas Zerolo. Wir sind uns keineswegs einig.

    Hier wird uns ein Begriff von Freiheit vorgestellt, der zu vergleichen ist mit der Definition "sozial ist, was Arbeit schafft", also eine beschränkte und beschränkende Teilmenge des eigentlich Gemeinten.

    Wer den Sirenenklängen der Vereinfachung folgen möchte, soll von mir nicht gehindert werden.

    Nur eines noch - ein Zugeständnis, daß es die Guten und die Anderen gibt, führt heute zur Ausgrenzung von "Corona-Non-Mainstreamern", morgen können andere Gruppen betroffen sein. In einer solchen Gesellschaft werden Sie nie wieder sicher sein.

    Ich lege Ihnen zu Ihrer Eingangsfrage folgende Lektüre ans Herz:



    www.freitag.de/aut...eiheit-der-anderen

  • Der Witz ist doch, dass die Gesellschaft ohnehin gespalten ist und dass sie es auch bleibt, soweit man nichts dagegen tut. Das Denken in Kompromissen als Mittel gegen die Spaltung ist nicht nur im Ergebnis tendeziell faul, es dürfte auch vor allem dazu führen, dass zuvor Maximalpositionen bezogen werden. Mit diesem Verhandlungsunfug muss Schluss sein. Wer sich asozial verhält muss auch so genannt und behandelt werden dürfen. Notwendigkeiten dürfen nicht an Befindlichkeiten scheitern und pseudoliberale Politiker sollten endlich aufhören blanken Egoismus schönzureden.

  • Hm, im ersten Teil der Argumentation kann ich mit Jan Feddersen noch mitgehen … was ist „Gesellschaft“ denn für ein Subjekt, das da spaltbar sein soll? Und ist „Spaltung“ nicht etwas Normales, ja, für demokratische Meinungs- und Willensbildungsprozesse zwischen und innerhalb von Gruppen absolut notwendig?



    Wenn Feddersen im weiteren jedoch - aus meiner Sicht ziemlich unverhohlen - für ein Corona-Regime plädiert, wird mir doch ein mulmig dabei, meine ich doch, einen deutlich autoritären Zungenschlag dabei herauszulesen. Vielleicht bin ich aber nur ein Mimimi-Warmduscher und sollte mich endlich damit abfinden, dass der Hang zum Autoritarismus jetzt auch in linken Kreisen en Vogue ist … nebst des markigen Niederbrüllens unliebsamer Meinungen. Warum beispielsweise ist es notwendig, die Querschwurblerszene mit aller Gewalt mundtot machen zu wollen, liegen diese doch so offenkundig im argumentativen Abseits? Ein bisschen weniger eigene Hysterie - genau das, was man dieser Szene zurecht vorhält - täte da sicher ganz gut, oder?



    Ich jedenfalls bin mir bewusst, dass ich auch mit der jetzt anstehenden Booster-Impfung weiter ein Ansteckungsrisiko für Andere darstelle (wenn auch minimiert) … weshalb ich mich - auch am Arbeitsplatz - weiter regelmäßig testen lasse. Was soll da der moralische Rigorismus gegen Ungeimpfte? Zumindest finde ich Geimpfte, die im Brustton der Überzeugung von sich meinen, sie seien jetzt auf der sicheren Seite und könnten angesichts der aktuellen dramatischen Pandemiewelle ungehemmt auf „Trallafitti“ machen, genauso bloede wie sture Impfgegner … impfskeptisch sein und bleiben hingegen ist vollkommen okay, solange man sich am Ende doch impfen lässt.

  • @FINCHE

    Welches... anderen? Des Krebskranken, der sein OP-Termin verpasst, weil die Intensivstationen voll sind?

    Dann sind wir uns ja einig.

  • 4G
    45246 (Profil gelöscht)

    Ich biete alternativ einen anderen Freiheitsbegriff an:

    Freiheit ist die Freiheit des anderen.

  • Wohl auch schon am Ende der Überlegungen angekommen und ratlos, wie unsere Gesellschaft mit sich und dem Virus umgehen kann und muss, ohne auch nur einen Mitmenschen aus der Gesellschaft auszuschließen?

    Zu geringe Krankenhausplätze den Ungeimpften in die Schuhe zu schieben ist mehr als kurzsichtig, einfach falsch analysiert und versucht von den wahren Ursachen des Niedergangs unserer Gesundheitssystems abzulenken.



    Wenn zuvor Betten und vor allem Personal das schon seit Jahren zu gering bemessen ist (weil schlecht bezahlt) abgebaut wird, wären die Betten und das Personal z.B. auch beim nächsten Supergau in Neckarwestheim, Grundremingen, Doel, ... zu wenig.

    Oder ist das eher die Schuld der Betreiber der Kraftwerke, die das Risiko des Supergaus eingehen (hinnehmen unter Inkaufnahme von gesundheitlichen u.a. Schäden an der Bevölkerung), oder das selbstgewählte Risiko eingingen marktwirtschaftlich zu sterben, weil sie nicht überzeugt werden konnten auf Solar- und Windenergie umzusteigen und dafür Steuergeldabfindungen erhalten.

    Ist das dann auch eine Spaltung der Gesellschaft oder ist das Solidarität zur "Sicherung" unser wohlstands-notwendigen Stromversorgung ?

  • Ich sach's mal so: Die „Spaltung der Gesellschaft“ hat vor Corona in der Politik so gut wie keine Sau interessiert und jetzt dient sie plötzlich als Universalausrede für jedwede Entscheidungs- und Handlungsschwäche.

  • viele lohnende Gedanken mit treffenden Analysen des Autors

  • "SdG" so kategorisch auszuschließen fühlt sich irgendwie nach argumentativem schönsaufen an

    • @Frank Manoe:

      Jung - machter ja nich - wa.

      Täuscht lange an - kommt - Chapeau - erstmals ohne 68er-basing - hatte mich schon drauf gefreut - aus & Robert Misik schreibt eh besser & Däh kriegt tonn End denn doch die Kurve:



      “ Freiheit ist hier nur das Prinzip: sich und andere vor der Erkrankung an Corona zu bewahren. Dass das zu einer Spaltung der Gesellschaft führen kann: Na und?“

      kurz - “Schloß er messerscharf!



      Daß doch! sein kann - 🙀 -



      Was nicht sein darf!“ - 🤯 -



      Da also leuchtet ihm - nah wie fern -



      Nein. Nicht ESC - Zum Schluß wie schee! Die Venus - der Morgenabendstern.



      & JAF JAF



      Klopft sich die Kleider aus & denkt sich bloß! “Warum?“



      “Tja - Warum ging‘s wiedermal in die Hüs? Hüs? Hos!“

      Palmström, etwas schon an Jahren,



      wird an einer Straßenbeuge



      und von einem Kraftfahrzeuge



      überfahren.

      "Wie war" (spricht er, sich erhebend



      und entschlossen weiterlebend)



      "möglich, wie dies Unglück, ja -:



      daß es überhaupt geschah?

      Ist die Staatskunst anzuklagen



      in bezug auf Kraftfahrwagen?



      Gab die Polizeivorschrift



      hier dem Fahrer freie Trift?

      Oder war vielmehr verboten,



      hier Lebendige zu Toten



      umzuwandeln, - kurz und schlicht:



      Durfte hier der Kutscher nicht ?"

      Eingehüllt in feuchte Tücher,



      prüft er die Gesetzesbücher



      und ist alsobald im klaren:



      Wagen durften dort nicht fahren!

      Und er kommt zu dem Ergebnis:



      "Nur ein Traum war das Erlebnis.



      Weil", so schließt er messerscharf,



      "nicht sein kann, was nicht sein darf."

      www.deutschelyrik....iche-tatsache.html

      kurz - “Haste nix zu nasche



      Un aach sonst so nix echt aaf Tasche



      Hilft immer noch ne unmöglich Tatsáche!“

      & daffke: Maggie gib hier mal die Mutti



      Die konservative britische Premierministerin Margaret Thatcher: ... »There ist no such thing as society«

      • 4G
        45246 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Welches Kraut war es?

    • @Frank Manoe:

      Als “argumentatives Schönsaufen“ würde ich es nicht bezeichnen, wenn der Autor den Blick dafür schärfen möchte, was denn eigentlich als “Gesellschaft” zu bezeichnen sei und was in dem Kontext mit “Spaltung” gemeint sein soll … insofern hat Feddersen ja nicht ganz unrecht mit seiner SdG-Polemik, wird davon doch gerne in autokratisch verfassten Staaten (Faschismus, Sozialismus) gesprochen, um potentielle “Spalter” identifizieren und diskreditieren zu können.

      • @Abdurchdiemitte:

        Liggers - 🦆 🦆 🦆 - was den prägnanten Rest aber nicht entschuldigt.

        • @Lowandorder:

          Ja, der “prägnante Rest” ist mir schon aufgefallen … habe dazu ja in einem anderen Kommentar Stellung bezogen (Stichworte Corona-Regime, Hang zum Autoritarismus und Niederbrüllen).